Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 18.04.2024, RV/6100256/2021

Vorsteuerabzug zwischen verbundenen Unternehmen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. Erich Schwaiger, den Richter Dr. Ralf Schatzl sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Peter Lederer, LL.M., und Mag. Gottfried Warter, MBA, (Gerichtsabteilung 7013-1) in der Beschwerdesache ***Bf_aktuell GmbH***, ***Bf Adr*** über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Stadt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Umsatzsteuer 2010 am nach Durchführung der mündlichen Verhandlung in Anwesenheit der Schriftführerin Sabine Hasenöhrl zu Recht erkannt:

I.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Umsatzsteuer 2010 wird mit EUR 29.701,82 festgesetzt und errechnet sich wie folgt:

II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde fällt in die Zuständigkeit des Fachgebietes FU 5 (Umsatzsteuer) und damit in die Zuteilungsgruppe 7001. Aufgrund des Antrages auf Senatsentscheidung wurde sie auf Basis der gültigen Geschäftsverteilung der Gerichtsabteilung 7013-1 zur Entscheidung zugewiesen.

Das Finanzamt Österreich trat am an die Stelle des davor zuständig gewesenen Finanzamtes Salzburg-Stadt (§ 323b Abs. 1 BAO).

I. Verfahrensgang

Die hier zu treffende Entscheidung ergeht in einem fortgesetzten Verfahren und spricht über die Beschwerde vom ab.

Die erste Festsetzung der Umsatzsteuer 2010 erfolgte mit Bescheid vom in Höhe von EUR 43.474,53. Aufgrund der Berufung vom wurde sie vorerst mittels Berufungsvorentscheidung vom auf EUR 19.014,35 reduziert. Diese Berufungsvorentscheidung wurde schon am Tag danach wieder gem. § 299 BAO aufgehoben und durch die Berufungsvorentscheidung vom ersetzt. Die Umsatzsteuerfestsetzung erfolgte darin mit EUR 35.395,52, was damit begründet wurde, dass die ursprünglich angesetzten 20%-igen Umsätze (EUR 544.866,15) um die tatsächlich stornierte Ausgangsrechnung 1612 (EUR 105.113,00) auf EUR 439.753,15 reduziert worden seien. In der aufgehobenen "alten" Berufungsvorentscheidung waren zusätzliche Vorsteuern angesetzt worden, was in der "neuen" Berufungsvorentscheidung wieder eliminiert wurde. Die zuletzt gültige Umsatzsteuerfestsetzung von EUR 35.395,52 wurde in der Folge mit Erkenntnis RV/6100089/2013 bestätigt.

Nachdem dieses mit einer außerordentlichen Revision bekämpft worden war, wurde es vom Verwaltungsgerichtshof mit Ra 2016/15/0068 aufgehoben.

Im fortgesetzten Verfahren hob in der Folge das Bundesfinanzgericht den Umsatzsteuerbescheid vom mit Beschluss RV/6100283/2018, gemäß § 278 Abs. 1 BAO auf und verwies die Sache zur Erledigung an die Abgabenbehörde zurück. Hinsichtlich dieses Verfahrens wird auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtes verwiesen. Damit war der Umsatzsteuerbescheid 2010 wieder beseitigt.

Mit dem nun streitgegenständlichen (neuen) Umsatzsteuerbescheid 2010 vom setzte das FA die Umsatzsteuer wieder mit EUR 35.395,52 fest, erfasste die 20%-igen Umsätze mit den von der Bf. selbst angesetzten Beträgen und reduzierte die geltend gemachte Vorsteuer um EUR 24.330,60 (fünf Rechnungen der ***Vorgänger-GmbH*** bzw. ***Vorgänger GmbH*** - in Folge kurz Vorgänger-GmbH; Details siehe unten Pkt. 2.4). Der Bescheid verwies auf eine zusätzliche Begründung, die dasselbe Datum trägt und am zugestellt wurde (RSb).

Mit beantragte die Bf. die Verlängerung der Beschwerdefrist bis , was vom Finanzamt stillschweigend akzeptiert wurde. Mit erhob die Bf. eine Beschwerde, woraufhin das FA der Bf. mit Schriftsatz vom einen Ordner mit Belegen übermittelte und sie aufforderte, die in der Beschwerde angesprochene Zuordnung der (Eingangs)Rechnungen der Vorgänger-GmbH zu den jeweiligen Baustellen und Ausgangsrechnungen der Bf. vorzunehmen sowie die Ausgangsrechnungen der Bf. vorzulegen, mit denen diese die von der Vorgänger-GmbH bezogenen Leistungen an ihre Kunden in Rechnung gestellt hat.

Am fand ein Gespräch zwischen FA und der Bf. statt. Mit Schriftsatz vom hielt das FA fest, dass die Bf. den Erhalt des Ordners bestätigt hatte und forderte die Bf. noch einmal auf, eine Zuordnung der Eingangsrechnungen der Vorgänger-GmbH zu den jeweiligen Baustellen und Ausgangsrechnungen der Bf. vorzunehmen. Diese Zuordnung solle es der Abgabenbehörde ermöglichen, den Eingang der streitgegenständlichen Eingangsumsätze in die Ausgangsumsätze der Bf. nachzuvollziehen, um so die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug überprüfen zu können. Das FA räumte eine Frist bis ein.

Nach deren ungenütztem Verstreichen erließ das FA die Beschwerdevorentscheidung vom (Zustellung mit RSb ) sowie der zusätzlichen Begründung gleichen Datums (Zustellung mit RSb ) und wies die Beschwerde als unbegründet ab.

Am Montag, den beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde elektronisch vor und kündigte die körperliche Nachreichung weiterer Unterlagen an.
Über Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht vom legte eine Mitarbeiterin des FA mit zusätzlich die Niederschrift über die Schlussbesprechung mit einer Aufstellung der abgerechneten Aufträge sowie den Außenprüfungsbericht zur Vorgänger-GmbH vor. Weitere Aufstellungen gebe es nicht.

Daraufhin lud das Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom zur mündlichen Verhandlung am . Der Rückschein kam mit dem Vermerk der Hinterlegung retour (Beginn der Abholfrist ), allerdings wurde die Sendung von der Post am mit dem Vermerk "ortsabwesend bis " rückübermittelt. Das Bundesfinanzgericht hatte den Verhandlungstermin aus internen Gründen schon mit Beschluss vom (und damit vor dem Rücklangen der Sendung vom ) auf den vorverlegen müssen. In diesem Fall langte beim Bundesfinanzgericht keinerlei Reaktion der Post ein.

Am übermittelte ein für eine andere Gerichtsabteilung zuständiger Richter des Bundesfinanzgerichtes einen Aktenvermerk an die hier zuständige Gerichtsabteilung und informierte darüber, dass Schriftstücke an die Bf. sowie deren Geschäftsführer (mit den Anschriften ***Bf_aktuell GmbH***, ***Bf Adr***, und ***XF***, ***Anschrift GF***) von der Post seit über vier Monaten mit dem Vermerk "Retour - ortsabwesend bis bzw. bzw. " an das Bundesfinanzgericht rückübermittelt werden. Trotz mehrerer beim Bundesfinanzgericht anhängiger Verfahren, von denen die Bf. Kenntnis habe, sei eine Mitteilung gem. § 8 Abs. 2 ZustG unterblieben. Eine neue Abgabestelle habe laut Mitteilung des FA nicht festgestellt werden können. Am selben Tag leitete ein weiterer Richter eine Bestätigung der Österreichische Post AG an die hier zuständige Gerichtsabteilung weiter, wonach für den Geschäftsführer der Bf. für seine Wohnsitzadresse (***Anschrift Bf***) Ortsabwesenheiten für die Zeiträume " bis ", " bis " und " bis " vorliegen.

Am eröffnete der Vorsitzende zwar die mündliche Senatsverhandlung vor dem Bundesfinanzgericht, berichtete dann aber vom fehlenden Zustellnachweis und vertagte die Verhandlung in der Folge zur Vermeidung verfahrensrechtlicher Probleme. Am selben Tag lud das Bundesfinanzgericht zur mündlichen Verhandlung am . Diese Ladung wurde von der Post am mit dem Vermerk "ortsabwesend bis " rückübermittelt. Das Bundesfinanzgericht hinterlegte daraufhin diese Sendung am gem. § 8 Abs. 2 ZustellG ohne weiteren Zustellversuch im Akt.

Am um 17:56 h langte beim Bundesfinanzgericht ein Fax (Telefonnummer des Senders +43 ***### #####*** ***Bf_2 GmbH***) des Geschäftsführers der Bf. unter Angabe seiner Handy-Nummer mit +43 ***### ####1*** ein. Darin nahm er konkret Bezug auf die "Ladung für die mündliche Verhandlung betreffend RV/6100256/2021 für den " und stellte einen Antrag auf Verlegung der Verhandlungen auf vorerst unbestimmte Zeit. Seit Oktober 2023 bis zumindest April/Mai 2024 sei er krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Teilnahmen bei Verhandlungen seien derzeit nicht möglich. Die chefärztliche Dienstelle der ÖGK habe für Anfang März eine Bewertung des Sachstandes vorgesehen. Nach Voreinschätzung werde mit einer Wiedergenesung in den Sommermonaten zu rechnen sein.

