Barabfindung eines Korrekturbetrages der betrieblichen Pensionskasse
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7102536/2015-RS1 | Die Barabfindung eines abfindungsfähigen Teiles eines Korrekturbetrages einer Pensionskassenanwartschaft ist kein Vergleich im Sinne des § 67 Abs. 8 lit. a EStG, wenn die Auszahlung auf Wunsch des Berechtigten erfolgt. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RI in der Beschwerdesache TIx VNx FNx, Adrx, PLZx Ortx, vertreten durch Verty, Adry, Orty, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FAXYZ vom , betreffend Einkommensteuer 2012 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Herr TIx VNx FNx, Beschwerdeführer erhielt für das Jahr 2012 Bezüge von folgenden Stellen ausbezahlt.
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Von seinem Arbeitgeber: | GestzlicheKammerX |
Von der Pensionskasse: | GesKamXPensionskasse |
Pension: | Pensionsversicherungsanstalt |
Die Bezüge dieser drei auszahlenden Stellen wurden unter anderem dem Einkommensteuerbescheid 2012 vom zugrundegelegt.
Nach Gewährung der Verlängerung der Beschwerdefrist reichte der Beschwerdeführer fristgerecht am folgende Beschwerde beim Finanzamt ein:
".........
Mit Bezug auf den Bescheid vom bringe ich hiemit fristgerecht Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 ein. Die Berufung erfolgt im Zusammenhang mit einem Pensionskassenvergleich mit der AbkKammer.
Ich war Dienstnehmer der KammerX und habe einen Anspruch auf eine Alterspension (Pensionsleistung) gegenüber der KammerX bzw. der GesKamXPensionskasse. Nach dem beigeschlossenen (außergerichtlichen) Vergleichsvertrag mit meinem ehemaligen Arbeitgeber, der GestzlicheKammerX, AdresKammer und der GesKamXPensionskasse, unter der gleichen Adresse, wurde vereinbart, dass ich einen pauschalen Betrag von Euro 60.073,89 brutto als Abfindungsbetrag erhalte. Inhalt des Vergleiches waren Ersatzzahlungen für Fehlbeträge in der Pensionskasse. Ich wurde darauf hingewiesen, dass vom vereinbarten Brutto-Betrag allfällige Steuern vom Arbeitgeber in Abzug gebracht und abgeführt werden. Beim Steuerabzug durch meinen Arbeitgeber wurde aber bei einem Teilbetrag (Barabfindung zu Punkt 2.b.) die Begünstigung nach § 67 Abs 8 lit a EStG nicht berücksichtigt. Nach dieser Bestimmung ist bei außergerichtlichen Vergleichen nach Abzug der Beiträge gemäß § 62 Z 3, 4 und 5 EStG ein Fünftel steuerfrei zu belassen. Im konkreten Fall handelt es sich ohne Zweifel um einen außergerichtlichen Vergleich:
Ursprünglich wurde gegenüber der KammerX und der GesKamXPensionskasse unter anderem geltend gemacht, dass im Zuge des Beitritts zur Pensionskasse Arbeitnehmer durch unrichtige Berechnungen und unrealistische Annahmen in die Irre geführt wurden. Der Vergleich stellte eine Kompromisslösung dar und führte zu Änderungen der Rechtsgrundlagen für Pensionsleistungen mit dem Ziel sämtliche strittigen Ansprüche zu bereinigen. Im Rahmen des Vergleiches wurde vereinbart, dass der Rechnungszins von 4% auf 2,75% sowie der rechnungsmäßige Überschuss von 6% auf 4,75% abgesenkt werden und die Anwartschafts- und Leistungsberechtigten im Gegenzug Ausgleichszahlungen für den "Fehlbetrag" erhalten. Die Leistungsberechtigten konnten dabei zwischen einer Barabfindung des aus der Zinssenkung ermittelten "Fehlbetrages" oder einer Übertragung dieses Betrages in die Pensionskasse wählen.
