OGH vom 08.05.2013, 6Ob28/13f
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien zu FN ***** eingetragenen C***** AG mit dem Sitz in W*****, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, über den Revisionsrekurs der Gesellschaft gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 28 R 165/12h 10, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 75 Fr 11764/12d 7, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass bei der zu FN ***** eingetragenen Gesellschaft folgende Firmenbucheintragung bewilligt wird:
„Hauptversammlungsbeschluss vom
Änderung der Satzung durch Einfügung von § 24a“.
Der Vollzug der Eintragung obliegt dem Erstgericht.
Text
Begründung:
Die C***** AG (im Folgenden: Gesellschaft) ist seit im Firmenbuch eingetragen. Das zuletzt auf 17.170.174 EUR erhöhte Grundkapital ist in 17.170.174 Stückaktien zerlegt. Sämtliche Aktien lauten auf Namen (§ 5 der Satzung). Die Übertragung und Verpfändung der Aktien ist an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden (§ 24 der Satzung). Die Gesellschaft ist nicht börsenotiert.
In der außerordentlichen Hauptversammlung am wurden in Anwesenheit aller Aktionäre einstimmig ua eine ordentliche Kapitalerhöhung, die Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds sowie die Änderung der Satzung in mehreren Paragraphen beschlossen. Der beschlossene neue § 24a der Satzung hat folgenden Wortlaut:
„§ 24a: Vorkaufsrecht
(1) Beabsichtigt ein Aktionär die teilweise oder gänzliche Veräußerung seiner Aktien (der „Ausscheidende“) und liegt die Zustimmung nach dem vorstehenden Absatz vor, hat er zuvor allen übrigen Aktionären nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen die zu veräußernden Anteile unter Bekanntgabe des Kaufpreises nach Abs 3 (drei) zum Erwerb anzubieten (das „Vorkaufsrecht“). Die Veräußerung erfasst jegliche entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung der Aktien. Das Vorkaufsrecht gilt nicht bei Übertragung von Anteilen zwischen den Aktionären. Es gilt aber auch nach einer solchen Übertragung für die übertragenen Aktien.
(2) Die übrigen Aktionäre (die „Vorkaufsberechtigten“) sind berechtigt, die angebotenen Anteile im Verhältnis ihrer Beteiligung am Grundkapital der Gesellschaft zu übernehmen. Die Vorkaufsberechtigten haben binnen vier Wochen ab Zugang der Mitteilung nach Abs 1 (eins) zu erklären, ob sie ihr Vorkaufsrecht ausüben. Übt ein Aktionär sein Vorkaufsrecht nicht aus, so sind die verbleibenden Vorkaufsberechtigten im Verhältnis ihrer Beteiligung am Stammkapital zur Übernahme dieser nicht übernommenen Aktien berechtigt. Diese Vorkaufsberechtigten haben sich hierüber binnen weiterer 14 (vierzehn) Tage ab Zugang der Verständigung zu erklären. Das Vorkaufsrecht kann nur zur Gänze hinsichtlich sämtlicher Aktien des Ausscheidenden ausgeübt werden. Wird das Vorkaufsrecht ausgeübt, so verpflichten sich die jeweiligen Aktionäre, binnen einer Woche nach Zugang der Erklärung, dass das Vorkaufsrecht ausgeübt wird, beim Ausscheidenden, einen Kaufvertrag zu schließen, der das Entgelt entsprechend Abs 3 (drei) regelt, eine Zahlungsfrist von einem Monat Zug um Zug gegen Übergang der Aktien vorsieht und im übrigen außer der Gewährleistung durch den Verkäufer, dass die Aktien sein unbeschränktes Eigentum darstellen, keinerlei Haftungen oder Gewährleistungen und im übrigen keine von den gesetzlichen Regeln abweichende Bestimmungen zu enthalten hat. Für die Berechnung der Fristen nach diesem Absatz ist jeweils der Zugang an die zuletzt vom betreffenden Aktionär bekannt gegebene Anschrift oder eine Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes maßgeblich.
(3) Der Kaufpreis für die Anteile des Ausscheidenden, den die Vorkaufsberechtigten zu zahlen haben, entspricht demjenigen, den der Dritte dem Ausscheidenden für seine Anteile bezahlen würde. Diesen hat der Ausscheidende durch Vorlage des Vertrages mit dem Dritten, der nur durch die Nichtausübung des Vorkaufsrechtes bedingt sein darf, nachzuweisen. Der Kaufpreis muss in Geld in der Währung Euro (bzw der jeweiligen gesetzlichen Währung der Bundesrepublik Deutschland) bestehen.
