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OGH vom 19.01.2011, 3Ob99/10w

OGH vom 19.01.2011, 3Ob99/10w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer, den Hofrat Hon. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und den Hofrat Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Johannes Müller, Rechtsanwalt, Wien 3, Ditscheinergasse 2, als Masseverwalter im Konkurs der T***** GmbH, gegen die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, Wien 10, Wienerbergstraße 15 19, vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, und der Nebenintervenienten auf der Seite der beklagten Partei 1.) Dr. Michael P*****, 2.) Franz ***** A*****, und 3.) Dr. Walter J*****, alle drei vertreten durch Dr. Herwig Ernst, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen Anfechtung (Streitwert 868.223,10 EUR), über die (teils außerordentliche) Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 299.996,80 EUR) und den Rekurs der beklagten Partei (Rekursinteresse 567.732,95 EUR) gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 121/08y 21, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 46 Cg 58/07k 14, (neue AZ 24 Cg 49/08a), teils bestätigt und teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision der klagenden Partei und dem Rekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben.

1. Die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass sie (unter Einschluss der unangefochtenen Abweisung von 493,27 EUR sA) als Teilurteil zu lauten hat:

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei 842.729,83 EUR samt 4 % Zinsen p.a. aus 55.000 EUR seit , aus 75.339,83 EUR seit , aus 13.000 EUR seit , aus 68.552,20 EUR seit , aus 64.973,08 EUR seit , aus 63.104,85 EUR seit , aus 53.019,74 EUR seit , aus 67.450,74 EUR seit , aus 53.805,31 EUR seit , aus 40.567,52 EUR seit , aus 52.718,11 EUR seit , aus 53.598,90 EUR seit , aus 55.509,43 EUR seit , aus 23.309,45 EUR seit , aus 29.284,56 EUR seit , aus 51.200,00 EUR seit und aus 22.296,11 EUR seit und die mit 33.505,98 EUR (darin 11.774 EUR Barauslagen und 3.622 EUR USt) bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz sowie die mit 23.428,66 EUR (darin 17.612,14 EUR Barauslagen und 969,42 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu zahlen.

Die beklagte Partei hat ferner der klagenden Partei die mit 14.977,01 EUR (darin 11.852,40 EUR Barauslagen und 520,77 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens und die mit 3.741,98 EUR (darin 623,66 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Das Mehrbegehren von 493,27 EUR samt 4 % Zinsen seit wird abgewiesen.

2. In Ansehung der angefochtenen Zahlung von 25.000 EUR (im Juli 2005) samt 4 % Zinsen p.a. seit werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Folgender vom Berufungsgericht übernommener und nach dem Akteninhalt ergänzter Sachverhalt ist unstrittig:

Mit Beschluss des Erstgerichts vom wurde über das Vermögen der T***** GmbH (in der Folge: Gemeinschuldnerin) der Konkurs eröffnet.

Die Gemeinschuldnerin war Kreditnehmerin dreier Bankinstitute. Eine dieser Banken kündigte mit Schreiben vom die Geschäftsbeziehung auf und stellte die bei ihr aushaftende Kreditverbindlichkeit fällig, weil die ihr übermittelten Daten eine maßgebliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der Kreditnehmerin ergeben hätten. Eine von ihr gewünschte Besicherung des Kreditengagements durch Übernahme einer Bürgenhaftung seitens der Gesellschafter sei definitiv ausgeschlossen worden. Zur Abdeckung des fällig gestellten Betrags von 231.444,58 EUR setzte sie eine Frist bis . Im Juni 2005 stellte auch die zweite der kreditgebenden Banken den bei ihr aushaftenden Kredit fällig.

Mit E Mail vom wendete sich die Gemeinschuldnerin an alle drei Banken und teilte unter anderem mit, „dass aufgrund der von Ihnen gesetzten Maßnahmen der Einschränkung unserer dispositiven Mittel wir unseren Liquiditätsplan vom nicht mehr aufrecht halten können und somit in eine Insolvenzsituation schlittern“. Die wirtschaftliche Situation der späteren Gemeinschuldnerin sei aufgrund der Auftragslage nach wie vor positiv. Der Forderungsstand zum liege bei 1.371.000 EUR und stelle ihres Erachtens eine ausreichende Absicherung der Kreditengagements dar. In Summe würden ca 160.000 EUR an Finanzmittel benötigt, die zur Einhaltung des Liquiditätsplans erforderlich seien. Weiters heißt es in dem E Mail: „Wir haben nun per 11. 7. den offenen Saldo bei der Wiener Gebietskrankenkasse im Ausmaß von EUR 86.000 (nach Ausdehnung des Zahlungsziels) zu bezahlen. Mit heutigem Stand unserer liquiden Mittel können wir diese Zahlung nicht vornehmen. Die Folgen einer Nichtbezahlung des offenen Saldos bei der Wiener Gebietskrankenkasse sind Ihnen bekannt. Sollten die oben genannten Mittel uns nicht zur Verfügung stehen, werden wir nächste Woche […] die notwendigen Schritte zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens setzen. Wir hoffen aber weiterhin auf Ihre Unterstützung und ersuchen Sie, die oben genannten Mittel uns zur Verfügung zu stellen (Beil ./E).“

Darauf kündigte auch die dritte Bank mit Schreiben vom die Geschäftsverbindung auf und forderte die nunmehrige Gemeinschuldnerin auf, den aushaftenden Saldo von 769.449,05 EUR bis zum abzudecken (Beil ./F).

Die seit 1989 bestehende Gemeinschuldnerin hatte die an die beklagte Partei zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge bis einschließlich des Beitrags für März 2005 immer pünktlich gezahlt. Mit Schreiben ihres Steuerberaters vom ersuchte sie die beklagte Partei um Stundung des Beitrags für April 2005 in Höhe von 78.017,71 EUR bis zum . Sie begründete das Ersuchen damit, dass ein kurzfristiger Liquiditätsengpass bestehe, weil Kunden ihre Zahlungsziele nicht eingehalten hätten. Diese Zahlungen seien für die nächsten Wochen fix zugesagt worden. Ebenso seien in den letzten Monaten Umstrukturierungsmaßnahmen durchgeführt worden, die in der zweiten Jahreshälfte wieder zu einer besseren Liquiditätssituation führen würden.

Mit Schreiben vom lehnte die beklagte Gebietskrankenkasse eine Stundung ab. Grund dafür war, dass für eine solche keine gesetzliche Grundlage bestehe. Daraufhin bezahlte die spätere Gemeinschuldnerin den Beitrag für April 2005.

Mit Schreiben des Steuerberaters vom stellte sie neuerlich einen Antrag auf Stundung, nunmehr des Beitrags für Mai 2005 in Höhe von 85.922,50 EUR bis . Die Begründung für das Ersuchen war gleichlautend wie jene im vorangegangenen Stundungsersuchen. Auch dieses zweite Ersuchen wurde von der beklagten Partei (telefonisch) am abgelehnt.

Daraufhin sprach der damalige Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin (der erste Nebenintervenient) am persönlich bei der beklagten Partei vor. Dabei sprach man über die Möglichkeit einer Ratenvereinbarung, über die Notwendigkeit einer Bürgschaft sowie darüber, dass für eine Ratenvereinbarung die Genehmigung der Geschäftsleitung der Gebietskrankenkasse notwendig sei. Das Ratenansuchen begründete der Geschäftsführer mit Zahlungsstockungen. Die Banken hätten die Kredite fällig gestellt. Es gebe Schwierigkeiten in der Gesellschaftersituation. Die Gesellschaft müsse mit einem Habenkonto arbeiten. Es bestehe aber eine gute Auftragslage. Von einem Bundesministerium sei eine größere Zahlung ausständig, die für demnächst angekündigt sei. Laufende Außenstände bei anderen Gläubigern, außer bei den Banken, sowie die Gehälter würden bezahlt. Es bestehe ein positiver Cash Flow. Für das Projektgeschäft sei immer wieder eine Zwischenfinanzierung für die Gehälter notwendig. Weiters wies der Geschäftsführer auf das Bestehen einer Liquiditätsplanung hin. Über die Höhe der von den Banken fällig gestellten Kredite wurde nicht gesprochen. Der Geschäftsführer wies auch nicht auf eine etwaige Zahlungsunfähigkeit der späteren Gemeinschuldnerin hin.

Nachdem dieser Geschäftsführer am darüber informiert worden war, dass die Ratenzahlung genehmigt werde, erschien er am neuerlich bei der beklagten Partei. Bei dieser Gelegenheit wurde die bereits vorher mündlich besprochene Ratenzahlungsvereinbarung schriftlich festgehalten. Zu diesem Zeitpunkt waren Sozialversicherungsbeiträge einschließlich Juni 2005 in Höhe von 157.358,75 EUR offen. Die Gemeinschuldnerin verpflichtete sich, diesen Rückstand „zuzüglich der noch zu berechnenden Verzugszinsen und Nebengebühren“ wie folgt zu bezahlen:

25.000 EUR am , weitere 55.000 EUR bis ;

die restlichen Sozialversicherungsbeiträge einschließlich Juni 2005 zuzüglich der noch zu berechnenden Verzugszinsen und Nebengebühren in aufeinander folgenden Monatsraten von je 13.000 EUR, beginnend mit , bei einem Zahlungsrespiro von drei Tagen und Terminsverlust bei Verzug auch mit nur einer Rate. Weiters ist in der Zahlungsvereinbarung festgehalten, dass die ab Juli 2005 neu auflaufenden Sozialversicherungsbeiträge, Nachtragsvorschreibung und Beitragszuschläge pünktlich bei Fälligkeit zu zahlen seien. Schon anlässlich der Vorsprache am hatte die spätere Gemeinschuldnerin 25.000 EUR gezahlt und am 55.000 EUR.

Bei Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung wies der Geschäftsführer darauf hin, dass die nunmehrige Gemeinschuldnerin laufend an öffentlichen Ausschreibungen teilnehme und dafür Unbedenklichkeitsbescheinigungen benötige. Eine solche Bescheinigung wird von der beklagten Gebietskrankenkasse nur ausgestellt, wenn das Beitragskonto keine Rückstände aufweist. Der Geschäftsführer wurde bei Abschluss der Zahlungsvereinbarung darauf hingewiesen, dass eine frühere Zahlung möglich sei, die Zahlungsvereinbarung damit hinfällig und auch alle Bürgen aus der Haftung entlassen würden und dann eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt werden könne.

Am übernahm der Geschäftsführer der späteren Gemeinschuldnerin die Haftung als Bürge und Zahler für die ausstehenden Sozialversicherungsbeiträge einschließlich Juni 2005 und für die neu auflaufenden Beiträge ab Juli 2005. Es wurde vereinbart, dass die Haftung erlösche, wenn keine wie immer gearteten Rückstände auf dem Beitragskonto mehr bestünden, das heiße, wenn der Saldo Null eintrete. Am übernahm auch der zweite Nebenintervenient eine gleichlautende Bürgschaft.