Ferner wurde im Rahmen des Vergleiches als Gegenleistung für die Abfindung ein umfangreicher Generalverzicht gegenüber der KammerX, der Pensionskasse sowie allen sonstigen Körperschaften und Unternehmen der OrgKammer abgegeben. Der Verzicht bezog sich auf sämtliche Ansprüche, die aus oder im Zusammenhang mit Pensionsleistungen (zB sämtliche Erfüllungs- oder Schadenersatzansprüche), oder auch aus der Übertragung der direkten Leistungszusage auf die Pensionskasse gemäß Betriebsvereinbarung A, entstanden sind. Der Vergleich umfasst auch sämtliche Ansprüche im Zusammenhang mit Pensionsleistungen und der Übertragung die im Zeitpunkt der Vergleichsunterfertigung nicht bekannt bzw. nicht erkennbar waren. Somit sind von diesem Verzicht nahezu alle denkbaren Ansprüche erfasst, die sich im Zusammenhang mit Pensionsleistungen ergeben können. Ausgenommen sind lediglich Ansprüche, die nicht verzichtbar sind oder die die Ausübung eines Rechtes betreffen, das keine zusätzliche finanzielle Belastung der KammerX oder der Pensionskasse darstellt. Der Generalverzicht stellt eine erhebliche Gegenleistung für die Abfindungszahlung dar.
Im Sinne des § 1380 ABGB, der Literatur und der Rechtsprechung (vgl. LStR 2002, Rz 1110c; Lenneis in Jakom, Einkommensteuergesetz5, § 67 Rz 36; ; UFSF vom , RV/0146-F/07; UFSG vom , RV/0418-G/06; ) hätte daher bei der Besteuerung gemäß § 67 Abs 8 lit a EStG ein Fünftel steuerfrei belassen werden müssen.
Aus diesem Grund stelle ich daher den
ANTRAG,
auf Rückzahlung der einbehaltenen Abgaben nach § 240 Abs 3 BAO.
....."
Der Beschwerde beigelegt waren:
1 Abrechnungsbelegt in Kopie mit der Bezeichnung Abf. Fehlbetrag PK-AUS für MoJahr12 Kammer X;
1 Kopie des Schreibens der GestzlicheKammerX an den Beschwerdeführer mit folgendem Inhalt - auszugsweise:
"2.........Auf ihren Wunsch finden wir den Fehlbetrag ebenfalls bar ab.
Was bedeutet es für Sie, wenn wir die Rechnungszinsen senken?
Durch das Absenken der Rechnungszinsen reduziert sich Ihre Pensionskassenpension. Wollen Sie das vermeiden, zahlen wir für Sie den Fehlbetrag auf Ihr Pensionskassenkonto ein.
Wählen Sie die Barabfindung des Fehlbetrags, akzeptieren Sie, dass Ihre Pensionskassenpension niedriger ausfallen wird."
.......
" 3........Hinweise zur Barabfindung
Barabfindung bedeutet,der entsprechende Betrag wird nicht auf Ihr persönliches Pensionskassenkonto überwiesen. Damit erhöht sich auch das dort bereits befindliche "Kapital "(Deckungsrückstellung DR) nicht:
Bitte beachten Sie: Ein allfälliger Abfindungsbetrag und ein in die Pensionskasse übertragener Betrag sind brutto gleich hoch. Barabfindungen unterliegen aber Abzugssteuem (z.B.: Lohn- oder Einkommensteuer) und sonstigen Abgaben. Sofern vorgesehen, werden Abgaben und Steuern bereits von der zuständigen KammerX in Abzug gebracht. Im Übrigen sind Sie selbst für die Versteuerung verantwortlich. Anders als beim Übertritt in die Pensionskasse unterliegt der Abfindungsbetrag nicht mehr der begünstigten Besteuerung bei Pensionsabfindungen............."
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung ab:
"Ihre Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 vom wird als unbegründet abgewiesen.
Die Erledigung weicht von Ihrem Begehren aus folgenden Gründen ab:
Nach Lenneis (Jakom EStG, 7. Aufl. 2014, § 67, Tz 29) setzt ein Vergleich gemäß § 1380 ABGB voraus, dass damit streitige oder zweifelhafte Rechte unter beiderseitigem Nachgeben neu festgelegt werden. Zweifelhaft ist ein Recht dann, wenn sich die Parteien nicht einig sind, ob oder in welchem Umfang es entstanden ist oder noch besteht. Es reicht, wenn bloß die Höhe des Anspruches zweifelhaft ist. Ein Vergleich bedarf zu seiner Gültigkeit keiner bestimmten Form und kann daher auch schlüssig zustande kommen.
