OGH vom 22.04.2010, 8ObA58/09a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer, die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gillinger und Josef Wild als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Z***** Ö*****, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei S***** GmbH Co KG, *****, vertreten durch Ullmann Geiler und Partner Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 1.144,80 EUR brutto und 1.500 EUR netto sA, über die Revision und den Rekurs der klagenden Partei gegen das Teilurteil und den Aufhebungsbeschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 15 Ra 44/09x 20, womit über Berufung beider Streitteile das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 44 Cga 70/08t-14, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, zu Recht erkannt und beschlossen:
Spruch
1) Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
2) Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die in der Türkei geborene Klägerin zog im Jahr 2002 nach Österreich. Sie war seit dem Jahr 2003 geringfügig bei einem Reinigungsunternehmen beschäftigt und suchte im März 2008 eine weitere Arbeitsstelle als Reinigungskraft. Zu diesem Zeitpunkt verfügte sie über eine bis zum befristete Niederlassungsbewilligung, nicht aber über eine Arbeitsbewilligung. Im Zuge ihrer Bewerbung bei der Beklagten füllte die Klägerin selbständig ein Personalblatt aus, in dem sie angab, nicht schwanger zu sein und über eine Arbeitserlaubnis bis zu verfügen. Der Mitarbeiter der Beklagten, der das Aufnahmegespräch mit der Klägerin führte, prüfte die Angaben der Klägerin über eine Arbeitserlaubnis nicht nach. Bei der Beklagten werden nur Arbeitnehmer aufgenommen, die bereits über eine Arbeitserlaubnis verfügen.
Die Klägerin begann ihre Tätigkeit für die Beklagte am , vereinbart war ein Probemonat. Sie erfuhr erstmals am von ihrem Frauenarzt, dass sie sich in der 10. Schwangerschaftswoche befinde. Dies teilte sie der Beklagten mit, die sie am entließ, weil sie ihre Schwangerschaft verschwiegen habe. Am führte die Klägerin eine Abtreibung durch, wobei nicht feststeht, ob sie dazu durch die Entlassung veranlasst wurde. Die Klägerin erhielt den Lohn für April 2008 in Höhe von 503,16 EUR sowie einen Teil des Lohns für Mai 2008 in Höhe von 186,18 EUR bezahlt. Die Geschäftsführerin der Beklagten wurde, weil die Klägerin ohne Beschäftigungsbewilligung für die Beklagte arbeitete, zu einer Verwaltungsstrafe von 500 EUR verurteilt und musste einen Verwaltungsaufwand von 50 EUR tragen. Diese Forderung trat sie an die Beklagte ab.
Die Klägerin begehrte zuletzt 1.144,80 EUR brutto an Kündigungsentschädigung bis einschließlich Sonderzahlungen und Urlaubsersatzleistung sowie 1.500 EUR an Schadenersatz nach dem GlBG bzw an Schmerzengeld. Sie brachte dazu vor, dass sie unter Bedachtnahme auf die Rechtsunwirksamkeit der Entlassung gemäß § 12 Mutterschutzgesetz (MuttSchG) frühestens am , nach Abbruch der Schwangerschaft, zum hätte gekündigt werden können. Die Klägerin sei diskriminiert worden, weil sie wegen ihrer Schwangerschaft entlassen worden sei, sodass ihr ein immaterieller Schadenersatz gemäß § 12 Abs 7 GlBG zustehe. Diese Bestimmung sehe zwar keinen Schadenersatzanspruch bei diskriminierender Entlassung vor, sei jedoch europarechtskonform auszulegen. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Schmerzengeld zu, weil die Beklagte durch die Entlassung die Abtreibung des Kindes der Klägerin schuldhaft verursacht habe. Zwar treffe zu, dass sie im Zeitraum der Beschäftigung bei der Beklagten über keine Arbeitserlaubnis verfügt habe. Sie habe jedoch Anspruch auf Kündigungsentschädigung, weil die Beklagte iSd § 29 Abs 2 AuslBG ein Verschulden an ihrer illegalen Beschäftigung treffe. Bei der Berechnung der Ansprüche gemäß § 29 Abs 2 AuslBG sei entgegen dem Wortlaut dieser Bestimmung auch der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz zu berücksichtigen, denn § 29 Abs 2 AuslBG verstoße gegen das Sachlichkeitsgebot und behandle eine verbotswidrig illegal beschäftigte werdende Mutter schlechter als eine legal beschäftigte werdende Mutter.