Mit Beschluss vom forderte das Bundesfinanzgericht die Bf. auf, die aktuelle Arbeits- bzw. Verhandlungsunfähigkeit ihres Geschäftsführers bis spätestens mit ärztlichen Bestätigungen bzw. Attesten nachzuweisen sowie mit konkreten Bestätigungen zu untermauern, ab wann der Geschäftsführer voraussichtlich wieder arbeits- bzw. verhandlungsfähig sein wird und ob diese Beeinträchtigung voraussichtlich am noch vorliegen wird. Auch diese Sendung kam mit dem Vermerk "ortsabwesend bis " ungeöffnet zurück und wurde am ohne neuerlichen Zustellversuch im Akt hinterlegt.

Daraufhin machte der Vorsitzende noch einmal eine ZMR-Abfrage (unveränderter alleiniger Hauptwohnsitz seit ) zum Geschäftsführer, versuchte vergeblich den Geschäftsführer der Bf. unter der von ihm angegebenen Mobiltelefon-Nummer (+43 ***### ####1***) zu erreichen und ersuchte auf der Voice-box ohne Erfolg um einen Rückruf. Auch die Eintragungen im Firmenbuch waren an diesem Tag unverändert. Zusätzlich versuchte der Vorsitzende am vergebens eine telefonische Kontaktaufnahme mit dem Geschäftsführer, über eine weitere Firma, als deren Vertreter er im Firmenbuch aufscheint (***Bf_2 GmbH***, FN ***#### y***, +43 ***### #####12***) und die über eine aktive Web-Site verfügt.

Am und damit nach Ablauf der von der Bf. gemeldeten Ortsabwesenheit startete das Bundesfinanzgericht einen neuerlichen Zustellversuch, wobei sowohl die Ladung zur Verhandlung am wie auch die Aufforderung eine allfällige Verhandlungsunfähigkeit des Geschäftsführers entsprechend zu belegen noch einmal an die Bf. selbst (an deren Anschrift) und einmal an die Bf. zu Handen ihres Geschäftsführers (an dessen Wohnanschrift) zugestellt wurden. Beide Sendungen wurden hinterlegt, ab zur Abholung bereitgehalten, aber bis zum Tag der mündlichen Verhandlung nicht abgeholt.

An diesem Tag wurde dem Bundesfinanzgericht in einem anderen Verfahren der Bf. (RV/6100331/2018) bekannt, dass sich die Bf. bei der Post schon wieder bis als ortsabwesend gemeldet hat.

[...]

Am fand die mündliche Verhandlung statt. Sie wurde in Abwesenheit der Bf. bzw. ihres Vertreters durchgeführt, da dieser nicht erschien.

Dabei betonte das FA noch einmal, dass die Vorgänger-GmbH zumindest bis noch selbst Ausgangsrechnungen an fremde Dritte gestellt hat ("Doppelverrechnungen an ***Kunde X***"; siehe Sachverhalt Punkt 1.3, Umsatz). Mangels Mitwirkung der Bf. ist es nicht feststellbar, ob die in der Ausgangsrechnung E (siehe Sachverhalt) vom ausgewiesene Vorsteuer in der UVA 12/2010 der Bf. enthalten ist. Das FA verwies ausdrücklich auf die Ausführungen der Bf. in der Berufung vom (Folie 26f der PowerPoint-Präsentation), die darauf hindeuten, dass diese Ausgangsrechnung zum noch nicht existierte, sondern erst im Zuge dieser Berufung erstellt wurde. Dies unterstreicht auch der Aktenvermerk des Prüfers der Vorgänger-GmbH (Folie 28f der PowerPoint-Präsentation).

Die mündliche Verhandlung schloss mit der Verkündung dieses Erkenntnisses.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung

Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Da der Geschäftsführer der Bf. zur mündlichen Verhandlung nicht erschien und die Mitwirkung über weite Strecken verweigerte sowie die Vorgänger-GmbH aufgrund ihrer Löschung wegen Vermögenslosigkeit über keinen wirksamen Vertreter verfügt war das Bundesfinanzgericht weitgehend auf den Akteninhalt angewiesen.

1.1 Allgemein

Nach der ständigen Judikatur des VwGH zu § 167 Abs. 2 BAO genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Daran hat sich durch die Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform nichts geändert (vgl. unter Hinweis auf ; , Ro 2014/13/0025 und Ro 2014/13/0044).

Das Bundesfinanzgericht hat - wie auch das Finanzamt - die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (§ 115 BAO in Verbindung mit § 2a BAO).

Eine in der Begründung einer Beschwerdevorentscheidung getroffene Feststellung des Finanzamtes wirkt wie ein Vorhalt und es obliegt dem Abgabepflichtigen, die vom Finanzamt in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung getroffene Feststellung zu widerlegen bzw. zumindest deren Unrichtigkeit zu behaupten (vgl. etc.).

Mit BGBl. I Nr. 136/2017 wurde in Umsetzung der bisherigen Judikatur gesetzlich verankert, dass die Ermittlungspflicht durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt wird. Nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 1660 BlgNR 25. GP 24) trifft dies etwa zu, wenn durch faktische Gegebenheiten die amtswegige Ermittlung des Sachverhaltes eingeschränkt oder verhindert ist. Dies gilt, nicht nur wenn nach der Lage des Falles nur der Abgabepflichtige Angaben zum Sachverhalt machen kann oder wenn der Abgabepflichtige zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung nicht bereit ist bzw. eine solche unterlässt, sondern auch wenn der Abgabepflichtige Unübliches oder Außergewöhnliches behauptet. In Fällen der erhöhten Mitwirkungspflicht liegt es etwa am Abgabepflichtigen, bereits während der Geschäftstätigkeit dafür Vorsorge zu treffen, dass für das Abgabeverfahren erforderliche Urkunden und Dokumente verfügbar sind und dass alle relevanten Sachverhaltselemente so dokumentiert werden, dass sie für die Abgabenbehörde nachvollziehbar sind.

Schon bisher wies Ritz zu Recht darauf hin (Ritz, BAO5, § 115 Tz 13), dass den Bf. auch dann eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft, wenn ungewöhnliche Verhältnisse vorliegen (vgl. ; , 99/15/0250; , 2002/13/0091; , 2004/17/0105), die nur er aufklären kann, oder wenn seine Behauptungen mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Widerspruch stehen (; , 95/15/0049; , 2004/16/0061).

Das ist hier der Fall, womit die Ermittlungspflicht des Bundesfinanzgerichts in den Hintergrund tritt. Im Übrigen befreit der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens den Revisionswerber nicht von seiner Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen (vgl. mit weiteren Nachweisen).

1.2 Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen

Wie von Doralt/Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG14, § 2 Tz 158 ff, zutreffend zusammengefasst, sind Verträge zwischen nahen Angehörigen in besonderem Maße zu prüfen. Hintergrund ist das Fehlen des zwischen fremden Vertragspartnern üblicherweise bestehenden Interessensgegensatzes, der aus dem Bestreben der jeweiligen Vorteilsmaximierung resultiert (vgl. ), und der dazu führt, dass steuerliche Folgen abweichend von den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten herbeigeführt werden (vgl. ). Die zu diesem Themenkomplex entwickelte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs wird in Folge kurz als "Angehörigenjudikatur" bezeichnet (vgl. ).

Damit solche Vertragsbeziehungen als erwiesen anerkannt werden können, müssen eindeutige Vereinbarungen vorliegen, die eine klare Abgrenzung zwischen Einkommenserzielung und -verwendung zulassen, wobei entsprechende Zweifel an der steuerlichen Tragfähigkeit regelmäßig zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen (vgl. ).

Verträge (Verpflichtungsgeschäft) zwischen nahen Angehörigen werden daher - selbst bei zivilrechtlicher Gültigkeit (vgl. ) - für den Bereich des Steuerrechts nur dann anerkannt, wenn sie kumulativ

  1. nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen (Publizitätswirkung),

  2. einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben, und

  3. zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich).

Diese vertraglichen Vereinbarungen müssen in der Folge auch nach denselben Kriterien erfüllt und umgesetzt werden (vgl. ; Erfüllungsgeschäft).

Die Rechtsprechung über die steuerliche Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen beruht auf der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (vgl. ) und wirkt sich vor allem im Bereich der Beweiswürdigung aus (vgl. ; , 97/13/0232). Diese Grundsätze gelten grundsätzlich auch für die Umsatzsteuer. Auch hier gilt, dass Scheingeschäfte und missbräuchliche Gestaltungen nicht anzuerkennen sind und dass bei mehrdeutigen Sachverhalten den Abgabenpflichtigen eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft (vgl. Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz (Hrsg), UStG5, § 1 UStG Rz 181).

