OGH vom 11.08.1993, 9ObA193/93

OGH vom 11.08.1993, 9ObA193/93

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Martin Duhan und Winfried Kmenta als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei ***** M*****, Lehrling, ***** vertreten durch die Mutter A***** M*****, ebendort, diese (bisher) vertreten durch Helmut Vorauer, Kammerangestellter in Villach, wider die beklagte Partei J***** Z*****, vertreten durch Dr.Dietrich Clementschitsch ua Rechtsanwälte in Villach, wegen 12.571,49 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 122/92-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 33 Cga 59/92-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

§ 15 Abs 2 BAG bestimmt, daß das Lehrverhältnis während der ersten zwei Monate - der besonders geregelte Fall des Schulbesuches während dieser Zeit liegt hier nach den Feststellungen nicht vor - sowohl vom Lehrberechtigten als auch vom Lehrling jederzeit einseitig aufgelöst werden kann. Da während dieser Probezeit erleichterte Möglichkeiten zur vorzeitigen Auflösung bestehen, hat der Gesetzgeber die Probezeit absolut zwingend befristet. Die Bestimmung über die Probezeit bildet daher für beide Vertragsparteien unabdingbares Recht. Sie ist daher sowohl hinsichtlich der Zeitspanne wie auch hinsichtlich der Auflösungsmöglichkeit jeglicher Parteiendisposition entzogen. Es ist sowohl die Vereinbarung des gänzlichen Entfalles der Probezeit wie auch die Vereinbarung einer kürzeren oder längeren Probezeit rechtsunwirksam. Die Bestimmungen über die Probezeit unterliegen somit nicht dem sog. Günstigkeitsprinzip (Berger-Fida-Gruber, Berufsausbildungsgesetz Anm 19 zu § 15 BAG).

Nach den Feststellungen löste der Beklagte das am begonnene Lehrverhältnis am auf, weil er die Leistungen der Klägerin nicht für befriedigend erachtete, und ging am ein neues Lehrverhältnis mit der Klägerin ein, um die Leistungen der Klägerin durch weitere zwei Monate zu erproben. Die Auflösung des ersten und der Abschluß des zweiten Lehrverhältnisses erfolgte nur mit dem Ziel, das Verbot einer längeren Probezeit (§ 15 Abs 2 BAG) zu umgehen. Faktisch sollte dadurch die gesetzliche Probezeit in unzulässiger Weise verlängert und damit der Zweck des Gesetzesverbotes vereitelt (Krejci in Rummel, ABGB**2 Rz 37 zu § 879 mwN) werden. Dies konnte aber im Hinblick auf § 15 Abs 2 BAG nicht wirksam erfolgen. Es ist daher ein einheitliches Lehrverhältnis ab anzunehmen. Da im Zeitpunkt der Auflösungserklärung vom die Probezeit bereits verstrichen war, konnte das Lehrverhältnis vom Beklagten nicht mehr nach § 15 Abs 2 BAG einseitig aufgelöst werden.

Aus der Entscheidung Arb 7801 kann der Beklagte für seinen Standpunkt nichts ableiten, weil sie einen gänzlich anders gelagerten Sachverhalt betrifft. Dort hatte der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis durch Kündigung aufgelöst; der Oberste Gerichtshof erkannte in diesem Fall die Probezeit, die in einem anschließenden Dienstvertrag vereinbart wurde, für zulässig. Dieser Fall bot keinerlei Anhaltspunkte für die Absicht, gesetzliche Probezeitbeschränkungen zu umgehen. Gerade dies ist aber hier der Fall.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Die Klägerin hat im Revisionsverfahren keine Kosten verzeichnet.