Hauptgläubiger der nunmehrigen Gemeinschuldnerin waren ihre drei Hausbanken. Nachdem diese die Kredite fällig gestellt hatten, nahm die spätere Gemeinschuldnerin durch ihren Rechtsvertreter mit ihnen Gespräche über einen außergerichtlichen Ausgleich auf. Am teilte sie der als letzte genannten Bank mit Faxschreiben ihres Rechtsvertreters mit, sie sei überschuldet und zahlungsunfähig. Die Voraussetzungen für die Konkurseröffnung seien gegeben. In der Gewinn und Verlustrechnung zum sei als Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ein Verlust von 746.609,02 EUR ausgewiesen. Das bedeute gegenüber dem Vorjahresgewinn von 173.580,79 EUR eine Verschlechterung von rund 920.000 EUR. Im ersten Halbjahr 2005 habe sich die finanzielle Situation weiter verschlechtert. Bis sei ein weiterer Verlust von 697.000 EUR eingefahren worden. Das zum mit 344.080,72 EUR ausgewiesene negative Eigenkapital werde durch den nunmehrigen Verlust auf über 1 Mio EUR erhöht. 2005 seien bereits erhebliche Sanierungsmaßnahmen eingeleitet worden, das ändere allerdings nichts am Insolvenzstatus der Gesellschaft. Die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen seien zum mit 485.000 EUR ausgewiesen. Es handle sich dabei größtenteils um Kleinlieferanten. Der Rückstand beim Finanzamt betrage zum 352.000 EUR, bei der beklagen Partei 157.000 EUR. Es bestehe keine Verhandlungsbereitschaft.

Nach Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung mit der beklagten Partei zahlte die spätere Gemeinschuldnerin die Sozialversicherungsbeiträge für Juli 2005 von 75.339,33 EUR am und für August 2005 in Höhe von 68.552,20 EUR am fristgerecht. Ebenso zahlte sie die am fällige erste Rate von 13.000 EUR auf den Rückstand pünktlich.

Am wendete sich der Geschäftsführer telefonisch an die beklagte Partei und teilte mit, dass er eine Unbedenklichkeitsbescheinigung benötige. Zu diesem Zeitpunkt wies das Beitragskonto einen (durch die Ratenvereinbarung gestundeten) Rückstand von 64.973,08 EUR auf. Um die Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erhalten, zahlte die spätere Gemeinschuldnerin diesen Rückstand am zur Gänze, wodurch das Beitragskonto auf Null gestellt war. Am entließ die beklagte Partei die beiden Bürgen „vorbehaltlich eventueller Nachtragsvorschreibungen“ aus ihren Haftungen.

Am langte bei der beklagten Partei eine Zahlung von 493,27 EUR, am eine solche von 63.104,85 EUR ein. Mit Schreiben vom teilte die zuletzt genannte Bank dem Rechtsvertreter der späteren Gemeinschuldnerin mit, dass sie deren außergerichtliches Ausgleichsanbot annehme. Demzufolge habe die Gesellschaft auf die Forderung von 765.929,50 EUR eine Quote von 40 % in vier gleichbleibenden Halbjahresraten (à 76.592,95 EUR), beginnend mit bei dreitägigem Respiro und Terminsverlust, zu zahlen. Die Annahme des Ausgleichsangebots gelte unter der Bedingung, dass auch die beiden anderen Banken an einem außergerichtlichen Ausgleich mit einer 40 % Quote zustimmten. Mit Schreiben vom stimmte auch die zweitgenannte Bank, deren fällige Forderung 149.733,79 EUR betrage, einem außergerichtlichen Ausgleich zu.

Mit Schreiben vom teilte die spätere Gemeinschuldnerin der beklagten Gebietskrankenkasse Folgendes mit:

„Wir haben aufgrund von wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Unregelmäßigkeiten der Zahlungseingänge unserer Kunden immer wiederkehrende kurzfristige Liquiditätsengpässe gehabt. Aus diesem Grund haben wir seit Jahresbeginn Sanierungsmaßnahmen umgesetzt. Ein Teil unserer Maßnahmen ist die Realisierung eines außergerichtlichen Vergleichs mit unseren Hauptgläubigern. Die Umsetzung dieses Vergleichs ist in der finalen Phase und wir glauben, dass wir mit Mitte Dezember 2005 den Ausgleich erfolgreich abschließen und damit auch eine Neufinanzierung gewährleisten zu können.

Die aktuelle Verbindlichkeit Ihnen gegenüber können wir mit heutigem Datum nur teilweise bedienen, konkret überweisen wir den Dienstnehmeranteil in der Höhe von EUR 53.019,74. Den noch offenen Dienstgeberanteil in der Höhe von EUR 67.332,36 werden wir bei vorhandener Liquidität, spätestens aber am begleichen.“

Am langte bei der beklagten Partei der Betrag von 53.019,74 EUR (Dienstnehmeranteil für Oktober 2005) ein. Den weiteren Beitrag von 67.450,74 EUR überwies die nunmehrige Gemeinschuldnerin am . In den Beitragsmonat Oktober fallen die Sonderzahlungen, weshalb dieser Betrag besonders hoch war.

Mit Schreiben vom stimmte auch die erstgenannte Hausbank der späteren Gemeinschuldnerin der Regulierung der bei ihr bestehenden Verbindlichkeiten von 203.538,48 EUR mit einer Quote von 40 % zu.

Mit drei gleichlautenden Schreiben vom ersuchte die spätere Gemeinschuldnerin alle drei Banken um Verschiebung der Termine für die Ratenzahlungen auf , , und . Sie benötige im Sinn ihres Fortführungskonzepts eine Kreditlinie von 700.000 EUR. Dazu sei sie mit einer weiteren Bank in Verhandlung, die bereit sei, im Rahmen eines Zessionskredits eine Kreditlinie von 500.000 EUR bereitzustellen. Diese Bank fordere eine Bankgarantie eines dritten Bankinstituts in Höhe von 250.000 EUR als zusätzliche Besicherung des halben Rahmens. Daraus ergebe sich ein weiterer Obligobedarf bei einem anderen Bankinstitut von 450.000 EUR. Bei Gesprächen mit mehreren Banken hätten diese eine 100%ige Besicherung eingefordert. Eine Besicherung in Höhe von 185.000 EUR könnten die Gesellschafter beistellen. Für den Differenzbetrag von 265.000 EUR sei man mit Investoren in Verhandlung. Aufgrund der Komplexität und der späten Zustimmung der dritten Hausbank könne der ursprünglich vereinbarte Zeitrahmen per nicht gehalten werden. Mit E Mail ihres Rechtsvertreters vom an die drei Banken ersuchte die spätere Gemeinschuldnerin um eine weitere Fristverlängerung bis Ende Februar 2006 für die Zahlung der ersten Rate aus dem stillen Ausgleich. Die im vorangegangenen Schreiben genannte Bank (Faktor Bank) habe trotz Einigung auf Ebene der Sachbearbeiter letztlich Ende Dezember 2005 der erforderlichen Finanzierung nicht zugestimmt. Nunmehr sei zusammenfassend geplant, dass 200.000 EUR durch den Investor und 500.000 EUR durch eine Bank finanziert würden, wobei die Bank durch eine persönliche Haftung der Gesellschafter über 250.000 EUR und den Forderungsverkauf der GmbH besichert sei. Es müsse nun mit weiteren Banken verhandelt werden. Mit zwei weiteren Partnern werde über eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung verhandelt. Nach der Hochrechnung (November 2005) des vorläufigen Jahresergebnisses hätten die Plandaten gemäß Fortführungsprognose für 2005 im Wesentlichen erfüllt werden können. Während das erste Halbjahr noch negativ verlaufen sei, habe im Zeitraum Juni bis Dezember 2005 im Sinne der Hochrechnung bereits ein ausgeglichenes Ergebnis erwirtschaftet werden können. Wegen des Verhandlungsabbruchs durch die genannte Bank sei die Gesellschaft zur Zeit nicht in der Lage, den versprochenen Ausgleich zu erfüllen. Aus heutiger Sicht würden die erforderlichen Verhandlungen einen Zeitraum bis Ende Februar 2006 in Anspruch nehmen.

Daraufhin gewährte eine der drei Hausbanken die Fristerstreckung für die erste Zahlung bis . Sodann wurde die jeweils als erste Rate des Ausgleichs an die drei Banken am gezahlt. Diese drei Banken hatten ihre Zustimmung zum Ausgleich nie davon abhängig gemacht, dass auch andere Gläubiger außer den Banken in den Ausgleich einbezogen würden. Gegen die spätere Gemeinschuldnerin war kein einziges Exekutionsverfahren anhängig.

Der beklagten Partei waren die Liquiditätsprobleme der Gemeinschuldnerin bekannt, nicht aber deren Zahlungsunfähigkeit.

Diese entrichtete die Beiträge ab November 2005 an die Beklagte wie folgt [Überweisungsdatum/Einlangen der Zahlung in Klammer]:

16. 12. (19. 12.) 2005 53.805,31 EUR (November 05)

16. 01. (17. 01.) 2006 40.567,52 EUR (DN Anteil Dez 05)

18. 01. (19. 01.) 2006 52.718,11 EUR (DG Anteil Dez 05)

13. 02. (14. 02.) 2006 53.598,90 EUR (Jänner 06)

06. 04. (07. 04.) 2006 55.509,43 EUR (Februar 06)

21. 04. (24. 04.) 2006 23.309,45 EUR (DN Anteil März 06)

08. 05. (09. 05.) 2006 29.284,56 EUR (DG Anteil März 06)

01. 06. (06. 06.) 2006 51.200,00 EUR (April 06)

07. 07. (10. 07.) 2006 22.296,11 EUR (DN Anteil Mai 06)

Der klagende Masseverwalter ficht zahlreiche Zahlungen der Gemeinschuldnerin an die beklagte Gebietskrankenkasse auf Sozialversicherungsbeiträge ab nach § 30 Abs 1 Z 1 und 3 sowie § 31 Abs 1 Z 2 KO an und begehrt deren Rückzahlung an die Konkursmasse samt Zinsen und brachte dazu im Wesentlichen vor:

Die Gemeinschuldnerin sei seit durchgehend insolvenzrechtlich relevant überschuldet und seit Fälligstellung der Kredite durch die Hausbanken im zweiten Quartal 2005 auch zahlungsunfähig gewesen. Ein von ihr erstellter Insolvenzstatus zum habe eine rechnerische Überschuldung von 3.440.557,45 EUR ergeben. Schon der im April 2005 erstellte erste Bilanzentwurf zum habe eine buchmäßige Überschuldung von 344.080 EUR aufgewiesen, die Version vom sogar eine von 910.378,44 EUR. Bei der Vorsprache bei der beklagten Partei am habe der Geschäftsführer die Beklagte über die wirtschaftliche Situation der Gemeinschuldnerin informiert, insbesondere auch darüber, dass die Banken die Kredite fällig gestellt bzw nicht verlängert hätten, derzeit lediglich mit einem Habenkonto gewirtschaftet und ein außergerichtlicher Ausgleich mit den Banken angestrebt werde. Die beklagte Partei habe sich dafür nicht interessiert und die Angaben der Gemeinschuldnerin auch nicht weiter hinterfragt, obwohl diese zur Erteilung jeder gewünschten Information bereit gewesen sei. Aufgrund von Informationen und von der Gemeinschuldnerin über ein entsprechendes Ersuchen zur Verfügung gestellten Unterlagen hätte sich die beklagte Gebietskrankenkasse Gewissheit über die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ihrer Beitragsschuldnerin verschaffen können. Mit Schreiben vom sei sie neuerlich davon in Kenntnis gesetzt worden, dass die spätere Gemeinschuldnerin ihre fälligen Verbindlichkeiten nur teilweise bedienen könne und aufgrund ihrer Zahlungsunfähigkeit einen außergerichtlichen Ausgleich anstrebe. In der Folge sei es dann wieder zu bloßen Teilzahlungen (es seien primär die Dienstnehmerbeiträge bezahlt worden) und Zahlungsverzögerungen gekommen.

Die Gemeinschuldnerin habe die angefochtenen Zahlungen in der Absicht geleistet, die beklagte Partei vor anderen Gläubigern zu begünstigen. Während diese Zahlung erhalten habe, seien die fälligen Forderungen vieler anderer (beispielhaft aufgezählter) Gläubiger nicht (auch nicht teilweise) befriedigt worden. Die beklagte Partei hätte die Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit ihrer Beitragsschuldnerin sowie die Tatsache, dass die Zahlungen in Begünstigungsabsicht geleistet worden seien, zumindest erkennen müssen.