Aus Sicht der Abgabenbehörde stellt das der Berufung beigelegte Schreiben keinen außergerichtlichen Vergleich iSd § 67 Abs. 8 lit a EStG 1988 dar, da nicht ersichtlich ist inwiefern aus Sicht beider Parteien Rechte strittig oder zweifelhaft wären. Ebenso wenig werden Rechte unter beiderseitigem Nachgeben neu festgelegt. Dies insofern als es sich bei dem Schreiben nur um eine einseitige Information an den Abgabepflichtigen handelt, welche alternative Optionen anbietet, deren Anwendung bzw. Nichtanwendung in der alleinigen Entscheidungsfreiheit des Abgabepflichtigen liegt.
Da die Voraussetzungen für die begünstigte Besteuerung gemäß § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 nicht vorliegen war daher spruchgemäß zu entscheiden."
Mit Schreiben vom stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht über die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom .
Begründend führte er aus:
"Innerhalb aufrechter Frist stelle ich den
ANTRAG
auf Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht über obgenannte Beschwerdevorentscheidung. Am habe ich bei obigem Finanzamt einen Antrag auf Überprüfung der erfolgten Vonwegbesteuerung gestellt, wobei meine Beweisführung von der Behörde offenbar nicht ausreichend gewürdigt wurde.
Der von mir vorzubringende Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:
In einem außerordentlichen Pensionskassen-Vergleich mit meinem seinerseitigen Arbeitgeber der AbkKammer-GestzlicheKammerX, wurde mir 2012 eine pauschale Barabfindung von € 60.073,89 zugestanden, die seitens der AbkKammer in vollem Umfang gemäß allgemeinen Steuertarif im Abzugsweg versteuert wurde. Nach Rechtsauffassung meines Steuerberaters hätte von diesem Abfindungsbetrag jedoch 1/5 steuerfrei belassen werden müssen. Der steuerrechtliche Nachweis dafür, wie er schön in meinem Antrag vom dargelegt wurde, begründet sich wie folgt:
Nach den Bestimmungen des § 67 Abs. 6 lit a EStG ist bei außergerichtlichen Vergleichen stets ein Fünftel steuerfrei zu belassen. Im gegenständlichen Fall kam der außergerichtliche Vergleich unter folgenden Voraussetzungen zustande und ist daher steuerlich zweifellos zur Gänze im Sinne der Bestimmungen des vorzitierten EStG zu behandeln:
- Ursprünglich wurde gegenüber der KammerX und der GesKamXPensionskasse unter anderem geltend gemacht, dass im Zuge des Beitritts zur Pensionskasse Arbeitnehmer durch unrichtige Berechnungen und unrealistische Annahmen in die Irre geführt wurden. Der Vergleich stellte eine Kompromisslösumg dar und führte zu Änderungen der Rechtsgrundlagen für Pensionsleistungen mit dem Ziel sämtliche strittigen Ansprüche zu bereinigem Im Rahmen des Vergleiches wurde vereinbart, dass der Rechnungszins von 4% auf 2,75% sowie der rechnungsmäßige Überschuss von 6% auf 4,75% abgesenkt werden und die Anwartschafts- und Leistungsberechtigten im Gegenzug Ausgleichszahlungen für den "Fehlbetrag" erhalten. Die Leistungsberechtigten konnten dabei zwischen einer Barabfindung des aus der Zinssenkung ermittelten "Fehlbetrages" oder einer Übertragung dieses Betrages in die Pensionskasse wählen.
- Ferner wurde im Rahmen des Vergleiches als Gegenleistung für die Abfindung ein umfangreicher Generalverzicht gegenüber der KammerX, der Pensionskasse sowie allen sonstigen Körperschaften und Unternehmen der OrgKammer abgegeben. Der Verzicht bezog sich auf sämtliche Ansprüche, die aus oder im Zusammenhang mit Pensionsleistungen (zB sämtliche Erfüllungs- oder Schadenersatzansprüche), oder auch aus der Übertragung der direkten Leistungszusage auf die Pensionskasse gemäß Betriebsvereinbarung A, entstanden sind. Der Vergleich umfasst auch sämtliche Ansprüche im Zusammenhang mit Pensionsleistungen und der Übertragung die im Zeitpunkt der Vergleichsunterfertigung nicht bekannt bzw. nicht erkennbar waren Somit sind von diesem Verzicht nahezu alle denkbaren Ansprüche erfasst, die sich im Zusammenhang mit Pensionsleistungen ergeben können. Ausgenommen sind lediglich Ansprüche, die nicht verzichtbar sind oder die die Ausübung eines Rechtes betreffen, das keine zusätzliche finanzielle Belastung der KammerX oder der Pensionskasse darstellt. Der Generalverzicht stellt eine erhebliche Gegenleistung für die Abfindungszahlung dar.