Nahe Angehörige sind neben den in § 25 BAO aufgezählten Personen insbesondere auch Stiefkinder (vgl. ), Pflegekinder, Schwiegereltern (vgl. ), Schwager (vgl. ) sowie Verlobte (vgl. ) und unter Umständen auch geschiedene Ehegatten (vgl. ). Diese Regeln gelten nicht nur für Beziehungen zwischen natürlichen Personen, sondern auch für solche zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern (vgl. ) und Geschäftsführern (vgl. ), zwischen Gesellschaften, die von der gleichen Person vertreten oder wirtschaftlich dominiert werden (vgl. ), und zwischen solche natürliche und juristische Personen zwischengeschaltete Personengesellschaften (). Auch für Verträge zwischen einer Privatstiftung und ihren Begünstigten (; , 2009/13/0257) sind sie anzuwenden.

Hier geht es vor allem um die Beurteilung der Leistungsbeziehung zwischen der Vorgänger-GmbH und der mit ihr durch den gemeinsamen Geschäftsführer sowie die verwandten Gesellschafter verbundenen Bf., von der ausdrücklich festgestellt wurde, dass über die behaupteten Lieferungen (Material) und sonstigen Leistungen (Telefon, Mitarbeiter) keinerlei (schriftliche) Verträge existieren.

In Befolgung dieser Grundsätze ist der oben dargestellte Sachverhalt deshalb wie folgt zu würdigen:

2. Sachverhalt

Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts basiert auf folgendem Sachverhalt, der in den Akten der Abgabenbehörde sowie des Gerichtes abgebildet und soweit nicht gesondert angeführt unbestritten ist. Eine Darstellung des Sachverhaltes findet sich auch im Vorerkenntnis , auf das hier verwiesen wird und das insofern einen integrierten Bestandteil dieses Erkenntnisses bildet.

2.1 Beschwerdeführerin (Bf.)

Die Beschwerdeführerin (kurz Bf.) ist eine nach österreichischem Recht gegründete GmbH (FN ***###x***), die von ihrer Gründung (Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft vom ; Eintragung im Firmenbuch ) bis Ende Juli 2010 unter der Firma "***Bf GmbH***" aufscheint. Von bis Ende Juli 2013 firmierte sie unter "***Bf_2 GmbH***", woraufhin sie auf "***Bf_aktuell GmbH***" umbenannt wurde.

Mit Beschluss vom wurde über ihr Vermögen der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft aufgelöst. Mit Beschluss vom wurde der Konkurs nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben. Eine Löschung im Firmenbuch erfolgte bislang nicht.

Die Gesellschaft wird durch ihren Alleingeschäftsführer ***XF*** vertreten. Alleingesellschafter ist dessen Sohn ***YF***.

Die Bf. verfügte über folgende Gewerbeberechtigungen:

  1. Handelsgewerbe
    bis (GISA-Zahl ***17***)

  2. Heizungstechnik; Lüftungstechnik (verbundenes Handwerk) gemäß § 94 Z. 31 GewO 1994
    bis (GISA-Zahl ***18***)

  3. Elektrotechnik gemäß § 94 Z. 16 GewO 1994
    bis (GISA-Zahl ***19***)

  4. Gas- und Sanitärtechnik gemäß 94 Z. 25 GewO 1994
    bis (GISA-Zahl ***20***)

Auffallend daran ist, dass die Bf. damit bis August 2010 über keine Gewerbeberechtigungen verfügte, während diese bei der Vorgänger-GmbH unverändert bis aufrecht blieben (siehe Pkt. 2.2).

2.2 Lieferantin (Vorgänger-GmbH)

Strittig sind hier ausschließlich die Vorsteuern aus fünf Rechnungen eines 2000 gegründeten und im Streitzeitraum 2010 unter der sehr ähnlichen Firma ***Vorgänger GmbH*** (Vorgänger-GmbH) auftretenden verbundenen Unternehmens (FN ***#####y***; StNr. ***##-###/####***), das ab 2013 unter ***Vorgänger-GmbH*** firmierte und nach einem Sanierungs- bzw. Konkursverfahren in den Jahren 2013 sowie 2014 am wegen Vermögenslosigkeit gelöscht wurde.

Im Streitjahr 2010 war diese GmbH offenbar noch nicht insolvent und noch am Markt aktiv.

Alleingesellschafterin der Vorgänger-GmbH war ***HF***. Alleingeschäftsführer war ***XF***, der Gatte der Alleingesellschafterin. Damit bestand Personenidentität hinsichtlich des Geschäftsführers der betroffenen Gesellschaften. Ihre Alleingesellschafter waren untereinander sowie mit diesem Geschäftsführer verwandtschaftlich verbunden.

Die Vorgänger-GmbH verfügte über folgende Gewerbeberechtigungen, die 2010 durchgehend aufrecht waren und erst am endeten:

  1. Zentralheizungsbauer; Lüftungsanlagenbauer (verbundenes Gewerbe)
    bis (GISA-Zahl ***21***)

  2. Gas- und Wasserleitungsinstallateure gemäß §§ 209 und 177 GewO 1994
    bis (GISA-Zahl ***22***)

  3. Elektrotechnik gemäß § 94 Z. 16 GewO 1994
    bis (GISA-Zahl ***23***).

Im Rahmen einer Außenprüfung und einer darauffolgenden Wiederholungsprüfung (Abschlussbericht ) kam es - unter anderem aufgrund der Aufdeckung von nicht deklarierten Bankkonten (eines davon ab ) bzw. einer damit verbundenen Selbstanzeige - zu erheblichen Vorschreibung von Abgaben bei dieser Gesellschaft (aktueller Rückstand in Vollstreckung EUR 875.669,30).

Der nach wie vor unbeglichene Umsatzsteuerrückstand 2010 dieser Gesellschaft beträgt EUR 28.206,94 und resultiert aus dem Umsatzsteuerbescheid 2010 vom , der mangels Abgabenerklärung erst im Zuge der Außenprüfung erging (Festsetzung EUR 37.052,75 gegenüber UVA von EUR 8.845,81). Vom FA wurden darin für 2010 in Summe 20%-ige Umsätze von EUR 292.702,48 und Vorsteuern von EUR 21.487,75 erfasst.

Das Verfahren betreffend die dagegen gerichtete Beschwerde wurde vom Bundesfinanzgericht aufgrund des Wegfalles der Rechtsfähigkeit bzw. Handlungsfähigkeit der Vorgänger-GmbH eingestellt (). Das Bundesfinanzgericht argumentierte mit umfangreichen Zitierungen, die Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person habe bloß deklarativen Charakter und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist. An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide ergingen daher grundsätzlich rechtswirksam. Die Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO erfasse nur jene Fälle, in denen eine Liquidation nach § 89 GmbHG stattgefunden hat.
Nicht erfasst seien Fälle, in denen - wie im gegenständlichen Fall - eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird oder eine Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 FBG bei Konkursabweisung mangels eines zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichenden Vermögens als aufgelöst gilt und daher mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist. Auch diese Fälle wären zwar nur deklarativ, doch sei damit nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (; , 3 Ob 113/07z), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können. Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam (). Eine Entscheidung über die Beschwerden könne durch das BFG im gegenständlichen Verfahren daher nicht mehr zugestellt werden.
Es liege auch keine Veranlassung zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs. 2 BAO vor und zitierte sowie und . Hier könne das gegenständliche Rechtsmittelverfahren mangels ausreichender Entrichtung der Abgaben zu keinem abwickelbaren Aktivvermögen der Gesellschaft führen. Es sei von der Vollbeendigung der GmbH auszugehen, bei der nach zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs. 2 BAO kein Anlass bestehe.

Dieser Einstellungsbeschluss wurde vom ehemaligen Geschäftsführer beim Verwaltungsgerichtshof mit einer außerordentlicher Revision bekämpft, die vom Höchstgericht mit , zurückgewiesen wurde. Auch die Behandlung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde abgelehnt ().

Damit gibt es hier auch für das aktuelle Verfahren für das Bundesfinanzgericht keine Möglichkeit zu Auskünften oder Unterlagen der Vorgänger-GmbH zu gelangen. Diese Möglichkeit hat wohl nur die Bf. bzw. ihr Geschäftsführer selbst, der auch gesetzlicher Vertreter der Vorgänger-GmbH war. Auch das führt zu einer erhöhten Mitwirkungsverpflichtung.

2.3 Umsatz

In der mündlichen Verhandlung vom vor dem Bundesfinanzgericht wurde - nach einer anfänglichen Erhöhung durch das FA wegen einer vermeintlichen Doppelfakturierung - außer Streit gestellt, dass der 20%-ige Umsatz 2010 mit EUR 439.753,15 in Ansatz zu bringen ist. Im aktuellen Verfahren sind dazu keine neuen Sachverhaltselemente hervorgekommen.

Diese Doppelfakturierungen erfolgten von Anfang Mai bis und betrugen in Summe ca. EUR 69.000,00. Sie erfolgten sowohl durch die Vorgänger-GmbH wie auch die Bf.. Dabei wurde bei der Rechnungsempfängerin ***Kunde X*** festgestellt, dass dort nur die Rechnungen der Vorgänger-GmbH erfasst bzw. bekannt sind. Damit ist erwiesen, dass die Vorgänger-GmbH bis zumindest Anfang Juli 2010 Ausgangsrechnungen über selbst erbrachte Leistungen an Dritte ausfertigte.

