VwGH 19.09.2017, Ra 2017/16/0111
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Das Revisionsmodell der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 soll sich an jenem nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. die ErläutRV 1618 BlgNR 24. GP 16). Ausgehend davon kann einer Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet (vgl. etwa den Beschluss vom , Ra 2015/16/0085, mwN). Der Frage, ob besondere Umstände des Einzelfalles auch eine andere Auslegung einer Erklärung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung im besagten Sinne zu (vgl. etwa den Beschluss vom , Ra 2015/16/0020, betreffend die Frage der Auslegung eines Verhandlungsprotokolls oder jenen vom , Ra 2015/16/0140, betreffend die Frage der Auslegung eines Bescheides). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2016/16/0077 B RS 1 |
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RS 2 | Eine vom Verwaltungsgericht erzielte Auslegung eines Vertrages, welche grobe Auslegungsfehler oder sonstige krasse Fehlbeurteilungen nicht erkennen lässt, wirft keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf (vgl. etwa den Beschluss vom , Ro 2015/07/0040, mwN). |
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RS 3 | Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen "auf bestimmte Zeit" und "auf unbestimmte Zeit" abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht entgegen steht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss. Die Vereinbarung etwa aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG (vormals § 19 Abs. 2 MG) stellt noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, sodass in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2163/74 = VwSlg 5066 F/1976, vom , 82/15/0019, vom 17. Feber 1986, 85/15/0112, vom , 86/15/0102, vom , 88/15/0037, , Zl. 88/15/0040, vom , 2011/16/0169, und vom , Ro 2014/16/0072, mwN). |
Entscheidungstext
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2017/16/0112 B
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision der GGmbH & Co KG in H, vertreten durch die Benn-Ibler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Universitätsring 14, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/1100501/2016, betreffend Rechtsgeschäftsgebühr (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in 1030 Wien, Marxergasse 4), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Unbestritten ist, dass die Revisionswerberin als Vermieterin am einen Mietvertrag mit folgendem, soweit für die Behandlung der Revision von Belang, auszugsweise wiedergegebenen Inhalt schloss:
"§ 3. Mietzweck
(1) Der Mieter schließt diesen Vertrag ab, um in dem gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages zu errichtenden Gebäude ein Hotel mindestens auf dem Niveau eines Dreisterne-Plus-Hotels nach dzt. geltenden österreichischen Kategorisierungsrichtlinien zu betreiben.
(...)
§ 5. Mietdauer
(1) Der Mietvertrag wird auf unbestimmte Dauer abgeschlossen.
(2) Das Mietverhältnis kann vom Vermieter und vom Mieter unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwölf Monaten jeweils zum Ende eines Kalenderjahres gerichtlich gekündigt werden, wobei die Einschränkung des nachfolgenden Absatzes (3) vorrangig Gültigkeit hat.
(3) Der Mieter verzichtet bis zum Beginn der Mietzinszahlungen und in der Folge auf die Dauer von 25 Jahren ausdrücklich auf die Ausübung eines Kündigungsrechtes. Der Mieter ist demnach berechtigt, bis zum Ende des 24. Mietjahres die Kündigung zum Ende des 25. Mietjahres auszusprechen. Nimmt der Mieter dieses Kündigungsrecht nicht in Anspruch, verlängert sich der Kündigungsverzicht des Mieters automatisch um 5 Jahre. Der Mieter ist danach berechtigt, bis zum Ende des 29. Mietjahres die Kündigung zum Ende des 30. Mietjahres auszusprechen. Nimmt der Mieter dieses weitere Kündigungsrecht nicht in Anspruch, verlängert sich der Kündigungsverzicht des Mieters jeweils in gleicher Weise um weitere 5 Jahre.
(4) Der Vermieter darf das Mietverhältnis nur bei Vorliegen gesetzlicher Kündigungsgründe entsprechend den im Zeitpunkt der Kündigung gültigen Mietrechtsbestimmungen kündigen, wobei für die ersten fünfundzwanzig Jahre die Kündigung unter analoger Anwendung des Mietrechtsgesetzes nur bei Vorliegen von Kündigungsgründen zulässig ist, die einen Vermieter berechtigen, das Mietverhältnis über eine Wohnung der Kategorie A in einem Miethaus, welches vor 1945 errichtet wurde, zu kündigen.
(...)