(4) Für den Fall, dass die Vorkaufsberechtigten das Vorkaufsrecht nicht (oder nicht zur Gänze) ausüben, muss der Ausscheidende ihnen die Durchführung der Veräußerung an den Dritten und die Zahlung des Kaufpreises in der angegebenen Höhe binnen vier Wochen nachweisen. Das Vorkaufsrecht gilt nicht für den Erwerber der Aktien des Ausscheidenden.“
Das Erstgericht bewilligte die Firmenbucheintragung der aufgrund der Hauptversammlungsbeschlüsse vom zur Eintragung angemeldeten Tatbestände, darunter auch die Satzungsänderung, mit Ausnahme der Einfügung des beschlossenen § 24a. Zu dieser Satzungsbestimmung wies es das Eintragungsbegehren ab. Ein Vorkaufsrecht in der Satzung sei nicht zulässig. Die Übertragung von Namensaktien sei nur durch die Bindung an die Zustimmung der Gesellschaft beschränkbar. Sonstige Bindungen seien hingegen nur schuldrechtlich möglich, weil zu den Wesenselementen der Aktiengesellschaft auch die möglichst ungehinderte Übertragbarkeit der Mitgliedschaft gehöre und im österreichischen Aktienrecht die Satzungsstrenge gelte, wonach Abweichungen vom Gesetz nur dort erlaubt seien, wo der Gesetzgeber dies ausdrücklich gestatte.
Das Rekursgericht gab dem dagegen gerichteten Rekurs der Gesellschaft nicht Folge. Es führte rechtlich aus, nach bisher herrschender Lehre seien in einer Satzung nur die in § 62 Abs 2 AktG vorgesehenen Beschränkungen der Übertragung von Namensaktien (Bindung an die Zustimmung der Gesellschaft) zulässig, während andere Formen der Übertragungsbeschränkungen, wie Vorkaufs oder Aufgriffsrechte von Mitgesellschaftern, nur schuldrechtlich vereinbart werden könnten. Begründet werde dies mit der im österreichischen Recht geltenden, wenn auch nicht ausdrücklich geregelten Satzungsstrenge, wonach Abweichungen vom Aktiengesetz nur dort erlaubt seien, wo der Gesetzgeber dies ausdrücklich gestatte. Wenngleich in der jüngeren Lehre die Satzungsstrenge insbesondere bei nicht börsenotierten Aktiengesellschaften wie im vorliegenden Fall differenziert gesehen werde, müsse entgegen der Argumentation der Gesellschaft das Vorkaufsrecht bei einer wirtschaftlichen Betrachtung nicht notwendig eine mildere Übertragungsbeschränkung als ein Zustimmungsrecht nach § 62 Abs 2 AktG sein. Der Oberste Gerichtshof habe in seiner Entscheidung 3 Ob 223/11g zur Gesellschaft mit beschränkter Haftung klargestellt, dass ein Aufgriffsrecht einem Zustimmungsrecht nicht gleichzuhalten sei. Nach § 76 Abs 2 Satz 3 GmbHG, der im GmbHG dem § 62 Abs 2 AktG entsprechenden Bestimmung, könne im Gesellschaftsvertrag die Übertragung von Geschäftsanteilen von weiteren Voraussetzungen, insbesondere von der Zustimmung der Gesellschaft abhängig gemacht werden, wohingegen § 62 Abs 2 AktG auch durch das Fehlen des Wortes „insbesondere“ keine über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden Übertragungsbeschränkungen zulässig erscheinen lasse. Die Verweigerung der Zustimmung erfordere anders als bei einer Aktiengesellschaft bei der GmbH keinen wichtigen Grund. Der Gesetzgeber des GesRÄG 2004, BGBl I 2004/67, sei sich wie aus den Materialien ersichtlich der Frage der möglichen Erweiterung der Satzungsautonomie durch Bestimmungen zu über die Vinkulierung hinausgehenden Verkehrsbeschränkungen der Aktien durch Vereinbarung in der Satzung bewusst gewesen. Obwohl das GesRÄG 2004 die Deregulierung des Aktienrechts angestrebt habe, seien die Vinkulierungsbestimmungen aber nicht geändert worden. Das GesRÄG 2011, BGBl I 2011/53, räume der Namensaktie eine größere Bedeutung dadurch ein, dass gemäß §§ 9 f AktG nF außer bei börsenotierten Gesellschaften generell Namensaktien vorgeschrieben seien. Dennoch sei § 62 Abs 2 AktG auch bei nicht börsenotierten Aktiengesellschaften unverändert gelassen worden. Es liege keine planwidrige Lücke vor, die etwa durch analoge Anwendung des § 62 Abs 4 AktG geschlossen werden könnte.
Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob eine Satzungsbestimmung, in der Aktionären im Fall der Übertragung von Namensaktien ein Vorkaufsrecht eingeräumt werde, mit § 62 Abs 2 AktG vereinbar sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Gesellschaft ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.
