NoVA-Festsetzung (Unternehmerfall) und Vergütungen gem. §§ 6 Abs. 7 bzw. 9, 12 und 12a NoVAG 1991
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/6100341/2023-RS1 | |
RV/6100341/2023-RS2 | Vergütungen iSd § 6 Abs. 7 bzw. 9 (ab ) NoVAG 1991 sind zwingende, nicht antragsbedürftige Tarifbestimmungen. Sie sind durch Unternehmer in die Selbstberechnung mit aufzunehmen, aber auch - etwa im Falle notwendiger Korrekturen - von Amtswegen bei einer NoVA-Festsetzung gem. § 201 BAO zu berücksichtigen. |
RV/6100341/2023-RS3 | Der Anspruch auf eine Vergütung gem. § 6 Abs. 7 bzw. 9 (ab ) NoVAG 1991 entsteht erst, wenn die NoVA (erstmals) für die Berechnung des umsatzsteuerlichen Entgelts einbezogen wird. Das ist nicht schon beim Ankauf des Fahrzeuges durch den Anspruchsberechtigten der Fall, sondern erst, wenn die Umsatzsteuerpflicht für das unmittelbar folgende Rechtsgeschäft entsteht. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Erich Schwaiger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Stb***, ***Stb-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Großbetriebe vom betreffend die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe Jänner 2019 zu Recht erkannt:
I.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Normverbrauchsabgabe Jänner 2019 wird mit EUR 193.300,21 festgesetzt.
Sie errechnet sich wie folgt:
Die Abgabe war bereits fällig.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde fällt in die Zuständigkeit des Fachgebietes FU 7 (Verkehrsabgaben) und damit in die Zuteilungsgruppe 7003. Aufgrund des Antrages auf Senatsentscheidung wurde sie auf Basis der gültigen Geschäftsverteilung der Gerichtsabteilung 7013-1 zur Entscheidung zugewiesen. Nach Zurückziehung dieses Antrages beim Erörterungsgespräch fällt die Zuständigkeit in die Gerichtsabteilung 7013 (Einzelrichter).
I. Verfahrensgang
Das Finanzamt für Großbetriebe (kurz FAG) führte bei der Beschwerdeführerin (kurz Bf.), einer österreichischen Kapitalgesellschaft mit einem Schwerpunkt Fahrzeughandel, eine Außenprüfung durch. Im Anschluss an diese Prüfung erließ das FAG vorerst unter anderem die folgenden mit datierten Bescheide (die Normverbrauchsabgabe wird mit NoVA abgekürzt):
1. Bescheid über die Festsetzung von NoVA für Dezember 2018
2. Bescheid über die Festsetzung von NoVA für November 2019
3. Bescheid über die Festsetzung von NoVA für Dezember 2020
4. Bescheid über die "Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung der Normverbrauchsabgabe Zeitraum: Oktober 2021"
5. Festsetzung von NoVA für Oktober 2021
6. Bescheid über die Festsetzung von NoVA für September 2022
7. Bescheid über die Abweisung von "Vergütungsanträgen der NoVA 1-12/2018"
8. Bescheid über die Abweisung von "Vergütungsanträgen der NoVA 1-12/2019"
9. Bescheid über die Abweisung von "Vergütungsanträgen der NoVA 1-12/2020"
10. Bescheid über die Abweisung von "Vergütungsanträgen der NoVA 1-12/2021"
11. Bescheid über die Abweisung von "Vergütungsanträgen der NoVA 1-9/2022"
Das FAG verweigerte
eine Vergütung der NoVA gem. § 6 Abs. 7 bzw. 9 NoVAG 1991 mit der Begründung vollständig, die Bf. sei nicht Empfängerin im Sinne dieser Bestimmung, und
eine Vergütung gem. § 12a NoVAG 1991 zum Teil, weil sie vom Bruttobetrag anstatt vom Nettobetrag berechnet worden sei.
Sie setzte das in der Form um, dass sie die verweigerten Vergütungsbeträge der einzelnen Kalenderjahre in den oben unter Punkt 6-10 aufgelisteten Bescheiden über die Abweisung von Vergütungsanträgen auflistete. Sie sprach jeweils aus, der Antrag auf Vergütung gem. § 6 Abs. 7 bzw. in der Folge Abs. 9 NoVAG 1991 werde abgewiesen und die Anträge auf Vergütung gem. § 12a NoVAG 1991 FAG würden "hinsichtlich des durch die Betriebsprüfung festgestellten Anspruches übersteigenden Teils" (in Höhe konkret bezeichneter Beträge) abgewiesen. Die vom FAG anerkannten Beträge scheinen in diesen Bescheiden nicht auf.
Zusätzlich erließ das FAG (vorerst) die unter Punkt 1-5 des Spruches aufgelisteten Bescheide über die Festsetzung von NoVA für insgesamt nur fünf Monate in fünf Kalenderjahren. Darin wurde jeweils vom für diese Monate selbst berechneten NoVA-Betrag ein nicht näher erläuterter Vergütungsbetrag in Abzug gebracht und der saldierte Betrag festgesetzt. Wie aus der Beschwerde und den Beschwerdevorentscheidungen hervorgeht, reduzierte das FAG dabei offensichtlich den für dieses Monat selbst errechneten Vergütungsbetrag um die Summe aller Vergütungsbeträge für das jeweilige Kalenderjahr, deren Abzug es mit den unter Punkt 6-10 genannten Bescheiden verweigerte. So brachte es etwa bei der NoVA-Festsetzung für November 2019 vom vom Gesamtbetrag der von der Bf. selbst errechneten Vergütung (EUR 43.349,59) die Summe der mit dem Bescheid "über die Abweisung von Vergütungsanträgen der Normverbrauchsabgabe Zeitraum: 1/2019 bis 12/2019" für das ganze Kalenderjahr verweigerten Vergütung (EUR 12.928,10 + EUR 2.070,71 = EUR 14.998,81) in Abzug und setzte für November 2019 nur die Differenz von EUR vom 28.350,78 fest.
Eine Nachfrage beim FAG ergab, dass über die Zuerkennung von Vergütungsbeträge keine (weiteren) Bescheide existieren.
Zusätzlich erließ das FAG einen ebenfalls mit datierten Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung von NoVA Oktober 2021.
Die Bf. bekämpfte all diese Bescheide nach einem mit datierten und mittels FinanzOnline eingebrachten Fristverlängerungsansuchen mit der umfangreichen Beschwerde vom .
Sie widersprach der Beurteilung des FAG und brachte vor, die Bf. sei für die ehemaligen Leihwagen, die sie von Leihwagenfirmen erwarb und weiterveräußerte, die Erwerberin iSd § 6 Abs. 7 bzw. 9 NoVAG 1991 (vgl. unten Fallgruppe ac). Das gelte auch für die Tageszulassungen (bzw. Kurzzulassungen - vgl. unten Fallgruppe ab). Zudem habe die Bf. diese beiden Fallgruppen jeweils im Rahmen der NoVA1-Erklärungen (NoVA-Anmeldungen) offengelegt und klargestellt, dass die NoVA-Vergütung für den Erwerb von Tageszulassungen bzw. von ehemaligen Mietwagen in Anspruch genommen wird.
Über die Vergütungen gem. § 6 Abs. 7 bzw. 9 NoVAG 1991 sei - anders als bei Anträgen gem. §§ 12 und 12a NoVAG 1991 - kein eigener Bescheid vorgesehen. Diese Vergütungen seien gem. § 11 Abs. 2 NoVAG 1991 im "allgemeinen" NoVA-Verfahren geltend zu machen, weshalb die diesbezüglichen Abweisungsbescheide rechtswidrig seien.
Zu all den NoVA-Festsetzungen brachte die Bf. verfahrensrechtlich vor, die Voraussetzungen des § 201 BAO lägen nicht vor, weil die Bf. alles bereits mit den NoVA-Anmeldungen offengelegt habe und die Jahresfrist des § 299 BAO abgelaufen sei.
Zudem rügte sie, dass das Finanzamt in den oben unter Punkt 1 bis 5 aufgezählten NoVA-Festsetzungsbescheiden jeweils die NoVA-Vergütungsbeträge für ein gesamtes Jahr "vorgeschrieben" habe, indem es den Vergütungsbetrag für den jeweiligen Monat entsprechend herabgesetzt hat. Diese Vorgehensweise sei bereits allein deshalb rechtswidrig, weil die Vergütung für jenen Monat zu gewähren sei, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist.
Das FAG reagierte darauf mit zehn Beschwerdevorentscheidungen (BVE) vom , änderte die unter Punkt 1-5 genannten Bescheide (Festsetzung von NoVA) ab und wies die Beschwerde hinsichtlich der Abweisung von NoVA-Vergütungsanträgen (Punkt 6-10) als unbegründet ab. Die BVE bezüglich des Punktes 4 bezog sich dabei ausdrücklich nur auf die Festsetzung der NoVA für Oktober 2021. Keine Beschwerdevorentscheidung erging zur Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid betreffend die Festsetzung von NoVA für Oktober 2021. Das FAG blieb im Kern bei seiner Beurteilung, entsprach aber dem Beschwerdebegehren insofern, als es in den Bescheiden über die Festsetzung der NoVA (Punkte 1-5) nun nicht mehr die nicht anerkannten Vergütungsbeträge für das jeweilige gesamte Kalenderjahr hinzurechnete, sondern nur mehr die, die auf den jeweiligen Monatszeitraum entfallen.
Die Bf. beantragte am die Vorlage der Beschwerde gegen die oben unter Punkt 1, 2 und 4-10 aufgezählten Bescheide an das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Davon ausgenommen ist damit der Bescheid vom über die Festsetzung von NoVA für Dezember 2020.
Im Vorlageantrag wiederholte die Bf. ihre Argumente im Kern und blieb bei ihren Rügen bezüglich der Vergütungen gem. § 6 Abs. 7 NoVAG 1991. Die Höhe der vom FAG berücksichtigten Vergütungen gem. § 12a NoVAG 1991 anerkannte die Bf., nicht aber deren bescheidmäßige Korrektur über die Festsetzung der NoVA. Zudem erklärte sie, dass die zeitliche Zuordnung zu den einzelnen Monaten nunmehr richtig erfolgt sei.
Die Bf. wies darauf hin, dass zur materiellrechtlichen Frage, wer als Erwerber gem. § 6 Abs. 7 bzw. 9 NoVAG 1991 anzusehen ist, bislang keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs besteht. Es handle sich dabei um eine Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung, da davon potentiell hunderte KFZ-Händler betroffen seien. Auch sei verfahrensrechtlich höchstgerichtlich ungeklärt, ob über solche Vergütungen mittels gesondertem Bescheid abzusprechen ist. Das alles rechtfertige die Zulassung einer ordentlichen Revision.