2.4 Umsatzsteuervoranmeldungen und strittige Rechnungen

Wie auch aus und Rn 3 ersichtlich, ist der Vorsteuerabzug aus fünf Rechnungen der Vorgänger-GmbH strittig. Diese Rechnungen wurden wie folgt textiert:

[...]

Aus dem Abgabeninformationssystem des FA ergibt sich, dass die Vorgänger-Gesellschaft die folgenden Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben hatte (1-2/2010 händisch mit Wiederaufnahme).

[...]

In einem Aktenvermerk hielt ein Prüfer des FA bezüglich der Vorgänger-GmbH am fest, dass die Vorgänger-GmbH die Rechnungen A, D und E bis dahin nicht steuerlich erfasste.

[...]

Fest steht zudem auch aufgrund des Zahlenwerkes, dass die Rechnung E durch die Vorgänger-GmbH unmöglich erfasst worden sein kann. Das deutet darauf hin, dass sie bei Abgabe der Voranmeldung noch nicht existierte und erst später (möglicherweise im Zuge des Berufungsverfahrens) erstellt wurde.

Auch in der Berufung vom führte die Bf. selbst wörtlich aus, die Vorgänger-GmbH habe der Bf. Personal überlassen. Da dies bisher noch nicht verrechnet worden sei, werde die Verrechnung per nachgeholt.

Von der Bf. selbst wurden für das Jahr 2010 die folgenden Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht, die in Summe eine Gutschrift von EUR 22.748,76 ergeben:

[...]

Mangels Mitwirkung der Bf. nicht mehr vollständig nachvollziehbar ist, wie sich die Vorsteuern aus der UVA 12/2010 zusammensetzen.

Erstmals in der mündlichen Verhandlung am legte die Bf. zu den Rechnungen "Materialverbrauch" und "Telefon" Beilagen in Form von Eingangsrechnungen der Vorgänger-GmbH vor. Das Bundesfinanzgericht erstellte zwar in der mündlichen Verhandlung dazu Excel-Tabellen und stellte fest, dass die Summen der jeweils beigelegten Rechnungen bis auf kleinere Abweichungen mit den Beträgen in den Beilagen übereinstimmen, diese Prüfung bezog sich aber ausschließlich auf einen betraglichen, nicht aber auf einen inhaltlichen Vergleich.

Zur Rechnung "Überlassung der Mitarbeiter"" kündigte die Bf. in dieser Verhandlung an, die Namen der einzelnen Mitarbeiter bis ausfindig zu machen.

Bei der am fortgesetzten mündlichen Verhandlung gab die Bf. dann an, dass die Vorgänger-GmbH im Geschäftsjahr 2010 wirtschaftliche Probleme bekommen habe, weshalb alle neuen Aufträge über die Bf. angenommen und abgewickelt worden seien. Die Mitarbeiter seien bis zum Jahresende bei der Vorgänger-GmbH angestellt gewesen und die Materialien und Waren seien über die Vorgänger-GmbH bezogen worden. Ab Juli 2010 seien die Mitarbeiter der Vorgänger-GmbH fast ausschließlich für die Revisionswerberin tätig geworden, sodass sich ein Einzelnachweis erübrige.

Belege über die konkrete Verwendung der Mitarbeiter blieb die Bf. schuldig. Sie gab an, von der Buchhalterin der Vorgänger-GmbH seien am Monatsende die bezogenen Waren und Leistungen an die Bf. weiterverrechnet und die Kopien der Rechnungen als Nachweis beigelegt worden. Dies deckt sich nicht mit den Rechnungsdaten (siehe unten), weil in den Rechnungen immer mehrere Monate zusammengefasst wurden, wobei sehr oft das Datum der Eingangsrechnung der Vorgänger-GmbH nicht mit dem Monat identisch ist, das auf ihrer Ausgangsrechnung aufscheint.
Die Rechnung E vom enthält weder einen Hinweis auf bestimmte Mitarbeiter noch Details zu diesen Leistungen. Im Akt finden sich dazu zwar monatliche Ausdrucke über Lohnsummen etc., weitere Details sowie eine exakte Berechnung der abgerechneten Summe fehlen trotz Aufforderung zur Vorlage (siehe unten Punkt 2.6).

Mit dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts () hatte dieses den Abzug der Vorsteuern mit der Begründung einer ungenügenden Beschreibung des Liefer- und Leistungsgegenstandes verweigert. Mit den verwendeten Pauschalbezeichnungen "Materialverbrauch", "Nutzung Telefon" und "Überlassung der Mitarbeiter" sei weder ein Liefergegenstand noch ein Leistungsgegenstand in einer so konkreten Weise umschrieben worden, dass im Zusammenhang mit den übrigen Verfahrensergebnissen die Überprüfung der Berechtigung des Vorsteuerabzugs sichergestellt sei. Auf die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Belege sei in den Rechnungen nicht hingewiesen worden, womit sich ein weiteres Eingehen auf etwaige Ungereimtheiten wie die unstrittigen Differenzen zwischen den pauschalen Rechnungsgesamtbeträgen und den als Beilage vorgelegten saldierten Rechnungseinzelbeträgen erübrige.

Die von der Vorgänger-GmbH ausgestellten Rechnungen hätten eine unzureichende Bezeichnung des Umfangs und der Art der erbrachten Leistung aufgewiesen, weshalb eine Überprüfung der materiellen Anforderungen für den Vorsteuerabzug nicht möglich sei.

Dagegen wendete sich die Revision der Bf., die vorbrachte, das Recht auf Vorsteuerabzug dürfe nicht alleine deshalb verweigert werden, weil eine Rechnung nicht alle formellen Voraussetzungen erfülle (, Barlis). Bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen bleibe das Recht auf Vorsteuerabzug trotz Formfehler erhalten, wenn die Finanzverwaltung entweder im Besitz von Informationen sei, um die Rechnungsinhalte zu überprüfen oder der Steuerpflichtige selbst ergänzende Informationen beibringe (, Senatex).

Das Höchstgericht () bestätigte dies grundsätzlich und hob das Erkenntnis auf.

  1. Es kam zum Schluss, das Bundesfinanzgericht habe sich mit den von der Revisionswerberin vorgelegten Unterlagen (Eingangsrechnungen der Vorgänger-GmbH, die an die Revisionswerberin weiterverrechnet worden waren) in keiner Weise auseinandergesetzt.

  2. Es sei auch nicht auf "etwaige Ungereimtheiten wie die unstrittigen Differenzen zwischen den pauschalen Rechnungsgesamtbeträgen und den als Beilage vorgelegten saldierten Rechnungseinzelbeträgen" eingegangen und habe sich auch nicht mit dem

  3. Vorbringen auseinandergesetzt, es handle sich um die Weiterverrechnung von Kosten der Vorgänger-GmbH, die deswegen erfolgt sei, weil die Bf. die neuen Aufträge der Vorgänger-GmbH erfüllt und dazu die Ressourcen der Vorgänger-GmbH (Material, Telefon, Mitarbeiter) verwendet habe.

Gerade dieses Vorbringen stelle einen Zusammenhang der strittigen Eingangsumsätze mit den von der Bf. erklärten - offenbar steuerpflichtigen - Ausgangsumsätzen her (Hinweis auf , PPUH Stehcemp, Rn. 28).

2.5 Fortgesetztes Verfahren

Im fortgesetzten Verfahren hob das Bundesfinanzgericht den bekämpften Umsatzsteuerbescheid 2010 auf und wies die Sache an das Finanzamt zurück ( RV/6100283/2018). In diesem Beschluss hielt es wörtlich fest, für die Beurteilung des streitgegenständlichen Sachverhaltes stünden folgende Unterlagen zur Verfügung (Formatierung fett durch das Bundesfinanzgericht):

"- 5 Ausgangsrechnungen (AR 10-2245; AR 10-2641; AR 10-3941; AR 10-4741; AR 10-5251) der Fa. ***Vorgänger GmbH*** (kurz Vorgänger-GmbH) an die Bf. ohne Angabe von Umfang und Art der erbrachten Leistungen.
- 1 Ordner, vorgelegt von der Bf. anlässlich der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesfinanzgericht im August 2016 mit über 300 Einzelrechnungen diverser Firmen, offenbar Eingangsrechnungen der Fa. Vorgänger-GmbH, die an die Bf. weiterverrechnet worden waren. Auf den Rechnungen finden sich unterschiedliche Kundenangaben u.a. ***Kunde X***, ***9***, ***10***, Lager sowie Rechnungsdaten zwischen 01 und 12/2010.
- Eine Aufsaldierung aller Erlöse der Bf. ab bis . Die Nettoumsätze laut Aufstellung (€ 544.866,15) wurden von der Betriebsprüfung so ermittelt und in den Umsatzsteuerbescheid 2010 zunächst so übernommen (später Korrektur durch die Abgabenbehörde auf € 439.753,15). Als Rechnungsadressaten finden sich auf den Listen u.a. ***11***, ***12***, ***13***, ***14***, ***15***, ***16***.
- Eine Ausgangsrechnung der Fa. Vorgänger-GmbH vom , mit Rechnungsadressat ***8***, mit der Arbeiten an Sanitär-, Heizungs-, Lüftungs,- und Entwässerungsanlagen abgerechnet wurden.
- Der Umsatzsteuerbescheid 2010 der Fa. Vorgänger-GmbH, in dem Vorsteuern von € 21.487,75 ausgewiesen sind."