1. Satzungsstrenge
Im (österreichischen und deutschen) Aktienrecht ist grundsätzlich das Prinzip der Satzungsstrenge anerkannt. Darunter wird im Allgemeinen verstanden, dass aufgrund der Regelungssystematik des AktG, nämlich der ausdrücklichen Normierung von bestimmten Abweichungs oder Ergänzungsmöglichkeiten vom AktG zum fakultativen Satzungsinhalt, das Aktienrecht prinzipiell zwingend ist und daher Satzungsbestimmungen, die von zwingenden Vorschriften des AktG abweichen, unwirksam sind (vgl Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer , Österreichisches Gesellschaftsrecht [2008], 3/48; Heidinger/Schneider in Jabornegg/Strasser , AktG 5 [2011], § 17 Rz 5).
1.1. Deutschland
1.1.1. In Deutschland ist die Satzungsstrenge in § 23 Abs 5 dAktG normiert, der lautet:
„Die Satzung kann von den Vorschriften dieses Gesetzes nur abweichen, wenn es ausdrücklich zugelassen ist. Ergänzende Bestimmungen der Satzung sind zulässig, es sei denn, dass dieses Gesetz eine abschließende Regelung enthält.“
1.1.2. Diese Bestimmung wurde, basierend auf Entscheidungen des Reichsgerichts, erst durch das dAktG 1965 eingeführt. Damit soll die Aktiengesellschaft als standardisiertes Serienprodukt auf dem Markt auftreten und insbesondere die möglichst freie Handelbarkeit der Aktien vereinfacht und gewährleistet werden (vgl Limmer in Spindler/Stilz , AktG 2 [2007], § 23 Rz 28; Pentz in MünchKomm AktG 3 [2008], § 23 Rz 148 150; Seibt in Schmidt/Lutter , AktG 2 [2010], § 23 Rz 53; A. Arnold in KölnKomm AktG 3 [2011], § 23 Rz 129 f).
In der jüngeren Diskussion in Deutschland ist die Satzungsstrenge teilweise kritisiert worden und entweder schon auf Basis des geltenden Rechts eine restriktive Auslegung der Satzungsstrenge oder legislativ eine Abschaffung oder wenigstens Zurückdrängung der Satzungsstrenge (insbesondere für nicht börsenotierte Gesellschaften) gefordert worden (vgl Röhricht , GroßkommAktG 4 [1996], § 23 Rz 167; Limmer in Spindler/Stilz , AktG 2 [2007], § 23 Rz 28; Seibt in Schmidt/Lutter , AktG 2 [2010], § 23 Rz 53; A. Arnold in KölnKomm AktG 3 [2011], § 23 Rz 131 ff).
1.2. Österreich
1.2.1. Allgemeines zur Satzungsstrenge
1.2.1.1. Lehre
1.2.1.1.1. Das österreichische Aktiengesetz hat keine dem § 23 Abs 5 dAktG vergleichbare Bestimmung. Während sich somit in Deutschland die Satzungsstrenge auf eine positivrechtliche Norm stützt, wird sie in Österreich in der Lehre als Prinzip des Aktienrechts im Gefolge der deutschen Rechtslage grundsätzlich einhellig anerkannt und aus der dargestellten Regelungssystematik des AktG betreffend den Satzungsinhalt abgeleitet ( Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer , Österreichisches Gesellschaftsrecht [2008], 3/48; Heidinger/Schneider in Jabornegg/Strasser , AktG 5 [2011], § 17 Rz 5; E. Gruber in Doralt/Nowotny/Kalss , AktG² [2012], § 17 Rz 33). Als Grund für viele zwingende Normen im Aktienrecht wird genannt, dass das AktG vom Leitbild der börsenotierten Publikumsaktiengesellschaft geprägt ist ( Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer , Österreichisches Gesellschaftsrecht [2008], 3/13 ff, 3/22 26, 3/49, jeweils mwN).
1.2.1.1.2. In der jüngeren Lehre sind jedoch Tendenzen erkennbar, die Satzungsstrenge (insbesondere bei nicht börsenotierten Gesellschaften) aufzuweichen:
1.2.1.1.3. Ch. Nowotny in FS Peter Doralt (2004), 411 ff, meint, die Satzung stelle eine privatrechtliche Regelung dar, sodass nach dem allgemeinen Grundsatz der Vertragsfreiheit prima vista vom Gesetz abweichende Regelungen oder das Gesetz ergänzende Regelungen getroffen werden können müssten. Eine klare Schranke werde nur durch § 199 Abs 1 Z 3 und 4 AktG gesetzt. Für das Prinzip „im Zweifel zwingend“ werde vor allem angeführt, dass bei der AG als Publikumsgesellschaft ein besonderes Bedürfnis nach Standardisierung der Inhalte der Beteiligung bestehe. Dagegen könne eingewendet werden, dass durch die moderne Elektronik die Einsichtsmöglichkeit in die Satzung wesentlich leichter als früher möglich sei. Nach der österreichischen Rechtslage sei die Tragweite des Grundsatzes der Satzungsstrenge vorrangig aus der Funktion der Aktie als fungibles Mitgliedschaftsrecht auszurichten. Es sei daher zu überlegen, ob nicht jedenfalls dann, wenn durch die Satzung die Börsenotierung oder eine vergleichbare Fungibilität ausgeschlossen sei, der Spielraum für die Gestaltung der Satzung größer werde.
