Versagung des Vorsteuerabzugs bei fehlender UID-Nummer des Leistungserbringers
Rechtssätze
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RV/4119-W/08-RS1 | Liegt eine Rechnung zwar vor, entspricht sie aber nicht den Anforderungen des § 11 UStG 1994 und wird sie in der Folge berichtigt, dann ist der Vorsteuerabzug grundsätzlich erst für den Voranmeldungs-(Veranlagungs-)zeitraum zulässig, in dem die Berichtigung der mangelhaften Rechnung erfolgt. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., W.,S-Gasse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Umsatzsteuer 2006 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (Bw.) eröffnete am ein Lokal auf der Copa Cagrana, das sie laut Schreiben vom mit schloss.
In der Umsatzsteuererklärung 2006 erklärte sie Umsätze im Gesamtbetrag von 17.083,90 Euro und machte als abziehbare Vorsteuer einen Betrag von 9.441,09 Euro geltend.
Da die Bw. trotz zweimaliger Aufforderung keinen Regelbesteuerungsantrag beim Finanzamt einreichte, erfolgte die Veranlagung zur Umsatzsteuer 2006 ohne Berücksichtigung der geltend gemachten Vorsteuer.
In der fristgerecht dagegen erhobenen Berufung erklärte die Bw., auf die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer zu verzichten und ersuchte um "Richtigstellung".
Die Bw. wurde in weiterer Folge ersucht, die erklärten Vorsteuern aufzugliedern und Kopien der zehn betragsmäßig größten Rechnungen zu übermitteln.
Mit Berufungsvorentscheidung wurde der Berufung teilweise stattgegeben und Vorsteuern in Höhe von 3.033,12 Euro berücksichtigt. Hinsichtlich der nichtanerkannten Vorsteuern wurde in der Begründung darauf hingewiesen, dass der Bestandvertrag der Fa. D. Gaststättenbetriebsges.m.b.H. nicht den Bestimmungen des § 11 UStG entspreche. Es fehle sowohl die UID-Nummer des Rechnungsausstellers als auch jene des Rechnungsempfängers. Außerdem scheine als Rechnungsempfänger nicht die Bw. als Einzelunternehmerin auf, sondern sei sie gemeinsam mit Herrn H. angeführt. Hinsichtlich der Anschaffung von Alutischen und der "Mikulski-Hütte" hätten keine Rechnungen vorgelegt werden könne und sei daher aus diesem Grund die Vorsteuer nicht anzuerkennen gewesen.
In weiterer Folge stellte die Bw. einen Antrag auf Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und legte ein Schreiben der Fa. D. Ges.m.b.H. datiert mit vor, in dem diese bestätigte, dass die Bw. im Jahr 2006 im Zeitraum vom 1.4. bis 30.9. ein Lokal in Bestand genommen und hierfür eine Saisonpacht in Höhe von 25.000,- Euro zuzüglich 5.000,- Euro Umsatzsteuer entrichtet habe. Die Versteuerung sei auf Basis des Vertrages vorgenommen worden, es gebe hierfür keine gesonderte Rechnung.
Mit Schreiben vom brachte die Bw. in Ergänzung ihres Vorlageantrages vor, im Pachtvertrag vom sei sie gemeinsam mit Herrn H. als Pächter angeführt, der Betrieb sei jedoch allein auf ihren Namen geführt worden und sie habe die Pacht alleine bezahlt. Herr H. sei bei ihr als Dienstnehmer beschäftigt gewesen und nur deshalb als Mitpächter angeführt, um sich dadurch die Option auf die Pacht im nächsten Jahr zu sichern. In der Bestätigung vom seien auch die fehlenden UID-Nummern ergänzt worden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien Verträge dann in Verbindung mit den monatlichen Zahlungsbelegen als Rechnungen anerkannt worden, wenn darin alle vom Gesetz geforderten Rechnungsmerkmale enthalten seien. Die fehlenden Bestandteile seien im vorliegenden Fall nachgereicht worden. Damit enthalte der Vertrag im Wesentlichen alle für den Vorsteuerabzug notwendigen Rechnungsbestandteile. Lediglich die laufende Nummer fehle, was sich aber aus der Natur eines als Vertrag abgefassten Schriftstückes ergebe.
Lege man darüber hinaus die Erleichterungsregelung der RZ 1831 der UStR 2000 großzügig aus, könne man der Rechnungsergänzung vom ex tunc Wirkung zuerkennen und die Vorsteuer für das Jahr 2006 anerkennen. Der einzige Makel liege nur noch darin, dass der die Rechnung ersetzende Pachtvertrag nicht nur auf ihren Namen laute. In diesem Zusammenhang sei auf die Rechtsprechung des EuGH betreffend Investitionsgüter zu verweisen, die im Eigentum von Ehegattengemeinschaften stünden, wo die Gemeinschaft selbst keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübe. In diesen Fällen stünde dem einzelnen Miteigentümer die Vorsteuer für den von ihm zu unternehmerischen Zwecken genutzten Teil zu, auch wenn die Rechnung auf beide Ehegatten laute (vgl. , "HE"). Die Anwendung dieses Urteils sollte sich nicht auf Ehegemeinschaften beschränken.