Zu diesen Unterlagen führte das Bundesfinanzgericht aus:

"Aufgrund der zwischenzeitig geänderten höchstgerichtlichen Rechtsprechung sind die von der Bf. beigebrachten zusätzlichen Informationen (1 Ordner mit über 300 Einzelrechnungen diverser Firmen, die offenbar an die Bf. weiterverrechnet wurden, wobei diese Ressourcen mit den von der Bf. erklärten Ausgangsumsätzen in Zusammenhang stehen sollen) mit den bereits bekannten Unterlagen (Saldenlisten aller Erlöse der Bf. zwischen und ; eine Ausgangsrechnung der Fa. Vorgänger-GmbH vom , mit der diese offensichtlich auch Arbeiten an Sanitär-, Heizungs-, Lüftungs- und Entwässerungsanlagen abgerechnet hat; der Umsatzsteuerbescheid 2010 der Fa. Vorgänger-GmbH, in dem Vorsteuern ausgewiesen sind) zu würdigen. […] Die der Abgabenbehörde zukommende Ermittlungspflicht müsste geradezu originär substituiert werden und erreicht damit den Umfang einer Außenprüfung. […]"

Daraus folgerte das Bundesfinanzgericht, dass der Konnex zwischen den hier strittigen fünf (Ausgangs)Rechnungen der Vorgänger-GmbH, mit denen behauptete Leistungen an die Bf. abgerechnet wurden, und einer Unmenge von (Eingangs)Rechnungen eben dieser Vorgänger-GmbH durch die Abgabenbehörde zu überprüfen ist.

Das Finanzamt erließ daraufhin einen neuen, mit datierten Erstbescheid und verweigerte den Vorsteuerabzug erneut. Ein Vorsteuerabzugsrecht bestehe bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Eingangsumsatz und einem (oder mehreren) Ausgangsumsätzen, was dann angenommen werde,

  1. wenn die mit Vorsteuer belasteten Gegenstände und Dienstleistungen als Kostenelemente eines besteuerten Umsatzes erscheinen

  2. oder die Kosten zu den allgemeinen Kosten (Gemeinkosten) des Steuerpflichtigen gehören und als solche in den Preis der Produkte eingehen,

  3. wenn die Kosten Bestandteil der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens sind bzw.

  4. wenn die Leistungen mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen zusammenhängen (Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz, UStG5, § 12 Rz. 106).

Von der Bf. sei ein Ordner mit Eingangsrechnungen der Vorgänger-GmbH vorgelegt worden, die mit den streitgegenständlichen Eingangsrechnungen der Bf. in Rechnung gestellt worden sein sollen. Nun sei jeder Eingangsumsatz der Vorgänger-GmbH mit ihren Ausgangsumsätzen abzustimmen sowie festzustellen, ob diese Umsätze Kostenelemente eines besteuerten Ausgangsumsatzes der Bf. seien. Diese weitgehende Überprüfung jedes einzelnen Geschäftsfalls stelle eine Überspannung der amtswegigen Ermittlungspflicht dar, die dort ihre Grenze finde, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann, was - verkürzt - hier der Fall sei. Die Eingangsrechnungen der Vorgänger-GmbH (allein) versetzten die Abgabenbehörde nach ihrer Beurteilung nicht in die Lage, einen Zusammenhang zwischen diesen Eingangsumsätzen und Ausgangsumsätzen der Bf. festzustellen.

  1. Es seien zwar durchaus Ausgangsrechnungen durch die Bf. in Bezug auf Aufträge zu Filialen des Unternehmens ***Kunde X*** ***Kunde*** ausgestellt worden, doch sei bei einigen dieser Aufträge sowohl eineRechnungsausstellung durch die Vorgänger-GmbH wie auch durch die Bf. erfolgt. Da diese Leistungen von der Vorgänger-GmbH erbracht worden seien, seien entsprechende Ausgangsrechnungen der Bf. wieder mit Gutschriften korrigiert worden. Daraus lasse sich ein Zweifel ableiten, dass sämtlicheEingangsumsätze der Bf., die unter anderem auch mitAufträgen betreffend ***Kunde X*** ***Kunde*** im Zusammenhang stehen, in ihren Ausgangsumsätzen Niederschlag fanden.

  2. Auch seien mit den Eingangsrechnungen der Bf. unter anderem Lieferungen und sonstige Leistungen in Rechnung gestellt worden, die die Vorgänger-GmbHvor der Gründung der Bf. () bezogen hatte (ReNr. 143.417 ***1*** ; ReNr. 902329351 ***2*** ; ReNr. 95645093 ***3*** etc.). Diese Gegenstände seien (unter anderem) an die jeweiligen Baustellen bzw. Kunden der Vorgänger-GmbH geliefert worden. Dass sie nicht sofort, sondern erst nach Gründung der Bf. verbraucht worden sind, sei weder glaubhaft noch stehe es mit den allgemeinen Erfahrungen im wirtschaftlichen Verkehr im Einklang. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb bestellte und an die jeweilige Baustelle gelieferte Gegenstände mehrere Monate ungenützt liegen gelassen worden sein sollten.

  3. Auch habe das FA keine Erklärung dafür finden können, weshalb die Bf. die Waren nicht selbst bezog, sondern über die Vorgänger-GmbH. Die Weiterverrechnung sei dabei ohne die Verrechnung eines Aufschlages vorgenommen worden, was im Widerspruch zu den Gepflogenheiten im Wirtschaftsverkehr stehe.

  4. Zudem seien im Ordner mit den Eingangsrechnungen Rechnungen enthalten, die an dieAbgabenpflichtige adressiert sind. Diese könnten nicht von den streitgegenständlichen Rechnungen der Vorgänger-GmbH an die Bf. umfasst sein, da hier die Vorgänger-GmbH keine Lieferung oder sonstige Leistung erbringen habe können (z.B. Rechnungen ***XXX*** zu den Nummern 4/1, 3/1 und 3/2, jeweils vom ).

  5. Aufwendungen der Vorgänger-GmbH für Strom, Internet und Telefon seien teilweise zur Gänze der Abgabenpflichtigen weiterverrechnet worden (z.B. ReNr. 330357133 ***4*** ; ReNr. 901831810610 ***5*** ; ReNr. 20154857 ***7*** ). Dabei handle es sich weder um Material, noch sei erklärbar, weshalb die Bf. Strom, Telefon und Internetkosten der Vorgänger-GmbH zur Gänze hätte tragen sollen. Dies wäre nur möglich, wenn die Vorgänger-GmbH selbst keine eigenen Aufwendungen hinsichtlich Strom, Telefon und Internetkosten gehabt hätte, was nicht den Lebenserfahrungen entsprechen könne.

  6. Gleiches gelte für die Verrechnung der gesamten Lohnkosten der Vorgänger-GmbHandie Bf. für Mai bis Dezember 2010.

  7. Für alle Rechnungen gelte, dass keinVertrag bzw. Auftrag zwischen der Bf. und der Vorgänger-GmbH vorgelegt worden sei, der die Grundlage für die Verrechnung bilden würde.

  8. Es bestünden Zweifel, dass die Leistungen der Vorgänger-GmbH Eingang in die Ausgangsumsätze der Bf. fanden, da teilweise durch die Bf. Ausgangsrechnungen irrtümlich für Aufträge der Vorgänger-GmbH ausgestellt worden seien. Aus Tz 1 der Niederschrift über die Umsatzsteuersonderprüfung vom (ABNr.: ***##***/11), auf die das FA verwies, ergibt sich, dass einzelne Leistungen an Kunden sowohl durch die Bf. wie auch die Vorgänger-GmbH abgerechnet wurden und deshalb die Bf. diese Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung (§ 11 Abs. 12 UStG) schulde. Diese Rechnungen seien nicht berichtigt worden.

Bei den zuletzt genannten Doppelabrechnungen handelt es sich um folgende, jeweils mit einem "x" gekennzeichnete Rechnungen an ***Kunde X*** ***Kunde***. Im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht im Vorverfahren war dabei festgehalten worden, dass bei der Kundin nicht die Ausgangsrechnung der Bf., sondern die der Vorgänger-GmbH erfasst wurden.

[...]

Das FA kam zum Schluss, es bedürfe damit einer Überprüfung sämtlicher vorgelegter Eingangsrechnungen der Vorgänger-GmbH, ob diese zu einem Kostenelement einesbesteuerten Umsatzes der Bf. wurden oder Einfluss auf den Preis ihrer Lieferungen oder sonstigen Leistungen hatten, das überschreite aber die Grenzen der abgabenbehördlichen Ermittlungsverpflichtung.

Da ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang durch die Bf. mittels Vorlageder Eingangsrechnungen der Vorgänger-GmbH nicht bewiesen habe werden können, fehle es an der materiellen Voraussetzung für den Vorsteuerabzug.