1.2.1.1.4. Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer , Österreichisches Gesellschaftsrecht [2008], 3/48, führt aus, Ergänzungen des Gesetzesrechts seien in der Satzung außerhalb der abschließenden Regelungen des AktG zulässig, sofern sie nicht den ungeschriebenen Prinzipien des Aktienrechts und dem Wesen der Aktiengesellschaft (Gläubiger und Aktionärsschutz, öffentliche Interessen), sonstigen Gesetzen oder den guten Sitten oder Treu und Glauben widersprächen (so auch Brix , Die Satzung der AG [2011], Rz 4/7). Der ergänzungsfeindliche Rahmen des Gesetzes sei jeweils aufgrund des Zwecks der Bestimmung zu ermitteln (vgl auch Kalss , Zur Satzungsstrenge des Aktienrechts, ecolex 2012, 559).
1.2.1.1.5. Doralt/Diregger in MünchKomm AktG 3 (2008), § 23 Rz 211, meinen, das (österreichische) Aktienrecht werde grundsätzlich als zwingend angesehen. Ob eine vom Gesetz abweichende oder das Gesetz ergänzende Satzungsbestimmung zulässig sei, werde durch Auslegung, insbesondere in teleologischer Methode ermittelt; daher sei es anders als in Deutschland nicht notwendig, dass das Gesetz abweichende Satzungsbestimmungen ausdrücklich erlaube.
1.2.1.1.6. Haberer , Zwingendes Gesellschafts-recht (2009), hat sich besonders ausführlich mit der Satzungsstrenge befasst. Auch in Deutschland mehrten sich die Stimmen für eine Abschaffung des § 23 Abs 5 dAktG, der im Rechtsvergleich einzigartig sei (260, 263). Gerade Länder mit besonders entwickelten Kapitalmärkten wie die USA oder Großbritannien kämen gut ohne Satzungsstrenge aus (290). Wenn überhaupt, bestehe weit eher bei der kapitalmarktorientierten Gesellschaft ein Bedürfnis nach Standardisierung der Satzung durch Satzungsstrenge als bei der nicht börsenotierten Gesellschaft, die sich kaum von der GmbH unterscheide (262). Der Vorteil der Standardisierung der Satzung sei aber auch mit einem Verlust an Gestaltungsmöglichkeiten verbunden, wobei gerade jüngste Beispiele in Österreich gezeigt hätten, dass ein Ausweichen in Rechtsordnungen, die besonders liberal seien, wie etwa die Kanalinseln, das Risiko von Missbräuchen auf dem Rücken der Anleger in sich trage (289). Das Aktienrecht in Österreich sei dann und auch nur dann zwingend, wenn es die ihm zugrundeliegenden Schutzziele, nämlich der Gesellschafter- und Minderheitenschutz, der Gläubiger und Arbeitnehmerschutz, das öffentliche Interesse und die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft sowie allenfalls die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes, so die Gesellschaft dort notiere, erforderten (270, 290). In den jüngeren Rechtssetzungsakten der EU werde deutlich zwischen börsenotierten und sonstigen Aktiengesellschaften unterschieden (275), was sich auch in der jüngeren nationalen österreichischen Gesetzgebung niederschlage und bereits de lege lata einen unterschiedlichen Gestaltungsspielraum zwischen börsenotierter und nicht börsenotierter Gesellschaft rechtfertige (276-279). Die Deregulierung (für die nicht börsenotierte AG) könne aber nicht schrankenlos erfolgen, weil ein „Respektsabstand“ zur GmbH eingehalten werden sollte (288 f, 292).
1.2.1.1.7. U. Torggler , GesRZ 2010, 185 (186 FN 14), meint zur aktienrechtlichen Satzungsstrenge, in Wahrheit dürfte gar kein Regel-Ausnahme-Verhältnis bestehen, sodass bei einem Gleichstand der Argumente das Prinzip der Privatautonomie den Vorrang verdiene (§§ 859, 861 ABGB).
1.2.1.1.8. Heidinger/Schneider in Jabornegg/ Strasser , AktG 5 [2011], § 17 Rz 5, vertreten die Ansicht, die Satzungsstrenge bedeute nicht, dass Satzungsregelungen entweder eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung voraussetzten oder eine nicht abschließende gesetzliche Regelung (zu ergänzen: nicht) ergänzen dürften. Die Zulässigkeit abweichender oder ergänzender Satzungsbestimmungen könne sich in Anwendung allgemeiner Auslegungsregeln auch aus teleologischen Gründen ergeben, wenn Gläubiger- und Aktionärsschutz, öffentliche Interessen sowie das Wesen der AG nicht dagegensprächen.
