10. Verfahrensrecht
10.1. Vorläufigkeit ( § 200 BAO)
10.1.1. Allgemeines
185Die Abgabenbehörde kann die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist ( § 200 Abs. 1 erster Satz BAO).Vorläufig dürfen ua. erlassen werden:
Abgabenbescheide ( § 198 BAO),
Bescheide, mit denen festgestellt wird, dass eine Veranlagung unterbleibt (zB Nichtveranlagungsbescheide bei der Einkommensteuer),
Bescheide über die Feststellung von Einkünften ( § 188 BAO),
Bescheide des Inhaltes, dass eine Feststellung von Einkünften zu unterbleiben hat.
Nicht vorläufig dürfen beispielsweise Haftungsbescheide ( § 224 BAO), Bescheide über die Verfügung bzw. Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens und Aufhebungen gemäß § 299 BAO ergehen.
186Bescheide dürfen nur dann vorläufig erlassen werden, wenn vorübergehende Hindernisse in Form von Ungewissheiten im Tatsachenbereich der zweifelsfreien Klärung der Abgabepflicht oder deren Höhe entgegenstehen (zB ).
Daher dürfen Bescheide beispielsweise dann vorläufig ergehen, wenn noch Ungewissheit besteht, ob nach dem Gesamtbild der Umstände eine Betätigung unter § 1 Abs. 1 LVO fällt (wenn etwa beim in Rz 13 erwähnten Beispiel die Kenntnis in der Zukunft liegender Umstände zur Beurteilung, ob nach dem Gesamtbild der Umstände die Viehzucht bloßes "Anhängsel" ist, erforderlich erscheint).
187Die Vorläufigkeit ist ein Spruchbestandteil (zB ); der Bescheid ist daher nicht nur in seiner Überschrift, sondern auch in seinem Spruch als vorläufig zu bezeichnen.
In der Begründung ( § 93 Abs. 3 lit. a BAO) des vorläufigen Bescheides ist die für die Vorläufigkeit maßgebende Ungewissheit anzugeben. Die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes des § 200 Abs. 1 erster Satz BAO reicht nicht aus, weil für den Abgabepflichtigen erkennbar sein muss, welche Pflichten ihn im Fall des Wegfalls der Ungewissheit treffen (zB Anzeigepflichten nach den §§ 120 Abs. 3 und 139 BAO; siehe dazu Rz 203). Fehlt eine solche Bescheidbegründung, tut dies der Vorläufigkeit aber keinen Abbruch ().
Bestehen die Voraussetzungen des § 200 Abs. 1 BAO, liegt die Erlassung vorläufiger Bescheide im Ermessen der Abgabenbehörde (zB ). Die Ermessensübung ist zu begründen ().
188Die Möglichkeit der Erlassung vorläufiger Bescheide ist nicht dazu bestimmt, der Behörde vorerst die Ermittlungen des Sachverhaltes zu ersparen, um sich die Abgabeneinnahmen sofort vorbehaltlich des späteren ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens zu verschaffen (zB ).
Es ist somit etwa unzulässig, einen Bescheid deshalb vorläufig zu erlassen, weil in einiger Zeit eine abgabenbehördliche Prüfung (zB eine Außenprüfung gemäß § 147 BAO) beabsichtigt ist.
189Die Erlassung eines endgültigen Bescheides (nach einem vorläufigen) ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch dann zulässig, wenn die Erlassung des vorläufigen Bescheides zu Unrecht erfolgt sein sollte, weil im vorläufigen Bescheid die Bezeichnung der Ungewissheit fehlte (vgl. , mwN).
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Zusatzinformationen | |
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Gültig ab: | |
Materie: | Steuer |
Betroffene Normen: | |
Verweise: | § 200 Abs. 1 erster Satz BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 198 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 93 Abs. 3 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 139 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 200 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 147 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 LRL 2012, Liebhabereirichtlinien 2012 Rz 13 LRL 2012, Liebhabereirichtlinien 2012 Rz 203 § 120 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Liebhaberei - Voluptuar - Voluptuarbetrieb - Vorläufigkeit - Nichtveranlagungsbescheide - Feststellung von Einkünften (§ 188 BAO) - Haftungsbescheide - Ungewissheiten - Spruch - Außenprüfung - endgültiger Bescheid |
Stammfassung: | BMF-010203/0599-VI/6/2011 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
AAAAA-76456