Nach Abschluss der am schriftlich festgehaltenen Ratenzahlungsvereinbarung habe die spätere Gemeinschuldnerin bereits am den von der Zahlungsvereinbarung umfassten Rückstand von 64.973,08 EUR bezahlt, obwohl diese erst in künftig fällig werdenden monatlichen Raten von 13.000 EUR zu zahlen gewesen wäre. Daher sei diese Zahlung auch inkongruent. Es habe nie eine positive Fortbestehensprognose gegeben. Mangels Kreditwürdigkeit hätte die spätere Gemeinschuldnerin den erforderlichen Kredit für von ihr als unbedingt notwendig angesehene zusätzliche Finanzmittel von 700.000 EUR nicht erlangen können. Schon allein wegen der zerstrittenen Gesellschafterstruktur sei es ebenso unrealistisch gewesen, einen Investor zu finden. Die Zahlungsunfähigkeit sei auch nicht mit Abschluss der Verhandlungen mit den Gläubigerbanken weggefallen. Es habe nicht einmal die erste Quote zum selbst angebotenen Zeitpunkt bezahlt werden können. Mangels liquider Mittel habe man diese Zahlung immer wieder verschieben müssen. Letztlich habe die Gemeinschuldnerin zwar die Mittel für die erste Teilzahlung „zusammengekratzt“, dies habe aber die Liquidität gleich wieder so stark belastet, dass neben anderen Verbindlichkeiten die am fälligen Krankenversicherungsbeiträge und Steuern nicht mehr bezahlt werden hätten können.

Die beklagte Gebietskrankenkasse habe sich überhaupt nicht für die schlechte wirtschaftliche Situation der nunmehrigen Gemeinschuldnerin interessiert, sondern nur für die Zahlung der Beiträge. Ihr sei daher fahrlässige Unkenntnis von der materiellen Insolvenz und der Begünstigungsabsicht vorzuwerfen.

Die beklagte Partei wendete ein, sie habe gegen die spätere Gemeinschuldnerin nie auch nur ein einziges Exekutionsverfahren eingeleitet. Selbst im Juli/August 2005 habe sich der Rückstand kurzfristig nur auf zwei Beitragsmonate belaufen. Der Geschäftsführer habe sie im Sommer 2005 nicht umfassend über die wirtschaftliche Lage der Beitragsschuldnerin informiert. Sie habe insbesondere keine Kenntnis von der Fälligstellung der Kredite durch die Hausbanken gehabt. Bei entsprechender Mitteilung wäre dies in einem Aktenvermerk festgehalten worden. Vielmehr habe der Geschäftsführer den Rückstand mit einem Liquiditätsengpass erläutert und sich mit einer Ratenvereinbarung und sogar mit der Übernahme einer persönlichen Haftung einverstanden erklärt. Er habe auch für die Einhaltung der Ratenvereinbarung gesorgt. Sie habe sich aufgrund des Telefonats vom auch zur Aufhebung der Zahlungsvereinbarung bereit erklärt. Die pünktlichen Zahlungen in der Zwischenzeit hätten darauf hingedeutet, dass die Zahlungsstockung mittlerweile überwunden sei. Man habe das Angebot der vorzeitigen Abdeckung des Rückstands als Zeichen der Wiedererlangung der wirtschaftlichen Stärke gewertet. Wegen einvernehmlicher Aufhebung der Ratenvereinbarung sei die Zahlung am nicht inkongruent.

Eine allfällige Zahlungsunfähigkeit und/oder Begünstigungsabsicht der späteren Gemeinschuldnerin sei ihr weder bekannt noch erkennbar gewesen. Mit der Zustimmung der Hausbanken zu einem 60%igen Forderungsverzicht sei die Zahlungsstockung jedenfalls überwunden und die Gemeinschuldnerin damit zahlungsfähig gewesen.

Die Gemeinschuldnerin sei im anfechtungsrelevanten Zeitraum nicht insolvenzrechtlich relevant überschuldet gewesen. Selbst bei einer rechnerischen Überschuldung hätten die eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen eine positive Fortbestehensprognose gerechtfertigt. Auch die Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin seien davon ausgegangen, dass die von ihnen eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem außergerichtlichen Ausgleich mit den drei Banken die nachhaltige Sanierung der Gesellschaft und eine Überwindung der Krise ermöglichen würden. Damit hätten sie nicht in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit und damit auch nicht in Begünstigungsabsicht gehandelt. Die Gläubigerbanken seien auch darüber informiert gewesen, dass die Forderungen aller anderen Gläubiger wie auch die der beklagten Partei vollständig befriedigt würden und hätten dies akzeptiert. Schon daher sei eine Begünstigungsabsicht begrifflich ausgeschlossen. Aus der Zahlung eines Restbetrags von 67.450,74 EUR Anfang Dezember 2005 habe man geschlossen, dass die im Schreiben vom genannten finanziellen Schwierigkeiten nun überwunden seien. Diese Schlussfolgerung hätte sich durch mehr oder weniger pünktliche Zahlung der weiteren Beiträge bestätigt.

Die Nebenintervenienten brachten im Wesentlichen vor, im Zuge der außergerichtlichen Sanierung des Unternehmens der späteren Gemeinschuldnerin im Jahr 2005 seien Fortführungsprognosen erstellt und Restrukturierungs bzw Sanierungsmaßnahmen getroffen worden. Diese hätten dazu geführt, dass bereits im zweiten Halbjahr 2005 wieder ein annähernd ausgeglichenes Geschäftsergebnis erzielt worden sei. Daher seien in Ansehung des für sie (im Zusammenhang mit der Bürgschaft) relevanten Anfechtungszeitraums bis die rechtlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anfechtung der bis dahin geleisteten Zahlungen nicht gegeben.

Das Erstgericht wies mit Urteil das Klagebegehren zur Gänze ab. Ausgehend von den einleitend wiedergegebenen Feststellungen und der weiteren, wonach laufende Außenstände, sofern sie als berechtigt angesehen wurden, durch die Gemeinschuldnerin beglichen worden seien, und die beklagte Partei infolge der Zahlung vom die finanziellen Schwierigkeiten für überwunden angesehen habe, gelangte es zu folgender wesentlicher rechtlicher Beurteilung:

Aufgrund des Umstands, dass die spätere Gemeinschuldnerin in der Lage gewesen sei, hohe Zahlungen zu leisten und selbst hohe Außenstände gehabt habe, habe die Beklagte die Zahlungsunfähigkeit iSd § 31 Abs 1 Z 2 KO nicht erkennen müssen. Da sie nicht einmal genötigt gewesen sei, ein Exekutionsverfahren einzuleiten und auch die Zahlungen immer mehr oder weniger pünktlich erfolgt seien, habe sie keine weitere Nachforschungspflicht getroffen. Der Abschluss einer Zahlungsvereinbarung sei noch nicht als Indiz für eine Zahlungsunfähigkeit zu werten. Könne man davon ausgehen, dass ein Ausgleichsvorschlag lediglich eine Zahlungsstockung beheben solle, bilde ein außergerichtliches Ausgleichsangebot noch kein Anzeichen einer Insolvenz.

Nach den Tatsachenfeststellungen fehle auch die Begünstigungsabsicht nach § 30 Abs 1 Z 3 KO. Aufgrund der Angaben des Geschäftsführers der späteren Gemeinschuldnerin habe die beklagte Partei davon ausgehen können, dass auch andere Gläubiger befriedigt würden und nur mit den Banken über einen Ausgleich verhandelt werde, weiters, dass diesen bekannt gewesen sei, dass alle anderen Gläubiger voll befriedigt würden. Damit sei eine Begünstigung schon begrifflich ausgeschlossen. Infolge einvernehmlicher Aufhebung der Zahlungsvereinbarung in schlüssiger Weise sei auch die Zahlung von 64.973,08 EUR am nicht inkongruent gewesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des klagenden Masseverwalters teilweise Folge. Es bestätigte die Abweisung des Klagebegehrens betreffend die Zahlungen vom 14. Juli, 2. August, 11. August, 5. September, 7. September, 28. September und im Gesamtumfang von 300.490,15 EUR sA als Teilurteil, hob aber im Umfang der übrigen Zahlungen das Urteil des Erstgerichts auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Während es zum aufhebenden Teil den Rekurs (an den Obersten Gerichtshof) für zulässig erklärte, sprach es zur Revision nach Abänderungsantrag aus, dass diese in Ansehung der Zahlungen von 25.000 EUR am und von 13.000 EUR am zulässig, im Übrigen aber nicht zulässig sei.

Da das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Feststellung der Zahlung laufender Außenstände der neben den Hausbanken bestehenden Gläubiger durch die spätere Gemeinschuldnerin einen Verfahrensmangel annahm, ging es auf die Beweisrüge in diesem Punkt nicht näher ein.

In rechtlicher Hinsicht führte es aus, die höchstgerichtliche Rechtsprechung nehme grundsätzlich gegenüber Sozialversicherungsträgern betreffend das Erkennenmüssen von die Anfechtbarkeit von Beitragszahlungen begründenden Umständen einen eher großzügigen Standpunkt ein. Bei Fehlen sonstiger Krisenindikatoren seien jene nur zu Nachforschungen verpflichtet, wenn die Höhe des Beitragsrückstands in kurzer Zeit rasch ansteige und Zahlungen nur noch im exekutiven Weg eingebracht werden könnten bzw Ratenvereinbarungen nicht mehr eingehalten würden. Allerdings sei auch als fahrlässig beurteilt worden, dass ein Sozialversicherungsträger zahlreiche Medienberichte über eine angeblich drohende Insolvenz eines Beitragsschuldners nicht zum Anlass für Nachforschungen über dessen wirtschaftliche Situation nehme, auch wenn das Zahlungsverhalten betreffend die Sozialversicherungsbeiträge völlig unauffällig war. Es sei auch die Einsicht in die Jahresabschlüsse als zumutbar erachtet worden, um die Gewinn und Verlustentwicklung des Unternehmens nachvollziehen zu können. Zwar lasse die Tatsache, dass ein Beitragsschuldner wegen einer Ratenzahlung vorstellig werde, noch nicht auf Zahlungsunfähigkeit schließen. Auch die Mitteilungen des Geschäftsführers der späteren Gemeinschuldnerin bei der Vorsprache am habe die Beklagte noch nicht als Insolvenzindikator werten und zum Anlass für Nachforschungen nehmen bzw zumindest beim Geschäftsführer näher nachfragen müssen. Damals sei die Gemeinschuldnerin noch völlig unauffällig gewesen, die Fälligstellung von Bankkrediten münde im Geschäftsleben nicht regelmäßig und zwangsläufig in ein Insolvenzszenario. Bei einer Gesamtbetrachtung der der beklagten Partei damals vorliegenden Informationen komme jener, die Banken hätten die Kredite fällig gestellt, noch nicht ein so hoher Auffälligkeitswert zu, wie etwa zahlreichen Medienberichten über eine bevorstehende Insolvenz. Den Inhalt des Schreibens vom , worin von einem außergerichtlichen Vergleich die Rede war, hätte die beklagte Partei aber jedenfalls als Anzeichen der Zahlungsunfähigkeit werten und zum Anlass nehmen müssen, nähere Erkundigungen über die tatsächliche wirtschaftliche Situation der Gemeinschuldnerin einzuholen. Mit Zugang dieses Schreibens sei es ihr auch zumutbar gewesen, von der nunmehrigen Gemeinschuldnerin Unterlagen abzufordern, um das Ausmaß der eingetretenen Verluste und einer allfälligen Überschuldung beurteilen zu können. Es exkulpiere die beklagte Partei nicht, dass in dem Schreiben davon die Rede sei, dass der Ausgleich in der finalen Phase sei. Abgesehen davon habe ihr die spätere Gemeinschuldnerin nie Mitteilung darüber gemacht, dass die von ihr gegenüber den Banken ausdrücklich zugestandene Insolvenzreife beseitigt und das Unternehmen erfolgreich saniert sei. Aus der teilweise wieder mit Verzögerung erfolgten Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge habe die beklagte Partei nicht darauf schließen dürfen, dass die Zahlungsschwierigkeiten behoben seien. Ab Zugang des Schreibens vom sei daher von einer fahrlässigen Unkenntnis von einer allenfalls bereits tatsächlich eingetretenen materiellen Insolvenz der Gemeinschuldnerin auszugehen. Davor komme aber keine fahrlässige Unkenntnis von einer allenfalls vorgelegenen Begünstigungsabsicht in Betracht. Es fehle aber an Feststellungen einerseits über den Tag des Zugangs dieses Schreibens einerseits und andererseits dazu, wann die insolvenzrechtlich relevante Überschuldung und/oder Zahlungsunfähigkeit eingetreten seien.