1.2.1.1.9. E. Gruber in Doralt/Nowotny/Kalss , AktG² [2012] § 17 Rz 33, führt aus, Satzungsbestimmungen dürften von zwingenden Vorschriften des AktG nicht abweichen. Aufgrund der vielen ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigungen zum fakultativen Satzungsinhalt sei abzuleiten, dass das AktG diesbezüglich prinzipiell zwingend sei. Abweichungen und Ergänzungen seien aber nicht nur dort zulässig, wo das Gesetz ausdrücklich keine abschließenden Regelungen enthalte oder Ermächtigungen zu abweichenden Regelungen vorsehe, sondern auch dort, wo es nach dem Zweck der Bestimmung angebracht sei und nicht gegen das Wesen der AG verstoßen werde. Zum Wesen der AG gehöre die Kompetenzverteilung unter den Organen, die Sorgfaltspflicht der Organe, Gläubiger- und Aktionärsschutz, die arbeitsverfassungsrechtliche Mitbestimmung, allgemeine öffentliche Interessen, sonstige wesentliche zwingende Vorschrift sowie die guten Sitten. Ob eine vom Gesetz abweichende oder ergänzende Satzungsbestimmung zulässig sei, müsse also im Einzelfall durch (teleologische) Auslegung ermittelt werden. Eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung sei nicht erforderlich, umgekehrt könne Schweigen des Gesetzgebers für sich nicht als Abweichungsbefugnis gedeutet werden.
1.2.. Kalss , Zur Satzungsstrenge des Aktienrechts, ecolex 2012, 559, verweist darauf, dass in Österreich nur etwa 4,5 % aller Aktiengesellschaften dem Leitbild der Publikumsgesellschaft entsprächen. Die Zweiteilung des Aktienrechts spreche für die Zulässigkeit von Aufgriffsrechten (in der Satzung) für die geschlossene Gesellschaft. § 62 Abs 3 (letzter Satz) AktG sehe bereits ein Aufgriffsrecht als Gestaltungselement vor.
1.2.1.2. Rechtsprechung
In der höchstgerichtlichen Rechtsprechung gibt es zwei Entscheidungen, die grundsätzlich erkennen lassen, dass der Oberste Gerichtshof auch für Österreich von der Satzungsstrenge ausgeht (1 Ob 586/94; 6 Ob 167/00b). Der Oberste Gerichtshof hat sich noch nicht ausdrücklich mit der Geltung, dem Inhalt oder der Reichweite der Satzungsstrenge im Aktienrecht befasst.
Zur Entscheidung 6 Ob 167/00b ist anzumerken, dass sich der Gesetzgeber des AktRÄG 2009 (BGBl I 2009/71) der an der Entscheidung geübten Kritik der Lehre ( Kalss/Oppitz/Zollner , Kapitalmarktrecht § 17 Rz 97) angeschlossen hat und in § 124 AktG nunmehr eine der Auffassung des Obersten Gerichtshofs gegenteilige Regelung erlassen hat (vgl RV 208 BlgNR 24. GP 38).
1.2.2. Lehre zu Aufgriffsrechten
In der österreichischen Lehre wird im Gefolge der unter 1.2.1.1. dargestellten Meinungen zunehmend die Auffassung vertreten, die Einräumung von Vorkaufs und Aufgriffsrechten in der Satzung, ähnlich wie bei einer GmbH, als zulässig anzusehen.
1.2.2.1. Ch. Nowotny in FS Peter Doralt (2004), 411 (417 f), meint, personalistische Strukturelemente seien auch bei der Aktiengesellschaft, sogar wenn auch eingeschränkt bei einer börsenotierten Aktiengesellschaft zulässig. Sei die Zahl der Aktien, deren Übertragung beschränkt sei, im Hinblick auf das Handelsvolumen unbedeutend, würden selbst vinkulierte Namensaktien eine Notierung nicht ausschließen. Werde der marktmäßige Handel durch Vereinbarungen von Vorkaufsrechten oder Andienungspflichten nicht nachteilig betroffen, so sei nicht einzusehen, warum durch die üblichen syndikatsvertraglichen Vorkaufsrechte, Aufgriffsrechte oder Andienungspflichten in das Wesen der Aktiengesellschaft oder das öffentliche Interesse eingegriffen werde. Es gebe keinen tragfähigen Grund, die von der herrschenden Auffassung geforderte Satzungsstrenge beizubehalten.
1.2.2.2. Haberer , Zwingendes Gesellschaftsrecht (2009), 702 f, referiert zu Vorkaufsrechten die Lehrmeinungen ohne eindeutige eigene Stellungnahme.
1.2.2.3. Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer , Österreichisches Gesellschaftsrecht [2008], 3/50, meint, bei durch Vinkulierung bewirktem geschlossenen Gesellschafterkreis sei etwa die Vereinbarung von Aufgriffs- und Vorkaufsrechten in der Satzung zulässig.