In der Beschwerde der Bf. vom rügte ihr Geschäftsführer, in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht seien vom FA keine Einwände bezüglich der damals kurz angesprochenen kausalen Zusammenhänge vorgebracht worden. Um diese zu untermauern brauche er den bei der Verhandlung vorgelegten Aktenordner, dessen Übermittlung er beantrage. Die Bf. kündigte an, anhand dieses Ordners würden die Rechnungen einzeln den jeweiligen Baustellen und Abrechnungen zugeordnet und dem FA zur weiteren Behandlung zugeführt werden.

Im Einzelnen führte die Bf. in der Beschwerde nur aus:

  1. Rechnungen ***Kunde X*** ***Kunde***

Diese Arbeiten seien durch die Bf. finalisierend erledigt und auch in Rechnung gestellt worden. Durch die Vorgänger-GmbH hätten aufgrund rechtswidriger Sicherstellungsmaßnahmen des FA mangels Zahlungen keine Aufträge mehr weiter abgewickelt werden können. Die Arbeiten seien an die Bf. überbunden und die Vorleistungen verrechnet worden.

Darauf, dass die Vorgänger-GmbH bis Juli 2010 selbst Ausgangsrechnungen an ***Kunde X*** stellte, ging die Bf. nicht ein.

  1. Lieferantenrechnungen

Das gelte auch für die vom FA angeführten Rechnungen ***24***, ***25*** und ***26***. Diese Waren seien von der "Bf. in Gründung" verbraucht worden. Die neue Firma sei noch nicht "speicherfähig" gewesen, weshalb die Lieferungen an die Vorgänger-GmbH erfolgt seien. Daher auch die Weiterverrechnung. In weiterer Folge seien auch die Bestellungen vertauscht und teilweise an die bekannte Vorgänger-GmbH verrechnet worden. Bei den Lieferungen auf die Baustelle habe das praktisch keinen Unterschied gemacht. Bei den Lieferanten hätten erst neue Konten eingerichtet werden müssen, was aufgrund der bekannten (rechtswidrigen) Sicherstellungspfändungsorgien teils mühsam und langatmig gewesen sei.

Die Verrechnung sei klarerweise ohne jeglichen Aufschlag, nach tatsächlichem Aufwand erfolgt. Die amtliche Forderung dazu sei irreal. Näher Angaben machte die Bf. nicht.

  1. Visa Abrechnung

Dieser Vorwurf müsse noch geprüft werden.

  1. Strom, Internet, Telefon und Lohnkosten

Die Verrechnung sei völlig klar. Die Vorgänger-GmbH habe ihre Tätigkeiten mit Anfang des Jahres 2010 als unmittelbare Folge der rechtswidrigen Sicherstellungspfändungen zur Gänze eingestellt. Sie habe weder Büro noch Energiebedarf gehabt. Auch hier ignorierte die Bf., dass die Vorgänger-GmbH noch bis Juli 2010 Ausgangsrechnungen stellte.

Dass eine nicht mehr tätige Gesellschaft ohne Einnahmen im Insolvenzverfahren bis zu deren Löschung im Firmenbuch Strom, Telefon, Internet konsumieren (und vielleicht sich auch noch Büro, Kfz und Personal halten sollte bzw. müsste) sei durch den Sachstand nicht gedeckt und entspreche nicht der angezogenen Lebenserfahrung. Darauf, dass die Vorgänger-GmbH erst Mitte 2013 in die Insolvenz schlitterte, ging die Bf. nicht ein.

  1. Vertrag

Im allgemeinen Geschäftsleben seien Verträge zu Lieferungen an die Baustellen, ausgenommen Lieferungen mit hohem Einzelwert, nicht üblich. Man würde irren, würde man jedem Bezug ein Vertragswerk voranstellen. Weder die Vorgänger-GmbH noch die Bf. hätten mit ihren Lieferanten ein Vertragsverhältnis gehabt, allenfalls eine Rabatt- und Skontoeinstufung.

Auf die Weiterverrechneten Personalkosten ging die Bf. nicht weiter ein.

2.6 Ergänzungsaufträge und Beschwerdevorentscheidung

In der Folge übermittelte das FA der Bf. mit Schriftsatz vom den angeforderten Ordner mit Belegen und forderte sie auf, die Eingangsrechnungen der Vorgänger-GmbH den jeweiligen Baustellen und Ausgangsrechnungen der Bf. zuzuordnen und die Ausgangsrechnungen der Bf. vorzulegen, mit denen diese die von der Vorgänger-GmbH bezogenen Leistungen an ihre Kunden in Rechnung stellte.

Nachdem dieser Aufforderung nicht entsprochen wurde, wiederholte das FA die Aufforderung mit Schriftsatz vom . Auch die dabei gesetzte Frist () verstrich ungenützt, woraufhin das FA die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abwies.

Das FA führte aus, mangels Zuordnung durch die Bf. sei diese den Beweis des direkten und unmittelbaren Zusammenhanges zwischen den streitgegenständlichen Eingangsumsätzen und ihren Ausgangsumsätzen schuldig geblieben. Die Zweifel an der Richtigkeit der Behauptung der Bf., es hätten alle vorgelegten Eingangsrechnungen Eingang in den Ausgangsumsätzen gefunden, hätten nicht ausgeräumt werden können. Die Beschwerde sei deshalb als unbegründet abzuweisen.

Dies bekämpfte die Bf. nur mit einem nicht weiter begründeten Vorlageantrag vom und beantragte eine mündliche Verhandlung vor dem gesamten Senat. Die unterbliebenen Zuordnungen begründete die Bf. kurz mit einer SARS-Cov-2-Erkrankung ihres Geschäftsführers.

2.7 Bundesfinanzgericht

Aus der nachstehenden Übersicht ist ersichtlich, dass die Festsetzung der Umsatzsteuer seit immer mit denselben Beträgen erfolgte. Dem Bundesfinanzgericht erschließt sich der Sinn der diesbezüglichen Rüge der Bf. sowie ihre Anmerkung "Die wundersame Vermehrung, gleichsam der Aktion am See Genezareth ist aus den teilweise beigefügten Bescheidbegründungen auf Anhieb nicht ableitbar" deshalb nicht.

Eine Durchsicht des genannten Ordners durch das Bundesfinanzgericht ergab ergänzend die folgenden Tatsachen:

Rechnung A (Nr. 10-2245 vom )

Diese Rechnung verweist auf Materialverbrauch für April und Mai 2010. Die ihr zugeordneten Eingangsrechnungen der Vorgänger-GmbH weisen zu einem großen Teil Rechnungsdaten aus den Monaten Jänner und Februar 2010 auf. Auf den Zeitraum ab der Existenz der Bf. () entfällt nur ein kleiner Teil.

Rechnung B (Nr. 10-2641 vom )

Mit dieser Ausgangsrechnung der Vorgänger-GmbH wurden Eingangsrechnungen von insgesamt EUR 16.634,41 zuzüglich EUR 3.326,88 an Umsatzsteuer an die Bf. verrechnet. Die Textierung lautet nur "Rechnungsweiterleitung Materialverbrauch" ohne nähere Detaillierung. Mit wenigen Ausnahmen stammen alle diese durch die Bf. der Ausgangsrechnung zugeordneten Eingangsrechnungen aus den Monaten Februar und März 2010. Eine Eingangsrechnung der Vorgänger-GmbH stammt - obwohl ihre Ausgangsrechnung mit datiert ist - vom (netto EUR 1.446,00 + EUR 289,20 Umsatzsteuer). Deren Zuordnung kann damit niemals der ursprünglichen Zuordnung entsprechen.

Rechnung C (Nr. 10-3941 vom )

Diese Rechnung verweist auf Materialverbrauch für August und September 2010. Die ihr durch die Bf. in der mündlichen Verhandlung im Vorverfahren zugeordneten Eingangsrechnungen stammen aus den Monaten Juni bis September 2010.

Rechnung D (Nr. 10-4741 vom )

Diese Rechnung ist mit Rechnungsweiterleitung für Nutzung Telefon Juli 2010 textiert. Weitere Detaillierungen enthält sie nicht.

Rechnung E (Nr. 10-5251 vom )

Die Textierung dieser mit datierten Rechnung lautet nur "Überlassen der Mitarbeiter Leistungszeitraum 1.5. bis ". Das Entgelt ist mit EUR 38.906,56 und die Umsatzsteuer mit EUR 7.781,32 angegeben. Weitere Details wie etwa die Namen der Mitarbeiter etc. ergeben sich daraus nicht. Dazu wurden monatliche Summen bekannt gegeben, die aber vom verrechneten Betrag abweichen, ohne dass den Akten ein Grund dafür zu entnehmen ist.

3. Rechtliche Beurteilung

Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs. 1 BAO).