Das FAG legte die Beschwerde daraufhin mit Vorlagebericht vom an das Bundesfinanzgericht vor, erwähnte darin - wie nach Rücksprache mit den Verfahrensparteien unstrittig feststeht - aber hinsichtlich des Zeitraumes Oktober 2021 nur die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid, nicht aber den gegen die Festsetzung der NoVA. Beim Bundesfinanzgericht wurde diese Vorlage mit den Geschäftszahlen RV/6100336/2023 sowie RV/6100376/2023 bis RV/6100383/2023 protokolliert.
Nachdem auch von der Bf. in Übereinstimmung mit dem FAG klargestellt worden war, dass sich sowohl die Beschwerde wie auch der Vorlageantrag gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung von NoVA Oktober 2021 und auch gegen die im Anschluss daran erfolgte Festsetzung der NoVA Oktober 2021 richten, und nachdem klar wurde, dass zur Wiederaufnahme des Verfahrens bislang keine Beschwerdevorentscheidung ergangen war, erledigte das Bundesfinanzgericht den Vorlageantrag bezüglich der vom FAG vorgelegten Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid NoVA Oktober 2021 mit Beschluss RV/6100376/2023. In der Folge erließ das FAG auch zu diesem Wiederaufnahmebescheid eine mit datierte Beschwerdevorentscheidung und hob ihn ersatzlos auf, weil es sich beim bekämpften Bescheid über die Festsetzung der NoVA Oktober 2021 um die erstmalige Festsetzung gem. § 201 BAO handelt. Dieser Wiederaufnahmebescheid ist damit nicht mehr Teil des hier zu beurteilenden Beschwerdeverfahrens.
Mit Vorlagebericht vom legte das FAG in der Folge auch die im Vorlagebericht vom noch nicht enthaltene Beschwerde gegen die Festsetzung der NoVA für Oktober 2021 an das Bundesfinanzgericht vor, womit dieses auch dafür zuständig wurde. Dieser Teil der Beschwerde wurde mit Geschäftszahl RV/6100389/2023 protokolliert. Darüber wird getrennt entschieden werden.
Schon am hatte das FAG zusätzlich 40 weitere Einzel-Bescheide erlassen, mit denen es über die Festsetzung der NoVA für die Monate 1-5/2018, 8/2018, 10-11/2018, 1/2019, 3-7/2019, 9-10/2019, 1-7/2020, 9-11/2020, 2-5/2021, 7-9/2021, 11/2021, 1-3/2022, 5/2022 und 7-8/2022 absprach. Die Bf. bekämpfte auch diese Bescheide mit Beschwerde vom und beantragte die Direktvorlage an das Bundesfinanzgericht (ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung) sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Das Beschwerdevorbringen deckt sich im Kern mit den Rügen in der Beschwerde vom bzw. dem Vorlageantrag vom . Diese Beschwerde legte das FAG ebenfalls am mit einem getrennten Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht vor. Hier wurde diese Vorlage mit den Geschäftszahlen RV/6100335/2023 (und RV/6100337/2023 bis RV/6100375/2023) protokolliert.
Nach mehreren Kontaktgesprächen übermittelten das FAG und die Bf. zusätzliche Unterlagen, wonach der Berichterstatter zu einem Erörterungsgespräch lud, das am in den Räumen des Bundesfinanzgerichts stattfand. Dabei wurden mithilfe einer PowerPoint-Präsentation die Vorgangsweise anhand der Vorgänge im Jänner 2019 eingehend diskutiert und die damit zusammenhängenden Rechtsprobleme im Detail erörtert. Der unten dargestellte Sachverhalt wurde außer Streit gestellt, die Verfahrensparteien blieben allerdings bei den in ihren Bescheiden und Schriftsätzen vorgebrachten Argumenten und Schlussfolgerungen.
Zu Ende dieses Gespräches verzichtete die steuerlich vertretenen Bf. für alle anhängigen Verfahren auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Entscheidung durch einen Senat. Die Zuständigkeit ging damit auf den Einzelrichter über.
Beide Verfahrensparteien erklärten sich damit einverstanden, dass vom Bundesfinanzgericht vorerst über die Teile der Beschwerden abgesprochen wird, die den ausführlich besprochenen Sachverhalt im Jänner 2019 berühren. Das sind
die Beschwerde vom (vgl. RV/6100341/2023) gegen die Festsetzung von NoVA 01/2019 vom und
die Beschwerde vom (bisher Teil der GZ BFG RV/6100380/2023) gegen den (Sammel)Bescheid vom , mit dem ein Antrag (ohne Datumsangabe) auf Vergütung gem. § 6 Abs. 9 NoVAG 1991 für 1/2019, Fahrgestellnummer ***Leihwagen*** (NoVA-Vergütung EUR 162,12) abgewiesen wurde und ein Antrag (ohne Datumsangabe) auf Vergütung gem. § 12a NoVAG 1991 für 1/2019, Fahrgestellnummer ***Exportfahrzeug 2*** (NoVA-Vergütung EUR 257,58 und Differenz EUR 272,72) teilweise abgewiesen wurden. Über diese Beschwerde wird mit dem Erkenntnis abgesprochen.
Für den Fall, dass diese Entscheidung(en) mit Revision bekämpft werden sollte(n), erteilte die Bf. beim Erörterungsgespräch vorweg ihre Zustimmung zu einer Aussetzung der Entscheidung gem. § 271 BAO für die weiterhin anhängigen Verfahren.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Akteninhalt und Sachverhalt
Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts basiert auf folgendem Sachverhalt, der in den Akten der Abgabenbehörde sowie des Gerichtes abgebildet, unbestritten ist und deshalb für das Bundesfinanzgericht erwiesen ist.
Die Bf. ist eine österreichische Kapitalgesellschaft und Unternehmerin mit Sitz in Österreich. Sie ist als gewerblicher Fahrzeughändler unter anderem im Ein- und Verkauf von Neu- und Gebrauchtwagen tätig.
Strittig ist hier nur, in welcher Höhe Vergütungen gem. § 6 Abs. 7 NoVAG 1991 und § 12a NoVAG 1991 für den Zeitraum Jänner 2019 zustehen und wie über diese Vergütungen verfahrensrechtlich (im Zuge von Bescheiden über die Festsetzung der NoVA oder im Wege von eigenen Vergütungsbescheiden) abzusprechen ist.
Die Bf. reichte die folgende NoVA-Anmeldung für Jänner 2019 ein (die Nummerierung ❶ bis ❹ stammt vom Bundesfinanzgericht und dient der Übersicht):
[...]
Das FAG verbuchte den unter "Zahllast" ausgewiesenen Saldo dieser Anmeldung mit unverändert auf dem Abgabenkonto mit dem Geschäftsfallcode "78" (Buchung aufgrund einer Voranmeldung/Anmeldung bzw. Anmerkung/Löschung einer Anmerkung der Verpflichtung zur Abgabe von Anmeldungen an L und DB) und dem Abgabenartencode "N". Im aktuellen, öffentlich zugänglichen Verzeichnis der Abgabenarten (Stand Juli 2024; https://www.bmf.gv.at/themen/steuern/steuern-von-a-bis-z/verzeichnis-der-abgabenarten.html) für die Verbuchung am Abgabenkonto scheinen zur NoVA nur zwei Codes auf:
Der Code "N" bedeutet dabei "Normverbrauchsabgabe" ohne hier eine weitere Unterscheidung zu treffen. Im Verzeichnis findet sich dazu die Anmerkung "selbst zu berechnende Abgabe".
Zusätzlich gibt es nur noch den Code "NA". Als Abgabenart wird dazu angeführt "Normverbrauchsabgabe (Eigenimport)" und unter Anmerkung findet sich auch hier "selbst zu berechnende Abgabe".
Ein eigener Code für Vergütungen existiert augenscheinlich nicht.
Nach Durchführung einer Außenprüfung anerkannte das FAG die Berechnung der Steuer aufgrund von Lieferungen (❶) sowie die Vergütung für die Vorführwagen (❷) ohne Beanstandungen.
Strittig sind die "NoVA-Rückforderungen" gem. § 6 Abs. 7 NoVAG 1991 (❸) und gem. § 12a NoVAG 1991 für den Export (❹). Zu § 12a NoVAG 1991 ist mittlerweile zwar die Höhe der zulässigen "NoVA-Rückforderung" aufgrund der Exporte unstrittig (auf deren Darstellung wird hier deshalb verzichtet), nicht aber ihre verfahrensrechtliche Umsetzung. Zur Gänze offen ist zwischen den Verfahrensparteien die Frage, wer als "Erwerber" iSd § 6 Abs. 7 (bzw. in der Folge Abs. 9) NoVAG 1991 gilt. Die Bf. nimmt diese Stellung für sich in Anspruch, das FAG verweigert dies aber auch nach dem Erörterungsgespräch.
Das FAG erließ nicht nur den hier beurteilten Bescheid über die NoVA-Festsetzung 1/2019, sondern insgesamt an die 45 NoVA-Festsetzungsbescheide und fünf Sammelbescheide, mit denen es Vergütungsanträge (teilweise) abwies. Diese Bescheide betreffen insgesamt fünf Kalenderjahre. Die Summe der strittigen Vergütungen gem. § 6 Abs. 7 bzw. 9 NoVAG 1991 (❸) betrug EUR 39.566,74, die der Fehlberechnungen für die Vergütung für Exportfahrzeuge gem. § 12a NoVAG 1991 (❹) EUR 8.282,49.
Die Bf. beantragte vier Arten von Vergütungen (Fallgruppen):
a. Fallgruppen
aa.Vorführfahrzeuge (siehe NoVA-Anmeldung Pos.❷)
Die erste Fallgruppe betrifft Vorführfahrzeuge, die im Anschluss durch die Bf. verkauft wurden. Die Vergütung für diese Fahrzeuge wurde vom FAG zur Gänze anerkannt, indem die Vergütung bei der Festsetzung der NoVA in Abzug gebracht wurde, ohne dass die Fahrzeuge konkretisiert wurden. Zu klären wird hier sein, ob dies zulässig ist.
In der erwähnten Anlage finden sich 12 "Vorführwagen" mit konkreten Fahrgestellnummern und der auf sie entfallenden NoVA.
Ihre unstrittige Summe stimmt mit dem geltend gemachten Betrag (EUR 24.928,35) überein. Sie wurde vom FAG bei der Festsetzung der NoVA 1/2019 ohne Beanstandung in Abzug gebracht.