1.2.2.4. Haberer/Zehetne r in Jabornegg/Strasser , AktG 5 (2011), § 62 Rz 9, verweisen darauf, dass die Satzungsstrenge im österreichischen Recht nicht schrankenlos gelte, sondern nur soweit sie durch entsprechende Schutzinteressen (Gläubiger , Minderheiten , Aktionärsschutz, Schutz öffentlicher Interessen) legitimiert sei. Die Autoren erwägen die Zulässigkeit von Vorkaufs und Aufgriffsrechten auch in der Satzung einer Aktiengesellschaft, womit der Umweg über eine syndikatsvertragliche Vereinbarung, welche nach herrschender Meinung zulässig sei, erspart werden könnte.
1.2.2.5. E. Gruber in Doralt/Nowotny/Kalss , AktG² [2012] § 17 Rz 35, nennt unter den zulässigen Satzungsbestimmungen auch Vorkaufsrechte, Aufgriffsrechte und Andienungspflichten.
1.2.2.6. Hlawati/Birkner/Graf , Abwehr-maßnahmen gegen Hostile Takeovers, ecolex 2000, 84 (90), und Saurer in Doralt/Nowotny/Kalss , AktG² [2012] § 49 Rz 20, halten ein in der Satzung normiertes bzw verbandsrechtliches Vorkaufsrecht als § 49 Abs 1 AktG widersprechend für unzulässig (vgl auch Haberer , Zwingendes Gesellschaftsrecht [2009], 702 f).
2. Jüngere Gesetzgebung
In der jüngeren aktienrechtlichen Gesetzgebung zeichnet sich eine zunehmende Differenzierung zwischen börsenotierten und nicht börsenotierten Aktiengesellschaften ab (vgl dazu auch Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer , Österreichisches Gesellschaftsrecht [2008], 3/22 3/25):
2.1. Das am in Kraft getretene Übernahmegesetz (ÜbG; BGBl I 1998/127) galt von Beginn an nur für in Österreich börsenotierte Aktiengesellschaften (§ 2 ÜbG).
2.2. Das GesRÄG 2004 (BGBl I 2004/67) führte in § 88 Abs 1 AktG hinsichtlich der möglichen Gesamtzahl der entsandten Mitglieder des Aufsichtsrats und in § 102 Abs 3 AktG zur Erlaubnis der öffentlichen Übertragung der Aufzeichnung einer Hauptversammlung eine Differenzierung zwischen börsenotierten und nicht börsenotierten Gesellschaften ein.
Das GesRÄG 2004, das eine Deregulierung des Aktienrechts anstrebte, hat die Vinkulierungsbestimmungen nicht geändert. Die Materialien (RV 466 BlgNR 22. GP 5) führen zur hier interessierenden Frage Folgendes aus:
„Zum einen wurde [im Begutachtungsverfahren] vorgeschlagen, die Satzungsautonomie von Gesellschaften mit Namensaktien so zu erweitern, dass bisher in Syndikatsverträgen übliche Bestimmungen über besondere Rechte einzelner Aktionäre und Bestimmungen zur über die Vinkulierung hinausgehenden Verkehrsbeschränkung der Aktien auch als Satzungsinhalt wirksam vereinbart werden können. Diese Vorschläge bedürften jedoch vor ihrer allfälligen Umsetzung noch weiterer Diskussion, insbesondere um unbeabsichtigte gegenteilige Effekte einer Einschränkung der bereits bestehenden Satzungsautonomie einerseits und eine Beeinträchtigung des auch gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen Gleichbehandlungsgrundsatzes (§ 47a AktG) andererseits zu vermeiden.“
2.3. Das GesRÄG 2005 (BGBl I 2005/59) band die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat börsenotierter Gesellschaften an niedrigere Mandatshöchstzahlen (§ 86 Abs 4 AktG) und verpflichtete ua börsenotierte Gesellschaften zur Bestellung eines Prüfungsausschusses (§ 92 Abs 4a AktG).
2.4. Das ÜbRÄG 2006 (BGBl I 2006/75) verpflichtete börsenotierte Aktiengesellschaften zu zusätzlichen Offenlegungen im Lagebericht (§ 243a HGB).
2.5. Das URÄG 2008 (BGBl I 2008/70) verpflichtete börsenotierte Aktiengesellschaften ua zur Aufstellung eines Corporate Governance-Berichts (§ 243b UGB)
2.6. Das AktRÄG 2009 (BGBl I 2009/71) setzte die Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsenotierten Gesellschaften um (Art 11 § 2 leg cit). Ziel der Richtlinie war es vor allem, die Rechte der Aktionäre börsenotierter Gesellschaften zu vereinheitlichen und zu stärken und letztlich die Hauptversammlungspräsenzen zu erhöhen. Mit dem AktRÄG 2009 wurden ua die börsenotierte Aktiengesellschaft definiert (§ 3 AktG) und vor allem zahlreiche Sonderbestimmungen über die Einberufung und Durchführung der Hauptversammlung für börsenotierte Aktiengesellschaften eingeführt (§§ 102 ff AktG).
