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Richtlinie des BMF vom 07.10.2021, 2021-0.586.616
3. Teil: Dokumentations- und Meldepflichten
3.2. Dokumentationspflichten nach dem VPDG und der VPDG-DV

3.2.4. Master- und Local File

3.2.4.1. Allgemeines

476Das Master File (Stammdokumentation) soll einen Überblick über die Tätigkeit der multinationalen Unternehmensgruppe geben, einschließlich der Art ihrer globalen Geschäftstätigkeiten, ihrer Verrechnungspreispolitik insgesamt sowie der globalen Verteilung ihrer Einkünfte und ihrer Wirtschaftstätigkeit (Z 5.18 OECD-VPL). Es enthält standardisierte Informationen, die für alle Mitglieder der multinationalen Unternehmensgruppe relevant sind, und deckt gemäß § 6 Abs. 1 VPDG folgende Teilbereiche ab:

  • Organisationsaufbau der multinationalen Unternehmensgruppe,

  • Beschreibung der Geschäftstätigkeit,

  • Dokumentation der immateriellen Werte,

  • Dokumentation der unternehmensgruppeninternen Finanztätigkeiten,

  • Dokumentation der Finanzanlage- und Steuerpositionen.

477Das Local File (Einzeldokumentation) dient als Ergänzung des Master File um landesspezifische Inhalte und enthält gemäß § 7 Abs. 1 VPDG eine Beschreibung der inländischen Geschäftseinheit, die Dokumentation der wesentlichen unternehmensgruppeninternen Geschäftsvorfälle und Finanzinformationen.

478Ein Master und ein Local File sind zu erstellen, wenn eine in Österreich ansässige Geschäftseinheit Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist. Die Verpflichtung zur Erstellung von Master und Local File richtet sich gemäß § 3 Abs. 2 VPDG danach, ob in den beiden vorangegangenen Wirtschaftsjahren die Umsatzerlöse den Betrag von 50 Mio.Euro überschritten haben. Der Begriff der Umsatzerlöse ist dabei im Sinne des UGB (insb. § 189a Z 5 UGB) oder vergleichbarer Rechnungslegungsgrundsätze zu verstehen, wobei auf die österreichische Geschäftseinheit insgesamt abzustellen ist. Die Umsatzgrenze bezieht sich auf die letzten Jahresabschlüsse. Wenn also in zwei aufeinanderfolgenden Jahren die Umsatzgrenze überschritten wird, tritt die Verpflichtung im Sinne von § 3 Abs. 2 VPDG im dritten Jahr ein, unabhängig davon, wie hoch die Umsätze im dritten Jahr tatsächlich sind.

479Im Falle einer österreichischen Geschäftseinheit, die ihrerseits zur Erstellung eines länderbezogenen Berichts verpflichtet ist, weil sie oberste Muttergesellschaft einer multinationalen Unternehmensgruppe im Sinne von § 3 Abs. 1 VPDG ist, deren eigene Umsätze jedoch die Umsatzgrenze im Sinne von § 3 Abs. 2 VPDG nicht überschritten haben (weil es sich etwa um eine reine Holdinggesellschaft handelt), greift - mit Ausnahme von § 3 Abs. 3 VPDG für das Master File - keine Verpflichtung zur Erstellung eines Master und Local File.

480§ 3 Abs. 2 VPDG stellt einzig auf die Umsatzerlöse ab und nicht auf das Vorhandensein grenzüberschreitender Transaktionen. Daher ist ein Master File und ein Local File auch für jene österreichischen Geschäftseinheiten zu erstellen, die Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe sind, und bei denen in den beiden vorangegangenen Wirtschaftsjahren die Umsatzerlöse den Betrag von 50 Mio. Euro überschritten haben, auch wenn sie keine grenzüberschreitenden Transaktionen im betreffenden Berichtswirtschaftsjahr durchgeführt haben. Im Falle fehlender grenzüberschreitender Transaktionen ist jedoch der Dokumentationsaufwand im Sinne von § 7 Abs. 1 Z 2 VPDG-DV entsprechend geringer, da rein innerstaatliche gruppeninterne Transaktionen im Local File in der Regel nicht zu dokumentieren sind (Rz 487).