- Insbesondere sei hervorgehoben, dass es sich um eine sehr streitbare und langwierige Auseinandersetzung handelte, die letztlich zum Vergleich führte, was von der AbkKammer als Gegenseite sicherlich jederzeit bestätigt wird.
- Im Sinne des § 1380 ABGB, der Literatur und der Rechtsprechumg (vgl. LStR 2002, Rz 1110c; Lenneis in Jakom, Einkommensteuergesetz, § 67 Rz 36; ÜFSW vom , RV/2285-W/05; ÜFSF vom , RV/0146-F/07; UFSG vom , RV/04I8-G/06; ) hätte daher bei der Besteuerung gemäß §67 Abs 8 lita EStG ein Fünftel steuerfrei belassen werden müssen.
Auf der Basis dieser Begründung wiederhole ich den
ANTRAG
auf Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht über die Beschwerdevorentscheidung vom und Rückzahlung der unrechtmäßig einbehaltenen Steuerabgabe."
Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und führte dazu in seinem Vorlagebericht aus:
"Bezughabende Normen: § 67 Abs 8 lit a EStG
Sachverhalt:
Beantragt wird, von der Zahlung iHv 60.073,89 (s. LZ 01.03.- der Bezeichnungkammer, übermittelt am ) ein Fünftel steuerfrei zu stellen, weil es sich um einen Vergleich iSd § 67 Abs 8 lit a EStG handeln soll.
Bei dem, der Beschwerde beigelegten, Schreiben vom MonatY 2011 handelt es sich um eine Information der AbkKammer über ihre Pensionskasse und deren Neuausrichtung. Es wurde dem Abgabepflichtigen das Angebot gemacht, sich einen errechneten Fehlbetrag als Barabfindung auszahlen zu lassen oder der Übertragung in die Pensionskasse zuzustimmen. Die Wahlfreiheit hatte der Abgabepflichtige, ein außergerichtlicher Vergleich liegt nicht vor.
Beweismittel:
LSTR 1110c, Jakom EStG 6. Auflage, § 67 Rz 29 und 36
LStR 1100, 1102, 1109, 1110a und 1110b
Stellungnahme:
Es wird um Abweisung ersucht, da es sich bei der ggst. Zahlung um keinen Vergleich handelt, auf den die Begünstigung nach § 67 Abs. lit a EStG anwendbar ist. eine Pensionsabfindung kann nur im Ausnahmefall Gegenstand einer Vergleichszahlung sein. die Voraussetzung dafür ist, dass durch einen Vergleich strittige oder zweifelhafte Ansprüche bereinigt werden. Da eine solche Voraussetzung fehlt, liegt aber keine derartige Ausnahme vor."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt:
Herr TIx VNx FNx erhielt im Jahr 2012 eine Auszahlung der Pensionskassa seines Arbeitsgebers, der GesKamXPensionskasse.
Die Auszahlung des Betrages wurde laut dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen Punkt 2 als Fehlbetrag der Deckungsrückstellung der Pensionskassa bezeichnet. Gemäß diesem Schreibens wird dieser Fehlbetrag dann bar abgelöst, wenn dies der Wunsch des Berechtigten, in diesem Fall TIx FNx, ist.
Gemäß Punkt 3 dieser Unterlage steht es im Ermessen des Berechtigten - sprich Wunsch des Beschwerdeführers -, ob er den Fehlbetrag als Barabfindung erhalten will oder den Fehlbetrag auf sein Pensionskassenkonto überweisen will.
Fest steht daher der Sachverhalt, dass sich der Beschwerdeführer entscheiden konnte, ob er eine Barabfindung des abfindungsfähigen Teiles des Korrekturbetrages des Fehlbetrages erhalten wollte oder eine Übertragung in sein Pensionskassenkonto haben wollte.
Der Fehlbetrag wurde im Rahmen einer Barabfindung dem Beschwerdeführer ausbezahlt.