Entgegen der Ansicht des Erstgerichts sei die Zahlung über 64.973,08 EUR vom inkongruent und nach § 30 Abs 1 Z 1 KO anfechtbar, wenn zu diesem Zeitpunkt die Gemeinschuldnerin bereits materiell insolvent gewesen wäre. Zufolge der vereinbarten Stundung habe der Gläubiger die Zahlung „nicht in der Zeit“ zu beanspruchen gehabt, wenn der Forderung vom Gemeinschuldner ein vorübergehendes Leistungsver-weigerungsrecht entgegengesetzt werden könne, wie etwa bei der reinen Stundung. Es genüge nicht, dass der Schuldner vorzeitig leisten und der Gläubiger die vorzeitige Leistung nicht zurückweisen dürfe. Auch eine Zustimmung zur vorzeitigen Zahlung durch die beklagte Partei ändere daran nichts. Zur Begünstigungsanfechtung fehle es an Tatsachenfeststellungen über die mögliche Begünstigungsabsicht der späteren Gemeinschuldnerin. Das Verfahren sei insofern mangelhaft geblieben, als das Erstgericht die vom Kläger zum Beweis dafür, dass die fälligen Forderungen vieler anderer Gläubiger nicht (auch nicht teilweise) befriedigt worden seien, beantragte Zeugin nicht vernommen habe. Es seien daher im fortgesetzten Verfahren Feststellungen darüber zu treffen, ob die spätere Gemeinschuldnerin die bevorzugte Befriedigung der beklagten Partei vor anderen Gläubigern in Kauf genommen habe. Da von deren fahrlässiger Unkenntnis von der allfälligen Begünstigungsabsicht der nunmehrigen Gemeinschuldnerin bis einschließlich der angefochtenen Zahlung vom über 63.104,85 EUR nicht ausgegangen werden könne, habe das Erstgericht die Klage in Ansehung der Zahlungen vom bis sowie hinsichtlich jener am 28. September und zu Recht abgewiesen.

Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss sei zuzulassen, weil zur Frage, ob ein Sozialversicherungsträger, der aus dem Zahlungsverhalten des späteren Gemeinschuldners selbst noch keine gravierenden Anhaltspunkte für dessen Zahlungsunfähigkeit ableiten müsse, dem aber zur Kenntnis gelange, dass der Beitragsschuldner mit der/den Hausbank(en) Verhandlungen über einen außergerichtlichen Ausgleich führt, schon aufgrund dieses Umstands auf die Zahlungsunfähigkeit schließen oder zumindest nähere Auskünfte einholen müsse, keine gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege. Für die nachträgliche teilweise Zulassung der ordentlichen Revision berief sich das Berufungsgericht auf das zutreffend im Antrag nach § 508 ZPO aufgezeigte Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, ob das Ratengesuch eines bis dahin unauffälligen Beitragsschuldners für einen Sozialversicherungsbeitragsrückstand von zwei Monaten ua mit der Begründung, die Banken hätten die Kredite fällig gestellt, vom Sozialversicherungsträger als gewichtiger Insolvenzindikator interpretiert werden müsse, der ihn zu Nachforschungen über die tatsächliche wirtschaftliche Lage seines Beitragsschuldners verpflichte.

Gegen den klageabweisenden Teil dieser Entscheidung (Teilurteil) mit Ausnahme einer Zahlung von 493,27 EUR richtet sich die (teils außerordentliche) Revision des Klägers, mit der er in erster Linie die Klagestattgebung anstrebt und nur hilfsweise auch Aufhebungsanträge stellt. Mit ihrem Rekurs gegen den aufhebenden Teil der Berufungsentscheidung begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des Ersturteils in diesem Umfang.

Mit ihren Revisionsbeantwortungen (die zweite wurde nach Freistellung durch den Obersten Gerichtshof eingebracht) beantragt die Beklagte primär, die Revision des Klägers zurückzuweisen, hilfsweise, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Mit seiner Rekursbeantwortung beantragt der Kläger, den Rekurs der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittel sind zulässig und berechtigt.

I. Einleitend ist zur Anfechtung nach § 30 KO und insbesondere auch zur Darlegung der Erheblichkeit der zu lösenden Rechtsfragen Folgendes auszuführen:

1. Wie schon das Berufungsgericht zum aufhebenden Teil seiner Entscheidung darlegte, unterließ das Erstgericht die aufgrund seiner Rechtsansicht nicht erforderlichen Feststellungen über die Tatsache und das allfällige Datum des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung der Gemeinschuldnerin, einer Gesellschaft mbH. Sämtliche verfahrensgegenständlichen Anfechtungstatbestände (nach §§ 30, 31 KO dieses Gesetz ist nach § 273 Abs 1 IO auf vor dem eröffnete Insolvenzverfahren weiter anzuwenden) setzen aber den Eintritt der Zahlungsfähigkeit (die Konkurseröffnung spielt insofern keine Rolle) voraus (jeweils Abs 1 leg cit). Deren Feststellung wäre daher dann und nur dann verzichtbar, wenn mit dem Erstgericht jeweils zumindest eine der weiteren Anfechtungsvoraussetzungen zu verneinen wäre, oder aber entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts doch ausreichende Feststellungen vorlägen, nach denen der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit beurteilt werden könnte.

2. In Ansehung jener Zahlungen, die Gegenstand des Teilurteils des Berufungsgerichts waren (mit Ausnahme der Zahlung über 493,27 EUR vom ) und durchwegs außerhalb der Frist des § 31 Abs 4 KO liegen, beruft sich nun der Kläger darauf, dass einerseits gegenüber einem Sozialversicherungsträger wie der beklagten Partei nach der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ein strenger Sorgfaltsmaßstab anzulegen sei und andererseits die Fälligstellung aller Kredite durch die Hausbanken das stärkste überhaupt vorstellbare Indiz für eine Insolvenzsituation sei. Ein durch nichts belegtes Schönreden der wirtschaftlichen Situation durch den Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin könne die beklagte Partei nicht von ihrer Nachforschungspflicht entbinden. Das Berufungsgericht hätte daher zur Annahme einer fahrlässigen Unkenntnis von der Zahlungsunfähigkeit einerseits und von der Begünstigungsabsicht andererseits kommen müssen. Meist sei bei Verwirklichung des Tatbestands der „Kenntnisanfechtung“ auch jener der Anfechtung wegen subjektiver Begünstigung verwirklicht. Der Kläger beurteilt als erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO zunächst diejenige, welcher Sorgfaltsmaßstab an den beklagten Sozialversicherungsträger in Bezug auf das Erkennenmüssen von die „Anfechtbarkeit von Beitragszahlungen“ begründenden Umständen anzulegen sei, womit er, wie er in der Folge konkretisiert, die Zahlungsunfähigkeit des späteren Gemeinschuldners meint. Dazu gebe es keine einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, allenfalls sei das Berufungsgericht von dieser abgewichen. Dagegen fehlt nach Auffassung des Berufungsgerichts eine solche Rechtsprechung gerade zum speziellen Fall eines Ratengesuchs eines bis dahin unauffälligen Beitragsschuldners betreffend einen Rückstand an Sozialversicherungsbeiträgen für zwei Monate, das damit begründet wurde, die Banken hätten die Kredite fällig gestellt, als Insolvenzindikator.

3. Beide Rechtsfragen betreffen somit an sich nur die Frage des Kennenmüssens der Zahlungsunfähigkeit (also den Anfechtungstatbestand des § 31 Abs 1 Z 2 KO). Dabei handelt es sich nicht um eine Anfechtungsvoraussetzung nach § 30 Abs 1 Z 3 (und schon gar nicht Z 1 leg cit). Der wesentliche Unterschied zwischen den Anfechtungstatbeständen besteht darin, dass bei dem letztgenannten Kenntnis oder Kennenmüssen von der

Begünstigungsabsicht vorliegen muss (RIS Justiz RS0064593). Die Anfechtung der Zahlungen wegen Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit ist aber nach § 31 Abs 4 KO ausgeschlossen, weil sie deutlich länger als sechs Monate vor Konkurseröffnung erfolgten.

Die vom Berufungsgericht einerseits und von der klagenden Partei andererseits als erheblich angesehenen Rechtsfragen beziehen sich nun zwar, wie dargelegt, weder auf die Frage der Kongruenz noch auf jene der Begünstigungsabsicht (nach § 30 Abs 1 Z 1 und 3 KO). Allerdings berief sich der klagende Masseverwalter im Rahmen seiner Rechtsrüge ausdrücklich darauf, dass regelmäßig so auch hier bei Verwirklichung des Tatbestands der Kenntnisanfechtung auch derjenige der Anfechtung wegen subjektiver Begünstigung verwirklicht sei. Demnach sind die als erheblich bezeichneten Rechtsfragen auch dem § 30 Abs 1 Z 3 KO zuzuordnen.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs soll unverschuldete Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit verschuldete Unkenntnis der Begünstigungsabsicht ausschließen (4 Ob 306/98y = SZ 71/210; 1 Ob 136/03m; abweichend, wenn der Anfechtungsgegner die Tatsachen, die er kannte oder hätte kennen müssen, zumindest als Zustand einer akuten Insolvenzgefahr bewerten musste 1 Ob 156/05f = SZ 2005/146). Zwar kann ein (zwingender) Schluss von fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit auf verschuldete Unkenntnis der Begünstigungsabsicht nicht gezogen werden (aA anscheinend Bachmann , Die Anfechtung kongruenter Befriedigungen und Sicherstellungen nach §§ 28, 30 und 31 KO, ZIK 1996, 3 [9 f]); im Fall einer von ihm beantragten Konkurseröffnung ist aber dem Gläubiger je nach Lage des Falls entweder die Kenntnis oder schuldhafte Unkenntnis der Begünstigungsabsicht des Schuldners anzulasten, falls er im Zeitpunkt seiner Sicherstellung oder Befriedigung, mit der ihn der Schuldner vor anderen Gläubigern fälliger Forderungen begünstigen wollte, die Tatsachen, die er kannte oder hätte kennen müssen, zumindest als Zustand einer akuten Insolvenzgefahr bewerten müsse (1 Ob 156/05f; zust König , Anfechtung 4 Rz 10/101, dieser im Anschluss an 9 Ob 257/00k aber relativierend zum Schluss vom Wissen um die Zahlungsunfähigkeit auf die Kenntnis der Begünstigungsabsicht im Allgemeinen). Nach König (aaO unter Berufung auf eine E des OLG Innsbruck) soll ua ein wichtiges Indiz für verschuldete Unkenntnis [der Begünstigungsabsicht] beim Anfechtungsgegner auch vorliegen, wenn er von der Zahlungsunfähigkeit (Überschuldung) des Gemeinschuldners und von dessen Kenntnis darüber zumindest wissen muss.