481Die Einschränkung auf wesentliche Dokumentationselemente, so wie sie in mehreren Bestimmungen des VPDG und der VPDG-DV (zB in § 3 Z 3 VPDG-DV ("die wesentlichen Dienstleistungsvereinbarungen") oder in § 8 Z 3 VPDG-DV ("der wesentlichen Mitbewerber") erfolgt, entspricht dem Musterkonzept, das die OECD/G20 im Rahmen des BEPS-Aktionspunkts 13 (Annex I und II) bereitgestellt hat. Dabei wurde keine nähere Empfehlung dazu gegeben, was in diesen Fällen unter dem Begriff der Wesentlichkeit zu verstehen ist. Das Merkmal der Wesentlichkeit lässt sich nur aus dem Gesamtbild der Umstände ermitteln. Als wesentlich können jene Elemente angesehen werden, die für eine Entscheidung bedeutsam sind, sodass bei Nichtvorliegen die Entscheidung nicht in der Weise getroffen worden wäre, wie sie getroffen wurde. Die Festlegung bestimmter Grenzen ohne Würdigung der Gesamtumstände könnte folglich zu Fehlergebnissen führen. Zudem lässt sich die Wesentlichkeit nicht immer nur nach quantitativen Kriterien bewerten. Daher bedarf es einer Wertungsentscheidung in jedem Einzelfall, wobei die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers anzuwenden und darauf zu achten ist, dass für einzelne Geschäftseinheiten ausreichend belegt wird, dass die Preisgestaltung dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht.

482Für Zwecke der Erstellung von Master und Local File ist bei der Entscheidung über den angemessenen Grad der Detailliertheit der gelieferten Informationen ebenso mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers vorzugehen.

483Die innerstaatliche Umsetzung von Master und Local File entspricht nicht nur den international anerkannten Vorgaben der OECD, sondern auch jenen der EU, nämlich der EU-TPD (Rz 413). So bildet die VPDG-DV innerstaatlich den neuen Mindeststandard der Verrechnungspreisdokumentation für nach dem VPDG dokumentationspflichtige Geschäftseinheiten. Zugleich steht es den Unternehmen frei, im Rahmen ihrer Verrechnungspreisdokumentation über diesen Mindeststandard hinausgehende Punkte aus der EU-TPD aufzugreifen.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
VPDG, Verrechnungspreisdokumentationsgesetz, BGBl. I Nr. 77/2016
VPDG-DV, Verrechnungspreisdokumentationsgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 419/2016
EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 5 OECD-MA, OECD-Musterabkommen
Art. 7 OECD-MA, OECD-Musterabkommen
Art. 9 OECD-MA, OECD-Musterabkommen
§ 6 Abs. 1 VPDG, Verrechnungspreisdokumentationsgesetz, BGBl. I Nr. 77/2016
§ 7 Abs. 1 VPDG, Verrechnungspreisdokumentationsgesetz, BGBl. I Nr. 77/2016
§ 3 Abs. 2 VPDG, Verrechnungspreisdokumentationsgesetz, BGBl. I Nr. 77/2016
§ 189a Z 5 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 3 Abs. 1 VPDG, Verrechnungspreisdokumentationsgesetz, BGBl. I Nr. 77/2016
§ 3 Abs. 3 VPDG, Verrechnungspreisdokumentationsgesetz, BGBl. I Nr. 77/2016
§ 7 Abs. 1 Z 2 VPDG-DV, Verrechnungspreisdokumentationsgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 419/2016
§ 3 Z 3 VPDG-DV, Verrechnungspreisdokumentationsgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 419/2016
§ 8 Z 3 VPDG-DV, Verrechnungspreisdokumentationsgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 419/2016
Verhaltenskodex zur Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen, ABl. Nr. C 176 vom S. 1
Verweise:
VPR 2021, Verrechnungspreisrichtlinien 2021 Rz 487
VPR 2021, Verrechnungspreisrichtlinien 2021 Rz 413
Schlagworte:
Doppelbesteuerung - Verrechnungspreise - Fremdvergleichsgrundsatz - Arm's Length Principle - Transfer Pricing - Einkünfteabgrenzung - Preisvergleichsmethode - Wiederverkaufspreismethode - Kostenaufschlagsmethode - Nettomargenmethode - Gewinnaufteilungsmethode - Konzernumlagen - konzernintern - Kostenverteilungsverträge - Cash Pooling - Konzernstrukturänderungen - multinationale Konzernstrukturen - multinationale Betriebstättenstrukturen - Vertreterbetriebstätte - Funktionsanalyse - Risikoanalyse - AOA light - Authorized OECD Approach - Dokumentation - Verrechnungspreisdokumentation - Advance Pricing Agreement - APA - MAP - Verständigungsverfahren - Primärberichtigung - Sekundärberichtigung - Verrechnungspreisberichtigung - immaterielle Werte - Finanztransaktionen - Datenbankstudie - Betriebsstättengewinnzurechnung - Wirtschaftsgüterzuordnung - wesentliche Mitarbeiterfunktionen - Dotationskapital - Vergleichbarkeitsanalyse - Vergleichbarkeitsfaktoren - Methodenwahl
Stammfassung:
2021-0.586.616

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
PAAAA-76464