VwGH 18.11.2024, Ra 2024/13/0051
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Norm | BAO §162 |
RS 1 | Die Aufforderung zur Empfängerbenennung hat sich an jenen Abgabepflichtigen zu richten, der die Betriebsausgaben absetzen möchte. Da zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Empfängerbenennung das Sanierungsverfahren (ohne Eigenverwaltung) bereits aufgehoben war, konnte sich diese Aufforderung nur an den Abgabepflichtigen selbst richten, dem es oblag, zu dieser Aufforderung auch Informationen bei jenen Personen einzuholen, die im damaligen Zeitraum für ihn (bzw. die Insolvenzmasse) handelten. |
Normen | |
RS 2 | § 162 BAO regelt die Mitwirkung des Abgabepflichtigen bei der Feststellung des wahren wirtschaftlichen Gehalts eines abgabenrechtlich bedeutsamen Sachverhaltes (; vgl. auch die Bezugnahme auf den "wahren wirtschaftlichen Empfänger" in dem Erkenntnis vom , 2004/15/0066, 0067). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2016/13/0041 E RS 3 |
Norm | BAO §162 |
RS 3 | Ein Abgabepflichtiger hat bei der Gestaltung seiner Geschäftsbeziehungen Sorgfaltspflichten einzuhalten (vgl. ). Hat sich ein Abgabepflichtiger in Geschäftsbeziehungen eingelassen, nach deren Gestaltung ihm eine den Anforderungen nach § 162 BAO entsprechende Nennung der Zahlungsempfänger nicht möglich war, geht dies im Grunde des § 162 BAO zu seinen Lasten (vgl. ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2019/13/0074 E RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lukacic-Marinkovic, über die Revision des V S in W, vertreten durch Mag. Robert Igali-Igalffy, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 34, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7102853/2023, betreffend u.a. Einkommensteuer 2020, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Einkommensteuerbescheid 2020 vom wurden Betriebsausgaben des Revisionswerbers aus näher bezeichneten Subunternehmerhonoraren nicht anerkannt. Begründet wurde das damit, dass es sich bei diesem Subunternehmer (F GmbH) um ein Scheinunternehmen handle.
2 Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mittels Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abgewiesen, woraufhin der Revisionswerber einen Vorlageantrag stellte.
3 Der Revisionswerber wurde mit Beschluss vom vom Bundesfinanzgericht zur Empfängerbenennung gemäß § 162 BAO aufgefordert und ihm im Zuge dessen die üblichen Prüfschritte im Baubereich mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übermittelt.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 Das Bundesfinanzgericht stellte fest, dass der Revisionswerber im Baubereich tätig sei und unter anderem Sanierungen und Bauleistungen im Bereich des Trockenbaus erbringe. Er sei ein kleiner Bauunternehmer. Im Wirtschaftsjahr 2020 sei der Revisionswerber selbst in Insolvenz gewesen, der Betrieb sei jedoch nicht geschlossen worden. Eine Masseverwalterin sei bestellt gewesen. Das Insolvenzverfahren sei mittlerweile abgeschlossen. Im Wirtschaftsjahr 2020 sei der Revisionswerber beauftragt worden, bestimmte Bauleistungen zu erbringen. Der Revisionswerber habe seinerseits wiederum Subunternehmen zur Erbringung dieser Leistungen beauftragt. Eines dieser Unternehmen sei die F GmbH gewesen, eine mittlerweile aus dem Firmenbuch gelöschte Gesellschaft. Im Wirtschaftsjahr 2020 seien beim Revisionswerber Subunternehmerhonorare der F GmbH im Ausmaß von 158.794 € als Betriebsausgaben geltend gemacht worden. Die Leistungen, die beim Revisionswerber als Betriebsausgaben angesetzt worden seien, seien erbracht worden, nicht jedoch von der F GmbH.