§ 6. Außerordentliche Kündigung
(1) Unbeschadet vorstehender Bestimmungen kann der Mietvertrag bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist durch eingeschriebenen Brief gekündigt werden.
(2) Ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung durch den Vermieter (§ 1118 ABGB) ist insbesondere dann gegeben, wenn
a. der Mieter vom Mietobjekt einen erheblichen nachteiligen Gebrauch macht;
b. der Mieter trotz geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Mietentgeltes mehr als 2 Monate dergestalt säumig ist, dass er mit Ablauf des Termins das rückständige Mietentgelt nicht vollständig entrichtet hat;
c. über das Vermögen des Mieters ein Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird;
d. der Mieter die Betriebsart ohne Genehmigung des Vermieters trotz schriftlicher Mahnung erheblich ändert;
e. der Mieter trotz schriftlicher Mahnung ohne schriftliche Zustimmung des Vermieters den Betrieb oder einzelne Betriebsteile untervermietet;
f. die Hälfte oder mehr als 50% der Geschäftsanteile (Gesellschafteranteile) an der Mietergesellschaft von den oder einem der derzeitigen Gesellschafter abgetreten werden und seitens des Vermieters wichtige Gründe gegen den oder die neuen Gesellschafter der Mietergesellschaft bestehen.
(3) Ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung durch den Mieter im Sinne des § 1117 ABGB ist dann gegeben, wenn ein beträchtlicher Teil des Mietobjektes durch Zufall auf die Dauer von mehr als einem Jahr entzogen oder unbrauchbar wird und der Vermieter die Wiederherstellung des benützbaren Zustandes nicht betreibt und innerhalb dieser Jahresfrist keine schriftliche Zusage für die Wiederherstellung binnen angemessener Frist abgibt.
(4) Kommt es zu einer Auflösung gemäß Abs. (2) ist der Mieter dem Vermieter für das Erfüllungsinteresse schadenersatzpflichtig.
(...)
§ 23. Schlussbestimmungen
(1) Die Vertragsparteien halten fest, (...) Die Vertragspartien vereinbaren weiters vorsorglich, dass der gegenständliche Mietvertrag im Regelungsbereich der §§ 14, 29 bis 36, 45, 46 und 49 MRG dem MRG unterliegt, nicht jedoch hinsichtlich der anderen Bestimmungen des MRG.
(...)"
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Bundesfinanzgericht die Festsetzung der Rechtsgeschäftsgebühr nach § 33 TP 5 GebG unter Zugrundelegung eines Achtzehnfachen des Jahreswertes für den vorerst auf 25 Jahre befristeten Mietvertrag sowie mit dem Dreifachen des Jahreswertes für die weitere unbefristete Dauer des Mietvertrages.
Weiters sprach das Gericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei. Begründend führte das Gericht unter Zugrundelegung des eingangs wiedergegebenen Vertragsinhaltes aus:
"Strittig ist im gegenständlichen Fall grundsätzlich, ob der Vertrag auf bestimmte oder unbestimmte Dauer abgeschlossen wurde.
Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 Gebührengesetz 1957 (GebG) unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert einer Gebühr von 1 v.H.
Nach § 33 TP 5 Abs. 3 GebG 1957 sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch mit dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechts einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege steht.
Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne, im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (; ; ; ). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, sodass in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist (; ; ; ).
Die §§ 5 und 6 des Mietvertrages lauten:
...
Grundsätzlich steht es den Vertragsparteien im Sinne der Vertragsautonomie frei, den Inhalt des MRG oder Teile davon zum Vertragsinhalt zu machen. Maßgeblich für die Annahme einer unbestimmten Vertragsdauer ist unter anderem, dass keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten vorliegt, was laut vorzitierter Judikatur etwa bei Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG gegeben ist.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann allerdings dann noch von einer Beschränkung auf einzelne im Vertrag genannte Kündigungsmöglichkeiten gesprochen werden, wenn nicht alle im § 30 Abs. 2 genannten Kündigungsgründe vereinbart werden. Im gegenständlichen Fall wurde vereinbart, dass während der ersten 25 Jahre des Bestandverhältnisses die Kündigung durch den Mieter unter analoger Anwendung des Mietrechtsgesetzes nur bei Vorliegen von Kündigungsgründen zulässig ist, die einen Vermieter berechtigen, das Mietverhältnis über eine Wohnung der Kategorie A in einem Miethaus, welches vor 1945 errichtet wurde, zu kündigen.