2.7. Nach dem GesRÄG 2011, BGBl I 2011/53, müssen außer bei börsenotierten Aktiengesellschaften die Aktien auf Namen lauten (§§ 9 f AktG). Grund dafür war, dass die Financial Action Task Force (FATF), ein zwischenstaatliches Gremium zur Schaffung international einheitlicher Standards im Bereich der Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, in ihrem am veröffentlichten Prüfbericht zu Österreich unter anderem Handlungsbedarf zur Verbesserung der Transparenz bei Aktiengesellschaften mit Inhaberaktien festgestellt hatte und dem daraufhin vom Ministerrat am beschlossenen Transparenzpaket entsprochen werden sollte (RV 1252 BlgNR 24. GP 2 ff). Fragen der Satzungsstrenge oder möglicher weitergehender Verkehrsbeschränkungen bei der Veräußerung von Aktien als nach der bestehenden Vinkulierungsbestimmung des § 62 Abs 2 AktG waren nicht Gegenstand dieses Gesetzesvorhabens.
2.8. Zuletzt wurden durch das 2. Stabilitätsgesetz 2012 (BGBl I 2012/35) für börsenotierte Aktiengesellschaften neue Unvereinbarkeitsbestimmungen und Bestellungserfordernisse für Aufsichtsratsmitglieder eingeführt (§ 86 Abs 4, § 87 Abs 2a, § 92 Abs 1a AktG idF leg cit).
3. Schlussfolgerungen
Der erkennende Senat hat Folgendes erwogen:
3.1. Da das AktG (im Gegensatz zum dAktG) keine ausdrückliche Norm über die Satzungsstrenge enthält, ist eine Auslegung des AktG dahingehend, dass eine Satzungsbestimmung immer nur dann zulässig ist, wenn sie vom AktG ausdrücklich so vorgesehen ist oder die Zulässigkeit abweichender Regelungen ausdrücklich vom AktG gestattet ist, nicht in jedem Fall geboten.
3.2. Bestimmungen, die mit dem Wesen der Aktiengesellschaft unvereinbar sind, die Gläubigerschutzvorschriften oder im öffentlichen Interesse bestehenden Vorschriften widersprechen (§ 199 Abs 1 Z 3 AktG), sittenwidrig sind (§ 199 Abs 1 Z 4 AktG) oder den Aktionärsschutz betreffen (zB Gleichbehandlungsgebot gemäß § 47a AktG), dürfen nicht in die Satzung aufgenommen werden.
3.3. Durch die in der dargestellten Gesetzgebung der letzten Jahre erfolgte Differenzierung zwischen börsenotierten und nicht börsenotierten Aktiengesellschaften ist im Licht der jüngeren Lehre eine auch differenzierende Beurteilung über die Zulässigkeit von Satzungsbestimmungen gerechtfertigt. Da wie ausgeführt das AktG vom Leitbild der börsenotierten Publikumsaktiengesellschaft geprägt ist (vgl oben 1.2.1.1.1.), erscheint es gerechtfertigt, für nicht börsenotierte Aktiengesellschaften eine größere Satzungsautonomie anzuerkennen (so auch Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer , Österreichisches Gesellschaftsrecht [2008], 3/25). Dies betrifft insbesondere solche Bereiche, bei denen die freie Handelbarkeit von Aktien auf der Börse keine Rolle spielt. Eine genaue Abgrenzung, wie weit die Satzungsautonomie bei nicht börsenotierten Aktiengesellschaften im Einzelnen zu ziehen ist, muss hier nicht vorgenommen werden.
3.4. Ebenso muss hier nicht abschließend beurteilt werden, wieweit die hier grundsätzlich bejahte Satzungsautonomie für nicht börsenotierte Aktiengesellschaften gehen kann, um noch einen ausreichenden „Abstand“ zum Recht der GmbH zu wahren. Hingewiesen sei nur darauf, dass sich ein gewisser „Mindestabstand“ etwa auch schon durch die verschiedenen Vorschriften zur Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung (§§ 7, 52 AktG,§ 6 Abs 1, § 82 GmbHG) ergibt. Sollte mit dem geplanten GesRÄG 2013 das Mindeststammkapital der GmbH in § 6 Abs 1 GmbHG auf 10.000 EUR herabgesetzt werden, würde sich dieser „Mindestabstand“ noch vergrößern.
