Der Günstigkeitsvergleich im Finanzstrafrecht
1. Aufl. 2020
Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
S. 63. Verfassungs- und unionsrechtliche Grundlagen
Mit § 4 Abs 2 FinStrG wird auf einfachgesetzlicher Ebene sowohl dem Günstigkeitsprinzip als auch dem Rückwirkungsverbot Rechnung getragen. Denn einerseits ist der Anordnung des § 4 Abs 2 FinStrG zufolge das Entscheidungszeitrecht – sollte es günstiger als das grundsätzlich zur Anwendung kommende Tatzeitrecht sein – anzuwenden, wodurch das Günstigkeitsprinzip zum Ausdruck kommt. Andererseits kommt es im Falle einer Strafschärfung oder anderweitigen Verschärfung der Rechtslage nach dem Tatzeitpunkt und vor dem Entscheidungszeitpunkt der Anordnung des § 4 Abs 2 FinStrG zufolge zur Anwendung des Tatzeitrechts, wodurch – wenn auch bloß implizit – das Rückwirkungsverbot zum Ausdruck kommt. Zumal sowohl das Günstigkeitsprinzip als auch das Rückwirkungsverbot verfassungs- und unionsrechtlich abgesichert sind, hat sich § 4 Abs 2 FinStrG an diesen Maßstäben zu orientieren und darf diesen freilich nicht zuwiderlaufen. In der Folge wird deshalb auf die verfassungs- und unionsrechtlichen Grundlagen sowohl des Günstigkeitsprinzips als auch des Rückwirkungsverbots eingegangen.
3.1. Günstigkeitsprinzip
Bereits im Jahr 1973 hat der VfGH den Grundsatz der Anwendung bzw Rückwirkung des günstigeren Rechts (Günstigkeitsprinz...