Die Beklagte wandte gegen das Klagebegehren zusammengefasst ein, dass die Klägerin im Zuge der Einstellung ihre Schwangerschaft ebenso wie das Fehlen einer Arbeitserlaubnis verschwiegen habe. Sie habe die Beklagte daher getäuscht, sodass die Beklagte kein Verschulden an der Nichtigkeit des zwischen den Streitteilen vereinbarten Arbeitsverhältnisses treffe. Der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz des MuttSchG sei im Fall der Klägerin wegen § 29 Abs 2 AuslBG nicht anwendbar. Weil über die Geschäftsführerin eine Verwaltungsstrafe verhängt wurde, sei der Beklagten ein Schaden von 550 EUR entstanden, den sie als Gegenforderung gegen das Klagebegehren einwandte.
Das Erstgericht sprach aus, dass das Klagebegehren mit 1.144,80 EUR zu Recht bestehe, die Gegenforderungen jedoch nicht zu Recht bestünden. Es verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 1.144,80 EUR an die Klägerin und wies das Mehrbegehren auf Zahlung von 1.500 EUR ab. Die der Klägerin gegenüber ausgesprochene Entlassung sei wegen § 12 MuttSchG rechtsunwirksam, sodass der Klägerin die daraus resultierenden Ansprüche auf Kündigungsentschädigung und Urlaubsersatzleistung zustünden. Die Klägerin sei ausschließlich wegen ihrer Schwangerschaft entlassen worden. Der Beklagten sei anzulasten, dass sie die von der Klägerin behauptete Arbeitserlaubnis nicht geprüft habe. Eine Kausalität zwischen Entlassung und Abtreibung sei nicht gegeben, sodass dem Schadenersatzanspruch die Grundlage fehle.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge und bestätigte das Urteil in seinem klageabweisenden Teil als Teilurteil. Hingegen gab es einer Berufung der Beklagten Folge, hob das angefochtene Urteil in seinem klagestattgebenden Teil auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Zum von der Klägerin begehrten Schmerzengeld von 1.500 EUR führte das Berufungsgericht rechtlich aus, dass § 1327 ABGB als Anspruchsgrundlage nicht in Frage komme, weil die von der Klägerin vorgenommene Abtreibung nicht durch die von der Beklagten ausgesprochene Entlassung verursacht worden sei. § 12 Abs 7 GlBG sei hier in der Fassung BGBl I 2004/66 (in weiterer Folge: aF) anzuwenden. Diese Bestimmung sei bei richtlinienkonformer Auslegung auch auf ein ohne Arbeitserlaubnis bzw Beschäftigungsbewilligung aufgenommenes und daher gemäß § 879 Abs 1 ABGB nichtiges Arbeitsverhältnis anzuwenden. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) lege den Arbeitnehmerbegriff in ständiger Rechtsprechung großzügig aus, auch ein faktisches Arbeitsverhältnis sei erfasst. Hier sei die Entlassung mit der Schwangerschaft der Klägerin begründet worden, sodass eine direkte Diskriminierung gemäß § 5 Abs 1 GlBG vorliege. Der Diskriminierungstatbestand der §§ 3 Z 7, 12 Abs 7 GlBG liege zwar vor, jedoch habe § 12 Abs 7 GlBG aF nur einen Anfechtungsanspruch, nicht jedoch einen Schadenersatzanspruch bei diskriminierender Entlassung vorgesehen. Ein Anhaltspunkt dafür, dass § 12 Abs 7 GlBG aF nicht richtlinienkonform umgesetzt worden sei, liege nicht vor; der begehrte immaterielle Schadenersatz könne nicht aus einer europarechtskonformen Auslegung dieser Bestimmung gewonnen werden. Weder liege eine Gesetzeslücke noch eine Systemwidrigkeit vor. Bis zum GlBG 2008 sei vom Gesetzgeber für keinen Fall einer geschlechtsbezogen diskriminierenden Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ein Schadenersatzanspruch vorgesehen gewesen. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus den RL 2000/78/EG bzw 2003/43/EG noch aus der RL 76/207/EWG idF RL 2002/73/EG. Für den Zuspruch eines ideellen Schadenersatzes im Rahmen einer europarechtskonformen Interpretation und Lückenschließung bleibe kein Raum. Es sei nicht Sache der Rechtsprechung, eine unbefriedigende oder richtlinienwidrige Regelung eines Gesetzes zu korrigieren.