Auch bei Kostengemeinschaften, die nicht nach außen auftreten, könne jedes Gemeinschaftsmitglied die Vorsteuern direkt geltend machen, auch wenn die Rechnung an die Gemeinschaft gerichtet sei (vgl UStR 2000, Rz 182 und 1804).
Es werde daher der Antrag gestellt, die Umsatzsteuer in Höhe von 5.000,- Euro laut Pachtvertrag für das Jahr 2006 als Vorsteuer anzuerkennen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die Behörde legte ihrer Entscheidung folgenden Sachverhalt zu Grunde:
Die Bw. mietete mit Bestandvertrag vom von der Fa. D. Gaststättenbetriebsges.m.b.H. ein Lokal zum Betrieb einer Bar/eines Restaurants, das sie in weiterer Folge als Einzelunternehmerin führte. Neben der Bw. war im Vertrag Herr H. als Bestandnehmer angeführt. Das Bestandverhältnis begann mit Vertragsunterfertigung und endete am . Als Bestandentgelt wurde ein Betrag von 25.000,- Euro zuzüglich 5.000,- Euro Umsatzsteuer vereinbart. Im gegenständlichen Vertrag vom war weder die UID-Nummer des Bestandgebers noch des Bestandnehmers angeführt. Die Versteuerung von Seite des leistenden Unternehmers wurde auf Grundlage des Bestandvertrages durchgeführt.
Dieser Sachverhalt gründet sich auf das Vorbringen der Bw., auf die im Akt befindlichen Unterlagen und ist insoweit unstrittig.
Rechtliche Würdigung:
Gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. a der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie RL 77/388/EWG muss der Steuerpflichtige über die nach Artikel 17 Abs. 2 Buchstabe a) 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie RL 77/388/EWG abziehbare Vorsteuer eine nach Art. 22 Abs. 3 ausgestellte Rechnung besitzen.
Artikel 22 Abs. 3 erhielt durch die Richtlinie RL 2001/115/EG vom folgende Fassung, die für die Streitjahre anzuwenden ist:
(3) a) Jeder Steuerpflichtige stellt für die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen, die er an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt, eine Rechnung entweder selbst aus, oder er trägt dafür Sorge, dass eine Rechnung von seinem Kunden oder in seinem Namen und für seine Rechnung von einem Dritten ausgestellt wird.
b) Unbeschadet der in dieser Richtlinie festgelegten Sonderbestimmungen müssen gemäß Buchstabe a) ausgestellte Rechnungen für Mehrwertsteuerzwecke nur die folgenden Angaben enthalten:
- das Ausstellungsdatum,
- eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung einmalig vergeben wird,
- die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nach Absatz 1 Buchstabe c), unter der der Steuerpflichtige die Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen bewirkt hat,
- die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Kunden nach Absatz 1 Buchstabe c), unter der er eine Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen, für die er Steuerschuldner ist, oder eine Lieferung von Gegenständen gemäß Artikel 28c Teil A erhalten hat,
- den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Steuerpflichtigen und seines Kunden,
- die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der erbrachten Dienstleistungen,
- das Datum, an dem die Lieferung der Gegenstände oder die Dienstleistung bewirkt bzw. abgeschlossen wird, oder das Datum, an dem die Vorauszahlung nach Buchstabe a) Unterabsatz 2 geleistet wird, sofern dieses Datum feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist,
- die Besteuerungsgrundlage für jeden Steuersatz oder Befreiung, den Preis je Einheit ohne Steuer sowie jede Preisminderung oder Rückerstattung, sofern sie nicht im Preis je Einheit enthalten sind,
- den anzuwendenden Steuersatz,
- den zu zahlenden Steuerbetrag, außer bei Anwendung einer speziellen Regelung, bei der nach dieser Richtlinie eine solche Angabe ausgeschlossen wird, .....
Art. 22 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG in der Fassung der Richtlinie 2001/115/EG vom bestimmt:
Die Mitgliedstaaten können unter Beachtung der Gleichbehandlung der von den Steuerpflichtigen im Inland und zwischen Mitgliedstaaten bewirkten Umsätze weitere Pflichten vorsehen, die sie als erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu vermeiden, sofern diese Pflichten im Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten nicht zu Förmlichkeiten beim Grenzübertritt führen.
Die in Unterabsatz 1 vorgesehene Möglichkeit darf nicht dazu genutzt werden, zusätzlich zu den in Absatz 3 genannten Pflichten noch weitere Pflichten aufzuerlegen.
