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Richtlinie des BMF vom 01.04.2025, 2025-0.125.283

5. Rechtsgemeinschaft und gemeinschaftlicher Rechtsgrund ( § 7 GebG)

5.1. Allgemeines

5.1.1. Grundsatz

112Sind mehrere Personen in der gleichen rechtlichen Eigenschaft an einem nach außen einheitlichen gebührenpflichtigen Vorgang beteiligt, dann ist die Gebühr so oft zu entrichten, als Personen an dem Vorgang in der gleichen rechtlichen Eigenschaft beteiligt sind ().

5.1.2. Ausnahme des § 7 GebG

113Gemäß § 7 GebG ist die Gebühr trotz Beteiligung mehrerer Personen am gebührenpflichtigen Vorgang nur im einfachen Betrag zu entrichten, wenn die mehreren Personen

  • in einer solchen Rechtsgemeinschaft stehen, dass sie in Bezug auf den Gegenstand der Gebühr als eine Person anzusehen sind, oder

  • ihren Anspruch oder ihre Verpflichtung aus einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund ableiten.

Die Begünstigung des § 7 GebG hat vor allem für die Eingabengebühr ( § 14 TP 6 GebG) praktische Bedeutung.

5.2. Rechtsgemeinschaft

5.2.1. Begriff der Rechtsgemeinschaft

114Eine Rechtsgemeinschaft im zivilrechtlichen Sinne ( §§ 825 ff, 888 ff ABGB) liegt vor, wenn durch Vertrag, letztwillige Verfügung, zufälliges Ereignis oder Gesetz für die Beteiligten gemeinschaftliche Rechte und Pflichten bestehen. Gleichgerichtete Interessen allein reichen für eine Rechtsgemeinschaft nicht aus.

115Die mehreren Personen müssen in Bezug auf den Gegenstand der Gebühr in Rechtsgemeinschaft stehen. Diese Voraussetzung muss im Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld ( § 11 GebG; siehe Rz 157) aus der zu beurteilenden Schrift hervorgehen (Urkundenprinzip; vgl. § 17 Abs. 1 GebG; siehe Rz 1083).

5.2.2. Rechtsgemeinschaft bei Eingaben

116Eine Rechtsgemeinschaft liegt vor, wenn in Bezug auf den Gegenstand der Eingabe jeder der Einschreiter dasselbe begehrt und jeder von ihnen klaglos gestellt ist, sobald einer von ihnen befriedigt ist (). Die Beschränkung der Eingabe auf solche Angelegenheiten, in denen die Aussteller in Rechtsgemeinschaft stehen, muss im Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld ( § 11 Abs. 1 Z 1 GebG; siehe Rz 157) aus der Schrift hervorgehen.

Beispiele:

Käufer und Verkäufer haben bei einem gemeinsamen Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Kaufvertrages unterschiedliche Parteistellung, weil die Pflicht des einen zugleich das Recht des anderen ist (, Rechtsgemeinschaft verneint).

Das Ansuchen von 20 Mitgliedern eines Vogelfreundevereins um die Bewilligung zum Halten bestimmter Vögel bezieht sich nicht auf das Vereinsverhältnis (, Rechtsgemeinschaft verneint).

117Keine Rechtsgemeinschaft liegt vor, wenn jeder der Einschreiter eine eigenständige Eingabe einbringt. Jede dieser Eingaben ist selbständig zu vergebühren.

Beispiel 1:

Zwei Parteien bringen ein eigenes - aber inhaltsgleiches - außerordentliches Rechtsmittel beim Verwaltungsgericht ein. Es liegt keine gemeinschaftliche Eingabe vor. Die Rechtsmittel sind selbständig zu vergebühren.

Beispiel 2:

Käufer und Verkäufer bringen jeweils einen Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Kaufvertrages ein. Die Eingabengebühr fällt zweimal an.

5.3. Gemeinschaftlicher Rechtsgrund

118Rechtsgrund ist nach § 316 ABGB der zur Erwerbung eines Rechtes gültige Rechtstitel iSd bürgerlichen Rechtes. Der Rechtsgrund muss für die mehreren Personen ein gemeinschaftlicher sein. Ein gemeinschaftlicher Rechtsgrund liegt nur dann vor, wenn mehrere Personen gemeinsam berechtigt oder gemeinsam verpflichtet werden (). Bloße Gleichheit des Rechtsgrundes ist nicht ausreichend.

119Der gemeinschaftliche Rechtsgrund muss für die mehreren Personen in Bezug auf den Gegenstand der Gebühr bestehen. Diese Voraussetzung muss im Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld ( § 11 GebG; siehe Rz 157) aus der zu beurteilenden Schrift hervorgehen (Urkundenprinzip; vgl. § 17 Abs. 1 GebG; siehe Rz 1083).

Beispiele:

Tauschpartner sind beim gemeinsamen Ansuchen an die Grundverkehrskommission um Genehmigung nicht als eine einzige Person anzusehen, weil bei einem Tausch mindestens zwei Grunderwerbe vorliegen. (, gemeinschaftlicher Rechtsgrund verneint).

Bei einem Ansuchen mehrerer Miteigentümer an die Grundverkehrskommission um Genehmigung der Eigentumsübertragung auf Grund eines Teilungsvertrages besteht ein gemeinsamer Wille zur Aufhebung der Gemeinschaft des Miteigentums. (, gemeinschaftlicher Rechtsgrund bejaht).

Bei einer gemeinsamen Beschwerde von mehreren Nachbarn gegen einen Bescheid über die abfallrechtliche Genehmigung eines Vorhabens im Rahmen eines Großverfahrens nach § 44a AVG liegt grundsätzlich ein gemeinschaftlicher Rechtsgrund vor, zumal der gemeinsame Wille der Nachbarn darin liegt, die Genehmigung der Abfallanlage zu versagen bzw. Auflagen zu erteilen; der einzelne Nachbar kann jedoch keine subjektiven Ansprüche aus seiner Nachbarstellung ableiten, diese sind auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen (vgl. § 45 AWG 2002).


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 7 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 11 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 11 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 14 TP 6 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 316 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
§ 825 ff ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
§ 888 ff ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
§ 44a AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 45 AWG 2002, Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002
Verweise:

GebR 2025, Gebührenrichtlinien 2025 Rz 157
GebR 2025, Gebührenrichtlinien 2025 Rz 1083



Schlagworte:
Gebühren - Gebührengesetz
Stammfassung:
2025-0.125.283

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
QAAAF-46995