Zu den Ansprüchen der Klägerin auf Kündigungsentschädigung und Urlaubsersatzleistung führte das Berufungsgericht aus, dass der Arbeitgeber die Beschäftigung eines Arbeitnehmers aufgrund eines mangels Vorliegens einer Beschäftigungsbewilligung oder einer Arbeitserlaubnis nichtigen Arbeitsverhältnisses sofort zu beenden habe. Treffe den Arbeitgeber ein Verschulden an der Nichtigkeit, könne er das Arbeitsverhältnis zwar sofort beenden, doch sei er gemäß den §§ 1162b ABGB, 29 AngG, 84 GewO 1859 schadenersatzpflichtig und habe eine Kündigungsentschädigung zu zahlen. Gemäß § 29 Abs 2 AuslBG sei zwar der besondere Bestandschutz nicht zu berücksichtigen. Erfolge die Entlassung aber - wie hier - nicht unter Berufung auf die Nichtigkeit des Arbeitsverhältnisses, sondern ausdrücklich aus einem diskriminierenden Motiv, stehe es der Klägerin frei, aus der unwirksamen Entlassung ihre Ansprüche auf Kündigungsentschädigung bis zum fingierten möglichen Kündigungstermin für den Arbeitgeber, hier daher bis zum , geltend zu machen. Die Beklagte treffe ein Verschulden an der Entlassung, weil sie im Hinblick auf die Angaben der Klägerin das Vorliegen einer Arbeitserlaubnis nicht überprüft habe. Der Klägerin wiederum schade zwar Fahrlässigkeit nicht. Das Erstgericht habe sich jedoch mit dem Einwand der Beklagten, die Klägerin habe vorsätzlich falsche Angaben gemacht und sie dadurch getäuscht, nicht auseinandergesetzt. Feststellungen dazu fehlten, sodass der Sachverhalt in diesem Umfang ergänzungsbedürftig sei.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen das Teilurteil zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage, ob § 12 Abs 7 GlBG in der vor dem gültigen Fassung bei richtlinienkonformer Auslegung einen Anspruch auf ideellen Schadenersatz vermittle, fehle. Auch der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss sei zulässig. Es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob gemäß § 29 Abs 2 AuslBG im Fall einer diskriminierenden Entlassung ein Anspruch auf Kündigungsentschädigung unter Einbeziehung des besonderen Bestandschutzes nach dem MuttSchG gebühre.
Gegen das Teilurteil richtet sich die Revision und gegen den Aufhebungsbeschluss der Rekurs der Klägerin, die beantragt, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.
Die Beklagte beantragte in ihrer Revisions- und Rekursbeantwortung, die Revision und den Rekurs der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihnen nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision und der Rekurs sind zulässig, jedoch nicht berechtigt .
1. Zur Revision:
Die Revisionswerberin führt zusammengefasst aus, dass durch die Entlassung der Diskriminierungstatbestand der §§ 3 Z 7, 12 Abs 7 GlBG aF verwirklicht worden sei, sodass ein Anspruch auf immateriellen Schadenersatz bestehe, der seine Grundlage in der unmittelbar anzuwendenden GleichbehandlungsRL 76/207/EWG idF RL 2002/73/EG habe. Diese hätte bis in Österreich umgesetzt werden müssen, sodass sich der begehrte Anspruch aus dem Vorrang des europäischen Rechts ergebe. Darüber hinaus sei § 12 Abs 7 GlBG aF gleichheits- und verfassungswidrig gewesen, weil es keine sachliche Rechtfertigung dafür gebe, dass ein Schadenersatzanspruch demjenigen gewährt werde, der bei Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses, nicht aber demjenigen, der bei dessen Beendigung diskriminiert werde.
