Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Abschreibungssatz gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e (nunmehr lit. d) EStG 1988
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1795/2016 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss v. abgelehnt.
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Rechtssätze | |
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RV/3100087/2015-RS1 | Im Hinblick auf die Möglichkeit, eine kürzere als die vom Gesetz vermutete Nutzungsdauer nachzuweisen, kann der Rechtsansicht der Bf., wonach mit der Einführung einer umfassenden Immobilienertragsbesteuerung durch das 1. StabG 2012 eine Anhebung des gesetzlichen AfA-Satzes von 1,5 % bei Mietgebäuden verfassungsrechtlich geboten sei, nicht gefolgt werden. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache der Bf. gegen den Bescheid des Finanzamtes Landeck Reutte vom betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2012
zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Hinweis
Dieses Erkenntnis wirkt gegen alle, denen im Spruch Einkünfte zugerechnet wurden (§ 191 Abs. 3 BAO). Mit der Zustellung dieses Erkenntnisses an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 BAO).
Entscheidungsgründe
I) Sachverhalt und Verfahrensgang
Die beschwerdeführende OG (kurz: Bf.) erwarb im Jahr 2011 eine Hotelliegenschaft in X. Seit Herbst 2012 erzielt sie Einkünfte aus der Verpachtung des Hotels sowie Einkünfte aus der Vermietung eines (dort zwischenzeitig ausgebauten) Büros.
In der Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften für das Jahr 2012 wies die Bf. einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung von -132.193,23 € aus, in dem die Gebäude-AfA mit einem (Jahres-)Betrag von 14.139,13 € enthalten ist. Der Bescheid vom über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2012 erging erklärungsgemäß.
In der gegen den Feststellungsbescheid erhobenen Beschwerde beantragte die Bf., die AfA für das Hotelgebäude ab (somit für das 2., 3. und 4. Quartal 2012) mit 3 % der Bemessungsgrundlage anzusetzen. In der Beilage zur Feststellungserklärung sei die Gebäude-AfA entsprechend der Rz 6444 EStR mit 2 % berechnet worden, weil das Gebäude vor 1915 erbaut worden sei. Im konkreten Fall handle es sich um die Vermietung einer Liegenschaft als Hotel in Form eines Jugend- und Schülerhostels, welche Verwendung eine weit überdurchschnittliche Abnutzung bedinge. Ziel der Einführung der neuen Ertragsbesteuerung von Immobilien mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 sei die „grundsätzliche Gleichbehandlung“ von betrieblichen und privaten Grundstücksveräußerungen gewesen. Dieses Ziel könne nur erreicht werden, indem auch die Besteuerung der „laufenden“ Einkünfte vereinheitlicht werde. Vor diesem Hintergrund sei eine Angleichung der Abschreibungssätze im betrieblichen und außerbetrieblichen Bereich sachlich geboten. Im konkreten Fall bedeute dies, dass der Abschreibungssatz 3 % betragen müsse, um zu einem sachgerechten Ergebnis zu kommen. Die Gebäude-AfA für das Jahr 2012 habe demnach (insgesamt) 18.987,83 € zu betragen.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienten, betrage die AfA 1,5 % der Bemessungsgrundlage (bzw. 2 % „bei Gebäuden mit Anschaffung oder Herstellung vor dem Jahr 1915“). Die in der Beschwerde geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken seien nicht Gegenstand einer Beschwerdevorentscheidung.
Mit Schreiben vom beantragte die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
Die in der Beschwerde gestellten Anträge auf Senatsentscheidung und mündliche Verhandlung wurden mit Eingabe vom zurückgenommen.
II) Rechtslage
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 in der Fassung vor dem AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage (lit. a bis d) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden.
Demgegenüber waren in § 8 Abs. 1 EStG 1988 (in der für das Streitjahr geltenden Fassung) für Betriebsgebäude ohne Nachweis der Nutzungsdauer folgende Abschreibungssätze vorgesehen:
bis zu 3%, soweit diese unmittelbar der Betriebsausübung eines Land- und Forstwirtes oder Gewerbetreibenden dienten und bis zu 2,5% oder 2%, soweit diese den in der Folge genannten Zwecken dienten;
bis zu 2,5%, soweit diese unmittelbar dem Betrieb des Bank- und Versicherungswesens sowie unmittelbar dem Betrieb ähnlicher Dienstleistungen (zB der Kreditvermittlung) dienten;
bis zu 2 %, soweit diese anderen betrieblichen Zwecken dienten.
Mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015, wurden die unterschiedlichen Abschreibungssätze für Betriebsgebäude vereinheitlicht: Nach § 8 Abs. 1 EStG 1988 idF des StRefG 2015/2016 beträgt die Absetzung für Abnutzung ohne Nachweis der Nutzungsdauer bis zu 2,5%. Davon abweichend beträgt bei für Wohnzwecke überlassenen Gebäuden die Absetzung für Abnutzung ohne Nachweis der Nutzungsdauer bis zu 1,5%.
Bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, können ohne Nachweis der Nutzungsdauer (unverändert) jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden (§ 16 Abs. 1 Z 8 lit. d erster Satz EStG 1988 idF des StRefG 2015/2016).
III) Erwägungen
1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Regelung des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e (nunmehr lit. d) EStG 1988 eine Beweislastverteilung hinsichtlich einer kürzeren Nutzungsdauer zu entnehmen; die Beweislast trifft den Abgabepflichtigen, der eine kürzere Nutzungsdauer behauptet (siehe zuletzt , mit Hinweisen auf die Vorjudikatur). Für Gebäude, die vor 1915 erbaut wurden, lässt die Verwaltungspraxis einen Abschreibungssatz bis zu 2 % ohne Nachweis zu (Rz 6444 EStR).
