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OGH vom 28.02.2011, 9Ob49/10m

OGH vom 28.02.2011, 9Ob49/10m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, Hon. Prof. Dr. Kuras, Mag. Ziegelbauer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Gustav ***** L*****, vertreten durch Friedl Holler Rechtsanwalt Partnerschaft in Gamlitz, gegen die Antragsgegnerin Ingrid L*****, vertreten durch Dr. Ralph Forcher, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 1 R 273/08m 28, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Deutschlandsberg vom , GZ 6 C 42/07a 18, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Voranzustellen ist, dass nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die nach dem Grundsatz der Billigkeit vorzunehmende Aufteilung gemäß §§ 81 ff EheG jeweils von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt nur dann vor, wenn dargetan wird, dass die zweite Instanz bei der Beurteilung dieses Einzelfalls von den allgemeinen Grundsätzen abgewichen ist und so den Ermessensspielraum überschritten hat, oder dass ihr in anderer Weise eine krass fehlerhafte Ermessensübung unterlaufen ist, die im Interesse der Rechtssicherheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf. Dabei sind sogar eine unrichtig angewandte Ermittlungsart oder eine unrichtige Gewichtung einzelner Bemessungselemente solange zu vernachlässigen, als sich der ausgemittelte Ausgleichsbetrag innerhalb dieses Spielraums bewegt (6 Ob 31/07p mwN).

Das Rekursgericht hat weder seinen Ermessensspielraum überschritten noch ist ihm eine krass fehlerhafte Ermessensübung bei der Festsetzung der Ausgleichszahlung (§ 94 EheG) unterlaufen:

Mit dem insofern vom Rekursgericht bestätigten Beschluss des Erstgerichts wurde der Hälfteanteil der Antragsgegnerin an einer Liegenschaft, den ihr der Antragsteller während aufrechter Ehe schenkte, an den Antragsteller übertragen, die Löschung des auf dieser Liegenschaft haftenden wechselseitigen Belastungs und Veräußerungsverbots angeordnet und dem Antragsteller eine Ausgleichszahlung von 10.000 EUR auferlegt.

1. Der Oberste Gerichtshof hat im ersten Rechtsgang bindend ausgesprochen, dass diese Liegenschaft der Aufteilungsmasse unterliegt (9 Ob 20/09w).

2. Bei Liegenschaftsschenkungen unter Ehegatten hat im Allgemeinen der Wert der Liegenschaft bei der Ermittlung des dem Geschenkgeber aufzuerlegenden Ausgleichsbetrags weitestgehend außer Ansatz zu bleiben (4 Ob 208/01v mwN; 6 Ob 245/01z; 8 Ob 105/06h; 1 Ob 158/08d; 8 Ob 61/10v). Für die Rückübertragung der geschenkten Sache kommt dem Beschenkten daher grundsätzlich kein wertmäßiger Ausgleich zu (1 Ob 158/08d; 8 Ob 61/10v). Steht aber eine beiden Ehegatten zu Wohnzwecken dienende Liegenschaft aufgrund einer Schenkung während aufrechter Ehe im Miteigentum der Ehegatten, ist im Rahmen des Aufteilungsverfahrens nach den §§ 81 ff EheG eine Wertsteigerung der gemeinsamen Liegenschaft durch Investitionen beider Ehegatten zwischen Schenkung und Bewertungsstichtag (Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz) angemessen zu berücksichtigen (4 Ob 208/01v; 6 Ob 245/01z; 8 Ob 61/10v).