[...]
ab.Tageszulassungen (bis ; Teil der NoVA-Anmeldung Pos.❸)
Auch die "NoVA-Rückforderung gem. § 6 Abs. 7 NoVAG 1991" (in Summe EUR 2.297,26) wurde in einer Beilage aufgeschlüsselt. Sie betrifft die Fallgruppe ab und ac.
[...]
Die Fallgruppe ac) (Bezeichnung durch die Bf. = KZL = Kurzzulassung) besteht aus Fahrzeugen, die auf die Bf. in Form sogenannter Tageszulassungen oder Kurzzulassungen zugelassen wurden. Dabei erwarb die Bf. von österreichischen Generalimporteuren Neufahrzeuge, die von ihr kurzzeitig kraftfahrrechtlich zugelassen wurden. Dadurch entstand (bis ) auf ihrer Ebene eine Steuerschuld gem. § 1 Z 3 lit. a NoVAG 1991. Die Bf. erklärte diese Vorgänge und führte die NoVA dafür ab. Diese Fallgruppe enthält 17 Tageszulassungen mit Fahrgestellnummern und der auf sie entfallenden NoVA (in Summe EUR 12.808,26). Die darauf entfallende Vergütung beträgt EUR 2.135,14 (16,67%).
Beim späteren Verkauf dieser Fahrzeuge an ihre Kunden (Endverbraucher) im Inland führte die Bf. 20% Umsatzsteuer vom Nettokaufpreis ab, der wirtschaftlich betrachtet eine NoVA-Komponente enthielt, ohne dass diese in der Rechnung ausgewiesen wurde. Im Anschluss daran machte die Bf. in dem Monat, in dem der Verkauf der Fahrzeuge erfolgte, eine Vergütung in Höhe von 16,67% der NoVA geltend, die sie selbst anlässlich der erstmaligen Zulassung im Inland entrichtet hatte.
Das FAG verneinte zwar grundsätzlich einen Vergütungsanspruch, da die Bf. nicht "Erwerber" im Sinne des § 6 Abs. 7 bzw. 9 NoVAG 1991 sei, anerkannte ihn aber dennoch. Es begründete dies nur mit der Inkraftsetzung der KfzBStR 2021 und damit, dass bis dahin der Erlass BMF-010220/0041-VI/9/2014 in Kraft gewesen sei, in dem noch vertreten worden sei, dass in diesen Fällen dem Fahrzeughändler die Vergütung nach § 6 Abs. 7 NoVAG 1991 zusteht. Diese Vergütung wurde bisher vom FAG - ohne Erlassung eines weiteren Bescheides -bei der Festsetzung der NoVA 1/2019 in Abzug gebracht.
Da das Bundesfinanzgericht an Richtlinien nicht gebunden ist (siehe unten) wird auch in dieser Fallgruppe zu klären sein, welche Person als Erwerber gem. § 6 Abs. 7 (bzw. Abs. 9) NoVAG 1991 anzusehen ist. Diese Gruppe fällt aufgrund der ab neu normierten NoVA-Befreiung in § 3 Abs. 1 Z 2 NoVAG 1991 mit diesem Stichtag weg.
ac.Leihwagen (Teil der NoVA-Anmeldung Pos.❸)
Die Fallgruppe ac) stellt den zweiten Teil der "NoVA-Rückforderung gem. § 6 Abs. 7 NoVAG 1991" dar.
Dabei handelt es sich um ehemalige "Leihwagen". Diese wurden an die Bf. von Autovermietern (Drittunternehmer) geliefert, die sie ursprünglich als Neufahrzeug erworben hatten und die die Steuerbefreiung des § 3 Z 3 dritter Teilstrich NoVAG 1991 (ab wortgleich in § 3 Abs. 3 Z 3 NoVAG 1991) im Wege der Vergütung gem. § 12 Abs. 1 Z 3 NoVAG 1991 in Anspruch genommen hatten. Nach Ende der Nutzung als Leihwagen veräußerten diese Autovermieter die Fahrzeuge an die Bf. und führten damit eine gem. § 1 Z 4 NoVAG 1991 NoVA-pflichtige Lieferung an sie aus. Die Autovermieter erstellten dabei eine Rechnung über den vereinbarten Nettokaufpreis zuzüglich NoVA und Umsatzsteuer (von derselben Bemessungsgrundlage).
Die Bf. machte die angefallene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend, womit sich die verbleibenden Anschaffungskosten forthin wirtschaftlich aus dem Nettokaufpreis und der auf diesem Nettowert basierenden NoVA zusammensetzten. Sie veräußerte in der Folge diese Fahrzeuge im Rahmen von dem Normalumsatzsteuersatz unterliegenden Inlandslieferungen an ihre Käufer (Endkunden) weiter, wobei dem Sachverhalt nicht zu entnehmen ist, ob dies mit einer Gewinn- bzw. Verlustspanne erfolgte. Da die vom Autovermieter verrechnete und von der Bf. getragene NoVA Teil der Umsatzsteuerbemessungsgrundlage ist, wurde sie bei diesem Vorgang (jedenfalls kalkulatorisch) zusätzlich mit Umsatzsteuer belastet (in der Rechnung aber nicht getrennt angeführt).
Im Jänner 2019 handelt es sich um ein ehemaliges Leihfahrzeug (NoVA EUR 972,54), auf das eine beantragte Vergütung von EUR 162,12 entfällt.
[...]
Diese Vergütung wurde vom FAG mit (Sammel)Bescheid vom über die Abweisung von Vergütungsanträgen (siehe ) zur Gänze verweigert und im Bescheid über die Festsetzung der NoVA 1/2019 vom hinzugerechnet, über den hier abzusprechen ist. Die Bf. machte die Vergütung für dieses Fahrzeug schon bei seinem Ankauf im Jänner 2019 geltend, obwohl es erst in den Folgemonaten weiterveräußert wurde.
Wie die Ermittlungen des Bundesfinanzgerichts ergaben, wurden im Jänner 2019 drei andere ehemalige Leihfahrzeuge umsatzsteuerpflichtig veräußert, für die die Vergütung auch bereits beim Ankauf in den Vormonaten (siehe Ankaufsdatum) beantragt worden war.
[...]
In Summe der auf sie entfallende Vergütungsbetrag beträgt EUR 584,57.
ad.Fahrzeugexport (vgl. NoVA-Anmeldung Pos.❹)
Die vierte und letzte Fallgruppe ad) betrifft Fahrzeuge, die von der Bf. exportiert wurden und für die sie NoVA-Vergütungen gem. § 12a NoVAG 1991 beantragte. Ursprünglich errechnete die Bf. die erstattungsfähige Vergütung bei einem von zwei Fahrzeugen aus dem Bruttoverkaufspreis. Mittlerweile ist unstrittig, dass für die Berechnung der Nettowert heranzuziehen ist und in welcher Höhe die Vergütung konkret zusteht.
Strittig bleibt allerdings, ob das FAG befugt war, diese Differenz in der durchgeführten Form umzusetzen, wobei das FAG die Bescheide mit "Bescheid über die Abweisung von Vergütungsanträgen der Normverbrauchsabgabe" überschrieb, die Bf. dies als Festsetzung gem. § 201 BAO interpretiert und das Vorliegen von Wiederaufnahmegründen bestreitet.
Die beiden Fahrzeuge, für die eine "NoVA-Rückvergütung Export" beantragt wurde, wurden in der Anmeldung mit der Fahrgestellnummer exakt bezeichnet.
Zum einen handelt es sich um das Fahrzeug mit der Fahrgestellnummer ***Exportfahrzeug 2*** mit einer beantragten Vergütung von EUR 530,30.
Dieses Fahrzeug findet sich im (Sammel)Bescheid vom über die Abweisung von Vergütungsanträgen (siehe BFG RV/6100292/2024), in dem ausgesprochen wurde, dass EUR 272,72 nicht zustehen. Der Vergütungsbetrag wurde darin mit EUR 257,58 ausgewiesen, die vom FAG in der hier zu beurteilenden NoVA-Festsetzung in Abzug gebracht wurden.Das zweite Fahrzeug hat die Fahrgestellnummer ***Exportfahrzeug 1*** (Vergütung EUR 181,82). Diese Vergütung wurde vom FAG zur Gänze anerkannt, findet sich aber in keinem Abweisungsbescheid und wurde bei der NoVA-Festsetzung 1/2019 unverändert in Abzug gebracht.
Die Bf. machte die Vergütung für diese Fallgruppe in dem Monat geltend, in dem der Export der Fahrzeuge erfolgte.
ae.Zusammenfassung
Bisher wurde die hier zu beurteilende NoVA-Festsetzung 1/2019 vom FAG wie folgt errechnet. Inhaltlich strittig sind nur die gelb unterlegten Korrekturen zu ❸ und ❹. Die anderen Beträge decken sich zwar mit der NoVA-Anmeldung, sie sind aber auf ihre verfahrensrechtliche Umsetzung hin zu prüfen (Berücksichtigung im Rahmen der NoVA-Festsetzung oder eigenständige Bescheide?).
[...]
b. Formular NoVA1
Die Bf. wies ausdrücklich darauf hin, dass sie sowohl die Vergütungsbeträge im Sinne des § 6 Abs. 7 NoVAG 1991 wie auch die gem. § 12a NoVAG 1991 unter jeweils postalischer Übermittlung des Formulars NoVA1 geltend gemacht worden seien, wobei in einer Anlage für jedes einzelne Fahrzeug die Fahrgestellnummer und die beim Ankauf an den Verkäufer bzw. bei der Tageszulassung an das Finanzamt entrichtete NoVA-Betrag mitgeteilt worden sei (Tages- bzw. Kurzzulassungen mit der Bezeichnung "verkaufte KZL"; ehemalige Leihwagen mit der Bezeichnung "Ankauf von begünstigten Unternehmern" und der Angabe des Lieferanten).
Sie habe daher schon im Rahmen der Abgabe der NoVA1-Erklärungen offengelegt, dass die NoVA-Vergütung für den Erwerb von Tageszulassungen bzw. von zuvor gem. § 3 Abs. 3 Z 3 NoVAG 1991 steuerbefreiten Fahrzeugen in Anspruch genommen wird.