6 Weiters traf das Bundesfinanzgericht Feststellungen über die im Baubereich üblichen Gepflogenheiten. Dazu führte es aus, dass vor der Beauftragung von Subunternehmen eine Kontrolle des Firmenbuchauszuges, der (gewerberechtlichen) Befugnisse, der technischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der beruflichen Zuverlässigkeit erfolge. Bei der Beauftragung und Auftragsabwicklung von Subunternehmerleistungen werde auf einen Werkvertrag mit Lichtbildausweis des/der Zeichnungsberechtigten, die Anmeldung von Mitarbeitern, die Rechnungsprüfung, die Zahlung und auf sonstige Dokumentationen (zB Bautagesberichte, Baustellenfotos, Pläne, Schriftverkehr, Besprechungsnotizen) geachtet. Der Revisionswerber habe die übliche Sorgfalt im Baubereich nicht walten lassen.
7 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, dem Steuerpflichtigen dürften keine offenbar unerfüllbaren Aufträge zum Nachweis der Empfänger erteilt werden. Offenbar unerfüllbar seien derartige Aufträge aber nur dann, wenn eine unverschuldete, tatsächliche Unmöglichkeit, die Empfänger der geltend gemachten Betriebsausgaben namhaft zu machen, vorliege. Es stehe fest, dass der Revisionswerber die übliche Sorgfalt nicht habe walten lassen. Es sei ihm daher nicht unverschuldet unmöglich gewesen, die tatsächlichen Empfänger der geltend gemachten Betriebsausgaben namhaft zu machen. Die geltend gemachten Betriebsausgaben seien daher nicht anzuerkennen.
8 Dagegen wendet sich die vorliegende Revision, welche als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes zur Frage geltend macht, wen bei Fremdverwaltung im Zuge eines Insolvenzverfahrens die Prüfpflichten von beauftragten Subunternehmen träfen. Insbesondere fehle eine einheitliche Rechtsprechung, welche Pflichten den „entmachteten“ Unternehmer im Rahmen der Fremdverwaltung im Insolvenzverfahren treffen könnten. Es fehle weiters eine Rechtsprechung, wer zur Empfängerbenennung gemäß § 162 BAO für Zeiträume der Fremdverwaltung im Rahmen des Insolvenzverfahrens zuständig sei; entweder sei dies die bestellte Insolvenzverwalterin oder der nicht vertretungsbefugte Schuldner.
9 Das Finanzamt erstattete eine Revisionsbeantwortung (ohne einen Antrag auf Aufwandersatz).
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Gemäß § 162 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, wenn der Abgabepflichtige beantragt, dass Schulden, andere Lasten oder Aufwendungen abgesetzt werden, verlangen, dass der Abgabepflichtige die Gläubiger oder die Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet. Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde verlangten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen gemäß § 162 Abs. 2 BAO nicht anzuerkennen.
14 Die Aufforderung zur Empfängerbenennung hat sich an jenen Abgabepflichtigen zu richten, der die Betriebsausgaben absetzen möchte. Da zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Empfängerbenennung das Sanierungsverfahren (ohne Eigenverwaltung) bereits aufgehoben war, konnte sich diese Aufforderung nur an den Abgabepflichtigen (den Revisionswerber) selbst richten, dem es oblag, zu dieser Aufforderung auch Informationen bei jenen Personen einzuholen, die im damaligen Zeitraum für ihn (bzw. die Insolvenzmasse) handelten.
15 § 162 BAO regelt die Mitwirkung des Abgabepflichtigen bei der Feststellung des wahren wirtschaftlichen Gehalts eines abgabenrechtlich bedeutsamen Sachverhalts. Hat die namhaft gemachte Person eine Leistung nicht erbracht, so kann sie auch nicht als Empfänger im Sinne des § 162 BAO angesehen werden (vgl. , mwN).
16 Einer Aufforderung nach § 162 Abs. 1 BAO ist dann nicht entsprochen, wenn ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften die Feststellung getroffen wird, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger der abgesetzten Beträge sind (vgl. erneut , mwN).