3.5. Speziell für das hier in Rede stehende Vorkaufsrecht ist auszuführen:
3.5.1. Eine ausdrückliche Norm, die ein Vorkaufsrecht für Aktien in der Satzung verbietet, gibt es im AktG nicht.
3.5.2. Die einzige Bestimmung, die Verkehrsbeschränkungen bei der Übertragung von (Namens-)Aktien vorsieht, ist § 62 Abs 2 bis 4 AktG über die mögliche Bindung der Übertragung von Aktien an die Zustimmung der Gesellschaft (Vinkulierung). Nun könnte man argumentieren, diese Bestimmung wäre unnötig, wenn ohnehin jegliche Übertragungsbeschränkung in der Satzung erlaubt wäre; die Vinkulierung sei daher die einzig mögliche Verkehrsbeschränkung, die die Satzung vorsehen könne.
Dagegen ist aber einzuwenden, dass die gesetzliche Regelung der Vinkulierung schon deshalb nötig ist, weil in § 62 Abs 3 AktG die gerichtliche Gestattung der Aktienübertragung bei verweigerter Zustimmung durch die Gesellschaft geregelt ist. Diese gerichtliche Kompetenz gäbe es ohne gesetzliche Normierung nicht.
Aus § 62 Abs 2 bis 4 AktG kann daher in systematischer Gesetzesauslegung nicht zwingend der Schluss gezogen werden, alle anderen Übertragungsbeschränkungen könnten in der Satzung nicht geregelt werden.
3.5.3. Entgegen den in Punkt 1.2.2.6. zitierten Meinungen ist aus den §§ 49 f AktG keine Unzulässigkeit eines Vorkaufsrechts ableitbar: § 49 Abs 1 AktG betrifft nach seinem eindeutigen Wortlaut (nur) die Verpflichtung der Aktionäre zur Leistung der Einlagen. Ein satzungsgemäßes Vorkaufsrecht tangiert bzw erhöht diese Einlagepflicht der Aktionäre nicht. Auch mit den in § 50 AktG geregelten Nebenverpflichtungen hat ein satzungsmäßiges Vorkaufsrecht nichts zu tun.
3.5.4. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts kann aus den Gesetzesmaterialien der neueren, unter Punkt 2. dargestellten Gesetze nach Ansicht des erkennenden Senats nicht auf die Unzulässigkeit eines satzungsmäßigen Vorkaufsrechts geschlossen werden:
Aus den in Punkt 2.2. zitierten, etwas undeutlichen Materialien zum GesRÄG 2004 ist eher zu schließen, dass die Gesetzesautoren von ausdrücklichen punktuellen Regelungen über weitere Satzungsgestaltungsmöglichkeiten gerade deshalb absahen, weil sie mögliche Umkehrschlüsse, andere nicht vorgesehene Satzungsgestaltungsmöglichkeiten seien unzulässig, angesichts der „bereits bestehenden Satzungsautonomie“ vermeiden wollten.
Das GesRÄG 2011 hatte wie in Punkt 2.7. dargestellt insoweit (nur) einen ganz konkreten Handlungsbedarf des Gesetzgebers zum Hintergrund („Transparenzpaket“). Aus dem Schweigen der Materialien kann daher keine Missbilligung weiterer satzungsgemäßer Verkehrsbeschränkungen über § 62 Abs 2 AktG hinaus durch den Gesetzgeber abgeleitet werden.
3.5.5. Nach dem letzten Satz der hier geprüften Satzungsbestimmung gilt das Vorkaufsrecht nicht für den Erwerber der Aktien des Ausscheidenden.
Gemäß § 47a AktG sind Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln. Nach hA erfasst das Gleichbehandlungsgebot nur den mitgliedschaftlichen, nicht hingegen den auch hier vorliegenden rein schuldrechtlichen Bereich ( Geist in Jabornegg/Strasser , AktG 5 , § 47a Rz 3 mwN). § 47a AktG gilt mangels Mehrheitsherrschaft nicht bei Feststellung der ursprünglichen Satzung, die unterschiedliche Aktiengattungen vorsieht ( Geist aaO Rz 4; vgl auch Peter Doralt/Winner in Doralt/Nowotny/Kalss , AktG 2 , § 47a Rz 8 mwN). Auch im vorliegenden Fall wurde die Änderung der Satzung von allen Aktionären einstimmig beschlossen.
Die zitierte, beim Vorkaufsrecht zwischen Altaktionären und Erwerbern differenzierende Satzungsbestimmung begegnet daher keinen Bedenken im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des § 47a AktG.
3.5.6. In Übereinstimmung mit der zitierten jüngeren Lehre ist somit auch der erkennende Senat der Ansicht, dass bei einer nicht börsenotierten Aktiengesellschaft wie hier die Satzungsbestimmung eines Vorkaufsrechts der Aktionäre für den Fall der Veräußerung von Aktien im Sinne des hier zu prüfenden § 24a der Satzung zumindest bei gemäß § 62 Abs 2 AktG vinkulierten Aktien zulässig ist.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2013:0060OB00028.13F.0508.000