Dieses Formular NoVA1, das auf www.bmf.gv.at zur Verfügung gestellt wird, trägt dort die folgende Bezeichnung:
Am untersten Rand findet sich die Bezeichnung "NOVA 1 (für UnternehmerInnen)". Es beinhaltet drei Zeilen für Lieferungen, innergemeinschaftliche Erwerbe und sonstige Vorgänge, die mit "Anmeldung der steuerpflichtigen Vorgänge" bezeichnet werden, und darunter folgendes Feld:
Alle diese Felder wirken sich auf die Summe aus, die am Ende des Formulars saldiert als "Zahllast" bzw. "Gutschrift" bezeichnet wird.
c. Anmeldungen, bekämpfte Bescheide und Beschwerdevorentscheidungen
Anmeldung und ursprüngliche Buchung
Der hier zu beurteilende Festsetzungsbescheid basiert also auf der Anmeldung der Bf.. Sie befüllte das amtliche Formular nicht nur mit den NoVA-pflichtigen Vorgängen, sondern auch - wie dort vorgesehen - mit den dargestellten Vergütungsbeträgen und errechnete daraus einen monatlichen Gesamtsaldo. Das FAG verbuchte diesen (eine "Zahllast" ergebenden) Gesamtsaldo ursprünglich unverändert und in einem Monatsbetrag (Abgabenart "N") am Abgabenkonto. Es unterschied dabei nicht zwischen Vorgängen, die eine NoVA-Pflicht auslösen bzw. zu einer Abfuhrverpflichtung führen und den Vergütungen. Dies dürfte technisch auch nicht möglich gewesen sein, da nur die Abgabencodes "N" bzw. "NA" existierten.
Bekämpfte Bescheide
Wie schon oben im Verfahrensgang dargestellt, erließ das FAG nach durchgeführter Außenprüfung - in Bezug auf 2019 - vorerst nur einen Bescheid über die Festsetzung der NoVA 11/2019 und einen "Bescheid über die Abweisung von Vergütungsanträgen der Normverbrauchsabgabe" für 1-12/2019 mit jeweils zwei Blöcken. Bei diesem Bescheid handelt es sich um einen Sammelbescheid, der über unzählige Fahrzeuge abspricht (siehe auch ).
Der erste Block dieses Sammelbescheides wurde mit folgendem Satz überschrieben, wobei der Betrag jeweils der Summe der insgesamt in diesem Zeitraum beanspruchten NoVA-Vergütung entspricht.
"Der Antrag auf Vergütung der Normverbrauchsabgabe gem. § 6 Abs. 9 NoVAG für die angeführten Fahrzeuge in der Höhe von € 12.928,10 wird abgewiesen, da die Voraussetzungen für eine Rückvergütung gern. § 6 Abs. 9 NoVAG nicht gegeben sind."
Unter diesem Satz findet sich eine Auflistung von sehr vielen Fahrgestellnummern mit der jeweiligen Angabe eines monatlichen Zeitraumes sowie eines NoVA-Betrages, von dem 16,67% errechnet wurden. Diese Liste beginnt mit …
[...]
… und endet mit mehreren Fahrzeugen für den Zeitraum 11/2019 und der Endsumme 12.928,10 (Abweisungsbetrag für das volle Kalenderjahr 2019). Bei dem angegebenen Fahrzeug handelt es sich um den oben bereits einmal erwähnten Leihwagen.
Der zweite Block wurde mit folgendem Satz überschrieben:
"Der Antrag auf Vergütung der Normverbrauchsabgabe gem. § 12a NoVAG für die angeführten Fahrzeuge wird hinsichtlich des durch die Betriebsprüfung festgestellten Anspruches übersteigenden Teil in Höhe von € 2.070,71 abgewiesen, da die Berechnung der Rückvergütung nicht korrekt erfolgte."
Auch unter diesem Satz findet sich eine Auflistung, die aber anders aufgebaut ist.
Hier wird zwar auch ein Vergütungsbetrag angegeben, die Abweisung erfolgte aber nur im Hinblick auf einen Differenzbetrag. Der mit "Vergütung" überschriebene Betrag wurde wie erwähnt zwar im Rahmen der Festsetzung der NoVA 1/2019 in Abzug gebracht, es wurde aber nicht ausgesprochen, dass diese Vergütung zusteht.
Der bereits vor dem hier zu beurteilenden Bescheid über die NoVA-Festsetzung 1/2019 erlassene Abweisungssammelbescheid 1-12/2019 vom wurde - wie erwähnt - mit Beschwerde vom bekämpft, über die mit Beschwerdevorentscheidung vom abweisend entschieden wurde.
Erst zeitgleich mit dieser Beschwerdevorentscheidung erließ das FAG auch den mit datierten, hier relevanten Bescheid über die Festsetzung der NoVA 1/2019. Die gegen diesen Festsetzungsbescheid gerichtete Beschwerde vom wurde über Antrag der Bf. ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung fristgerecht direkt an das Bundesfinanzgericht vorgelegt.
2. Rechtliche Beurteilung
Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, aber auch verpflichtet, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs. 1 BAO).
Dabei ist es an Akte mit normativem Inhalt gebunden, nicht aber an Erlässe der Finanzverwaltung, die keine subjektiven Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen begründen, worauf diese regelmäßig hinweisen. Bei Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung hat das Bundesfinanzgericht diese Normen vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten, selbst gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen sind aber bis zur Aufhebung durch dieses Höchstgericht für jedermann und damit auch die Gerichte verbindlich. Eine derartige Bindung besteht aber nur für Akte von staatlichen Organen, die einen normativen Inhalt für einen unbestimmten Adressatenkreis aufweisen.
Bei Steuerrichtlinien wie den hier zitierten Kraftfahrzeugbesteuerungsrichtlinien 2021 (kurz KfzBStR 2021) handelt es sich - wie in der dortigen Einleitung ausdrücklich angeführt - lediglich um einen Auslegungsbehelf, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt werde. Über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten könnten aus den Richtlinien nicht abgeleitet werden. Damit handelt es sich bei diesen Richtlinien um keine Akte, die einen normativen Inhalt aufweisen (vgl. ), weshalb sie gegenüber Gerichten keine Bindungswirkungen entfalten (vgl. zuletzt unter Hinweis auf V 4/2017).
Erläuterungen zur Regierungsvorlage können im Rahmen der Interpretation des bezughabenden Gesetzes einen Hinweis auf das Verständnis des Gesetzes bieten (vgl. , mit weiteren Nachweisen), sofern sie nicht in eindeutigem Widerspruch zum Wortlaut des Gesetzes stehen (vgl. mit weiteren Nachweisen).
2.1 Vergütung gem. § 6 Abs. 7 NoVAG 1991 (hier Leihwagen und Tageszulassungen)
Strittig sind hier primär die Vergütung für
von der Bf. von Leihwagenunternehmern im Rahmen einer NoVA-pflichtigen Lieferung erworbenen, zuvor gem. § 3 Abs. 3 NoVAG 1991 steuerbefreiten Gebrauchtfahrzeugen (Kurzbezeichnung "VergütungLeihwagen") sowie
von der Bf. vom Generalimporteur erworbenen und kurzzeitig zugelassenen Neufahrzeugen (Kurz- oder Tageszulassungen) (Kurzbezeichnung "Vergütung Tageszulassungen").
§ 6 NoVAG 1991 ist mit "Tarif" überschrieben. Sein mit BGBl. I Nr. 13/2014 geschaffener Abs. 7, der mit BGBl. I Nr. 18/2021 mit Wirksamkeit ab textlich unverändert in den Absatz 9 verschoben wurde, lautet:
"(7) Wird für ein Fahrzeug nach der Lieferung durch den Fahrzeughändler oder der erstmaligen Zulassung beim unmittelbar folgenden umsatzsteuerpflichtigen Rechtsgeschäft über das Kraftfahrzeug die Normverbrauchsabgabe für die Berechnung des Entgelts einbezogen, dann ist dem Erwerber des Fahrzeuges ein Betrag von 16,67% der Normverbrauchsabgabe zu vergüten."
Aus dem Ausschussbericht (AB 31 BeilNR 25. GP, 5) ergibt sich die folgende Begründung für die Vergütung, die vor dem Hintergrund zu lesen ist, dass die Lieferung von Fahrzeugen an Leasinggeber seit dem Budgetbegleitgesetz 2007 grundsätzlich NoVA-pflichtig ist.
"Wenn nach der Lieferung eines Fahrzeuges durch den Fahrzeughändler z.B. an ein Leasingunternehmen die im Kaufpreis enthaltene NoVA in Form von Leasingraten als Kostenfaktor in die Kalkulation des Leasingunternehmens eingeht, dann bestehen keine Bedenken, eine fiktive Umsatzsteuerkomponente an dieses Leasingunternehmen zu vergüten, wenn bei diesem die im an den Fahrzeughändler bezahlten Preis enthaltene Normverbrauchsabgabe in der Folge als Teil der Leasingrate in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer einbezogen wird."
Mit diesem Beispiel bezieht sich der Gesetzgeber eindeutig auf Leasinggeber, die als wirtschaftliche Eigentümer anzusehen sind und bei denen die Fahrzeuge während der Laufzeit des Leasingvertrages in ihrem wirtschaftlichen Eigentum verbleiben. Diese Fahrzeuge werden in dieser Zeit nicht im Wege einer Lieferung an die Leasingnehmer überlassen, sondern in Form einer sonstigen Leistung. Der (End)Kunde des Leasingunternehmens kann schon allein aufgrund dieser Tatsache (noch) nicht Erwerber des Fahrzeuges sein. Zu einem weiteren Erwerber kommt es hier möglicherweise nie (z.B. Untergang durch höhere Gewalt), im Regelfall aber erst mehrere Jahre nach dem Beginn eines Leasingvertrages beim abschließenden Verkauf des Fahrzeuges. Dennoch soll in einem solchen Fall offenbar sofort eine NoVA-Entlastung stattfinden.
Auch in der zweiten Textstelle des NoVAG 1991, in der der Begriff "Erwerber" Verwendung findet (§ 4 Z 1a NoVAG 1991) ist damit der Erwerber und nicht der Lieferant eines innergemeinschaftlichen Erwerbes im Sinne des Art. 1 UStG 1994 (vgl. § 1 Z 2 NoVAG 1991) gemeint.
Daraus leuchtet nach Überzeugung des erkennenden Senats klar hervor, dass der Gesetzgeber für Zwecke der Vergütung gem. § 6 Abs. 7 NoVAG 1991 im Fall der NoVA-Pflicht aufgrund der Lieferung denjenigen als Erwerber betrachtet, bei dessen Erwerb NoVA und Umsatzsteuer (zum letzten Mal) von derselben Bemessungsgrundlage berechnet wurden, weshalb die NoVA hier noch nicht zusätzlich mit Umsatzsteuer belastet wurde.