Diesen Ausführungen ist die zutreffende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts entgegenzuhalten, auf die gemäß § 510 Abs 3 ZPO hingewiesen werden kann. Ergänzend ist der Revisionswerberin entgegenzuhalten:
I . Immaterieller Schadenersatz kann im Allgemeinen nur dann zugesprochen werden, wenn dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist (RIS-Justiz RS0022544; Reischauer in Rummel, ABGB³ § 1324 Rz 11; Harrer in Schwimann , ABGB³ § 1293 Rz 24). Die hier noch anwendbare Bestimmung des § 12 Abs 7 GlBG aF sah einen Entschädigungsanspruch im Fall einer diskriminierenden Kündigung oder Entlassung - anders als die seit geltende Bestimmung des § 12 Abs 7 GlBG idgF BGBl I 2008/98 - nicht vor. Dies wurde in der Lehre vielfach kritisiert, weil eine Beschränkung auf die Anfechtung im Hinblick auf die Art 3 und 6 Abs 2 der geänderten GleichbehandlungsRL 76/207/EWG idF 2002/73/EG, die stets den Ersatz des Schadens im Fall einer Diskriminierung im Sinn dieser RL verlangten, nicht mehr genüge ( Rebhahn in Rebhahn , GlBG § 3 Rz 155; Kletecka ebendort § 12 Rz 49; Kletecka , Durchsetzung der Differenzierungsverbote, in Tomandl/Schrammel (Hrsg), Arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote 94; Sturm , Richtlinienumsetzung im neuen Gleichbehandlungsgesetz, DRdA 2004, 574 [580]).
Einer weiteren Auseinandersetzung mit der Frage, ob § 12 Abs 7 GlBG aF dieser RL, die von den Mitgliedstaaten bis umzusetzen war, entsprochen hat, bedarf es hier jedoch schon deshalb nicht, weil eine Richtlinie nicht unmittelbar anwendbar ist, sondern von den Mitgliedstaaten in das innerstaatliche Recht umgesetzt werden muss. Weder kann der Einzelne durch die Richtlinie unmittelbar verpflichtet werden, noch besteht eine unmittelbare Wirkung von Bestimmungen nicht umgesetzter Richtlinien im Verhältnis zwischen Privatpersonen (Art 288 AEUV = ex Art 249 EGV; RIS-Justiz RS0111214). Zwar haben die innerstaatlichen Behörden die inhaltlich von der Richtlinie berührten Normen soweit wie möglich im Einklang mit der Richtlinie („richtlinienkonform“) auszulegen (9 ObA 161/07b mwH; RIS-Justiz RS0111214). Eine richtlinienkonforme Auslegung einer Bestimmung kann aber nur soweit erfolgen, als das nationale Recht dem Rechtsanwender einen Spielraum einräumt. Sie darf einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen nationalen Regelung keinen durch die nationalen Auslegungsregeln nicht erzielbaren abweichenden oder gar entgegengesetzten Sinn geben (9 ObA 161/07b; RIS-Justiz RS0114158 uva). Die Bestimmung des § 12 Abs 7 GlBG aF kann daher ausgehend von ihrem klaren Wortlaut nicht Grundlage für die Zuerkennung eines immateriellen Schadenersatzanspruchs bei diskriminierender Entlassung im Weg einer richtlinienkonformen Interpretation sein ( Sturm aaO 580).
II. Die von der Revisionswerberin behauptete Verfassungswidrigkeit des § 12 Abs 7 GlBG aF ist nicht ersichtlich. Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz (Art 2 StGG, 7 B-VG) bindet auch den Gesetzgeber, der an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen hat und einem allgemeinen Sachlichkeitsgebot unterliegt ( Mayer , B-VG 4 , 570 f). Die österreichische Arbeitsrechtsordnung verfügt über Bestimmungen, die allgemein den Ersatz von Vermögensschäden im Fall einer rechtswidrigen Kündigung oder Entlassung vorsehen (zB § 1162b ABGB). Rechtsvorschriften, die den Ersatz eines immateriellen (ideellen) Schadens für den Fall einer rechtswidrigen Kündigung oder Entlassung vorsehen, kennt die Rechtsordnung für den hier relevanten Zeitpunkt nicht ( Kletecka in Rebhahn , GlBG § 12 Rz 49; § 12 Abs 7 GlBG idgF trat erst am in Kraft). § 12 Abs 7 GlBG aF behandelt unter diesem Aspekt Fälle der rechtswidrigen Kündigung oder Entlassung nicht anders, als sie in der sonstigen Arbeitsrechtsordnung behandelt werden.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