2.1 Das Erstgericht stellte fest, dass nach der Eheschließung lediglich der Bereich zwischen Garage und Hauseingang überdacht und verfliest, das vorhandene Schwimmbad adaptiert und der Garten durch die Antragsgegnerin gestaltet wurde, und hielt dafür unter Anwendung des § 273 ZPO (richtig wäre § 34 AußStrG) eine Ausgleichszahlung an die Antragsgegnerin von 10.000 EUR angemessen. Diese Ausmittlung des Ausgleichsbetrags wurde vom Rekursgericht gebilligt und ausgesprochen, dass es dazu keiner Beweisaufnahme bedurfte. Vom Rekursgericht verneinte Mängel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz bilden grundsätzlich keinen Revisionsrekursgrund (RIS-Justiz RS0050037). Das gilt auch für die Ablehnung von Beweisanträgen. Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich dabei, ob die Voraussetzungen des § 273 ZPO vorliegen, um eine Verfahrensfrage. Nichts anderes gilt für § 34 AußStrG, der § 273 Abs 1 ZPO nachgebildet ist. Hat das Rekursgericht bereits verneint, dass das Erstgericht zu Unrecht (richtig:) § 34 AußStrG anwendete, kommt demnach eine Anfechtung in diesem Punkt im Revisionsrekurs als verneinter Verfahrensmangel erster Instanz nicht mehr in Betracht (6 Ob 294/07i; 3 Ob 101/07k mwN). Eine Rechtsfrage hingegen ist es, ob das Ergebnis der Anwendung des § 273 ZPO richtig ist. Gleiches gilt auch für § 34 AußStrG. Letztlich vermag aber auch die allenfalls unrichtige Ausübung der freien Überzeugung nach § 34 AußStrG im Einzelfall, die im Revisionsrekurs auch gar nicht konkret dargestellt wird, keine erhebliche Rechtsfrage zu begründen (6 Ob 31/07p mwN).

Die Antragsgegnerin hat im erstinstanzlichen Verfahren keine konkreten Ausführungen dazu erstattet, inwieweit eine substantielle Wertsteigerung der gemeinsamen Liegenschaft zwischen Schenkung und Bewertungsstichtag zu berücksichtigen wäre (vgl dazu 8 Ob 105/06h) und dafür auch nicht die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Immobilienfach beantragt. Wenn die Vorinstanzen allein aufgrund ihrer Aussage (ON 9, S 13) eine solche Wertsteigerung berücksichtigten und dafür ohnehin eine Ausgleichszahlung von 10.000 EUR festsetzten, ist die Revisionsrekurswerberin dadurch nicht beschwert.

2.2 Mit Notariatsakt vom übertrug der Antragsteller den Hälfteanteil der Liegenschaft im Schenkungsweg an die Antragsgegnerin. Dabei wurde festgehalten, dass die Antragsgegnerin 18.500 EUR zu den Umbauten beigetragen habe und die Liegenschaft um diesen Betrag mehr wert geworden sei. Ferner wurde in den Vertrag die Erklärung der Geschenknehmerin (Antragsgegnerin) aufgenommen, dass sie „als teilweise Gegenleistung für diese Schenkung“ ... „dem Geschenkgeber die festgestellte Schuld in Höhe von EUR 18.500“ erlasse und die Erklärung beider Vertragsteile, „dass hinsichtlich dieses Betrages zwischen ihnen gänzliche Forderungsaufhebung eintritt“. Bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung am waren die während der vorehelichen Lebensgemeinschaft getätigten Umbaumaßnahmen abgeschlossen. Danach wurden keine weiteren „Neuinvestitionen“ durchgeführt.