Umgelegt auf den konkreten Fall ist das die Bf. für die ihren umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen an Endkunden vorangegangenen Lieferungen der Fahrzeughändler für die Tageszulassungen (bis ) und die Leihwagen, bei denen NoVA und Umsatzsteuer anfielen. Bei den unmittelbar nachfolgenden umsatzsteuerpflichtigen Rechtsgeschäften der Bf. war die NoVA bei der Berechnung des umsatzsteuerlichen Entgelts einzubeziehen, wurde damit grundsätzlich ein kostenwirksamer Bestandteil ihrer Kalkulation und mit Umsatzsteuer belastete. Sie war damit im Entgelt enthalten und wurde nicht mehr offen bzw. getrennt ausgewiesen.
Diese Auslegung geht klar aus dem Ausschussbericht hervor und findet im Wortlaut der Norm Deckung. Nur mit ihr ist es zudem möglich, die vom Gesetzgeber gewollte Kostenneutralität und Vollziehbarkeit (siehe unten) zu erreichen. Für diese Interpretation spricht auch das gewählte Ausmaß der Vergütung mit 16,67%, was sich mit drei Beispielen veranschaulichen lässt, die in ähnlicher Form auch in der Beschwerde bzw. dem Vorlageantrag (bzw. in Haller, ÖStZ 9/2024, 257 ff) enthalten sind und bei denen aus Vergleichsgründen weder Finanzierungskosten noch ein Gewinnaufschlag in Ansatz gebracht werden:
Würde keine Vergütung existieren, würde die NoVA-Belastung aus dem Erwerb 1 zu einer erhöhten Umsatzsteuerbelastung des Rechtsgeschäftes 2 und damit zu einer ungewollten Gesamtverteuerung für den Endkunden um EUR 280,00 führen.
Beispiel I)
Gewährt man eine Vergütung von 16,67% an den Erwerber des NoVA-pflichtigen Vorganges (hier der im Ausschussbericht erwähnte Leasinggeber), führt das zwar zu einer Erhöhung der Umsatzsteuerbelastung, die aber durch eine betraglich identische Verringerung der NoVA-Belastung für den Endverbraucher kostenneutral bleibt.
Beispiel II)
Würde man die Vergütung nicht dem ersten Erwerber, sondern dem Endkunden gewähren, würde das die Kostenwirksamkeit nur zum Teil abfedern und die Verteuerung nicht vollends verhindern. Dazu kommt, dass der Endkunde die Höhe der ursprünglichen NoVA regelmäßig nicht kennt und für ihn eine (Selbst)Berechnung der Vergütung (siehe unten) in vielen Fällen nur mit einer fiktiven Rückrechnung möglich wäre. Das kann so vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen sein (siehe dazu noch einmal Haller, ÖStZ 9/2024, 257 ff).
Beispiel III)
Ein weiteres Argument ist, dass § 6 Abs. 7 NoVAG 1991 nach Überzeugung des Bundesfinanzgerichts eine zwingende, nicht antragsbedürftige Tarifbestimmungen ist. Weder aus dem Gesetz noch aus den Materialien geht hervor, dass diese Vergütungen - wie die Vorgänge im Sinne der §§ 12 und 12a NoVAG 1991 (siehe dort) - nur auf Antrag zustehen, vom Finanzamt zu berechnen und jeweils mit getrennten Bescheiden festzusetzen sein sollen. Sie sind - ganz im Gegenteil - grundsätzlich Teil der Selbstberechnung der NoVA durch den Bf. und bei Unterlassen zwingend und von Amtswegen zu berücksichtigen. Nach den Materialien sollen sie eindeutig demjenigen zustehen, bei dem die NoVA (erstmals) kostenwirksam wird bzw. bei dem sie (erstmals) als Kostenfaktor in die Kalkulation eingehen müsste und der sie erstmals in die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage einbeziehen muss (vgl. Ausschussbericht). Dazu kommt, dass sie vom Erwerber selbst zu berechnen und in die monatliche Anmeldung einzubeziehen ist (§ 11 Abs. 1 NoVAG 1991).
Es muss sich beim Erwerber also um den handeln, dem erstmals NoVA verrechnet wird bzw. der erstmals NoVA abführen muss, ohne dass er sich diese Abgabe aufgrund einer Befreiungsbestimmung (§ 3 Abs. 3 iVm § 12 NoVAG 1991) rückerstatten lassen kann.
Da nur dieser die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage zu ermitteln hat, kann es sich bei ihm regelmäßig nur um einen Unternehmer handeln.
Dafür spricht zusätzlich die Tatsache, dass die Vergütung von Amts wegen zu gewähren ist und dass das NoVAG 1991 - anders als bei den antragsbedürftigen Vergütungen (siehe unten) - keine Regeln für die Entstehung dieser Vergütungsansprüche sowie deren Geltendmachung enthält. Würde die Vergütung dem Abnehmer (und damit regelmäßig dem Letztverbraucher) zustehen, wäre ein amtswegige Vergütung mangels entsprechender Meldepflichten der Unternehmer bzw. mangels entsprechender Vorschriften für die Endverbraucher für die Finanzverwaltung überhaupt nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand vollziehbar. Das kann vom Gesetzgeber so nicht beabsichtigt gewesen sein.
Die Hauptanwendungsfälle sind wie von Haller, NoVAG2, § 6 Rz 88ff (vgl. auch Haller, ÖStZ 9/2024, 257 ff) zusammengefasst neben den hier relevanten Tageszulassungen vor allem die Leasingfahrzeuge, denen auch im Ausschussbericht viel Platz gewidmet wurde.
Schon hier sei angemerkt, dass aufgrund der mit eingeführten Steuerbefreiung für Tageszulassungen in § 3 Abs. 1 Z 2 NoVAG 1991 für diese Fahrzeuge seitdem eine NoVA-Vergütung gem. § 6 Abs. 9 NoVAG 1991 nicht mehr möglich und auch nicht erforderlich ist, da beim Verkauf derartiger Fahrzeuge durch den Fahrzeughändler Umsatzsteuer und NoVA ohnedies nebeneinander auf Basis der gleichen Bemessungsgrundlage erhoben werden und somit keine Umsatzsteuer auf die NoVA erhoben wird. Eine NoVA-Vergütung bei Tageszulassungen ist in der Rechtslage seit daher nur noch in jenen Ausnahmefällen möglich, in denen für das als Tageszulassung zugelassene Fahrzeug wegen Überschreitens der in § 3 Abs. 1 Z 2 NoVAG 1991 vorgesehenen Frist bereits aufgrund der Zulassung Steuerpflicht eingetreten ist.
Auch wenn die KfzBStR 2021 für das Bundesfinanzgericht ohne rechtliche Relevanz bleiben müssen, spiegeln sie doch die Verwaltungsübung wider. Die wurde zwar - wie von der Bf. richtig aufgezeigt - ganz aktuell mit Wirksamkeit geändert, sie bleibt aber teilweise immer noch in sich widersprüchlich. So wurde bis in einem Beispiel vertreten,
bei einer Tageszulassung durch einen inländischen Fahrzeughändler am (NoVA gem. § 1 Z 3 lit. a NoVAG 1991) und einem Verkauf des Kraftfahrzeuges an einen inländischen Kunden am (Rechtslage vor BGBl. I Nr. 18/2021) habe der Fahrzeughändler (Verkäufer) mit Eintritt der Umsatzsteuerpflicht (gem. § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994 mit Ablauf des Monats Juni 2020 bzw. bei späterer Rechnungslegung Juli 2020) gegenüber dem Finanzamt einen Anspruch auf 16,67% der (bereits im Mai 2020 an das Finanzamt entrichteten) Normverbrauchsabgabe (KfzBStR 2021 Rz 947 alt).
Zu einem fast identischen Beispiel vertrat die Verwaltung allerdings die gegenteilige Ansicht und kommt zum Schluss, bei einer Tageszulassung eines Pkw durch einen Fahrzeughändler am (§ 1 Z 3 lit. a NoVAG 1991) und der Lieferung dieses Fahrzeuges am an einen inländischen Endkunden stehe die Vergütung dem Erwerber des Fahrzeuges und daher dem inländischen Endkunden zu (KfzBStR 2021 Rz 942).
Bei der NoVA-pflichtigen Lieferung eines Fahrzeuges durch einen Fahrzeughändler an ein Leasingunternehmen ging und geht die Verwaltung davon aus, dass die Vergütung von 16,67% der vom Fahrzeughändler für das neue Leasingfahrzeug in Rechnung gestellten Normverbrauchsabgabe beim Leasingunternehmen als Erwerber zu erfolgen hat (KfzBStR 2021 Rz 939 alt bzw. 940 neu).
Haller geht zur Person des Vergütungsberechtigten zu Recht davon aus, dass es sich bei der Lieferung von Leasingfahrzeugen an den Leasinggeber, der die NoVA zumindest kalkulatorisch in die Berechnung der Leasingrate einbezieht - wie auch im Ausschussbericht vertreten - um den Leasinggeber als Erwerber des Fahrzeuges handelt. Bei der Lieferung von bisher gem. § 3 Abs. 3 steuerbefreiten Fahrzeugen (wie etwa Leihwagen) sei dies der Erwerber und damit in der Regel ein Fahrzeughändler.
Bisher unbeachtet blieb, dass die Vergütung nach der Gesetzessystematik nur dann zusteht, wenn die Normverbrauchsabgabe beim unmittelbar folgenden umsatzsteuerpflichtigen Rechtsgeschäft über das Kraftfahrzeug für die Berechnung des Entgelts einbezogen wird. Diese Systematik setzt voraus, dass tatsächlich eine Umsatzsteuerpflicht der NoVA-Komponente eintrat und diese umsatzsteuerlich wirksam wurde. Das ist grundsätzlich nicht schon beim Zugang des Fahrzeuges beim Erwerber der Fall, sondern erst, wenn das umsatzsteuerpflichtige Rechtsgeschäft als erbracht gilt. Erst in diesem Moment wird die NoVA in die Berechnung des Entgelts einbezogen und erst dabei kann es zu einer potentiellen abgabenrechtlichen Doppelbelastung kommen, die vermieden und deshalb ausgeglichen werden soll.
Löst also die umsatzsteuerpflichtige Lieferung von ehemaligen Leihfahrzeugen oder (bis ) Fahrzeugen mit Tageszulassung die potentielle Doppelbelastung aus, so entsteht der Vergütungsanspruch nach Überzeugung des entscheidenden Senats erst im Monat dieser Lieferung und ist in die NoVA-Anmeldung für diesen Monat aufzunehmen.
Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass derjenige als Erwerber iSd § 6 Abs. 7 bzw. 9 NoVAG 1991 gilt, bei deren umsatzsteuerlicher Leistung (hier Lieferung) die NoVA zum ersten Mal mit in die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer miteinzubeziehen ist. Für die hier relevanten Leihwagen ist der Unternehmer, der den Leihwagen unmittelbar vom Leihwagenunternehmen erworben hat. Für die Tageszulassungen (bis ) der Unternehmer, auf den das Fahrzeug erstmals zugelassen wurde.
Diese Vergütung ist Teil der NoVA-Selbstberechnung und damit auch im Rahmen einer NoVA-Festsetzung zu berücksichtigen.
Zu diesem Problemkreis existiert allerdings noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung (siehe Revisionszulassung).
2.2 Vergütungen für Vorführkraftfahrzeuge gem. § 3 Z 3 NoVAG 1991 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Z 3 NoVAG 1991 (bis ) bzw. § 3 Abs. 2 NoVAG 1991 (ab )
Ausreichend höchstgerichtlich geklärt ist die Behandlung von Vergütungsansprüchen iSd §§ 12 und 12a NoVAG 1991.
Wurden Fahrzeuge bis an einen anderen Unternehmer zur gewerblichen Weiterveräußerung geliefert, war das grundsätzlich gem. § 1 Z 1 NoVAG 1991 nicht steuerbar. Wurden sie allerdings als Vorführfahrzeuge auf den Fahrzeughändler zugelassen, unterlag das bis dahin gem. § 1 Z 3 lit. a NoVAG 1991 der NoVA. Der Vorgang der erstmaligen Zulassung im Inland galt als steuerbar.
§ 3 Z 3 NoVAG 1991 lautete bis auszugweise (Formatierung fett durch das Bundesfinanzgericht):
"Von der Normverbrauchsabgabe sind befreit:
[…] 3. Vorgänge in Bezug auf
- Vorführkraftfahrzeuge […]
- Kraftfahrzeuge, die zur kurzfristigen Vermietung verwendet werden, […]
Die Befreiung erfolgt im Wege der Vergütung (§ 12 Abs. 1 Z 3 NoVAG 1991). Voraussetzung ist, dass der begünstigte Verwendungszweck nachgewiesen wird."
§ 12 Abs. 1 Z 3 NoVAG 1991 lautet:
"Eine von einem Unternehmer zu entrichtende Abgabe ist dem Empfänger der Leistung auf Antrag zu vergüten, wenn
[…] 3. eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Z 3 vorliegt."
Gem. § 12 Abs. 3 NoVAG 1991 kann der Antrag binnen fünf Jahren ab der Verwirklichung des Vergütungstatbestandes gestellt werden.
Diese Befreiungsbestimmung wurde mit dem Budgetbegleitgesetz 2007 (BGBl. I Nr. 24/2007) zusätzlich zu den bis dahin existierenden Befreiungen in § 3 Z 3 NoVAG 1991 eingefügt. Die Materialien führen dazu aus (ErläutRV 43 BlgNR 23. GP, 31), die Verwendung als Vorführkraftfahrzeug solle steuerbar sein, aber unter die Befreiungen des § 3 Z 3 NoVAG 1991 fallen. Mit der Widmung als Vorführkraftfahrzeug entstünden die Steuerschuld und gleichzeitig der Anspruch auf Vergütung in gleicher Höhe. Keine Änderung erfuhr dadurch der vorletzte Satz des § 3 Z 3 NoVAG 1991.
Wie vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festgestellt, ist über einen Antrag auf Vergütung nach § 12 Abs. 1 Z 3 NoVAG 1991 jedenfalls mit Bescheid abzusprechen, auch wenn diesem Antrag entsprochen werden soll ( unter Hinweis auf und 0145). Wird dem Antrag nicht entsprochen, ist er abzuweisen (vgl. auch ).
Haller zeigte dazu unter Hinweis auf KfzBStR Rz 422 und 1217 schon zur Rechtslage vor dem auf, dass nach der Verwaltungspraxis beim Zusammenfallen von Steuerschuldner und NoVA-Vergütungsberechtigtem üblicherweise trotz der klaren Rechtslage (wohl rechtswidrig) eine Saldierung von Steuerschuld und Vergütungsanspruch anerkannt wird. In diesen Fällen könne eine Kompensation erfolgen und damit eine Entrichtung der Abgabe unterbleiben, wenn sowohl der steuerpflichtige Tatbestand wie auch die Vergütung jeweils im NoVA1- bzw. NoVA2-Formular angeführt werden (Haller, NoVAG2021, § 12 Rz 57). Haller folgert aus der Tatsache, dass die Rechtsprechung für die Vergütung (bis ) grundsätzlich einen eigenen Antrag voraussetzt, über den mittels Bescheid abzusprechen ist, zurecht, dass die Entstehung der Steuerschuld und die Vergütung zwei rechtlich getrennte Vorgänge sind.
Bis war also die auf die erstmalige Zulassung von Vorführfahrzeugen im Inland entfallende NoVA in die NoVA-Anmeldung aufzunehmen und abzuführen.
Getrennt davon war ein Antrag auf Vergütung möglich, über den zwingend mit einem eigenen Bescheid abzusprechen war, aus dem entweder die Höhe des Vergütungsbetrages ersichtlich sein muss und nicht nur ein Betrag, dessen Vergütung verweigert wird, oder aber hervorgehen muss, dass der Antrag zurück- oder abgewiesen wird.
Geklärt ist damit auch, dass es sich bei den Vergütungsbeträgen nicht um Selbstberechnungsabgaben handelt. Über sie ist immer zwingend mit Bescheid abzusprechen, wofür § 201 BAO ohne Bedeutung ist.
Erwähnt werden soll hier, dass § 3 NoVAG 1991 mit BGBl. I Nr. 18/2021 mit Wirksamkeit ab geändert und umgegliedert wurde:
Seitdem findet sich die Befreiungsbestimmung für Vorführkraftfahrzeuge von Fahrzeughändlern in § 3 Abs. 2 NoVAG 1991.
Zusätzlich wurde dort eine neue Befreiungsbestimmung für Kraftfahrzeuge, die auf den Fahrzeughändler zugelassen und nicht auf öffentlichen Straßen verwendet werden (sogenannte "Tageszulassung") implementiert, wenn die Zulassung nicht länger als drei Monate dauert. Wird dieser Zeitraum überschritten, entsteht die Steuerpflicht gemäß § 1 Z 3 lit. b mit dem Tag der Überschreitung. Für diese Kraftfahrzeuge ist § 6 Abs. 8 nicht anwendbar.
Neu ist auch, dass für diese beiden Befreiungen der Zusatz "Die Befreiung erfolgt im Wege der Vergütung (§ 12 Abs. 1 Z 3 NoVAG 1991)" entfiel. Die Materialien (ErläutIA 1111/A 27. GP, 7) begründen dies auszugweise wie folgt:
Aufgrund der Neuordnung des Anwendungsbereiches sollen auch die Befreiungsbestimmungen entsprechend angepasst werden und soll damit gleichzeitig die Gelegenheit genutzt werden, den historisch gewachsenen § 3 neu zu ordnen. Außerdem sollen verschiedene Maßnahmen zur Senkung der Verwaltungslasten und zur Sicherstellung eines gleichmäßigen Vollzuges umgesetzt werden.
Die Befreiungsbestimmungen sollen nach der Art des Abwicklungsprozesses gegliedert werden, um einen besseren systematischen Aufbau zu erzielen. […]
In Abs. 1 Z 1 soll die bisherige Befreiung für Elektrofahrzeuge gern. § 3 Z 2 lit. a zweiter Halbsatz technologieneutral angepasst werden. Diese Befreiung bezieht sich auf das Kraftfahrzeug und kann ohne weitere Verwaltungsschritte direkt in Anspruch genommen werden. […] Weiters soll die bisherige Befreiung gem. § 3 Z 3 für Vorführkraftfahrzeuge in § 3 Abs. 1 Z 2 an die tatsächliche Verwaltungspraxis angepasst und aus verwaltungsökonomischen Überlegungen die Verpflichtung zur Sperrsetzung aufgegeben werden.
Außerdem soll die bisherige Praxis für Kraftfahrzeuge die auf den Fahrzeughändler zugelassen werden, aber nicht verwendet werden (sogenannte "Tageszulassung") ebenfalls gesetzlich verankert werden. Hier wird bisher zumeist eine Unterlassung der Abfuhr der NoVA im Zeitpunkt der Zulassung durch den Fahrzeughändler und einer späteren Entrichtung bei Verkauf akzeptiert, weil sich im Zeitpunkt der Zulassung durch den Händler die Bemessungsgrundlage noch nicht bestimmen lässt und geschätzt werden müsste, wodurch im Nachhinein ein aufwendiges Verfahren zur Korrektur durchzuführen wäre. Diese Lösung soll durch die gesetzliche Verankerung klar geregelt werden um einen einheitlichen Vollzug sicherzustellen. […]
In Abs. 2 sollen jene Befreiungen geregelt werden, bei denen die Sperre in der Zulassungsdatenbank und die Bekanntgabe der Fahrzeugidentifikationsnummer Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Befreiung sind. […]
In § 3 Abs. 3 sollen die bisherigen Befreiungen, die im Wege der Vergütung vollzogen werden, aufgenommen werden. Es soll das notwendige Ausmaß der begünstigten Verwendung klarstellend in den Gesetzestext übernommen werden, wobei es dadurch zu keiner inhaltlichen Änderung kommt. […]
Daraus leuchtet hervor, dass Vorführfahrzeuge zwar auch nach dem von der NoVA befreit sind, dass die Befreiung nun aber nicht mehr im Wege zweier getrennter Vorgänge (zwingende Abfuhr mit nachträglicher antragsbedürftiger Erstattung) in Anspruch genommen wird. Der Fahrzeughändler darf diesen steuerbaren Vorgang ab unmittelbar steuerfrei belassen, muss die NoVA nicht mehr abführen und spart sich so einen eigenen, getrennt von der NoVA-Anmeldung erforderlichen Erstattungsantrag (so auch Haller, NoVAG2021, § 3 Rz 10 und 20). Damit kommt es erst ab zu einem Gleichklang von Rechtslage und Verwaltungsübung, was ohne Auswirkung auf die Entscheidung über Vorgänge im Jänner 2019 bleiben muss.