Nach all dem kann die Präjudizialität der auch als erheblich zu qualifizierenden Rechtsfragen nicht verneint werden.

4. Die Frage, ob dem Anfechtungsgegner fahrlässige Unkenntnis zur Last fällt, ist nach den ihm im Zeitpunkt der Vornahme der anzufechtenden Rechtshandlung zu Gebote stehenden Auskunftsmitteln, dem Maß ihrer ihm vernunftgemäß zuzumutenden Heranziehung und der Ordnungsmäßigkeit ihrer Bewertung zu beantworten (RIS Justiz RS0064794). Der an Sozialversicherungsträger anzulegende Maßstab im Verhältnis zu demjenigen anderer Gläubiger bedarf einer näheren Untersuchung.

5. Gleiches gilt für das Thema der Abgrenzung einer bloßen Zahlungsstockung von einer Zahlungsunfähigkeit.

II. Zur Sorgfaltspflicht des Anfechtungsgegners:

1. Die Anfechtungstatbestände der §§ 30 und 31 KO dienen dem Schutz des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Gläubiger (par conditio creditorum). Der Anfechtungserfolg soll die Konkursmasse so stellen, als ob der Konkurs schon bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (der relevanten Überschuldung) eröffnet worden wäre. Dementsprechend soll ein Gläubiger jene Zahlung (oder Sicherstellung), die er von seinem Schuldner nach Eintritt der Insolvenzvoraussetzungen (aber noch vor Einleitung des gesetzlichen Verfahrens, das die gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger sicherstellen soll) erlangt hat, wieder in den der Befriedigung aller Gläubiger dienenden Fonds (die Konkursmasse) der Schuldnerin zurückstellen (RIS Justiz RS0064417 [T2]).

2. Die Frage, ob dem befriedigten Gläubiger die Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners bekannt sein musste, ist zu bejahen, wenn dem Gläubiger genügend verdächtige Umstände bekannt waren oder bei gehöriger Sorgfalt bekannt sein mussten, die den Schluss auf eine Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners rechtfertigen (6 Ob 37/01m; RIS Justiz RS0086362 zu § 31 KO). Leichte Fahrlässigkeit genügt (RIS Justiz RS0064379; RS0064672 [zu § 31 Abs 1 Z 2 KO]; 6 Ob 37/01m; Rebernig in Konecny/Schubert , Insolvenzgesetze § 30 Rz 144).

3. Die Mitteilung des Schuldners, die Banken (unstrittig blieb die Behauptung, es handle sich um die Hausbanken) hätten die Kredite fällig gestellt, konnte im Zusammenhang mit dem Ratengesuch und den beiden zuvor abgelehnten Stundungsersuchen nur dahin verstanden werden, dass der Schuldner zur Zeit nicht in der Lage war, seine fälligen Schulden zu bezahlen. Die Fälligstellung durch eine Hausbank ist ein zu hinterfragendes Indiz einer krisenhaften Situation, weil Hausbanken, die eine erhöhte Nachforschungspflicht trifft, in aller Regel wegen ihrer weitreichenden Einblicksmöglichkeiten in die wirtschaftliche Lage des Schuldners die Bonität des Schuldners gut beurteilen können und nicht grundlos mit einer Fälligstellung vorgehen. Ob hier die Fälligstellung eine Zahlungsunfähigkeit oder bloße Zahlungsstockung auslöste, wie der Schuldner gegenüber der Beklagten behauptete, wird noch zu erläutern sein. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ändert an der Indizwirkung der Umstand nichts, dass die Schuldnerin bislang ein unauffälliger Beitragsschuldner war, weil sie schon vor der Fälligstellung der Kredite um Stundung ersucht hatte und das Ratengesuch im Zusammenhang damit und mit der bekannt gegebenen Fälligstellung, die bekannten Umstände insgesamt also als deutlicher Hinweis auf eine derzeit bestehende Zahlungsunfähigkeit zu werten waren.

4. An die Sorgfaltspflicht bestimmter Großgläubiger, zu denen grundsätzlich auch die Krankenversicherungsträger gehören, ist ein strenger Maßstab anzulegen, weil sie über entsprechende Ressourcen zur Bonitätsüberwachung ihrer Schuldner verfügen (6 Ob 192/03h = SZ 2003/114 = ÖBA 2004/1181, 220 Bartlmä [gerade zur auch hier beklagten Krankenkasse] ua; 3 Ob 173/08z). Richtig ist zwar, dass der Oberste Gerichtshof wiederholt auch einen großzügigeren Standpunkt einnahm und aussprach, mehrere Exekutionen, zumal wenn sie erfolgreich waren, ließen für sich allein ebensowenig schon auf Zahlungsunfähigkeit schließen wie die Tatsache, dass ein Beitragsschuldner wegen einer Ratenzahlung vorstellig wird (6 Ob 622/95); weiters, dass es einem Sozialversicherungsträger nicht in jedem Fall zuzumuten sei, die Liquidität eines Beitragsschuldners durch Prüfung seiner Geschäftsunterlagen zu erheben (6 Ob 622/95 [in casu Fahrlässigkeit aber wegen dramatischen Anstiegs der Forderung in kürzester Zeit auf 3,6 Mio S bejaht]; 7 Ob 563/95; 8 Ob 19/00b; 8 Ob 37/00z [keine eklatante Fehlbeurteilung bei Bejahung der Fahrlässigkeit]). Allerdings stellen die zuletzt angeführten Entscheidungen stets auf die konkreten Umstände des jeweiligen Falls ab. Eine gegenüber sonstigen Gläubigern erhöhte Fahrlässigkeitsschwelle ergibt sich daraus nicht. Daher kann auch nicht gesagt werden, die oben zitierten Entscheidungen stünden dazu im Widerspruch. Soweit in der Entscheidung 8 Ob 37/00z tatsächlich von einem für Sozialversicherungsträger sehr großzügigen Standpunkt in der Entscheidung JBl 1998, 186 (= 6 Ob 70/97f) die Rede ist, ist dem insofern nicht zu folgen, als auch dort auf die konkreten Umstände abgestellt und nur ein gegenüber einer Hausbank (s dazu König aaO Rz 11/24 FN 56 mwN) weniger strenger Maßstab angelegt wurde.

5. Infolge Bejahung eines Insolvenzindikators (hier in Form der Verbindung der Mitteilung über die Fälligkeit der Bankkredite mit dem Ratengesuch) durfte sich die beklagte Anfechtungsgegnerin nicht mit der Behauptung des Schuldners über eine bloße Zahlungsstockung zufriedengeben:

Nach der schon zitierten Rechtsprechung liegt fahrlässige Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit, aber auch einer allfälligen Begünstigungsabsicht vor, wenn der Anfechtungsgegner die zu Gebote stehenden Auskunftsmittel nicht heranzieht oder (ungenügend) bewertet. Im Ergebnis völlig zu Recht rügt der Kläger, dass die Beklagte keinerlei Nachforschungen anstellte, dies nicht einmal nach der Bekanntgabe (mit dem Schreiben vom ) der Bemühungen um einen außergerichtlichen Ausgleich mit den Banken. Als jedenfalls zumutbares Auskunftsmittel stand der Schuldner (Geschäftsführer der GmbH) zur Verfügung, der zu seinen Behauptungen, insbesondere über eine bloße Zahlungsstockung, die offenen Kundenforderungen und die vorhandenen liquiden Mittel, die von ihm erwähnte Liquiditätsplanung und insbesondere über den Stand der fälligen Schulden sowie auch zur Vorlage von Urkunden (Liquiditätsbilanz; offene Postenlisten; allenfalls letzte Bilanz) aufgefordert hätte werden können. Dass bei Vorliegen von Insolvenzindikatoren nicht gegenteilige Behauptungen des Schuldners vom Gläubiger ungeprüft für wahr gehalten werden dürfen, sollte eigentlich nicht zweifelhaft sein. Die Beklagte hätte also Nachforschungen zum Thema der Zahlungsstockung anzustellen gehabt. Nur nach Einholung entsprechend detaillierter Informationen über das Volumen der fälligen Schulden, der Kundenforderungen, der zur Verfügung stehenden Barmittel und über ein allenfalls kurzfristig verwertbares oder belastbares Vermögen wäre eine Plausibilitätsprüfung möglich gewesen. Auch wenn eine Sachverständigenprüfung des gemeinschuldnerischen Unternehmens im Sinne einer Fortbestehensprognose allenfalls von Sozialversicherungsträgern nicht zu fordern ist (anders im Fall von Hausbanken), so kann das hier dahingestellt bleiben, weil sich eine solche Prüfung im Fall indizierter Zahlungsunfähigkeit und der deshalb gegebenen Konkursreife erübrigt (RIS Justiz RS0064962 [T3]) und hier jedenfalls eine Plausibilitätsprüfung der Angaben des Schuldners unter Heranziehung leicht beizuschaffender Unterlagen erforderlich war. Die Unterlassung jeglicher Überprüfungsschritte geht zu Lasten der Anfechtungsgegnerin.

III. Das Berufungsgericht vermisst Feststellungen über den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zum jeweils maßgeblichen Anfechtungszeitpunkt (Zeitpunkt des Eingangs der Zahlungen bei der Beklagten). Die Zahlungsunfähigkeit bereits zum Zeitpunkt der ersten angefochtenen Zahlung im Juli 2005 ergibt sich aber schon aus dem im Zusammenhang zu lesenden festgestellten Sachverhalt mit ausreichender Deutlichkeit.

1. a) Zusammengefasst ist folgender Sachverhalt wesentlich:

Am 17. Mai und wurden die von der Beklagten abgelehnten Stundungsersuchen gestellt. Am begründete die Schuldnerin ihr Ratengesuch ua mit einer Zahlungsstockung und der Mitteilung „die Banken“ hätten die Kredite fällig gestellt. Zwei der fällig gestellten Kredite waren mit 231.444,58 EUR bzw mit 769.449,05 EUR offen (die Höhe des dritten fällig gestellten Kredits stellte das Erstgericht nicht fest, nach dem außergerichtlichen Ausgleichsanbot Beil ./2 vom der dritten Bank war der Kredit mit 149.733,79 EUR fällig). Der Rückstand der Beiträge bei der Beklagten betrug per rund 86.000 EUR. Unmittelbar nach den Fälligstellungen nahm die Schuldnerin mit den Banken Gespräche über einen außergerichtlichen Ausgleich auf. Am ersuchte die Schuldnerin um Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung, um öffentliche Aufträge erhalten zu können und zahlte am den Rückstand von 64.973,08 EUR. Am teilte die Schuldnerin der Beklagten mit, dass ihre Vergleichsversuche mit den Banken „in der finalen Phase“ stünden. Ab Ende Oktober 2005 waren die Banken mit einer 40 % Quote einverstanden, eine der Banken unter der Bedingung, dass die erste Rate per fristgerecht bezahlt wird. Zur fristgerechten Bezahlung dieser Quote war die Schuldnerin nicht in der Lage. Die Frist zur Bezahlung der ersten Quote wurde verlängert. Die erste Rate wurde schließlich im März 2006 bezahlt. Am wurde der Konkurs eröffnet.

b) Dieser Sachverhalt kann nur dahin beurteilt werden, dass die Schuldnerin schon ab Mai 2005, jedenfalls aber ab Juli 2005 ihre fälligen Schulden nicht bezahlen konnte und dass sich an dieser Unfähigkeit bis zur Konkurseröffnung nichts geändert hat. Es fehlt jeder Hinweis, aber auch an konkretem Parteienvorbringen, über eine im genannten Zeitraum zu irgendeinem Zeitpunkt bestehende Liquidität zur Bezahlung aller bereits fälligen Schulden.