Rechtsfrage:
Ist die auf eigenen Wunsch ausbezahlte Barabfindung des Fehlbetrages in der Pensionskasse ein gemäß § 67 Abs. 8 lit a auf gerichtlichem oder außergerichtlichem Vergleich beruhende Vergleichssumme oder nicht.
Rechtliche Bestimmungen:
Einkommensteuergesetz in der für 2012 geltenden Fassung:
Sonstige Bezüge:
§ 67 ........
(8) Für die nachstehend angeführten sonstigen Bezüge gilt Folgendes:
a) auf gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichen beruhende Vergleichssummen, sind, soweit sie nicht nach Abs. 3, 6 oder dem letzten Satz mit dem festen Steuersatz zu versteuern sind, gemäß Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Fünftel steuerfrei zu belassen. Fallen derartige Vergleichssummen bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses an und werden sie für Zeiträume ausbezahlt, für die eine Anwartschaft gegenüber einer BV-Kasse besteht, sind sie bis zu einem Betrag von 7 500 Euro mit dem festen Steuersatz von 6% zu versteuern; Abs. 2 ist nicht anzuwenden.
.......
Judikatur:
VwGH vom , 2006/13/0185
"...Dazu ist festzuhalten, dass § 15 AO, auf dessen Grundlage die im Beschwerdefall in Rede stehende Ausgleichsforderung ermittelt wurde, zwingend die Kapitalisierung wiederkehrender Leistungen anordnet, die mit ihrem Schätzwert zur Zeit der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens geltend zu machen sind (eine gleich lautende Bestimmung für das Konkursverfahren enthält § 15 KO). In dieser angeordneten Kapitalisierung ist noch keine Ermittlung einer Vergleichssumme in Form einer Bereinigung strittiger oder zweifelhafter Rechte nach § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 zu sehen (dass der nach § 15 AO ermittelte Abfindungsbetrag an sich - gäbe es keinen Streit über dessen Ermittlung - der Besteuerung von Vergleichssummen nach der genannten Bestimmung unterliegen würde, behauptet im Übrigen auch der Beschwerdeführer nicht). Dadurch, dass der Schätzwert nach § 15 AO einer Bandbreite unterliegen und der tatsächlich als Ausgleichsforderung zur Berücksichtigung kommende Betrag letztlich Ergebnis einer Kompromisslösung sein kann (so hätten sich lt. Beschwerde "Gläubiger und Gemeinschuldner" im "Vergleichsweg auf der 'halben Basis' des arithmetischen Mittels der genannten Berechnungen mit EUR 350.157,50" geeinigt), ändert sich nicht der Charakter eines nach § 15 AO im Insolvenzverfahren zu ermittelnden Schätzwertes in Richtung einer nach § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 begünstigten Vergleichssumme. Damit kann der Beschwerde aber im Ergebnis schon deshalb nicht darin gefolgt werden, wenn sie der belangten Behörde vorwirft, die "Fünftelbegünstigung" nach § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 zu Unrecht auf die in Rede stehenden Einkünfte nicht zur Anwendung gebracht zu haben......"
VwGH vom , 2006/13/0185
Rechtssatz
"§ 15 AO ordnet zwingend die Kapitalisierung wiederkehrender Leistungen an, die mit ihrem Schätzwert zur Zeit der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens geltend zu machen sind (eine gleich lautende Bestimmung für das Konkursverfahren enthält § 15 KO). In dieser angeordneten Kapitalisierung ist noch keine Ermittlung einer Vergleichssumme in Form einer Bereinigung strittiger oder zweifelhafter Rechte nach § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 zu sehen. Dadurch, dass der Schätzwert nach § 15 AO einer Bandbreite unterliegen und der tatsächlich als Ausgleichsforderung zur Berücksichtigung kommende Betrag letztlich Ergebnis einer Kompromisslösung sein kann, ändert sich nicht der Charakter eines nach § 15 AO im Insolvenzverfahren zu ermittelnden Schätzwertes in Richtung einer nach § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 begünstigten Vergleichssumme."