Das ändert allerdings nichts daran, dass die Befreiung für Vorführkraftfahrzeuge im Jänner 2019 noch im Wege eines Vergütungsantrages in Anspruch zu nehmen war, über den mit einem eigenständigen Bescheid abzusprechen war. Diese Vergütung war nicht im Rahmen der NoVA-Festsetzung zu berücksichtigen.
Der Vollständigkeit halber darf hier auch auf Wieland, taxlex 2024/53, und die dortigen Darstellungen verwiesen werden.
2.3 Vergütung gem. § 12a NoVAG 1991 (Exportfahrzeuge)
§ 12a UStG lautete seit der Novellierung durch BGBl. I Nr. 118/2015:
(1) Wird ein Fahrzeug
- durch den Zulassungsbesitzer selbst nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert
- durch einen befugten Fahrzeughändler nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert
- nach Beendigung der gewerblichen Vermietung im Inland durch den Vermieter nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert,
dann wird auf Antrag die Abgabe vom nachweisbaren gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Beendigung der Zulassung zum Verkehr im Inland vergütet, wenn die Fahrgestellnummer (die Fahrzeugidentifizierungsnummer) bekanntgegeben wird und wenn das Fahrzeug im Zeitpunkt des Antrages in der Genehmigungsdatenbank gemäß § 30a KFG 1967 gesperrt und nicht im Inland zum Verkehr zugelassen ist. Die Höhe der Vergütung ist mit dem Betrag der tatsächlich für das Fahrzeug entrichteten Normverbrauchsabgabe begrenzt.
(2) Zuständig für die Vergütung ist jenes Finanzamt, das für die Erhebung der Umsatzsteuer des Antragstellers zuständig ist oder wäre.
(3) Der Antrag kann binnen fünf Jahren ab der Verwirklichung des Vergütungstatbestandes gestellt werden.
Mit Wirksamkeit ab (BGBl. I Nr. 104/2019 bzw. BGBl. I Nr. 99/2020) entfiel der Absatz 3. Seitdem lautet der Absatz 2 "Der Antrag kann binnen fünf Jahren ab der Verwirklichung des Vergütungstatbestandes in jenen Fällen, in denen der Antragsteller ein Unternehmer im Sinne des § 2 UStG 1994 ist, bei dem für die Erhebung der Umsatzsteuer des Antragstellers zuständigen Finanzamt gestellt werden, in allen anderen Fällen beim Finanzamt Österreich.".
Damit steht auch fest, dass Vergütungen gem. § 12a NoVAG 1991 wie auch die Vergütungen gem. § 12 NoVAG 1991 antragsgebundene Akte sind, bei denen das Finanzamt nur auf und nur im Rahmen des dabei abgesteckten Umfanges tätig werden darf. Bei einem solchen Antrag handelt es sich - anders als bei der NoVA-Anmeldung (§ 11 Abs. 4 NoVAG 1991) - nicht um eine Abgabenerklärung im Sinn des § 133 Abs. 2 BAO. Auch über ihn ist jedenfalls und damit nicht nur im Fall einer Abweisung des Antrages mit Bescheid abzusprechen ( mit weiteren Nachweisen). Dabei ist auszusprechen,
ob für ein bestimmtes Fahrzeug eine Vergütung
in welcher Höhe zusteht.
§ 12a NoVAG 1991 sieht für Fälle, in denen ein zuvor mit NoVA belastetes Fahrzeug ins Ausland geliefert oder verbracht wird, einen Vergütungsanspruch hinsichtlich der im Restwert des Fahrzeugs enthaltenen NoVA-Komponente vor. Dieser Vergütungstatbestand wurde erstmals mit dem 2. AbgÄG 2002, BGBl. I Nr. 132/2002, zunächst für einen begrenzten Anwendungsbereich eingeführt und im Zuge nachfolgender Novellierungen erweitert (vgl. zur Rechtsentwicklung ). In Zusammenschau mit § 1 NoVAG 1991, der bei Beginn der Inlandsnutzung eines Fahrzeugs zunächst eine volle Steuerpflicht des Fahrzeugwerts vorsieht, wird damit im Ergebnis eine Besteuerung bewirkt, deren Höhe proportional zur Dauer der Inlandsnutzung des Fahrzeugs ist ( unter Hinweis auf , Cura Anlagen; sowie ).
Auch bei diesen Vergütungsbeträgen handelt es sich nicht um Selbstberechnungsabgaben und auch über sie ist zwingend mit eigenständigen Bescheiden und nicht im Rahmen einer NoVA-Festsetzung abzusprechen, weshalb sich nähere Ausführungen zu § 201 BAO erübrigen (vgl. dazu auch Wieland, taxlex 2024/53).
Strittig ist hier ausschließlich die Form und verfahrensrechtliche Vorgangsweise bei der Vergütung der NoVA. Fest steht - nach anfänglichen Diskussionen - die Höhe der jeweils zustehenden Vergütungsbeträge.
2.4 Entstehung der Steuerschuld bzw. des Vergütungsanspruchs, Abgabenerhebung
§ 7 NoVAG 1991 lautet:
(1) Die Steuerschuld entsteht
1. im Falle der Lieferung (§ 1 Z 1 und 4), des Eigenverbrauches und der Nutzungsänderung (§ 1 Z 4) mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferung ausgeführt worden ist oder der Eigenverbrauch oder die Nutzungsänderung stattgefunden hat,
1a. im Falle des innergemeinschaftlichen Erwerbes mit dem Tag des Erwerbes,
2. im Falle der Zulassung nach § 1 Z 3 mit dem Tag der Zulassung oder bei der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, mit dem Zeitpunkt der Einbringung in das Inland.
(2) Abweichend von Abs. 1 Z 1 haben Unternehmer, die ihre Umsatzsteuer auf Grund der Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes 1994 nach den vereinnahmten Entgelten berechnen (Istbesteuerung), diese Besteuerungsart für Lieferungen auch auf die Normverbrauchsabgabe anzuwenden. § 17 UStG 1994 ist anzuwenden.
(3) Im Fall der Änderung der Bemessungsgrundlage einer Lieferung oder des Durchschnittsverbrauchs entsteht die Steuerschuld mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Änderung eingetreten ist.
§ 11 NoVAG 1991 lautet:
(1) Die Erhebung der Normverbrauchsabgabe obliegt dem Finanzamt Österreich.
(2) In den Fällen des § 7 Abs. 1 Z 1, in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs (§ 7 Abs. 1 Z 1a) durch Unternehmer und der Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 8 hat der Abgabenschuldner spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat, in dem die Steuerschuld entstanden ist (Anmeldungszeitraum), zweitfolgenden Monats eine Anmeldung einzureichen, in der er den für den Anmeldungszeitraum zu entrichtenden Betrag selbst zu berechnen hat.
(3) In den Fällen des § 7 Abs. 1 Z 1a (soweit nicht in Abs. 2 erfasst) und Z 2 hat der Abgabenschuldner spätestens einen Monat nach der Zulassung (Fälligkeitstag) eine Anmeldung einzureichen, in der er den zu entrichtenden Betrag selbst zu berechnen hat.
(4) Die Anmeldung gilt als Abgabenerklärung. Der Abgabenschuldner hat die Abgabe spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Ein gemäß § 201 BAO festgesetzter Abgabenbetrag hat den in den Abs. 2 oder 3 genannten Fälligkeitstag.
Das Gesetz enthält in § 11 NoVAG 1991 keine Bestimmung, wie hinsichtlich der Vergütungsbeträge vorzugehen ist, der VwGH sprach aber zu § 12a NoVAG 1991 aus, die Verwirklichung des Vergütungsanspruchs erfolge in dem Zeitpunkt, in dem erstmals sämtliche anspruchsbegründenden Voraussetzungen des § 12a Abs. 1 NoVAG 1991 idF AbgÄG 2012 vorliegen (). Da eine dieser Voraussetzungen ein Antrag ist, entsteht der Vergütungsanspruch damit nicht vor der fristgerechten Antragstellung.
Dies gilt nach Überzeugung des Bundesfinanzgerichts für alle antragsbedürftigen Vergütungsansprüche analog. Hier ist davon neben der Vergütung für den Export (§ 12a NoVAG 1991) auch die Vergütung für Vorführfahrzeuge (§ 3 Z 3 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Z 3 NoVAG 1991) betroffen.
Daraus folgt für die auf dem - mit "Tarif" überschriebenen - § 6 NoVAG 1991 basierenden und nicht antragsbedürftigen Vergütungen, dass diese grundsätzlich in die Selbstberechnung mit einzubeziehen und in die monatliche Anmeldung aufzunehmen sind, sobald die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.
Auf sie sind die Normen des § 201 BAO (siehe unten) anzuwenden. Das gilt im Übrigen ab auch für die Anwendung der Befreiungsbestimmungen des § 3 Abs. 2 NoVAG 1991, auf deren Basis die entsprechenden NoVA-Bemessungsgrundlagen von vornherein aus der Berechnung auszuscheiden sind.
2.5 Voraussetzungen für § 201 BAO
Damit ist § 201 BAO nur für die hier zu beurteilende Festsetzung der anmeldepflichtigen NoVA-Beträge rechtlich relevant. Ordnen die Abgabenvorschriften - wie hier § 11 Abs. 2 NoVAG 1991 - die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des § 201 Abs. 2 BAO und muss nach Maßgabe des § 201 Abs. 3 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist (§ 201 Abs. 1 BAO).
Gem. § 201 Abs. 2 BAO kann die Festsetzung erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,
5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a BAO die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.
§ 201 BAO erfordert zwar nicht, dass im Spruch des Bescheides zum Ausdruck gebracht wird, auf welchen Tatbestand des § 201 BAO der Bescheid gestützt wird (vgl. ), dies muss aber zumindest aus der Begründung hervorgehen. Eine allenfalls mangelhafte Begründung kann dabei vom Bundesfinanzgericht ergänzt werden (, unter Hinweis auf , mit weiteren Nachweisen).
Die Bf. bringt vor, dass jede Festsetzung, die später als ein Jahr ab der Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages erfolgt, deshalb rechtswidrig ist, weil die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht vorlägen.
Ritz/Koran weisen in BAO7, § 201 Tz 37 ff darauf hin, dass bezogen auf diesen Neuerungstatbestand erforderlich ist, dass für die Abgabenbehörde im Verfahren nicht geltend gemachte Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, wenn die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Voraussetzung für die Festsetzung ist daher, dass entscheidungserhebliche Tatsachen oder Beweismittel der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages noch nicht bekannt waren und dass diese Umstände nachträglich neu hervorkommen (etwa im Zuge einer Außenprüfung). Auf § 201 Abs. 2 Z 3 gestützte Festsetzungen liegen stets im Ermessen, dies unabhängig davon, ob sie auf Antrag oder von Amts wegen erfolgen können.
