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iFamZ 6, Dezember 2024, Seite 301

Testament eines Blinden in Form eines notariellen Protokolls

iFamZ 2024/229

Benedikt Berger

§§ 590, 710 ABGB; §§ 59, 70, 72 NO

Die Testierfähigkeit ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung, die aufgrund der Feststellungen über den Geisteszustand des Erblassers und den Grad der Beeinträchtigung der Willensbildung zu beantworten ist. Richtschnur für die Bejahung der Testierfähigkeit sind die kognitiven Fähigkeiten eines 14-Jährigen. Die Testierfähigkeit fehlt nur dann, wenn der Erblasser nicht einmal das Bewusstsein hatte, eine letztwillige Anordnung zu treffen und ihm das Verständnis ihres Inhalts zur Gänze abging. Die Beeinträchtigung des Bewusstseins des Erblassers muss so weit gehen, dass die normale Freiheit der Willensbildung aufgehoben ist.

Der Verfasser eines fremdhändigen Testaments kann zugleich Zeuge sein, ist aber, wenn der Testator nicht lesen kann, vom Vorlesen des letzten Willens ausgeschlossen (§ 590 ABGB). § 590 ABGB ist kraft teleologischer Reduktion entgegen dem Verweis in § 70 NO bei Errichtung einer letztwilligen Verfügung in Form eines notariellen Protokolls durch einen Blinden nicht anzuwenden. Ob der vorlesende Notar auch Verfasser der letztwilligen Verfügungen war, spielt daher für deren Formgültigkeit keine Rolle.

[1] Die Erst- und Zweitantragstel...

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