IV. Nicht schon eine bloße Zahlungsstockung, sondern nur der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ist objektives Tatbestandsmerkmal der Anfechtbarkeit. Es ist daher erforderlich, auf das Verhältnis Zahlungsstockung und Zahlungsunfähigkeit einzugehen:

1. a) Nach hM liegt die im Gesetz nicht näher definierte Zahlungsunfähigkeit (nach § 66 Abs 2 KO ist Zahlungsunfähigkeit insbesondere anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen einstellt) vor, wenn der Schuldner mangels bereiter Zahlungsmittel nicht in der Lage ist, seine fälligen Schulden zu bezahlen und er sich die erforderlichen Zahlungsmittel voraussichtlich auch nicht alsbald verschaffen kann (so schon SZ 38/61; SZ 55/65; SZ 60/207 = ÖBA 1988, 270 [ Koziol mwN aus dem Schrifttum]; RIS Justiz RS0064528; Dellinger in Konecny/Schubert , Insolvenzgesetze § 66 KO Rz 5 mwN).

b) Die E 8 Ob 624/88 = SZ 63/124 = WBl 1990, 348 (mit zust Anm Dellingers ) stellte klar, dass bei der Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit erst künftig fällig werdende Schulden nicht zu berücksichtigen sind (ebenso Dellinger aaO Rz 23 unter Hinweis auf die ErläutRV zum IRÄG 1997).

c) Nach der E 1 Ob 134/07y kommt es darauf an, ob der Schuldner „im Stande ist, alle fälligen Schulden bei redlicher geschäftlicher Gebarung in angemessener Frist zu begleichen“. Auf die Bezahlung aller Schulden stellte schon die E 4 Ob 547, 548/81 (= EvBl 1982/164) ab. Mit redlicher wirtschaftlicher Gebarung ist vor allem gemeint, dass eine auf Täuschung beruhende Kreditbeschaffung an der Bejahung der Zahlungsunfähigkeit nichts ändert (dazu Dellinger aaO Rz 56 ff, der die Auffassung vertritt, dass unter unredlicher wirtschaftlicher Gebarung nur Vorsatzfälle zu verstehen seien). Auf beide Kriterien (Fähigkeit zur Bezahlung aller Schulden und Kreditbeschaffung mit redlichen Mitteln) stellt der Oberste Gerichtshof auch in Strafsachen ab (11 Os 75, 76/89).

Nach der Begriffsdefinition liegt Zahlungsunfähigkeit also auch dann vor, wenn der Schuldner zwar in der Lage ist, die dringendsten oder den wesentlichen Teil der offenen Schulden zu begleichen, aber nicht alle fälligen Forderungen. Wenn fällige, aber nicht eingemahnte oder betriebene Forderungen außer Betracht blieben, eröffnete dies die Möglichkeit einer „schleichenden Liquidiation“ durch Konkursverschleppung in Verletzung der Verpflichtung zur Gläubigergleichbehandlung.

d) Nur die Fälligkeit der Forderungen ist maßgeblich, nicht aber auch, dass die Gläubiger schon „andrängen“. Eine vereinbarte Stundung wäre beachtlich ( Dellinger aaO Rz 37; Sprung/Schumacher , Die Zahlungsunfähigkeit als Konkurseröffnungsgrund, JBl 1978, 122 [131]).

e) Der Mangel bereiter Zahlungsmittel liegt vor, wenn liquide Zahlungsmittel (Bargeld, Buchgeld, offene Kreditlinien) nicht vorhanden sind und (oder) leicht und kurzfristig verwertbares Vermögen nicht zur Verfügung steht (4 Ob 624/75 = EvBl 1977/209 [ Schumacher ]).

f) Aus der Begriffsdefinition der Zahlungsunfähigkeit ergibt sich diejenige der Zahlungsstockung. Diese liegt vor, wenn der Schuldner „voraussichtlich“ und „alsbald“ seine fälligen Schulden zur Gänze bezahlen wird können.

V. Zur Frage, wie lange und in welchem Umfang ein Schuldner unfähig sein darf, seine fälligen Schulden begleichen zu können, um noch von einer bloßen Zahlungsstockung sprechen zu können:

Zu diesem Thema ist vorauszuschicken, dass es mangels konkreter gesetzlicher Regelung im Hinblick auf die vom Gesetzgeber anlässlich der verschiedenen Novellierungen des Insolvenzrechts mehrfach in den Vordergrund gestellten Absicht, die Sanierung von in die Krise geratenen Unternehmen fördern zu wollen, nicht Aufgabe der Judikatur sein kann, die fehlende gesetzliche Konkretisierung pauschal für alle Fälle vorzunehmen und beispielsweise eine für jeden Einzelfall gültige konkrete Frist (etwa zwei oder drei Monate) oder einen fixen Prozentsatz der erlaubten Deckungslücke (etwa 10 %) festzulegen, obwohl dies zweifellos im Interesse der Verfahrensökonomie und Rechtssicherheit zweckmäßig sein könnte. Es leuchtet aber auch ein, dass mit starren Begriffsdefinitionen den Umständen des Einzelfalls nicht gebührend Rechnung getragen werden könnte, weil von diesen die voraussichtliche und baldige Wiederherstellung der Liquidität abhängt und die Prognose durchaus unterschiedlich je nach Größe des Unternehmens, der Schulden, der Bonität, den Branchenverhältnissen und der Marktsituation ausfallen kann. Für häufig vorkommende Durchschnittsfälle kann aber ähnlich wie dies in der Unterhaltsjudikatur nach der sogenannten Prozentsatzmethode geschieht eine Orientierungshilfe gegeben werden.

VI. Zum gestellten Thema wurden folgende Ansichten vertreten:

1. Auch in der Bundesrepublik Deutschland ist die Abgrenzung der Zahlungsunfähigkeit von der Zahlungsstockung mangels ausreichend konkreter gesetzlicher Begriffsdefinition Aufgabe von Lehre und Judikatur. Nach § 17 Abs 2 erster Satz dInsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dies lässt offen, in welcher Frist der Schuldner in der Lage sein muss, seine fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen und ob Zahlungsfähigkeit in Ansehung aller oder nur der wesentlichen Verbindlichkeiten (im deutschen Schrifttum wurden noch zur Rechtslage nach der dKO Schwellwerte von 10 % bis sogar 50 % als tolerabel angesehen, dazu Dellinger aaO Rz 40) gegeben sein muss, um von einer Zahlungsstockung sprechen zu können. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seiner Entscheidung vom , IX ZR 123/04, die gestellten Fragen mit folgenden in ZinsO 2005, Z 807 formulierten und veröffentlichten Leitsätzen beantwortet:

„Eine bloße Zahlungsstockung ist anzunehmen, wenn der Zeitraum nicht überschritten wird, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die benötigten Mittel zu leihen. Dafür erscheinen drei Wochen erforderlich, aber auch ausreichend.

Beträgt eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als 10 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10 % erreichen wird.

Beträgt die Liquiditätslücke des Schuldners 10 % oder mehr, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist.“

Die kurze Frist von drei Wochen begründete der BGH im Wesentlichen mit der Absicht des Gesetzgebers auf Verkürzung der unter der Geltung der dKO in der Praxis judizierten Frist von einem Monat. Geringfügige Liquiditätslücken seien im Interesse des Schuldners von den Gläubigern auch länger als drei Wochen hinzunehmen, ua weil im Geschäftsleben sich weitgehend gute Umsatz und Ertragslagen abwechselten. Schon die Nichtbezahlung eines größeren Auftrags könne eine Liquiditätskrise auslösen. Saisonale Flauten in verschiedenen Branchen seien zu berücksichtigen.

2. Dem österreichischen Schrifttum und der oberstgerichtlichen Judikatur können sowohl zur Dauer der Frist für die Überwindung von Zahlungsschwierigkeiten als auch zur Frage, ob geringfügige nicht begleichbare Schulden außer Betracht bleiben können, keine für alle Fälle gültigen konkreten Begrenzungen entnommen werden. Die hM billigt zwar nach der schon zitierten oberstgerichtlichen Judikatur eine angemessene Frist bis zur Wiederherstellung der Zahlungsschwierigkeit zu („nicht nur vorübergehende“ Zahlungsunfähigkeit; „alsbald“), ohne dies näher festzulegen. Lediglich das Oberlandesgericht Wien geht von einem Höchstmaß von sechzig Tagen aus, um noch eine Zahlungsstockung annehmen zu können (zitiert von Dellinger aaO Rz 43). Weiters vertreten im österreichischen Schrifttum manche die Ansicht, dass geringfügige Deckungslücken für eine bloße Zahlungsstockung sprechen (so schon Sprung/Schumacher aaO), das Ausmaß wird aber ebenfalls nicht konkret genannt.

VII. 1. Ob nur Zahlungsstockung vorliegt, ist ex ante für den Zeitpunkt zu prüfen, zu dem der Schuldner nicht in der Lage ist, alle fälligen Schulden zu bezahlen. Zu diesem Zeitpunkt hat der Schuldner wegen seiner Konkursantragspflicht (§ 69 KO) selbst zu beurteilen, ob der objektive Zustand der Zahlungsunfähigkeit voraussichtlich ein Dauerzustand ist oder aber nur kurzfristiger Natur. Die Prognose über eine mögliche Behebung der Liquiditätsschwäche muss auf konkreten Aussichten, beispielsweise der Kapitalbeschaffung (durch Kreditaufnahme oder Hereinnahme eines Investors), der Hereinbringung von Außenständen, der Gewährung von Gesellschafterdarlehen, der kurzfristigen Verwertung leicht verwertbaren Vermögens uä beruhen. In allen diesen Fällen wird die Angemessenheit der Frist zur Herstellung einer pünktlichen Zahlungsfähigkeit verschieden lang sein können. In einfach gelagerten Fällen kann sich jedenfalls eine Kreditaufnahme in der vom BGH angeführten Frist (drei Wochen) erreichen lassen, in komplexeren Fällen wird ein deutlich längerer Zeitraum von zwei oder drei Monaten erforderlich sein, dies etwa bei begründeter Aussicht auf Eintritt eines Investors oder beim Verkauf oder der Belastung von Liegenschaften. Unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen ist aber ohne Hinzutreten besonderer Umstände von einer höchstmöglichen Frist von drei Monaten auszugehen, bis zu deren Ablauf die Zahlungsstockung behoben sein muss. Innerhalb von drei Monaten muss auch bei komplizierteren Fällen der Schuldner in der Lage sein, einen Zahlungsplan (Liquiditätsplan) aufzustellen, die zur Durchführung desselben notwendigen Verhandlungen zu führen und abzuschließen. Im Zahlungsplan selbst müssen detaillierte Angaben enthalten sein, weil nur so eine hohe Wahrscheinlichkeit dargelegt werden kann, dass im vorgesehenen Zeitraum solche Zahlungsmittel wieder zur Verfügung stehen, um alle fälligen Schulden wieder begleichen zu können.

2. In der Frage einer zu tolerierenden Liquiditätslücke, trotz welcher immer noch von einer bestehenden Zahlungsfähigkeit auszugehen wäre, hält der erkennende Senat die 10 % Grenze des BGH (der allerdings Ausnahmen zulässt) für zu hoch. Auch bei einer Deckungslücke von 10 % kann und muss vom Schuldner verlangt werden, dass er die hohe Wahrscheinlichkeit der Wiederherstellung einer vollständigen Zahlungsfähigkeit nachweist. Wenn ihm dies nicht gelingt, liegt eben Zahlungsunfähigkeit vor, die nicht deshalb zu tolerieren wäre, dass er zunächst ohnehin 90 % seiner Schulden bezahlen kann, 10 % aber nicht, und ungeklärt bleibt, ob dies nach Ablauf einer angemessenen Frist immer noch der Fall sein wird. Ein Schwellwert von 10 % bedeutete eine Perpetuierung der Zahlungsunfähigkeit in diesem Ausmaß, auch wenn der Prozentsatz nicht besonders hoch sein mag, in absoluten Ziffern aber durchaus hohe Beträge ergeben kann.