Die Begründung (§ 93 Abs. 3 lit a BAO) des Festsetzungsbescheides hat das Vorliegen der Voraussetzungen für seine Erlassung darzulegen. Stützt sich die Behörde auf neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel, so hat sie diese Tatsachen (Beweismittel) und ihr "Neuhervorkommen" in der Bescheidbegründung darzulegen. § 201 Abs 2 Z 3 erfordert einen im Bescheid anzuführenden Wiederaufnahmsgrund (), was grundsätzlich nicht im Rechtsmittelverfahren sanierbar ist (; , 93/14/0187, 0188).
Voraussetzung für eine Wiederaufnahme ist nur, dass es sich um eine neu hervorgekommene Tatsache handelt. Dass das Finanzamt ursprünglich (hier bei der Verbuchung des selbst berechneten Betrages) andere bereits bekannte Tatsachen nicht bzw. rechtlich unzutreffend gewürdigt hat, ändert nichts an der Entscheidungswesentlichkeit einer neu hervorgekommenen Tatsache ().
Wie von Ritz/Koran in BAO7, § 303 Tz 30, zusammengefasst sind Wiederaufnahmsgründe nur im Zeitpunkt der Bescheiderlassung (bzw. hier der Verbuchung) existente Tatsachen, die später hervorkommen (nova reperta). Das Hervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln ist aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen (Hinweis auf ; , 2006/13/0019; , 2007/15/0045; , 2007/13/0157; , 2009/15/0016; , 2011/15/0106). Maßgebend ist der Wissensstand im jeweiligen Verfahren (-0177; , 99/15/0120; , 2009/15/0161; , 2008/15/0005, 0006). Waren bestimmte Umstände im betreffenden Verfahren der Behörde bekannt, hat sie diese Umstände jedoch für unwesentlich gehalten, so sind solche Umstände keine Wiederaufnahmsgründe ().
Die Wiederaufnahme des Verfahrens dient dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und dabei vorrangig der Durchsetzung der Rechtsrichtigkeit. Sie darf somit (aus Ermessensüberlegungen) nur ausnahmsweise (etwa bei absoluter und relativer Geringfügigkeit der Auswirkungen oder im Falle von Treu und Glauben) unterbleiben (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 303 Tz 66 ff unter Hinweis auf ErläutRV 2007 BlgNR 24. GP, 22). Stellt sich die Frage, ob eine Wiederaufnahme zu verfügen ist, bei mehreren Verfahren, so ist die steuerliche Auswirkung nicht je Verfahren, sondern insgesamt zu berücksichtigen ().
2.6 Das bedeutet für die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe 1/2019
Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass in die Festsetzung der NoVA 1/2019 nur die Vergütungen gem. § 6 Abs. 7 NoVAG 1991 mit einzubeziehen sind, nicht aber Vergütungen, die nur auf Antrag und in Anwendung der §§ 12 und 12a NoVAG 1991 zustehen. Damit sind die Vergütungen für Vorführwagen (§ 3 Z 3 iVm § 12 Abs. 1 Z 3 NoVAG 1991) und für Exporte (§ 12a NoVAG 1991) hier nicht zu berücksichtigen (siehe oben Pkt. 2.2 und 2.3).
Das Bundesfinanzgericht legt § 6 Abs. 7 NoVAG 1991 in Bezug auf "Kurz- oder Tageszulassungen", für die bei der Bf. die NoVA-Pflicht bis aufgrund der Erstzulassung entstand, so aus, dass die Bf. als Erwerber im Sinne dieser Bestimmung gilt (siehe oben Pkt. 3.1). Ihr steht deshalb diese Vergütung zu, die im Rahmen der NoVA-Anmeldung bzw. NoVA-Festsetzung in dem Monat in Abzug zu bringen ist, in dem die Fahrzeuge weiterveräußert werden. Damit ist der Abzug dieser Vergütung durch das FAG - wenngleich mit anderer Begründung - hier im Spruch in Höhe von EUR 2.135,14 zu bestätigen.
Entgegen der Ansicht des FAG gilt die Bf. auch für die Leihwagen, die sie von Leihwagenunternehmern im Rahmen einer NoVA-pflichtigen Lieferung erwarb und später weiter veräußerte, als Erwerber. Auch diese Vergütung steht ihr deshalb zu, allerdings nicht im Monat der Anschaffung der Fahrzeuge, sondern erst in dem Monat, in dem die Fahrzeuge weitergeliefert werden.
Da das Fahrzeug, für das die Vergütung in der Anmeldung geltend gemacht wurde (Fahrgestellnummer ***Leihwagen***), zwar schon im Jänner 2019 angeschafft, in diesem Monat aber noch nicht weiterveräußert wurde, steht dieser Vergütungsbetrag (EUR 162,12) noch nicht zu.
Dafür steht die Vergütung für drei andere Fahrzeuge zu, die in den Vormonaten anschafft und im Jänner 2019 weiterverkauft wurden. Das gilt auch dann, wenn die Vergütung für diese Fahrzeuge rechtswidrig schon in den Monaten der Anschaffung der Fahrzeuge in Anspruch genommen wurde. Die Vergütungen stehen erst in dem Monat zu, in dem erstmals alle Voraussetzungen dafür gegeben sind. Daraus ergibt sich ein Vergütungsbetrag von insgesamt EUR 584,57, der sich wie folgt zusammensetzt und durch das Bundesfinanzgericht von Amtswegen in Abzug zu bringen ist.
[...]
Die Vergütung gem. § 6 Abs. 7 NoVAG 1991 errechnet sich daraus in Summe mit insgesamt EUR 2.719,71. Saldiert man diese Vergütung mit der NoVA-Schuld iSd Pos. ❶ der NoVA-Anmeldung (EUR 196.019,92), ergibt sich daraus die festzusetzende NoVA mit EUR 193.300,21.
Wie sich aus der Begründung der NoVA-Festsetzungsbescheide ergibt, erfolgte die Festsetzung der NoVA durch das FAG erfolgte grundsätzlich zu Recht, da die Voraussetzungen des § 201 BAO erfüllt sind. Die Begründung lautet:
"Die Festsetzung war erforderlich, weil die Selbstberechnung der Normverbrauchsabgabe unrichtig war. Für die unter Tz. 1 des Betriebsprüfungsberichts vom angeführten Fahrzeuge wurde nach Überprüfung der im Zuge der Prüfung erstmalig vorgelegten Berechnungen festgestellt, dass bei Berechnung der Rückvergütung nach § 6 Abs. 9 NoVAG für Ankauf von bisher begünstigen Fahrzeugen, sowie bei Verkauf von eigens kurzzugelassenen Fahrzeugen ab , das geprüfte Unternehmen nicht als Erwerber im Sinne dieser Bestimmung des NoVAG gilt.
Des Weiteren für die unter Tz. 2 des Berichts angeführten Fahrzeuge wurde nach Überprüfung der im Zuge der Prüfung erstmalig vorgelegten Berechnungen festgestellt, dass bei Berechnung der Rückvergütung nach § 12a NoVAG der Bruttoeinkaufspreis anstatt des Nettoeinkaufspreises als Bemessungsgrundlage herangezogen wurde und der Abzugsposten gänzlich ohne Ansatz blieb."
Der Hinweis auf die "erstmalig vorgelegten Berechnungen" bezeichnet eindeutig dem FAG bislang nicht bekannte und damit neu hervorgekommene Beweismittel in Bezug auf die Vergütung gem. § 6 Abs. 7 bzw. 9 NoVAG 1991. Damit ist die sinngemäße Anwendung des Neuerungstatbestandes (§ 303 BAO) hier ohne Zweifel immer dann erfüllt, wenn sich aus diesen Beweismitteln eine Änderung der Vergütungsbeträge ergibt. Das gilt auch für die Vergütung für Exportfahrzeuge, die falsch berechnet wurde.
Dem FAG war zwar aufgrund des unmissverständlich befüllten Formulares NoVA1 schon bekannt, dass auch Vergütungen iSd §§ 6 Abs. 9 und 12a NoVAG 1991 beansprucht wurden, ohne Zweifel kam aber erst durch die Einsichtnahme in die Belegsammlung der Bf. durch das FAG erstmals neu hervor, dass die NoVA-Vergütung gem. § 12a NoVAG 1991 vom Brutto- und nicht vom Nettobetrag berechnet wurde. Das erfüllt jedenfalls den Neuerungstatbestand.
Bei der Fehlberechnung für das Exportfahrzeug geht es um einen Abgabendifferenzbetrag von EUR 272,72. Wie vom Verwaltungsgerichtshof geklärt, ist es dabei ohne Relevanz, dass diese Vergütung niemals in die NoVA-Festsetzung aufzunehmen gewesen wäre und dass diese Tatsache dem FAG bekannt war. Dass das Finanzamt eine andere, bereits bekannte Tatsache nicht bzw. rechtlich unzutreffend gewürdigt hat, ändert nichts an der Entscheidungswesentlichkeit dieser neu hervorgekommenen Tatsache ().
Das Bundesfinanzgericht hegt keine Zweifel daran, dass die Festsetzung auch ermessenskonform erfolgte, weil der Fehlberechnungsbetrag für das Exportfahrzeug in Höhe von EUR 272,72 nicht als absolut geringfügig beurteilt werden kann. Diese Einschätzung basiert auch auf der Erwägung, dass hier im Zuge des Verfahrens nicht nur diese Festsetzung erfolgte, sondern mit ihr insgesamt an die 45 NoVA-Festsetzungsbescheide erlassen wurden. Die Summe der dabei allein die Exportfahrzeuge betreffenden und mittlerweile unstrittigen Korrektur beträgt EUR 8.282,49 (siehe oben). Damit war spruchgemäß zu entscheiden.
2.7 Revision
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG). Das ist hier der Fall.
Ausreichend geklärt ist zwar, dass über Vergütungen, die nur auf Antrag zustehen (§§ 12 und 12a NoVAG 1991), stets mit einem eigenen Bescheid abzusprechen ist und diese Vergütungen nicht Teil der NoVA-Anmeldung sind, Rechtsprechung fehlt aber
sowohl zur Frage, wer als Erwerber iSd § 6 Abs. 7 NoVAG 1991 gilt,
wie auch dazu, in welchem Zeitpunkt (Monat) diese Vergütung in Abzug zu bringen ist.
Damit war die Revision zuzulassen.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 12a NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991 § 6 Abs. 9 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991 § 6 Abs. 7 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991 § 12 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991 § 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100341.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at