2) Unter Nutzungsdauer im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 ist die normale technische und wirtschaftliche Nutzungsdauer zu verstehen (). Das Gesetz stellt in einer Art Pauschalbetrachtung die Vermutung (im Sinne des § 167 Abs. 1 BAO) auf, dass die Nutzungsdauer eines Gebäudes, das der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient, 66 2/3 Jahre und nicht weniger beträgt. Es differenziert dabei weder nach der Art des Gebäudes noch danach, ob es sich um ein neu erbautes oder um ein erworbenes Gebäude handelt; folglich gilt die gesetzlich vermutete Nutzungsdauer auch unabhängig davon, ob das Gebäude beim Mieter betrieblichen Zwecken dient (; ).
3) Im Hinblick darauf, dass § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 den Nachweis einer kürzeren als der vom Gesetz vermuteten Nutzungsdauer zulässt, wurde die Regelung in der Rechtsprechung als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen (; ; ; , mit Hinweis auf den Ablehnungsbeschluss des ).
4) Im Schrifttum sind die unterschiedlichen gesetzlichen Abschreibungssätze im betrieblichen Bereich einerseits und dem außerbetrieblichen Bereich andererseits - vor allem mit Blick auf die Ausweitung der Immobilienbesteuerung durch das 1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 22/2012 - auf Kritik gestoßen (Walder, Grundstücksveräußerungen und Nutzungsdauer von Gebäuden, ; Krassnig, Inkonsistenzen bei der Gebäude-AfA im Lichte der neuen Immobilienbesteuerung, ; Beiser, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Licht der Reinvermögenszugangstheorie - neue Antworten auf alte Fragen, RdW 2013/171). Während der niedrigere AfA-Satz gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 in der Vergangenheit damit gerechtfertigt worden sei, dass die Veräußerung von Gebäuden im Privatvermögen nach Ablauf der Spekulationsfrist (§ 30 Abs. 1 EStG 1988 idF vor BGBl. I Nr. 22/2012) keiner Ertragsbesteuerung unterliege, sei dieses Argument mit der Einführung einer nunmehr umfassenden Besteuerung (auch) der privaten Grundstücksveräußerungen durch das 1. StabG 2012 ab weggefallen.
5) Mit dem StRefG 2015/1016 wurde der im Schrifttum erhobenen Forderung nach Vereinheitlichung der Abschreibungssätze im betrieblichen und im außerbetrieblichen Bereich teilweise (nämlich für Gebäude, die zu Wohnzwecken überlassen werden) entsprochen - dies freilich nicht durch Anhebung des Abschreibungssatzes für Gebäude im Privatvermögen, sondern durch Senkung des Abschreibungssatzes für jene des Betriebsvermögens (siehe dazu Kanduth-Kristen, AfA-Sätze für betrieblich genutzte Gebäude ab , taxlex 2016,40; Reinold/Stückler, Steuerreformgesetz 2015/1016: Neuerungen im Bereich der Ertragsbesteuerung von Immobilien, ÖStZ 2015/542). Gesetzestechnisch enthalten § 8 Abs. 1 und § 16 Abs. 1 Z 8 lit d EStG 1988 weiterhin (lediglich) widerlegbare Vermutungen der Nutzungsdauer von Gebäuden: Ist die tatsächliche Nutzungsdauer nachweislich kürzer als es den pauschalen Abschreibungssätzen entspricht, kann die kürzere tatsächliche Nutzungsdauer zugrunde gelegt werden.
6) Mit dem 1. StabG 2012 sollte - wie die Bf. unter Hinweis auf Mayr, Grundstücks-besteuerung im betrieblichen Bereich, RdW 2013/44, zutreffend ausführt - eine grundsätzliche Gleichbehandlung der Grundstücksveräußerungen im betrieblichen und im privaten Bereich erreicht werden. Eine generelle Gleichstellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit den betrieblichen Einkünften erfolgte jedoch nicht. Die unterschiedlichen Einkunftsarten hat der Gesetzgeber beibehalten. Systematisch gesehen sind Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iSd § 28 EStG immer noch solche aus der Fruchtziehung, die Wertsteigerungen des Vermögensstammes nicht umfassen. Die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen zählen zu den sonstigen Einkünften, deren Ermittlung im neu gefassten § 30 EStG 1988 geregelt ist. Im Bereich der Tatbestände des § 28 EStG 1988 kann die Berücksichtigung der (Gebäude-)AfA somit auch nach der neuen Rechtslage nur die Funktion haben, die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Wirtschaftgutes auf die voraussichtliche Dauer der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu verteilen. Im Hinblick auf die Möglichkeit, diese Nutzungsdauer nachzuweisen, kann der Rechtsansicht der Bf., dass eine Anhebung des AfA-Satzes gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 auf die AfA-Sätze des § 8 Abs. 1 EStG 1988 nun (unterjährig ab ) verfassungsrechtlich geboten sei, nicht gefolgt werden und sieht sich das Bundesfinanzgericht zu einem Antrag an den Verfassungsgerichtshof auf Normenprüfung gemäß Art. 140 B-VG nicht veranlasst.
7) Einen Nachweis der Nutzungsdauer des der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden Hotelgebäudes hat die Bf. nicht erbracht. Angemerkt sei noch, dass der im Hinblick auf das Alter des Gebäudes angewendete Abschreibungssatz von rund 2 % bereits dem niedrigsten jener Abschreibungssätze entspricht, die in § 8 Abs. 1 EStG 1988 (in der für das Streitjahr 2012 geltenden Fassung) für Betriebsgebäude vorgesehen waren.
IV) Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche (einfachgesetzliche) Rechtsfrage stellte sich im Beschwerdefall nicht. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.3100087.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at