Nationale Regelung:
Die maßgeblichen Vorschriften des österreichischen Umsatzsteuergesetzes (UStG) lauten in ihrer für das jeweilige Streitjahr geltenden Fassung wie folgt:
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Gemäß § 11 UStG 1994 in der für die Streitjahre geltenden Fassung hat eine Rechnung folgende Angaben zu enthalten:
- den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers
- den Namen und die Anschrift des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung
- die Menge und die handelsübliche Bezeichnung
- den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung....
- das Entgelt
- den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag
Weiters hat die Rechnung zu enthalten:
- das Ausstellungsdatum;
- eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung einmalig vergeben wird;
- soweit der Unternehmer im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringt, für die das Recht auf Vorsteuerabzug besteht, die dem Unternehmer vom Finanzamt erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.
Gemäß § 11 Abs. 2 UStG 1994 gilt als Rechnung im Sinnes des Abs. 1 jede Urkunde, mit der ein Unternehmer über eine Lieferung oder sonstige Leistung abrechnet, gleichgültig, wie diese Urkunde im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Hierunter fallen Quittungen, Abrechnungen, Gegenrechnungen und Frachtbriefe. Die nach Abs. 1 erforderlichen Angaben können auch in anderen Belegen enthalten sein, auf die in der Rechnung hingewiesen wird.
Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sieht Mietverträge, die alle Formerfordernisse einer Rechnung im Sinne des § 11 Abs. 1 UStG aufweisen, als Rechnungen im Sinne des § 11 Abs. 1 UStG an ().
Der vorliegende Bestandvertrag enthält jedoch nicht die UID-Nummer des leistenden Unternehmers.
Liegt eine Rechnung zwar vor, entspricht sie aber nicht den Anforderungen des § 11 UStG 1994 und wird sie in der Folge berichtigt, dann ist der Vorsteuerabzug grundsätzlich erst für den Voranmeldungs- (Veranlagungs)zeitraum zulässig, in dem die Berichtigung der mangelhaften Rechnungen erfolgt (Ruppe, UStG³, § 12 Tz 59).
Auch der Europäische Gerichtshof vertritt die Auffassung, dass das Vorsteuerabzugsrecht für den Erklärungszeitraum auszuüben ist, in dem die beiden erforderlichen Voraussetzungen, nämlich dass die Lieferung der Gegenstände oder die Dienstleistung bewirkt wurde und dass der Steuerpflichtige die Rechnung oder das Dokument, das nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Kriterien als Rechnung betrachtet werden kann, erfüllt sind (vgl. , Terra Baubedarf-Handel GmbH).
Nach den unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen enthält der Bestandvertrag nicht die UID-Nummer des leistenden Unternehmers und war der Vorsteuerabzug daher vom Finanzamt im Streitjahr zu Recht versagt worden. Dies hindert aber nicht die Geltendmachung der Vorsteuer in jenem Voranmeldungzeitraum, in dem alle Formerfordernisse erfüllt sind.
Die Bindung des Vorsteuerabzuges an eine Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994 ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom , 99/14/0304) nicht unsachlich, weil der Leistungsempfänger auf die Ausstellung von ordnungsgemäßen Rechnungen dringen kann und auch nach der erstmaligen Ausstellung einer Rechnung jederzeit eine Berichtigung bzw. Ergänzung der Rechnung möglich ist. In Anbetracht dieser vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Rechtsansicht sind die vom österreichischen Gesetzgeber geforderten, über die in Art. 22 Abs. 3 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie hinausgehenden Bedingungen, die grundsätzlich darauf abzielen, einen Vorsteuerbetrug hintanzuhalten, nicht geeignet, die Neutralität der Mehrwertsteuer in Frage zu stellen.
Dem Hinweis auf die Umsatzsteuerrichtlinien, wonach eine Rechnungsberichtigung unter bestimmten Voraussetzungen mit Wirkung ex tunc möglich ist, ist entgegenzuhalten, dass es sich dabei um eine Erlassmeinung handelt, der mangels Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt keine rechtsverbindliche Wirkung zukommt.
Ergänzend wird angemerkt: Die Tatsache, dass im Bestandvertrag neben der Bw. auch Herr H. als Bestandnehmer angeführt ist, vertritt die Behörde in Anlehnung an das , "HE") die Ansicht, dass dies dem Vorsteuerabzug der Bw. nicht entgegenstehen würde, zumal eine Datenbankabfrage bestätigte, dass dieser Vorsteuerbetrag nicht ein weiteres Mal in Abzug gebracht wurde.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | Art. 18 Abs. 1 Buchstabe a 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie, RL 77/388/EWG, ABl. Nr. L 145 vom S. 1 RL 2001/115/EG, ABl. Nr. L 15 vom S. 24 § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 11 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 11 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at