III. Der Vorbehalt der Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 52 Abs 2, 392 Abs 2 ZPO.
2. Zum Rekurs:
Mit ihrem Rekurs wendet sich die Klägerin gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach sie im Fall einer vorsätzlichen Täuschung der Beklagten ihre Ansprüche verliere. Die Streitteile seien von einem rechtswirksamen Vertrag ausgegangen, die Entlassung sei ausdrücklich auf die Schwangerschaft der Klägerin, nicht aber auf die Nichtigkeit des Arbeitsvertrags gestützt worden. Selbst ein allfälliges Mitverschulden könne der Klägerin daher nicht schaden.
I. § 29 Abs 2 Satz 1 AuslBG normiert, dass der Arbeitnehmer für den Fall, dass den Betriebsinhaber ein Verschulden am Fehlen der Beschäftigungsbewilligung trifft, auch bezüglich der Ansprüche aus der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses so zu stellen ist, als ob er aufgrund eines gültigen Arbeitsvertrags beschäftigt gewesen wäre. Aufgrund der Fiktion dieser Bestimmung erhält der Ausländer in diesen Fällen Ersatzansprüche wegen vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses wie ein vergleichbarer Inländer, daher - unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen - ein Surrogat für die fehlenden vertraglichen Beendigungsansprüche ( Schrammel , Rechtsfragen der Ausländerbeschäftigung, 163). Der Ausländer behält seine Ansprüche aus § 29 Abs 2 AuslBG, wenn ihn kein Verschulden oder nur Fahrlässigkeit an der Unerlaubtheit der Beschäftigung trifft. Zutreffend hat das Berufungsgericht jedoch ausgeführt, dass er sie nach herrschender Auffassung verliert, wenn er vorsätzlich handelte (Arb 11.277; 9 ObA 99/99w; Schnorr , AuslBG § 29 Rz 10). Der in der Revision gegen diese Rechtsauffassung ins Treffen geführten Entscheidung des OLG Wien vom , ARD 5976/6/2009, ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Die mangelnde Relevanz des Verschuldens des ausländischen Arbeitnehmers wurde in dieser Entscheidung nämlich ausschließlich damit begründet, dass er keine Beendigungsansprüche geltend machte.
Wenn das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner somit zutreffenden Rechtsauffassung das Verfahren für ergänzungsbedürftig hält, kann dem der Oberste Gerichtshof, der auch im Rekursverfahren nach einem Aufhebungsbeschluss nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten ( Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 519 Rz 107).
II. Aufgrund des zulässigen Rekurses der Klägerin ist der Oberste Gerichtshof verpflichtet, die Rechtsansicht des Berufungsgerichts allseitig zu prüfen. Diese Prüfung, für die das Verschlechterungsverbot nicht gilt ( Zechner aaO § 519 Rz 109), umfasst hier auch die Höhe des geltend gemachten Anspruchs unter Berücksichtigung des § 29 Abs 2 Satz 2 AuslBG.
III. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, § 29 Abs 2 Satz 2 AuslBG sei europarechtskonform dahingehend einzuschränken, dass die dort normierte Begrenzung des Schadenersatzanspruchs durch Ausklammerung der besonderen Bestandschutzbestimmungen der §§ 10 - 12 MuttSchG nur dann zum Tragen käme, wenn die Kündigung oder Entlassung unter Bezugnahme auf die Nichtigkeit des Arbeitsverhältnisses erfolge, nicht aber, wenn die Entlassung - wie hier - ausdrücklich wegen der Schwangerschaft der Klägerin ausgesprochen wurde. Diese Rechtsauffassung wird vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt:
IV. Die Klägerin bestreitet nicht, dass sie Ausländerin iSd § 2 AuslBG ist und für den Zeitraum ihres Beschäftigungsverhältnisses über keine Beschäftigungsbewilligung verfügt hat. Sie stützt ihren Schadenersatzanspruch demgemäß auf § 29 Abs 2 AuslBG.