Als Kündigungsgründe kommen daher nur die Gründe des § 30 Abs. 2 MRG in Betracht. § 30 Abs. 2 MRG lautet:
...
§ 30 Abs. 2 Z 1 und 2 MRG decken sich mit dem außerordentlichen Kündigungsrecht gemäß § 6 Abs. 2 lit. b des Mietvertrages.
§ 30 Abs. 2 Z 3 erster Fall deckt sich mit dem außerordentlichen Kündigungsrecht gemäß § 6 Abs. 2 lit. a des Mietvertrages.
§ 30 Abs. 2 Z 3 zweiter Fall scheidet aus, da die Mieterin das gesamte Gebäude mietet und daher keine Mitbewohner hat.
§ 30 Abs. 2 Z 4 deckt sich mit dem außerordentlichen Kündigungsrecht gemäß § 6 Abs. 2 lit. e des Mietvertrages.
§ 30 Abs. 2 Z 5 MRG ist nicht anwendbar, da es sich bei der Mieterin um eine juristische Person handelt, diese daher weder sterben kann, noch über eintrittsberechtigte Angehörige verfügt.
§ 30 Abs. 2 Z 6 MRG ist nicht anwendbar, da die Mieterin den Bestandgegenstand nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses gemietet hat.
§ 30 Abs. 2 Z 7 MRG deckt sich im Wesentlichen mit dem außerordentlichen Kündigungsrecht gemäß § 6 Abs. 2 lit. d des Mietvertrages.
§ 30 Abs. 2 Z 8, 9 und 12 MRG ist nicht anwendbar, da die Vermieterin eine juristische Peron ist und daher keinen Eigenbedarf geltend machen kann.
§ 30 Abs. 2 Z 10 MRG ist nicht anwendbar, da es sich beim Bestandgegenstand um einen Neubau handelt, der daher nicht bereits seinerzeit zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des Betriebes des Vermieters gedient hat.
§ 30 Abs. 2 Z 11 MRG ist nicht anwendbar, da es sich bei der Vermieterin um keine Gebietskörperschaft handelt.
§ 30 Abs. 2 Z 14 MRG ist voraussichtlich nicht anwendbar, da es äußerst unwahrscheinlich ist, dass bei einem Hotelneubau innerhalb von 25 Jahren wirtschaftliche Abbruchreife eintritt.
§ 30 Abs. 2 Z 16 MRG ist nichtanwendbar, da es sich beim Bestandsobjekt nicht um eine Substandardwohnung handelt.
Aus den obigen Ausführungen geht klar hervor, dass eine Kündigung durch die Vermieterin innerhalb der ersten 25 Jahre nur auf Grund der im § 6 Abs. 2 des Mietvertrages angeführten Kündigungsgründe möglich ist. Damit sind allerdings bei weitem nicht alle in Betracht kommenden Kündigungsgründe des § 30 MRG in die Vertragsbestimmungen übernommen worden. Die der Vermieterin zuzuordnenden Kündigungsgründe sind also nicht von so umfassender Natur, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages gegeben ist, weshalb im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG 1957 die grundsätzlich vereinbarte Bindung der Vertragsparteien durch die in § 6 des Mietvertrages bezeichneten Kündigungsmöglichkeiten nicht aufgehoben werden kann.
Auch aus dem § 17 des Vertrags ergibt sich aber kein derartiges Maß an Ungewissheit, dass von Anfang an von einer unbestimmten Dauer auszugehen wäre. ...
Wie im Fall des o.a Erkenntnisses des BFG ist auch hier der Sachverhalt nicht mit dem der Erkenntnisse u vergleichbar, ebenso nicht mit dem des angeführten Erkenntnisses , bei dem es neben der Einbeziehung von Nebenkosten um die Beurteilung einer vertraglich vereinbarten, weit auslegbaren Kündigungsmöglichkeit aus allgemein gehaltenen Gründen ging. Vergleichbares liegt hier nicht vor, sodass auch daraus für die Beurteilung des gegenständlichen Falls nichts gewonnen werden kann.
Nach den getroffenen Vereinbarungen ist daher während der ersten 25 Jahre aufgrund der abgegebenen Kündigungsverzichte und Einschränkungen auf nur bestimmte Kündigungsmöglichkeiten unverändert von einem Mietverhältnis auf eine vereinbarte Dauer von 25 Jahren zuzüglich unbestimmter Zeit auszugehen.