Eine Unterdeckung von etwa 5 % kann allerdings als bloße Zahlungsstockung und noch gegebene Zahlungsfähigkeit beurteilt werden. Mit dieser Ansicht wird § 66 Abs 2 KO (die Wortfolge „seine Zahlungen einstellt ...“) dahin ausgelegt, dass damit gemeint ist, dass der Schuldner seine wesentlichen Zahlungen einstellt. Beim Prozentsatz von 5 % kann a priori davon ausgegangen werden, dass in kurzer Zeit mit der Wiederherstellung der Liquidität zu rechnen ist. Dafür können durchaus die vom BGH angestellten allgemeinen Erwägungen (saisonale Flauten ua) ins Treffen geführt werden.

Zu diesem Thema ist abschließend festzustellen, dass die dargelegten Begrenzungen nicht absolut für jeden Einzelfall gültige Begrenzungen (längste Frist drei Monate; Liquiditätslücke 5 %), sondern vor allem Beurteilungskriterien für die Lösung der Tatfrage sind, ob der Schuldner begründet erwarten durfte, dass er zu einer pünktlichen Zahlungsweise zurückfinden wird können. Mit der Festlegung einer absolut wirkenden höchstmöglichen Frist, nach deren Ablauf immer von einer Zahlungsunfähigkeit ausgegangen werden müsste, wie dies Dellinger unter Hinweis auf branchenübliche Usancen bei der Zahlungspünktlichkeit vorschlägt (aaO Rz 47 bis 49), könnte wie ausgeführt nicht den Umständen des Einzelfalls ausreichend Rechnung getragen werden. Eine solche Festlegung ist aber auch nicht erforderlich, weil im angeführten Beispiel einer branchenüblichen Toleranz verspäteter Zahlungen dieser Umstand ohnehin dahin Berücksichtigung finden kann, dass solche Forderungen als nach Handelsbrauch gestundet und die Zahlung in der branchenüblichen Weise als pünktliche Zahlungsweise qualifiziert wird. Es reicht also, einen Zeitraum von drei Monaten als Obergrenze für die Herstellung der Liquidität für den Durchschnittsfall festzulegen. Überschreitungen dieser Frist bedürften einer vom Beweispflichtigen zu behauptenden und zu beweisenden besonderen Begründung. In einem solchen Fall wird auch das Beweismaß zu erhöhen sein, dass also im Rahmen der Zukunftsprognose eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit der Beseitigung der Liquiditätsschwäche iSd zitierten E des BGH nachzuweisen sein wird.

VIII. Als Zwischenergebnis ist unter Einschluss von Fragen der Beweislast Folgendes festzustellen:

Zahlungsunfähigkeit iSd § 66 KO liegt vor, wenn der Schuldner mehr als 5 % aller fälligen Schulden nicht begleichen kann; kann er 95 % oder mehr begleichen, darf ein Zahlungsempfänger von Zahlungsfähigkeit ausgehen.

Im Anfechtungsprozess hat der Masseverwalter das objektive Tatbestandsmerkmal der Zahlungsunfähigkeit zu beweisen (RIS Justiz RS0064383; 7 Ob 246/01d). Dies gelingt ihm durch den Nachweis, dass der Schuldner zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung bzw des angefochtenen Rechtsgeschäfts mehr als 5 % aller fälligen Schulden nicht zahlen konnte.

Dem Anfechtungsgegner steht in diesem Fall (bei einer bestehenden 5 % übersteigenden Liquiditätslücke) der Gegenbeweis über das Vorliegen bzw die Wahrscheinlichkeit einer bloßen Zahlungsstockung zum Anfechtungszeitpunkt offen. Diese Behauptungs und Beweislast ist aus der Vermutung des § 66 Abs 2 iVm Abs 3 KO, wonach der Umstand, dass der Schuldner Forderungen einzelner Gläubiger befriedigt hat oder befriedigen kann, noch nicht die Annahme seiner Zahlungsfähigkeit begründet, ableitbar. Der Kläger hat die Vermutung des Abs 2 für sich (im Ergebnis für die angeführte Beweislast des Anfechtungsgegners Dellinger aaO Rz 55).

Der Nachweis der Zahlungsstockung gelingt nur, wenn eine ex ante Prüfung ergibt, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass der Schuldner in einer kurzen, für die Beschaffung der erforderlichen Geldmittel erforderlichen Frist alle seine Schulden pünktlich zu zahlen in der Lage sein wird. Diese Frist darf im sogenannten Durchschnittsfall (wenn Umschuldungen vorzunehmen sind; Vermögensobjekte verkauft werden sollen; Gesellschafterdarlehen vereinbart werden sollen ua) drei Monate nicht übersteigen. Eine noch längere Frist, höchstens aber etwa fünf Monate, setzt voraus, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit der Beseitigung der Liquiditätsschwäche zu rechnen ist.

IX. 1. Daraus folgt hier, dass der Kläger nach den getroffenen und erläuterten Feststellungen die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nachgewiesen hat. Im Verfahren erster Instanz stand die Beklagte ua auf dem Standpunkt, sie hätte keine Nachforschungspflicht getroffen, es habe keine Zahlungsunfähigkeit bestanden und die Mitarbeiter der Beklagten hätten sich auf die objektiven Indizien verlassen dürfen, insbesondere darauf, dass Beitragsrückstände immer überschaubar gewesen seien und es keine Exekutionsverfahren gegeben habe. Auch im Berufungsverfahren (in der Berufungsbeantwortung) verwies sie nur auf die „glaubwürdigen Angaben eines vorbildlichen Beitragsschuldners betreffend eine Zahlungsstockung aus Anlass eines Ratenansuchens“, die keine Nachforschungspflicht ausgelöst hätten. Das Beweisverfahren habe keine Indizien dafür ergeben, dass eine Nachforschung durch die Beklagte ein anderes Ergebnis als die vom Geschäftsführer der Schuldnerin bekannt gegebenen Tatsachen gebracht hätte. Die Beklagte brachte im erstinstanzlichen Verfahren keinerlei Sachverhalt dahin vor, dass bei rechtmäßigem Verhalten, also bei entsprechendem Nachfragen und Prüfen der Angaben der Schuldnerin (und nach zumutbarem Abverlangen von Urkunden) eine positive Prognose über eine kurzfristige Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit feststellbar gewesen wäre. Der nunmehrige Hinweis der Beklagten im Revisions bzw Rekursverfahren vor dem Obersten Gerichtshof, sie hätte auch nach Nachfrage von der Schuldnerin keine weiteren, detaillierteren Auskünfte erhalten, geht erstmals in Richtung des im Schadenersatzrecht relevanten sogenannten hypothetischen rechtmäßigen Alternativverhaltens und ist damit verspätet. Zudem übersieht die Beklagte, dass sie auch entsprechende Auskunftsmittel von der Gemeinschuldnerin abzuverlangen gehabt hätte. Auf der Basis der dürftigen Angaben des Geschäftsführers durfte sie jedenfalls nicht von einer voraussichtlich in kurzer Frist behebbaren Zahlungsstockung ausgehen. Nach den offen gelegten Zahlungsschwierigkeiten (arg.: Stundungsansuchen schon im Mai 2005, Mitteilung der Fälligstellung der Kredite im Juli) durfte trotz der bislang pünktlich beglichenen Beiträge und fehlenden Exekutionen nicht mehr von einem unauffälligen, „vorbildlichen“ Beitragsschuldner ausgegangen werden, dessen Angaben nicht zu überprüfen gewesen wären. Dies ergibt sich zwanglos schon aus der Bestimmung des § 66 Abs 3 zweiter Satz KO.

2. Die Nachforschungspflicht im aufgezeigten Sinn bedeutet auch keine Überspannung, weil es hier nicht um die Prüfung einer nur mit Gutachten feststellbaren insolvenzrechtlich relevanten überschuldeten, aber noch zahlungsfähigen Schuldnerin (vgl dazu RIS Justiz RS0064962), sondern um die Prüfung der Angaben einer Schuldnerin über eine vorübergehende Zahlungsstockung geht, die mit wesentlich weniger Aufwand vorgenommen werden konnte. Beispielsweise wäre hier die Behauptung der erwarteten Zahlung eines im Verzug befindlichen zahlungskräftigen Schuldners (eines Bundesministeriums) ganz einfach nach Vorlage einer entsprechenden Bestätigung über Aufforderung der Gläubigerin und auch die Relevanz einer solchen Zahlung für die Zahlungsfähigkeit durch Erforschung des Schuldenstands bei den Banken sowie der vorhandenen liquiden Zahlungsmittel überprüfbar gewesen. Dass Großgläubiger wie die beklagte Krankenkasse mit ihren bekannten Sach und Personalressourcen nicht in der Lage wären, einen Liquiditätsplan des Schuldners, eine Schuldenaufstellung oder OP Listen zu lesen und zu interpretieren, geht offenkundig an der Realität vorbei. Im Ergebnis bedeutete der Standpunkt der Beklagten, dass sich ein Sozialversicherungsträger bei Vorliegen von Krisenindikatoren stets auf die Angaben des Beitragsschuldners verlassen und anfechtungsfest volle Deckung erlangen dürfte, de facto also eine Fahrlässigkeit iSd §§ 30 f KO nur bei offenkundig falschen (absurden) Mitteilungen des Schuldners in Frage käme. Einem solchen Standpunkt steht die schon zitierte Judikatur entgegen, wonach die Fahrlässigkeit des Anfechtungsgegners nach den zumutbaren Auskunftsmitteln zu beurteilen ist. Nach all dem ist hier von fahrlässiger Unkenntnis der Beklagten über die Zahlungsunfähigkeit ihrer Beitragsschuldnerin auszugehen.

3. Die Beklagte kann sich deshalb nicht auf eine längere Recherchefrist (bis zum Jahresende 2005) zur Erlangung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit berufen. Wer selbst keine Prüfschritte setzt, kann nicht auf rein hypothetischer Basis einen langen Prüfzeitraum für sich in Anspruch nehmen. Beim gegebenen Sachverhalt hätte der Geschäftsführer der Schuldnerin über entsprechende Fragen schwerlich plausible Gründe nennen können, weshalb in angemessen kurzer Zeit mit wieder hergestellter Zahlungsfähigkeit gerechnet hätte werden dürfen, insbesondere warum die Banken sich mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem (erheblichen) Forderungsverzicht bereit erklären werden.

