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VwGH 07.12.2023, Ra 2023/13/0150

VwGH 07.12.2023, Ra 2023/13/0150

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des B in W, vertreten durch die Dr. Obermayer Rechtsanwalt GmbH in 1030 Wien, Disslergasse 1/Top 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7400067/2020, betreffend Haftung für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber war von bis alleiniger Geschäftsführer der S GmbH. Mit Bescheid vom wurde der Revisionswerber zur Haftung für Rückstände an Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für den Zeitraum Jänner 2013 bis November 2015 der S GmbH herangezogen.

2 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesfinanzgericht - nach abweisender Beschwerdevorentscheidung und Vorlageantrag - teilweise Folge und schränkte die Haftung auf bestimmte Beträge ein. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Es stellte fest, dass die S GmbH für die Jahre 2013 bis 2015 unter anderem Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe nicht bezahlt habe. Mit Beschluss des Handelsgerichts im April 2016 sei über das Vermögen der Primärschuldnerin der Konkurs eröffnet und mit Beschluss vom Mai 2016 die Schließung des Unternehmens angeordnet worden.

3 Die Primärschuldnerin habe Rechnungen der A GmbH, S GmbH, H GmbH und L KG für Fremdleistungen in die Buchhaltung aufgenommen. Die Eingangsrechnungen der Subunternehmer seien Deckungsrechnungen bzw. gefälschte Rechnungen. Ihnen läge keine in der in den Rechnungen ausgewiesenen Form bestanden habende Geschäftsbeziehung zu Grunde. Die behaupteten Barzahlungen an diese Gesellschaften seien nicht geleistet worden. Die Arbeiten an die Auftraggeber der Primärschuldnerin seien jedoch erbracht worden, demnach seien durch die Primärschuldnerin Arbeitskräfte eingesetzt worden, über die sie nach ihren Gebarungen zu lohnabhängigen Abgaben und Meldungen zur Krankenkasse offiziell nicht verfügt habe. Der tatsächliche Aufwand für die eingesetzten Arbeiter sei zahlenmäßig nicht ermittelbar. In der Beweiswürdigung führte das Bundesfinanzgericht mit jeweils näherer Begründung zu den vier involvierten Subunternehmen aus, dass es zu keiner der in den im Rahmen der Prüfung vorgelegten und beanstandeten Rechnungen konkrete Anhaltspunkte gebe, anhand derer eine tatsächliche Leistungserbringung durch die angeführten Unternehmen habe glaubhaft gemacht werden können.

4 Rechtlich führte das Bundesfinanzgericht aus, da im vorliegenden Fall dem Haftungsbescheid keine Abgabenbescheide vorangegangen seien, sei zuerst über den Abgabenanspruch abzusprechen. Nach dem festgestellten Sachverhalt bestehe kein Zweifel daran, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Rechnungen um Scheinrechnungen bzw. zum Teil um gefälschte Rechnungen handle. Es könne nicht angenommen werden, dass die von der Primärschuldnerin für die Inanspruchnahme von Fremdpersonal entstandenen Aufwendungen den in Rechnung gestellten Beträgen entsprächen. Die Aufwendungen seien zu schätzen. Die Haftungsbeträge wurden in der Folge mit näherer Begründung eingeschränkt; die Haftung dem Grunde nach aber mit näherer Begründung bestätigt.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Bundesfinanzgericht sei für die Entscheidung über die Beschwerde nicht zuständig gewesen, weil Angelegenheiten der Kommunalsteuer in die Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte fallen würden. Das Erkenntnis weise Feststellungsmängel auf, es sei frei von konkreten und nachprüfbaren Tatsachenkonstatierungen, deren Existenz über die Behauptungsebene nicht hinausgingen. § 21 Abs. 1 BAO verlange der „Kleid-Judikatur“ zufolge den Durchgriff auf das wirtschaftliche Substrat und solcherart ein zweistufiges Vorgehen. Das sei unterblieben, wie die „Überlegungen“ des Bundesfinanzgerichts zu zwei Punkten schlüssig beweisen würden.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Zum Vorbringen in der Revision, das Bundesfinanzgericht sei für die Entscheidung über die Beschwerde nicht zuständig gewesen, genügt der Verweis auf § 5 des Gesetzes über die Organisation der Abgabenverwaltung und besondere abgabenrechtliche Bestimmungen in Wien, LGBl Nr. 21/1962, wonach über Beschwerden in Angelegenheiten der in den §§ 1 und 2 genannten Landes- und Gemeindeabgaben und der abgabenrechtlichen Verwaltungsübertretungen zu diesen Abgaben das Bundesfinanzgericht entscheidet. Dazu gehört die Kommunalsteuer.

10 Die Revision macht weiters Feststellungsmängel geltend. Entgegen den Behauptungen des Revisionswerbers ist das angefochtene Erkenntnis keineswegs „frei von konkreten und nachprüfbaren Tatsachenkonstatierungen“. Das angefochtene Erkenntnis schildert den von ihm angenommenen Sachverhalt und begründet ausführlich, welche Erwägungen zur Annahme dieses Sachverhalts geführt haben.

11 Wenn geltend gemacht wird, nach § 21 Abs. 1 BAO sei auf das „wirtschaftliche Substrat“ durchzugreifen, ist nicht erkennbar, in welcher Weise hier äußere Erscheinungsformen des Sachverhalts vom wahren wirtschaftlichen Gehalt abweichen sollen. Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass behauptete Fremdleistungen nicht erbracht wurden, sondern dass die Leistungserbringung durch eigene (wenn auch nicht „offizielle“) Mitarbeiter erfolgt sei.

12 Mit dem übrigen Vorbringen wendet sich die Revision im Ergebnis gegen die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts.

13 Die Beweiswürdigung ist einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz nur insofern zugänglich, als es um die ordnungsgemäße Ermittlung der Beweisergebnisse und die Kontrolle der Schlüssigkeit der angestellten Erwägungen geht. Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft - so etwa, wenn die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre - erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Der Verwaltungsgerichtshof ist auch nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, das heißt, sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. , mwN).

14 Das Bundesfinanzgericht hat sich in seiner Beweiswürdigung ausführlich damit beschäftigt, ob die Leistungen von den Subunternehmen erbracht wurden und hat nachvollziehbar begründet, wieso es vom Vorliegen von Scheinrechnungen bzw. gefälschten Rechnungen ausgegangen ist. Der Revision gelingt es nicht aufzuzeigen, dass die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Fehler behaftet wäre.

15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §167 Abs2
BAO §21 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023130150.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
RAAAF-46305