Im erstinstanzlichen Verfahren brachte die Revisionsrekurswerberin dazu vor, dass es dabei „um eine Schenkung geht, also um eine Leistung, der (sonst wäre es ja keine Schenkung) keine wertgleiche Gegenleistung gegenüber steht“ (vorbereitender Schriftsatz ON 13, S 5). Der Betrag von 18.500 EUR sei „nur aus gebührenrechtlichen Gründen“ gewählt worden (ON 13, S 5), um die Grunderwerbsteuer „äquivalent zu sparen“ (ON 17, S 3). Wenn die Antragsgegnerin erstmals im Rekurs darauf verweist, dass eine „gemischte Schenkung“ vorliege und der Betrag von 18.500 EUR anlässlich der Rückübertragung des geschenkten Hälfteanteils an den Antragsteller im Aufteilungsverfahren zu berücksichtigen wäre und ihr dafür eine Ausgleichszahlung zustünde, bedarf dies schon deshalb keiner näheren Erörterung, weil sie dazu konkrete Ausführungen im erstgerichtlichen Verfahren gar nicht erstattet hat (vgl Fucik/Kloiber , AußStrG § 49 Rz 3). Zudem bezieht sich ihre „teilweise Gegenleistung“ auf ihren Beitrag zu den Umbauten auf der Liegenschaft, die jedoch im Zeitpunkt der Eheschließung bereits abgeschlossen waren. Der Beitrag eines Partners zur Vermögensbildung des anderen während einer vorehelichen Lebensgemeinschaft findet aber im Aufteilungsverfahren keine Berücksichtigung (7 Ob 514/86; 10 Ob 71/98h; 1 Ob 209/04y). Wenngleich die Antragsgegnerin im außerstreitigen Aufteilungsverfahren diesbezüglich keine Ausgleichsansprüche stellen kann, ist festzuhalten, dass durch die Ausklammerung ihrer „teilweisen Gegenleistung“ für die Schenkung der Liegenschaftshälfte und der während des Bestehens der vorehelichen Lebensgemeinschaft von ihr getätigten Investitionen allfällige andere privatrechtliche Ansprüche gegen den Antragsteller auf Rückerstattung von Mitteln, die sie ihm während der vorehelichen Lebensgemeinschaft zum Zweck der Vermögensbildung zur Verfügung stellte, nicht präjudiziert werden.

2.3 Schenkt ein Ehegatte einen Teil einer von ihm eingebrachten Liegenschaft, welche der Aufteilung unterliegt, dem anderen Ehegatten, ist darin ein „Beitrag“ des Schenkers iSd § 83 Abs 1 EheG zu sehen. Somit unterliegt wie bereits dargelegt auch nicht der Liegenschaftswert an sich der Aufteilung, sondern die durch Beiträge der Ehegatten herbeigeführte Wertsteigerung. Warum das Motiv der „Absicherung“ zu einem Abgehen von dieser Rechtsprechung führen soll, vermag die Revisionsrekurswerberin nicht aufzuzeigen. Schenkungen zwischen Ehegatten wird in der Regel ein Motiv, etwa auch die „Absicherung“, zu Grunde liegen, ohne dass daraus besondere Konsequenzen im Fall der Aufteilung zu ziehen wären (9 Ob 93/06a).

3. Zur Finanzierung der vor der Eheschließung abgeschlossenen Umbaumaßnahmen nahm der Antragsteller insbesondere einen Kredit auf, der zum mit 5.242,65 EUR aushaftete. Für diesen Kredit haftet nur der Antragsteller. Den Antrag auf Beschlussfassung iSd § 98 EheG wies das Erstgericht rechtskräftig ab, weil der Antragsteller für den von ihm aufgenommenen Kredit ohnedies allein hafte.

Die Revisionsrekurswerberin moniert, dass diese Kreditrückzahlungen während aufrechter Ehe einerseits zu Lasten des „Familieneinkommens“ erfolgt seien und andererseits dem Antragsteller dieser Vermögenswert durch die Rückübertragung der Liegenschaftshälfte zukomme. Die nicht näher bezifferte „Hälfte des Bedienungsaufwands“ für den Kredit stehe ihr als zusätzliche Ausgleichszahlung zu. Nach ihrem erstinstanzlichen Vorbringen leistete sie durch eigene Einkommenserzielung, die nicht näher konkretisiert wird, durch die Betreuung der beiden Kinder und die Haushaltsführung Beiträge zum „Familieneinkommen“. Die Streitteile sagten jedoch übereinstimmend aus, dass die Kreditrückzahlungen vom Antragsteller allein geleistet wurden. Selbst wenn die Antragsgegnerin während der Ehe einen Beitrag zu den Kreditrückzahlungen für den vom Antragsteller vor der Eheschließung aufgenommenen Kredit geleistet hätte, zeigt sie im Revisionsrekurs nicht konkret auf, inwiefern die zuerkannte Ausgleichszahlung von 10.000 EUR in diesem Zusammenhang zu gering ausgemessen ist.

Zusammenfassend ist daher der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.