X. Zur Begünstigungsabsicht der Schuldnerin und zur Kenntnis der Beklagten darüber (§ 30 Abs 1 Z 3 KO):

1. Die Begünstigungsabsicht der Schuldnerin lag vor:

Die im Juli 2005 festgestellte Zahlungsunfähigkeit war der Schuldnerin bewusst. Sie konnte lediglich eine bloße Hoffnung auf wirtschaftliche Erholung im Sinne einer Zahlungsstockung, gegründet auf eine mögliche Bereitschaft der Banken zu einem weitreichenden Forderungsverzicht, haben. Ab dem Zeitpunkt der materiellen Konkursreife (hier Zahlungsunfähigkeit) besteht die Verpflichtung zu gleichmäßiger Befriedigung der Gläubiger (RIS Justiz RS0064417 [T1 und T 2]). Unter Begünstigungsabsicht ist die Absicht zu verstehen, einen Gläubiger mit der Deckung vor den anderen zu bevorzugen (SZ 58/205; RIS Justiz RS0064495; König , Anfechtungsrecht 4 Rz 10/88 mwN). Dolus eventualis genügt (RIS Justiz RS0064166). Die Beeinträchtigung der Gläubigergleichheit liegt auch vor, wenn der Schuldner in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit noch hofft, eine Sanierung erreichen zu können (etwa über Beteiligungsgespräche: 2 Ob 345/98v; 4 Ob 99/97f = ÖBA 1997, 1020 mit krit Anm P. Doralts ; trotz teilweiser Kritik im Schrifttum an der Rsp festhaltend: 8 Ob 28/00a; 4 Ob 151/03i uva; ausführlich und der Rsp zustimmend Rebernig aaO § 30 Rz 138). Nun entspricht es gerade dem sogenannten „Musterverhalten“ dass ein Schuldner besonders „lästige“ Gläubiger, beispielsweise solche, von denen Konkursanträge zu befürchten sind, bevorzugt befriedigt. Dann liegt die Begünstigungsabsicht besonders nahe bzw ist sogar offenkundig ( König aaO mwN). Wenn der Schuldner für die beabsichtigte Fortführung seines Unternehmens die Beitragsforderungen der Krankenkasse erfüllen muss (hier ua auch zur Erlangung der Unbedenklichkeitsbescheinigung als Vorausetzung für weitere öffentliche Aufträge), liegt die Begünstigungsabsicht auf der Hand.

2. Die Begünstigungsabsicht musste der Beklagten auch erkennbar sein:

Hier ist zunächst auf die schon gegebenen Ausführungen zur Zahlungsunfähigkeit zu verweisen. Der mangels zumutbarer Prüfschritte fahrlässig nicht erkannte Umstand, dass keine bloße Zahlungsstockung, sondern eine Zahlungsunfähigkeit vorlag, führt dazu, dass wegen Nichtbeachtung der schon erläuterten Krisenindikatoren auch das Vorliegen der Begünstigungsabsicht (§ 30 Abs 1 Z 3 KO) fahrlässig nicht erkannt wurde ( Rebernig aaO Rz 145 mwN). Da die Beklagte es trotz der schon erläuterten verdächtigen Umstände unterließ, sich gewissenhaft über die finanziellen Verhältnisse ihrer Beitragsschuldnerin zu informieren, handelte sie fahrlässig (leichte Fahrlässigkeit genügt). Dem Anfechtungskläger ist der ihm obliegende Beweis über die Umstände gelungen, die den Schluss rechtfertigen, dass die Begünstigungsabsicht der Beklagten bekannt hätte sein müssen. Das „Wissenmüssen“ ist der Beklagten aufgrund der Außerachtlassung der gehörigen und zumutbaren Sorgfalt anzulasten (6 Ob 37/01m).

XI. Aufgrund der dargelegten Erwägungen liegt insgesamt Spruchreife der Sache mit Ausnahme der ersten angefochtenen Zahlung vor. Die Anfechtungsbegehren sind nach § 30 Abs 1 Z 3 KO berechtigt, sodass es nicht mehr darauf ankommt, ob die Zahlung von 64.973,08 EUR überdies auch nach der Z 1 leg cit erfolgreich angefochten werden kann:

1. Eine Ergänzung des festgestellten Sachverhalts zur Feststellung des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit bedarf es nicht. Dass die Forderungen der die Kredite fällig stellenden Banken schon ab Juli 2005 nicht mehr bezahlt werden konnten, steht (ex post) fest und ergibt sich schon daraus, dass unmittelbar nach den Fälligstellungen Verhandlungen über einen Forderungsverzicht der Banken eingeleitet wurden, und weiters auch aus dem erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten selbst, wonach die Banken bei den Gesprächen über einen außergerichtlichen Ausgleich auf Eintreibungsmaßnahmen verzichtet und damit ihre fälligen Forderungen „faktisch“ gestundet hätten. Auf das Thema der Stundung (das durchaus relevant wäre, wenn feststünde, dass es außer den Banken keinerlei andere nicht befriedigte Gläubiger gegeben hätte) kam die Beklagte aber im Berufungsverfahren ebenso wenig wie nun im Revisions- und Rekursverfahren zurück. Mangels Aufrechterhaltung des Einwands braucht daher dazu nur dahin Stellung genommen werden, dass die Beklagte das Vorliegen einer Stundungsvereinbarung gar nicht behauptete und sich erkennbar nur auf eine Untätigkeit der Banken berief (arg.: „faktisch“). Die Unterlassung der Betreibung fälliger Forderungen ist aber noch keine Stundungsvereinbarung, sondern eben nur ein einseitig gesetztes, jederzeit veränderbares „Faktum“. Eine vertragsmäßige Stundung hätte allerdings den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit verhindern können (RIS Justiz RS0064601).

2. Den Einwand der Stundung releviert die Beklagte nur im Zusammenhang mit der festgestellten Ausgleichsvereinbarung von Ende Oktober 2005 mit den drei Banken (Beil ./1 bis 3). Wenn es auch zutrifft, dass mit dieser Vereinbarung der Bezahlung einer 40 % Quote in bestimmten Raten eine zuvor bestandene Fälligkeit der Gesamtforderungen beseitigt und unter der Voraussetzung des Fehlens weiterer fälliger Schulden bei Dritten Zahlungsfähigkeit bestanden haben konnte, so änderte sich durch diesen mehr als drei Monate nach den Fälligstellungen eingetretenen Sachverhalt für die Beseitigung der Zahlungsstockung noch nichts, weil dies wiederum eine positive Prognose erfordert hätte, dass in absehbar kurzer Zeit die Zahlungsfähigkeit zur pünktlichen Zahlung aller fälligen Schulden wiederhergestellt sein werde. Das Gegenteil ist den Feststellungen aber zu entnehmen, wurde doch nur die erste Rate und diese um Monate verspätet nach Verlängerung der Zahlungsfrist geleistet. Dass in der Folge weitere Raten fristgerecht bezahlt worden wären, behauptet die für den Wegfall der Zahlungsstockung und Wiedererlangung der Zahlungsfähigkeit beweispflichtige Beklagte nicht. Auch an der Begünstigungsabsicht der Schuldnerin hat sich durch den erreichten außergerichtlichen Ausgleich nichts geändert. Nach wie vor durfte sie nur eine Hoffnung auf wirtschaftliche Erholung ohne sachlich begründete Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit der Erfüllung dieser Hoffnung haben. Der Schuldnerin war allerdings ohnehin ihre geradezu hoffnungslose Finanzsituation bekannt (vgl nur die Schreiben vom , Beil ./E und vom , Beil ./H, an die Banken zur Erreichung des Ausgleichs mit Hinweis ua auf ein negatives Eigenkapital per und einen Rückstand beim Finanzamt von 352.000 EUR, also auf eine klare Insolvenzsituation).

Zur Erkennbarkeit der Begünstigungsabsicht genügt der Hinweis auf die zum Thema der Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit gemachten Ausführungen.

XII. Der Aufhebungsbeschluss ist lediglich in Ansehung der angefochtenen Zahlung von 25.000 EUR im Juli 2005 im Ergebnis berechtigt, weil die Zahlung außerhalb der Einjahresfrist des § 30 Abs 2 KO erfolgt sein konnte und diese Frage nach den getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden kann. In diesem Umfang ist die Revision des Klägers mit ihrem Aufhebungsantrag berechtigt:

Bei der Anfechtung wegen Begünstigung ist die angefochtene Rechtshandlung (Befriedigung durch Zahlung) erst vorgenommen, wenn die rechtlichen Wirkungen eintreten. Erst zu diesem Zeitpunkt ist der Haftungsfonds der Gläubiger verringert und die Begünstigung des Anfechtungsgegners wirksam ( Rebernig aaO § 30 Rz 148 mwN). Erst die Scheckeinlösung bewirkt die Zahlung. Erst wenn die bezogene Bank den Scheck durch vorbehaltslose Belastung des Ausstellerkontos effektiv eingelöst hat, ist die Gutschrift wirksam geworden (4 Ob 73/97g = ÖBA 1997/647 [ Koziol ]), bei der Bareinlösung mit der Auszahlung des Scheckbetrags. Die Scheckausstellung selbst ist schon wegen der Widerrufsmöglichkeit noch nicht die anfechtbare, gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung. Die Anfechtung setzt die schon erfolgte Wirksamkeit der Rechtshandlung voraus. Der Kläger hat in der Klage Zahlung mittels Schecks am , „bei der beklagten Partei eingelangt am: “ behauptet. Wann die Einlösung erfolgte, wurde nicht festgestellt. Sollte dies vor dem der Fall gewesen sein, wäre der Anfechtungsanspruch nach § 30 Abs 2 KO verfristet. Nur in Ansehung dieses Anfechtungsanspruchs ist die Aufhebung zur Verfahrensergänzung erforderlich.

XIII. 1. Verfahrensergebnis ist somit in Stattgebung der Revision des Klägers die beantragte Abänderung durch Klagestattgebung und Aufhebung (in Ansehung der Zahlung von 25.000 EUR sA), sowie die Aufhebung des Aufhebungsbeschlusses infolge Rekurses der Beklagten, dies aber nicht in weiterer Folge im Sinne der beantragten Klageabweisung, sondern vielmehr durch eine klagestattgebende Entscheidung. Im Rekursverfahren gilt das Verbot der reformatio in peius nicht (RIS Justiz RS0043939). Bei Spruchreife muss der Oberste Gerichtshof in der Sache selbst durch Urteil erkennen (1 Ob 126/01p; Zechner in Fasching , Zivilprozessgesetze², § 519 Rz 109). Die auch von Amts wegen wahrzunehmende Spruchreife ist vom Vorliegen bestimmter Rekursanträge unabhängig ( Zechner aaO Rz 110 mwN).

2. Auch das Zinsenbegehren ist berechtigt:

Gemäß § 39 Abs 2 KO ist nach erfolgreicher Anfechtung der Anfechtungsgegner als unredlicher Besitzer anzusehen, der nach § 335 ABGB haftet. Auf dieser bereicherungsrechtlichen Grundlage stehen dem Kläger die begehrten gesetzlichen Zinsen zu (7 Ob 2336/96x; 8 Ob 608/87 = JBl 1989, 53 [ Schumacher ]) und zwar jeweils ab dem Zeitpunkt des Einlangens der angefochtenen Zahlungen bei der Beklagten.

3. Daraus folgt ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von insgesamt 842.729,83 EUR (d.i. das Klagebegehren von 868.223,10 EUR abzüglich 25.000 EUR und 493,27 EUR an rechtskräftig abgewiesenem Teilbegehren) samt 4 % p.a. aus den einzelnen Zahlungsbeträgen ab dem Tag des Einlangens bei der Beklagten.

XIV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 392 ZPO iVm § 52 Abs 2 ZPO. Der noch strittige Betrag macht weniger als 3 % des Gesamtstreitwerts und nur rund 8 % des Revisionsgegenstands aus. Daraus folgt, dass die Beklagte dem Kläger schon jetzt die gesamten bisherigen Verfahrenskosten auf der Basis des zugesprochenen Betrags als Bemessungsgrundlage (also mit gegenüber dem Kostenverzeichnis geringfügig niedrigeren Tarifansätzen) zu ersetzen hat, weil am ganz überwiegenden Prozesserfolg des Klägers ein im zweiten Rechtsgang allfälliges Obsiegen der Beklagten nichts ändern könnte (§ 43 Abs 2 ZPO). Die Kosten der Rekursbeantwortung stehen ihm nach § 43 Abs 1 ZPO uneingeschränkt zu.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2011:0030OB00099.10W.0119.000