Ein Arbeitsvertrag, der ohne Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung (bzw Arbeitserlaubnis) zwischen einem inländischen Arbeitgeber und einem ausländischen Arbeitnehmer geschlossen wird, ist gemäß § 879 ABGB nichtig (RIS-Justiz RS0038461). Daher hat der Arbeitgeber die auf der Grundlage eines solcherart nichtigen Arbeitsvertrags erfolgte Beschäftigung des Ausländers sofort zu beenden ( Schnorr , AuslBG,§ 29 Rz 1). § 29 Abs 2 AuslBG will in diesem Fall den Ausländer bei Verschulden des Betriebsinhabers bezüglich der Ansprüche aus der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses einem inländischen Arbeitnehmer gleichstellen. Der Betriebsinhaber soll aus der unerlaubten Beschäftigung des Ausländers weder finanzielle noch sonstige Vorteile ziehen, überdies soll er keine Vorteile gegenüber anderen Arbeitgebern, die die gesetzlichen Bestimmungen einhalten, erlangen (RV 449 BlgNR 17. GP, 16 zu § 29 Abs 2 AuslBG in der seit dem BGBl 1988/231 geltenden Fassung). Der letzte Satz des § 29 Abs 2 AuslBG normiert dabei ausdrücklich, dass bei der Berechnung der Ansprüche des Ausländers auf den besonderen Kündigungsschutz nicht Bedacht zu nehmen ist (RV 449 BlgNR 17. GP, 17). Schließlich ist der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses wegen des Fehlens der Beschäftigungsbewilligung rechtlich unmöglich; daher kann auch im Rahmen des § 29 Abs 2 AuslBG auf ihn nicht Bedacht genommen werden ( Schrammel , Rechtsfragen der Ausländerbeschäftigung 165).
V. Den Bestimmungen des MuttSchG ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. § 11 MuttSchG sieht zwar im Zusammenhang mit der Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmerinnen vor, dass der Ablauf der Beschäftigungsbewilligung (der Arbeitserlaubnis, des Befreiungsscheins) einer Ausländerin im Fall der Schwangerschaft und der Entbindung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt wird, in dem ihr Arbeitsverhältnis nach den dafür bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Regeln rechtsgültig beendet werden kann. Damit ist sichergestellt, dass das zunächst gültig zustande gekommene Arbeitsverhältnis bis zum Ende der normierten Ablaufhemmung nicht nichtig wird. Hier geht es aber nicht um den Wegfall einer zunächst vorhandenen Beschäftigungsbewilligung, sondern darum, dass die Klägerin von Anfang an über keine Beschäftigungsbewilligung verfügte und daher das Arbeitsverhältnis nicht wirksam zustande kam, sondern von Anfang an nichtig war. In einem solchen Fall greift daher der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz nach dem MuttSchG nicht ( Ercher/Stech/Langer , MuttSchG § 11 Rz 6; Burger Ehrnhofer/Schrittwieser/Thomasberger , MuttSchG und VKG, 236). Auch aus der MutterschutzRL (RL 92/85/EWG) ergibt sich nichts anderes.
Damit fehlt es aber für die vom Berufungsgericht vorgenommene einschränkende Interpretation der Anordnung des § 29 Abs 2 AuslBG und die damit begründete Bedachtnahme auf den besonderen Bestandschutz nach dem MuttSchG an einer rechtfertigenden Grundlage. Dass die Beklagte das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin nicht unter Hinweis auf dessen Nichtigkeit sondern - in diskriminierender Weise - unter Hinweis auf die Schwangerschaft der Klägerin beendete, vermag nichts daran zu ändern, dass auf einen nach der klaren Anordnung des Gesetzes Bestandschutz nach dem MuttSchG bei der Berechnung der Ansprüche der Klägerin nicht Bedacht genommen werden kann.
Auch dem Rekurs der Klägerin war daher ein Erfolg zu versagen.
VI. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.