Literatur:
Jakom, § 67 Rz 29
b) Vergleichssummen (lit a). Diese Bestimmung spricht zwar nur von auf gerichtl und außergerichtl Vergleichen beruhenden Vergleichssummen, bei wirtschaftl Betrachtungsweise können nach der Judikatur () auch Urteile der Gerichte zum selben Ergebnis – Bereinigung und Nachzahlung einer strittigen Lohnforderung – führen. Gleiches gilt, wenn ArbG und ArbN vereinbaren, das Ergebnis eines Musterprozesses abzuwarten (). Ein Vergleich setzt gem § 1380 ABGB voraus, dass damit streitige oder zweifelhafte Rechte unter beiderseitigem Nachgeben neu festgelegt werden. Zweifelhaft ist ein Recht dann, wenn sich die Parteien nicht einig sind, ob oder in welchem Umfang es entstanden ist oder noch besteht. Es reicht, wenn bloß die Höhe des Anspruches zweifelhaft ist. Ein Vergleich bedarf zu seiner Gültigkeit keiner bestimmten Form und kann daher auch schlüssig zustande kommen (vgl mwN). Nach LStR 1103 sind auch Zahlungen iZm einer Kündigungsanfechtungsklage als Vergleichssumme zu versteuern (wohl nur dann zutr, wenn eine Zuordnung der Zahlung nicht mögl ist, s Rz 28). Zur Behandlung einer Pensionsabfindung als Vergleichssumme s Rz 36. In der Besteuerung von Vergleichssummen, die sich aus Überstundenentgelten zusammensetzen, nach lit a liegt keine Gleichheitswidrigkeit (). Einigt sich der RA des StPfl mit der Haftpflichtversicherung, so ist dies in wirtschaftl Betrachtungsweise als außergerichtl Vergleich anzusehen, weshalb lit a auch auf Verdienstentgangentschädigungen anwendbar ist (-F/08); s auch Lochmann ÖStZ 08/894, 449. Fallen Vergleichssummen bei oder nach Beendigung des DienstVerh an und werden sie für Zeiträume ausbezahlt, für die eine Anwartschaft ggü einer BV-Kasse besteht, sind sie bis zu 7.500 € ohne Anrechnung auf das Sechstel des Abs 2 mit dem festen StSatz von 6 % zu versteuern (lit a S 3). Diese Bestimmung ist daher nicht anwendbar, soweit der ArbN (teilweise) Vergleichsbeträge erhält, die sich auf die „Abfertigung alt“ beziehen. Wird aufgrund einer Mahnklage ein Zahlungsbefehl erlassen und bezahlt der ArbG daraufhin (sämtl) offenen Ansprüche des ArbN, liegt kein Vergleich vor. Die Versteuerung hat nach lit c (s Rz 31) zu erfolgen. Gleiches gilt, wenn der ArbG nach erfolgreicher Kündigungsanfechtung sämtl offenen Forderungen nachzuzahlen hat (LStR 11103).
Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke EStG
§ 67
147a) Unter einem Vergleich iSd § 1380 ABGB versteht man einen Neuerungsvertrag, in dem unter beiderseitigem Nachgeben einverständlich eine neue Festlegung strittiger oder zweifelhafter Rechte erfolgt.
Die Vorschrift des Abs 8 lit a hat den Zweck, solche Lohnbestandteile zu erfassen, die über einen gewissen Zeitraum verteilt zu gewähren gewesen wären, tatsächlich aber nicht oder nicht in voller Höhe zur Auszahlung gelangt sind (/0077VwGH 89/14/0077 - Erkenntnis (Volltext) VwGH 89/14/0077 - Erkenntnis (RS 3) VwGH 89/14/0077 - Erkenntnis (RS 2) VwGH 89/14/0077 - Erkenntnis (RS 1) ; UFS Feldkirch , RV/0290-F/10). Für die Versteuerung als Vergleichssumme ist stets eine gerichtliche oder außergerichtliche Auseinandersetzung über den Entgeltanspruch erforderlich (-I/08); der Vergleich selbst kann dann gerichtlich oder außergerichtlich erfolgen.
Auch Vergleiche über Urlaubsentschädigungen oder Pensionsabfindungen können nach lit a besteuert werden (s aber Anm 148). Eine Vergleichszahlung (lit a) für eine Pensionsabfindung liegt dann vor, wenn der Vergleich zu einer nicht bloß geringfügigen Änderung des vertraglichen Anspruchs führt (LStR 2002 Rz 1110c).