..."
3 Seinen Ausspruch über die mangelnde Zulässigkeit einer Revision begründete das Gericht damit, da im gegenständlichen Fall zu allen zu lösenden Rechtsfragen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes existiere und sich das Gericht auch an diese Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes gehalten habe, sei eine ordentliche Revision nicht zulässig.
4 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen außerordentlichen Revision erachtet sich die Revisionswerberin in ihrem Recht verletzt, dass die Gebühr für den vorliegenden Mietvertrag unter Zugrundelegung nur einer unbestimmten Vertragsdauer gemäß § 33 TP 5 GebG berechnet werde, sowie ferner der zutreffende "Wert" gemäß § 33 TP 5 GebG herangezogen werde.
Ihre Zulässigkeit begründet die Revision damit:
"Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein seinem Wortlaut nach auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag gebührenrechtlich als solcher auf bestimmte Dauer anzusehen, wenn das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist (vgl. ; , Ra 2015/16/0072; Fellner, Stempel und Rechtsgebühren10 (2016) E 251 und E 252 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rsp des VwGH).
Werden im Bestandvertrag alle (denkmöglichen) Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG vereinbart, dann kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinesfalls mehr von einzelnen im Vertrag ausdrücklich bezeichneten Fällen gesprochen werden. Die Vereinbarung aller in Betracht kommenden Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG stellt keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, so dass in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist (; vgl. Fellner, Stempel und Rechtsgebühren10 (2016) E 259 und 260 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rsp des VwGH).
Das Bundesfinanzgericht hat im vorliegenden Fall die Bestimmung des § 5 Abs. 4 des Mietvertrages ignoriert. Diese Vertragsbestimmung erfasst alle (denkmöglichen) Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG. Der einzige Kündigungsgrund des § 30 Abs. 2 MRG, auf den sich der Vermieter nach dem Wortlaut dieser Vertragsbestimmung nicht berufen kann, ist jener des § 30 Abs. 2 Z 16 MRG. Dabei handelt es sich jedoch um einen Kündigungsgrund, der schon nach seinem eindeutigen Wortlaut auf den konkret vorliegenden Fall einer Geschäftsraummiete von vornherein nicht anwendbar ist und mithin auch keinen denkmöglichen Kündigungsgrund darstellt.
Das Bundesfinanzgericht hat - in Abweichung zur dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - hingegen nur die Kündigungsbestimmung des § 6 des Mietvertrages geprüft. Entgegen der Ansicht des Bundesfinanzgerichts sind aber auf Grund der Bestimmung des § 5 Abs. 4 des Mietvertrages alle in Betracht kommenden Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart worden.
(Auch weicht das Bundesfinanzgericht von der oben zitierten Rechtsprechung insofern ab, als es - trotz Vorliegens einer Vereinbarung über alle in Betracht kommenden Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG - im Ergebnis offenbar eine darüber hinaus reichende Prüfung der Realisierung der Kündigungsmöglichkeiten vorgenommen hat, auf die es bei dieser Sach- und Rechtslage aber nicht weiter ankommt.)
Schließlich fehlt es an einer einheitlichen Judikatur, welche Anzahl von Jahren für die Ermittlung eines Durchschnitts der Jahresnutzung heranzuziehen ist, wenn die Höhe der Leistung von künftigen, ungewissen Ereignissen abhängig ist, und zwar sowohl mit Blick auf Hauptleistungen als auch Nebenleistungen (wie etwa mit Blick auf die nach dem Mietvertrag zu dotierende Renovierungsrücklage).
Die dargestellten Abweichungen von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, weil sie eine erhebliche Rechtsunsicherheit im Rechtsverkehr, zumal bei der Erstellung von Mietverträgen im Bereich der Geschäftsraummiete, bewirken und ihnen deshalb eine über den konkreten Einzelfall hinaus gehende Bedeutung zukommt. Auch hängt die vorliegende Revision von der Lösung dieser Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung ab."
5 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass eine Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).