17 § 162 BAO beruht auf dem Grundsatz, dass das, was bei dem einen Abgabepflichtigen abzusetzen ist, bei dem anderen versteuert werden muss, wenn nicht steuerpflichtige Einnahmen unversteuert bleiben sollen. Es kann daher die Absetzung von Betriebsausgaben trotz feststehender sachlicher Berechtigung abgelehnt werden, solange nicht die Möglichkeit, die entsprechenden Einnahmen beim Empfänger zu besteuern, dadurch sichergestellt ist, dass der Steuerpflichtige den Empfänger konkret genannt hat. Es dürfen allerdings dem Steuerpflichtigen keine offenbar unerfüllbaren Aufträge zum Nachweis der Empfänger erteilt werden. „Offenbar unerfüllbar“ sind derartige Aufträge aber nur dann, wenn eine unverschuldete, tatsächliche Unmöglichkeit, die Empfänger der geltend gemachten Betriebsausgaben namhaft zu machen, vorliegt. Es darf nicht in der Macht des Steuerpflichtigen gestanden haben, die tatsächlichen Umstände, die ihn an der Bezeichnung der Empfänger hindern, abzuwenden (vgl. , mwN).
18 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Abgabepflichtiger bei der Gestaltung seiner Geschäftsbeziehungen Sorgfaltspflichten einzuhalten. Hat sich ein Abgabepflichtiger in Geschäftsbeziehungen eingelassen, nach deren Gestaltung ihm eine den Anforderungen nach § 162 BAO entsprechende Nennung der Zahlungsempfänger nicht möglich war, geht dies im Grunde des § 162 BAO zu seinen Lasten (vgl. erneut , mwN).
19 Das Bundesfinanzgericht hat sich ausführlich mit der üblichen Sorgfalt in der Baubranche für kleine Bauunternehmer auseinandergesetzt und die Einhaltung dieser Maßstäbe nachvollziehbar für den Revisionsfall verneint. Dagegen wendet sich die Revision nicht.
20 Soweit die Revision fehlende Rechtsprechung zur Frage, wer während des Zeitraumes eines Insolvenzverfahren die übliche Sorgfalt aufzubringen habe, geltend macht, ist darauf zu verweisen, dass das Schicksal der Revision von der Beantwortung dieser Frage nicht abhängt.
21 Aus den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes und der Aktenlage ergibt sich, dass weder der Revisionswerber noch die damals bestellte Masseverwalterin die in der Baubranche üblichen Gepflogenheiten eingehalten haben. Der Revisionswerber verwies in seiner Beschwerde zwar auf die Einhaltung der üblichen Sorgfalt und führte aus, er habe die vorliegende Gewerbeberechtigung und das „Firmenbuch“ geprüft, eine Kopie des Reisepasses des handelsrechtlichen Geschäftsführers angefertigt, die behördliche Meldung des Geschäftsführers sowie die uneingeschränkte UID-Nummer der F GmbH überprüft, jedoch genügt dies - nach den gegenständlich nicht bekämpften Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes - nicht, um die in der Baubranche übliche Sorgfalt zu erfüllen. Auch die Masseverwalterin sagte beim Erörterungstermin aus, dass sie - außer der Rechnungsprüfung - keine weiteren Überprüfungen der F GmbH vorgenommen habe. Die Revision bringt auch nicht vor, dass die Masseverwalterin darüber hinaus Prüfungshandlungen in Bezug auf die F GmbH vorgenommen habe.
22 Im Revisionsfall geht es nicht um die Geltendmachung einer Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO für den Zeitraum des Insolvenzverfahrens, sondern um die Verweigerung des Betriebsausgabenabzugs wegen nicht erfolgter Empfängerbenennung. Ob in diesem Zusammenhang der Revisionswerber oder die Masseverwalterin, deren Handlungen (und Unterlassungen) dem Insolvenzschuldner zuzurechnen sind, die Prüfungshandlungen hätten vornehmen sollen, ist ohne Bedeutung; für das vorliegende Verfahren ist entscheidend, dass sie nicht vorgenommen wurden.
23 Da das rechtliche Schicksal der Revision somit nicht von der Lösung der vorgebrachten Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG „abhängt“ (vgl. , mwN), war sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen.
24 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024130051.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
LAAAF-46440