147b) Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise sind Urteile der Gerichte den gerichtlichen bzw außergerichtlichen Vergleichssummen gleichzustellen, weil auch sie der Bereinigung und Nachzahlung einer strittigen Lohnforderung dienen (/0113VwGH 85/13/0113 - Erkenntnis (RS 2) VwGH 85/13/0113 - Erkenntnis (RS 1) ; G 243/07VfGH G 243/07 - Erkenntnis (Volltext) VfGH G 243/07 - Erkenntnis (18396) ).
In der durch § 15 IO § 15 IO - bis ...§ 15 IO - bis 30.06.2010angeordneten Kapitalisierung von Forderungen auf wiederkehrende Leistungen ist noch keine Ermittlung einer Vergleichssumme in Form einer Bereinigung strittiger oder zweifelhafter Rechte zu sehen (/0018VwGH 2007/13/0018 - Erkenntnis (Volltext) VwGH 2007/13/0018 - Erkenntnis (RS 1) zu den vergleichbaren damaligen § 15 KO und § 15 AO).
Zahlungen iZm einer Kündigungsanfechtungsklage sind ebenfalls als Vergleichssumme zu versteuern (UFS Graz , RV/0537-G/07). Auch Verdienstentgangsentschädigungen, die den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen sind, fallen unter Abs 8 lit a (UFS Feldkirch , RV/0234-F/08UFS Feldkirch RV/0234-F/08: Berufungsentscheidung - Steuer (Referent) (Volltext) UFS Feldkirch RV/0234-F/08: Berufungsentscheidung - Steuer (Referent) (RS) ).
147c) Bei einer Vergleichssumme nach Abs 8 lit a muss es sich um Zahlungen handeln, die sich zumindest auch aus der Bereinigung strittiger oder zweifelhafter Rechte auf in der Vergangenheit angehäufte Bezüge erheben. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn sich die Vergleichssumme infolge der Streitigkeit oder Zweifelhaftigkeit der Zahlungen ansammelt (/0053VwGH 90/14/0053 - Erkenntnis (Volltext) VwGH 90/14/0053 - Erkenntnis (RS 2) VwGH 90/14/0053 - Erkenntnis (RS 1) ).
Wurde die Lösung einer Streitfrage nicht im Rahmen gegenseitigen Nachgebens, sondern im Wesentlichen in der bedingungslosen Akzeptanz der Forderungen eines Kontrahenten gefunden, so bleibt für die Annahme eines Vergleichs iSd Abs 8 lit a kein Raum; vielmehr handelt es sich in diesem Fall um ein Anerkenntnis (UFS Linz , RV/0102-L/10UFS Linz RV/0102-L/10: Berufungsentscheidung - Steuer (Referent) (Volltext) UFS Linz RV/0102-L/10: Berufungsentscheidung - Steuer (Referent) (RS) ).
ABGB:
§ 1380. Ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige, oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, dass jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun, oder zu unterlassen verbindet, heißt Vergleich. Der Vergleich gehört zu den zweiseitig verbindlichen Verträgen, und wird nach eben denselben Grundsätzen beurteilt.
Kajaba in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04
1 Der Vergleich ist ein entgeltlicher Feststellungsvertrag, der auch schlüssig zu Stande kommen kann und Zweifel oder Streitigkeiten über Bestand, Umfang oder Durchsetzbarkeit eines Rechts in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht dadurch beseitigt, dass alle Parteien nachgeben und an Stelle des unklaren Rechts ein klares festsetzen. Dabei gilt für alle Tatbestandsmerkmale eine subjektive Sichtweise.
5 Vergleiche sind nicht abstrakt, ihre Causa liegt in der von den Parteien beabsichtigten Bereinigungswirkung, da durch sie Streit beendet bzw Zweifel beseitigt werden sollen. Sie begründen einen neuen Verpflichtungsgrund, wirken rechtsgestaltend und haben auch dann konstitutive Wirkung, wenn die neu geschaffene von der wahren Tatsachen- oder Rechtslage abweicht, Was nur dann nicht der Fall wäre, wenn die Parteien sich trotz ihrer unterschiedlichen Einschätzungen zufällig entsprechend der objektiven Sach- und Rechtslage vergleichen. weil die Parteien (zumindest subjektiv) immer nachgeben. Die neue Rechtslage bewirkt, dass im Rahmen des Vergleichsumfanges nicht mehr auf Einwendungen aus dem ursprünglichen Schuldverhältnis zurückgegriffen werden kann. Für Vergleiche mit Gesamtschuldnern gelten dieselben Regeln wie bei der Novation, die Vergleichswirkungen beschränken sich auf die Vertragspartner.