7 Das Revisionsmodell der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an jenem nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. die ErläutRV 1618 BlgNR 24. GP 16). Ausgehend davon kann einer Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Der Frage, ob besondere Umstände des Einzelfalles auch eine andere Auslegung einer Erklärung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung im besagten Sinn zu (vgl. etwa den Beschluss vom , Ra 2016/16/0077). Eine vom Verwaltungsgericht erzielte Auslegung eines Vertrages, welche grobe Auslegungsfehler oder sonstige krasse Fehlbeurteilungen nicht erkennen lässt, wirft keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf (vgl. etwa den Beschluss vom , Ro 2015/07/0040, mwN).
8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen "auf bestimmte Zeit" und "auf unbestimmte Zeit" abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht entgegen steht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss. Die Vereinbarung etwa aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG (vormals § 19 Abs. 2 MG) stellt noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, sodass in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2163/74 = Slg. 5066/F, vom , 82/15/0019, vom 17. Feber 1986, 85/15/0112, vom , 86/15/0102, vom , 88/15/0037, , Zl. 88/15/0040, vom , 2011/16/0169, und vom , Ro 2014/16/0072, mwN).
9 Soweit die vorliegende Revision ihre Zulässigkeit darin begründet, das Gericht habe die Bestimmung des § 5 Abs. 4 des Mietvertrages ignoriert, entfernt sie sich von den eingangs wiedergegebenen Erwägungen des Gerichts, das sich ausführlich mit der der Sache nach in § 5 Abs. 4 des Mietvertrages eingeräumten Kündigungsmöglichkeit auseinandersetzte ("Im gegenständlichen Fall wurde vereinbart, dass während der ersten 25 Jahre des Bestandverhältnisses die Kündigung durch den (richtig:) Vermieter unter analoger Anwendung des Mietrechtsgesetzes nur bei Vorliegen von Kündigungsgründen zulässig ist, die einen Vermieter berechtigen, das Mietverhältnis über eine Wohnung der Kategorie A in einem Miethaus, welches vor 1945 errichtet wurde, zu kündigen.
...").
10 Im Revisionsfall ist zudem zu berücksichtigen, dass die Vertragsparteien in den Schlussbestimmungen in § 23 des Mietvertrages "vorsorglich" vereinbarten, dass der gegenständliche Mietvertrag im Regelungsbereich der §§ 14, 29 bis 36, 45, 46 und 49 MRG, nicht jedoch hinsichtlich der anderen Bestimmungen des MRG dem MRG unterliege. Aus den in Rede stehenden Bestimmungen der §§ 5, 6 und 29 des Mietvertrages ergibt sich zunächst der Wille der Vertragsparteien, ein ordentliches Kündigungsrecht (ohne jegliche Begründung - zum Begriff vgl. etwa Würth in Rummel, Kommentar zum ABGB3 1. Band, Rz 2 zu § 1116) auf den Ablauf von 25 Jahren und auf alle weitere 5 Jahre einzuschränken; die weiters vorgesehene Beschränkung der außerordentlichen Kündigung (zur Kündigung aus besonderem Anlass - vgl. hiezu etwa Würth, aaO, Rz 23 zu § 1116) auf die im Vertrag vorgesehenen besonderen Anlässe hat das Gericht - im Einklang mit der wiedergegebenen Rechtsprechung - an Hand des § 30 MRG nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung einzelfallbezogen geprüft und gelangte damit zur Auslegung des revisionsgegenständlichen Mietvertrages als einen, der auf vorerst bestimmte Zeit abgeschlossen ist.
11 Die vom Verwaltungsgericht im Revisionsfall erzielte Deutung des Mietvertrages als einen auf vorerst bestimmte Zeit abgeschlossenen, der während dieser nur aus besonderen, gewichtigen Gründen gekündigt werden kann, lässt keine Auslegungsfehler oder sonstige Fehlbeurteilung erkennen, die eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen würde.
12 Soweit die Revision ihre Zulässigkeit schließlich in einem Fehlen "an einer einheitlichen Judikatur, welche Anzahl von Jahren für die Ermittlung des Durchschnittes der Jahresnutzung heranzuziehen ist" erblickt, legt sie nicht einmal dar, inwiefern sich Rechtsprechung welches Gerichtes als uneinheitlich erwiese. Die vorliegende Revision ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am
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Normen | ABGB §914; B-VG Art133 Abs4; B-VG Art133; GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1; GebG 1957 §33 TP5 Abs3; MRG §30 Abs2; VwGG §34 Abs1; ZPO §500; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017160111.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAF-49350