Dabei ist es an Akte mit normativem Inhalt gebunden, nicht aber an Erlässe der Finanzverwaltung, die keine subjektiven Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen begründen, worauf diese regelmäßig hinweisen. Bei Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung hat das Bundesfinanzgericht diese Normen vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten, selbst gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen sind aber bis zur Aufhebung durch dieses Höchstgericht für jedermann und damit auch die Gerichte verbindlich. Eine derartige Bindung besteht aber nur für Akte von staatlichen Organen, die einen normativen Inhalt für einen unbestimmten Adressatenkreis aufweisen. Bei Steuerrichtlinien handelt es sich - wie im Begleitschreiben zu diesen Richtlinien ausdrücklich angeführt wird - lediglich um einen Auslegungsbehelf, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt werde. Über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten könnten aus den Richtlinien nicht abgeleitet werden. Damit handelt es sich bei diesen Richtlinien um keine Akte, die einen normativen Inhalt aufweisen (vgl. ), weshalb sie gegenüber Gerichten keine Bindungswirkungen entfalten (vgl. zuletzt unter Hinweis auf V 4/2017).

3.1. Zustellung

Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind Zustellungen gem. § 98 BAO nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen. Die maßgeblichen Bestimmungen des Zustellgesetzes (kurz ZustG) lauten:

"Empfänger" ist die von der Behörde in der Zustellverfügung namentlich als solcher bezeichnete Person (§ 2 Z 1 ZustG).
"Abgabestelle" ist die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort (§ 2 Z 4 ZustG).

§ 8 ZustG
(1)
Eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, hat dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.
(2) Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch
Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

§ 13 ZustG
(1) Das Dokument ist dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen. Ist aber auf Grund einer Anordnung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichtes an eine andere Person als den Empfänger zuzustellen, so tritt diese an die Stelle des Empfängers.
(2) Bei Zustellungen durch Organe eines Zustelldienstes oder der Gemeinde darf auch an eine gegenüber dem Zustelldienst oder der Gemeinde zur Empfangnahme solcher Dokumente bevollmächtigte Person zugestellt werden, soweit dies nicht durch einen Vermerk auf dem Dokument ausgeschlossen ist.
(3) Ist der
Empfänger keine natürliche Person, so ist das Dokument einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen.
[…]

§ 17 ZustG
(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

§ 20 ZustG
(1) Verweigert der Empfänger oder ein im gemeinsamen Haushalt mit dem Empfänger lebender Ersatzempfänger die Annahme ohne Vorliegen eines gesetzlichen Grundes, so ist das Dokument an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, nach § 17 ohne die dort vorgesehene schriftliche Verständigung zu hinterlegen.
(2) Zurückgelassene Dokumente gelten damit als zugestellt.
(3) Wird dem Zusteller der Zugang zur Abgabestelle verwehrt,
verleugnet der Empfänger seine Anwesenheit, oder lässt er sich verleugnen, so gilt dies als Verweigerung der Annahme.

§ 23 ZustG
(1) Hat die Behörde auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift angeordnet, dass ein Dokument ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen ist, so ist dieses sofort bei der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes, beim Gemeindeamt oder bei der Behörde selbst zur Abholung bereitzuhalten.
(2) Die Hinterlegung ist von der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes oder vom Gemeindeamt auf dem Zustellnachweis, von der Behörde auch auf andere Weise zu beurkunden.
(3) Soweit dies zweckmäßig ist, ist der Empfänger durch eine an die angegebene inländische Abgabestelle zuzustellende schriftliche Verständigung oder durch mündliche Mitteilung an Personen, von denen der Zusteller annehmen kann, daß sie mit dem Empfänger in Verbindung treten können, von der Hinterlegung zu unterrichten.
(4) Das so hinterlegte Dokument gilt mit dem ersten Tag der Hinterlegung als zugestellt.

Von Ritz/Koran wurden in BAO7 die folgenden Regeln zusammengefasst (vgl. etwa Kommentar zu § 8 Tz 1ff, § 12 Tz 9ff und § 20 Tz 4ff):

Ist materieller Empfänger - wie hier - eine juristische Person, so kann diese oder ein nach § 13 Abs. 3 ZustG befugter Vertreter als Empfänger bezeichnet werden (Ritz/Koran, BAO7, § 2 ZustG Tz 5 unter Hinweis auf Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6, Rz 403).

Die Mitteilungspflicht des § 8 Abs. 1 ZustG besteht, wenn die Partei vom Verfahren Kenntnis hat. Kenntnis hat die Partei unter anderem dadurch, dass sie selbst durch Antragstellung ein Verfahren einleitet (z.B. ), wie dies etwa bei der Einbringung einer Beschwerde oder eines Vorlageantrages der Fall ist. Bisherige Abgabestelle ist dabei die Abgabestelle, die nach Kenntnis der Partei vom Verfahren der Behörde bzw. dem Gericht als deren Abgabestelle bekannt ist (, RZ 1986, 9; , 2 Ob 207/13z). Die Mitteilungspflicht besteht auch bei unfreiwilliger Änderung (Aufgabe) der Abgabestelle wie etwa bei gerichtlicher Delogierung (, JBl 1979, 210; ), bei Haft oder bei einem (längeren) Krankenhausaufenthalt (vgl. Stumvoll in Fasching/Konecny3, II/2, § 8 ZustG Rz 6).

Eine Änderung der Abgabestelle ist nur eine dauernde Verlegung (; , 94/01/0135; , 2002/20/0229; , 2004/20/0462), nicht aber eine bloß kurzfristige Abwesenheit wegen Urlaubes oder wegen einer Geschäftsreise (, JBl 1989, 187). Eine Änderung iSd § 8 Abs. 1 ZustG liegt aber auch dann vor, wenn eine Abgabestelle aufgegeben wird, ohne eine neue zu begründen (z.B. Oberhammer, WoBl 1994, 23, FN 27; ; , 2006/20/0035; , Ra 2016/03/0079). Auch wer obdachlos wird, hat dies mitzuteilen, weil auch die Aufgabe einer Abgabestelle eine Änderung iSd § 8 Abs. 1 ZustG darstellt (z.B. ; , 2000/20/0359; , Ra 2018/19/0708).
Die Mitteilungspflicht betrifft die bisherige Abgabestelle (Betriebsstätte, Sitz, Geschäftsraum). Die Mitteilung über die Änderung der Abgabestelle hat unverzüglich, und damit ohne schuldhaftes Zögern (z.B. ), ohne unnötigen Aufschub (-0825) zu erfolgen. Haller (ZfV 1981, 6, FN 24) schließt aus der Mindestabholfrist von zwei Wochen auf eine Maximalfrist in dieser Länge. Die Mitteilung über die Änderung der Abgabestelle ist ein Anbringen zur Erfüllung von Verpflichtungen iSd § 85 Abs. 1 BAO. Ihre Übermittlung erfolgt auf Gefahr der Partei; daher ist es zweckmäßig, sie so vorzunehmen, dass die Partei sie nachzuweisen vermag (Walter/Mayer, Zustellrecht, 45). Die Erteilung eines Nachsendeauftrages an die Post vermag die Mitteilung der neuen Abgabestelle nicht zu ersetzen ().

Wird - wie hier - eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Empfänger bezeichnet, so ist vom Zusteller § 13 Abs. 3 ZustG zu beachten (; , 2000/14/0161; , 2005/17/0281) und die Zustellung an einen zur Empfangnahme befugten Vertreter durchzuführen. Dieser zur Empfangnahme befugte Vertreter ist nicht ex lege Empfänger im zustellrechtlichen Sinn, es stünde der Behörde aber frei, auch einen individuell bestimmten "zur Empfangnahme befugten Vertreter" als Empfänger zu bezeichnen (z.B. ; , 95/15/0198; , 2004/10/0082). Im Regelfall ist es zweckmäßig, bei einer GmbH ohne gewillkürte Zustellungsbevollmächtigung als Empfänger die GmbH zu bezeichnen. Diesfalls kann die Zustellung an den Geschäftsführer oder auch an Arbeitnehmer oder Mitbewohner der GmbH erfolgen (Ersatzzustellung iSd § 16 ZustG). Auch die im § 13 Abs. 3 ZustG erwähnten Empfänger können einen Postbevollmächtigten bestellen (Walter/Mayer, Zustellrecht, 81; , ZfVB 1991/2/783).

Eine Annahmeverweigerung ist die ausdrückliche oder konkludente Ablehnung der Übernahme der Sendung (vgl. 1795, 1797/80; , 1799/80). Ein Verleugnen iSd § 20 Abs. 3 ZustG liegt sowohl dann vor, wenn die Abwesenheit geleugnet wird, wie auch dann, wenn die Unfähigkeit des Empfängers, die Sendung entgegenzunehmen, vorgetäuscht wird (Stumvoll in Fasching/Konecny3, II/2, § 20 ZustG Rz 18).

Daraus folgt, dass eine Beschwerdeführerin die Änderung ihrer Abgabestelle während eines aufrechten Beschwerdeverfahrens zu melden hat. Dabei geht es um die Meldung ihrer Abgabestelle und damit im Falle einer juristischen Person um die Meldung der Änderung ihres Sitzes, ihrer Betriebsstätte oder ihres Geschäftsraums, im Regelfall aber nicht um die Änderung der Abgabestelle ihres Vertreters.