Anwendung auf den streitgegenständlichen Fall:
Der Beschwerdeführer hatte Ansprüche auf Zahlungen einer Pensionskassenpension der GesKamXPensionskasse erworben. Da laut Mitteilung der GestzlicheKammerX MonatY 2011 das Deckungskapital nicht ausreichen würde, wurde ein Korrekturbetrag errechnet und wurden dem Beschwerdeführer zwei Optionen angeboten.
1. Eine Barabfindung eines Teiles - des abfindungsfähigen Betrages des Korrekturbetrages der Pensionskassenpension - oder
2. Die Überweisung des gesamten Korrekturbetrages auf das persönliche Pensionskassenkonto des Beschwerdeführers.
Diese 2 Optionsmöglichkeiten hatte der Beschwerdeführer.
Es bestand kein Streit über die Möglichkeit entweder der Auszahlung = Barabfindung des abfindungsfähigen Betrages oder der Übertragung des Abfindungsbetrages auf das persönliche Pensionskassenkonto des Beschwerdeführers. Es gibt lediglich die Aussage des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde, dass es sich bei der Barabfindung um einen Vergleich - ohne konkrete Beweismittel vorzulegen - handele. Er bezog sich lediglich auf das Schreiben der GestzlicheKammerX vom MonatY 2011.
Hier befindet sich der Beschwerdeführer im Irrtum.
Wenn im Zuge der Anpassungen des Pensionskassenkonto aufgrund des fehlenden Deckungsbeitrages Streitigkeiten oder Vergleiche stattfanden, so lautet der Vergleich dahingehend, dass dem Beschwerdeführer die Optionen einer Barabfindung oder einer Übertragung ins persönliche Pensionskassenkonto offenstanden.
Zu beurteilen ist folglich die Barabfindung als Auszahlung der Pensionskasse.
Die Annahme des Angebots für die Barabfindung und damit die Auszahlung des Betrages lag im freien Ermessen des Beschwerdeführers. Hätte er die Barabfindung abgelehnt, wäre der gesamte Korrekturbetrag auf sein Pensionskassenkonto überwiesen worden und wäre die Besteuerung bei der künftigen Auszahlung des Betrages erfolgt.
Es bestand kein Streit oder Zweifel über diese zwei Auswahlmöglichkeiten.
Es handelt sich daher bei dem Wunsch und der Annahme des Barabfindungsangebotes nicht um einen Vergleich im Sinne des § 1380 ABGB sowie nicht um einen außergerichtlichen Vergleich im Sinne des § 67 Abs. 8 lit a EStG.
Wie oben in der Judikatur und Literatur dargelegt ist ein Vergleich ein entgeltlicher Feststellungsvertrag, der Zweifel oder Streitigkeiten über Bestand, Umfang oder Durchsetzbarkeit eines Rechts in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht dadurch beseitigt, dass alle Parteien nachgeben und an Stelle des unklaren Rechts tritt. Die Auswahlmöglichkeiten den abfindungsfähigen Teil des Korrekturbetrag aufgrund einer Barabfindung zu erhalten oder auf eine Übertragung auf das Pensionskassenkonto zu verweisen war nicht strittig.
Der Beschwerdeführer akzeptierte aus freien Stücken ein Angebot um einen Korrekturbetrag aus seiner subjektiven Sicht bestmöglich zu verwerten.
Dies ist als einseitige Willenserklärung zu beurteilen und nicht als Annahme eines Vergleiches über strittige Ansprüche.
Auf die Barabfindung kann daher nicht die begünstigte Besteuerung des § 67 Abs. 8 lit a EStG angewendet werden.
Die Einkommensteuer ist daher wie im Einkommensteuerbescheid festzusetzen.
Die Beschwerde ist daher in diesem Sinne als unbegründet abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da die Bestimmung in § 67 Abs. 8 lit a EStG eindeutig von einem außergerichtlichem Vergleich ausgeht, ist die Revision mangels Vorliegens eines Vergleiches nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Barabfindung Korrekturbetrag Fehlbetrag Pensionskasse |
Verweise | VwGH, 89/14/0077 |
Zitiert/besprochen in | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102536.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at