Hier unterblieb die Mitteilung der Änderung der Abgabenstelle der Bf., obwohl sich zumindest seit Spätherbst 2023 weder ihr Geschäftsführer noch ein Arbeitnehmer der Bf. dort aufhielten. Die Bf. selbst gab der Post bekannt, dass sie bis bzw. bzw. ortsabwesend sei (vgl. Mitteilung vom ). Am wurde bekannt, dass er diese Meldung bis ausgedehnt hat. Das ist nicht bloß kurzfristig.

Auch der Geschäftsführer der Bf. meldete der Post persönliche Ortsabwesenheiten von seinem Wohnsitz zumindest für die Zeiträume " bis ", " bis " und " bis ". Das alles ohne Änderung im Firmenbuch bzw. Zentralen Melderegister. Telefonische Kontaktversuche blieben trotz einer per Fax erstatteten Eingabe im Februar 2024 erfolglos.

Damit war hier eine (neue) Abgabestelle für das Bundesfinanzgericht nicht ohne Schwierigkeiten feststellbar. Die Zustellungen waren deshalb schon aus diesem Grund durch Hinterlegungen ohne vorherigen Zustellversuch zu verfügen.

Hier wurden die Postsendungen mit dem Vermerk "ortsabwesend von … bis …" retourniert. Eine solche Rücksendung erfolgt durch die Österreichische Post AG immer dann, wenn der Empfänger eine Ortsabwesenheit bekannt gibt. Das erfordert nach Punkt 3.4.3 der von bis gültigen "Allgemeinen Geschäftsbedingungen Brief National" der Österreichischen Post AG (abgerufen unter https://www.post.at/i/c/agb-brief am ) nur eine persönliche oder per Online erstattete Erklärung und ist an keinerlei Nachweise oder Behauptungen gebunden. Von der Post wird das wie folgt "beworben":

"Keine behördlichen Fristen mehr versäumen
Wollen Sie sicherstellen, dass Sie keine behördlichen Fristen versäumen? Dann teilen Sie uns ihre Ortsabwesenheit mit. Dadurch werden RSa- und RSb-Briefe, die während ihrer Abwesenheit für Sie einlangen, an den*die Absender*in mit dem Vermerk "ortsabwesend" retourniert. In weiterer Folge sendet die Behörde das Schriftstück nach Ablauf ihrer Ortsabwesenheit erneut an Sie. Dadurch beginnt die Frist erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen. Wenn auch Sie eine Ortsabwesenheitserklärung melden wollen, können Sie diese für eine maximale Laufzeit von einem Jahr beantragen."

Hier kommt dazu, dass der Geschäftsführer der Bf. zwischendurch mit Fax vom reagierte. Dabei nahm er Bezug auf eine "Ladung für die mündliche Verhandlung betreffend RV/6100256/2021 für den ", die ungeöffnet mit dem Vermerk der Ortsabwesenheit retourniert worden war. Diese Ladung wurde zwar im Vertagungsbeschluss zu dieser Verhandlung erwähnt, über deren Verbleib weiß das Bundesfinanzgericht allerdings nichts, da weder ein Rückschein noch die Sendung selbst rücklangten. Aus der Bezugnahme auf die Verhandlung muss allerdings geschlossen werden, dass sich irgendjemand an der Anschrift der Bf. aufgehalten haben muss. Das spricht gegen eine durchgängige Ortsabwesenheit und deutet wie auch die ständige Verlängerung der Ortsabwesenheitsbekanntgabe darauf hin, dass die Bf. die Abwesenheit ihrer Vertreter nur vortäuscht.

Aus all diesen Gründen wurden sowohl die Ladung wie auch die Aufforderung eine allfällige Verhandlungsunfähigkeit des Geschäftsführers nachzuweisen wirksam zugestellt.

3.2 Schätzung

Gem. § 184 BAO in Verbindung mit § 2a BAO hat das Bundesfinanzgericht die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, wenn sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen wesentlich sind. Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Die Befugnis (Verpflichtung) zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen (Stoll, BAO, 1912; ; , 2002/16/0255; , 2001/13/0022; , 2002/15/0174; , 2008/15/0027; vgl , Schätzung als ultima ratio). Auch im Schätzungsverfahren besteht die Mitwirkungspflicht der Partei (; , 2008/15/0017).

Ritz (Ritz, BAO6, § 184 Tz 3 ff) fasste zusammen, dass das Ziel der Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen (Hinweis auf ; , 2009/17/0119 bis 0122; , 2007/15/0265; , 2008/15/0122), somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (; , 2012/13/0068). Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent (; , 97/15/0076; , 95/16/0222; , 2000/14/0166; , 2009/17/0127; , Ro 2014/13/0022). Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen (; , 98/14/0026; , 96/14/0111; , 2009/17/0119 bis 0122).

Auch vom deutschen Bundesfinanzhof wurde klargestellt, dass bei der Höhe der Schätzung eine Schätzungsmethode zu wählen ist, die die größte Gewähr dafür bietet, mit einem zumutbaren Aufwand das wahrscheinlichste Ergebnis zu erzielen. Bei der Schätzung nach Wahrscheinlichkeitsgrundsätzen besteht eine Bandbreite möglicher Wertansätze (Schätzungsrahmen). Der Schätzungsrahmen ist umso größer, je ungesicherter das Tatsachenmaterial ist, auf dem die Schätzung basiert. Der Steuerpflichtige hat keinen Anspruch darauf, dass sich die Schätzung an dem Ende des Rahmenbereiches bewegt, der für ihn am günstigsten ist. Der seine Mitwirkungspflicht verletzende Steuerpflichtige soll nicht besser stehen als derjenige, der die Besteuerungsgrundlagen ordnungsgemäß aufzeichnet und erklärt. Bei groben Pflichtverletzungen kann sich das Finanzamt daher auch an der Grenze des Schätzungsrahmens orientieren, die für den Steuerpflichtigen ungünstiger ist (vgl. etwa BFH , IV R 67/99, BStBl II 2001, 484).

Hier verweigerte der Bf. die Mitwirkung an der Zuordnung der Eingangsrechnungen der Vorgänger-GmbH zu deren Ausgangsleistungen sowie die Zuordnung dieser Eingangsrechnungen zur ihren eigenen Ausgangsleistungen, zu der er zuletzt noch einmal in der Ladung zur mündlichen Verhandlung aufgefordert wurde. Diese Zuordnung konnte damit nur im Schätzungswege erfolgen.

3.3 Vorsteuerabzug

Strittig ist hier der Vorsteuerabzug aus fünf Rechnungen in Höhe von insgesamt 24.330,60 (siehe oben). Zu den Rechtsgrundlagen wird auch auf die oben schon erwähnten Entscheidungen des Bundesfinanzgerichts und auf verwiesen.

Gem. § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 in der 2010 gültigen Fassung kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 UStG 1994) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Wurde die Lieferung oder die sonstige Leistung an einen Unternehmer ausgeführt, der wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht, entfällt das Recht auf Vorsteuerabzug. Dies gilt insbesondere auch, wenn ein solches Finanzvergehen einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betrifft.

Vom Höchstgericht wurde - im Einklang mit der aktuellen ständigen Rechtsprechung - unter anderem festgehalten, dass mit , Barlis 06, entschieden wurde, dass eine Rechnung nach Art. 226 Nr. 6 der Richtlinie 2006/112 die Angabe von Umfang und Art der erbrachten Dienstleistungen enthalten muss. Der Wortlaut der Bestimmung impliziert, dass es erforderlich ist, Umfang und Art der erbrachten Dienstleistungen zu präzisieren. Die Angaben sollen es den Steuerverwaltungen ermöglichen, die Entrichtung der geschuldeten Steuer und gegebenenfalls das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts zu kontrollieren (Rn. 17ff). Dabei darf das Recht auf Vorsteuerabzug nicht allein deswegen verweigert werden, weil eine Rechnung nicht die in Art. 226 Nr. 6 der Richtlinie 2006/112 aufgestellten Voraussetzungen erfüllt, wenn sie über sämtliche Daten verfügt, um zu prüfen, ob die für dieses Recht geltenden materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. In diesem Fall ist die Prüfung nicht auf die Rechnung selbst zu beschränken. Sie hat auch die vom Steuerpflichtigen beigebrachten zusätzlichen Informationen zu berücksichtigen (Rn. 42 bis 44 des Urteils in der Rechtssache Barlis 06).

Zu den materiellen Voraussetzungen für die Entstehung des Vorsteuerabzugsrechts geht aus Art. 17 Abs. 2 lit. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 168 lit. a der Richtlinie 2006/112) hervor, dass die zur Begründung dieses Rechts angeführten Gegenstände oder Dienstleistungen vom Steuerpflichtigen auf einer nachfolgenden Umsatzstufe für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden und dass diese Gegenstände oder Dienstleistungen auf einer vorausgehenden Umsatzstufe von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden (vgl. , PPUH Stehcemp, Rn. 28).

Daraus ergibt sich eine gedankliche Verknüpfung dieser beiden Umsatzstufen, die impliziert, dass ihr Zusammenhang ausreichend nachvollziehbar sein muss und im Zweifelsfall durch den Unternehmer, der den Vorsteuerabzug begehrt, nachgewiesen werden muss. Verhindert der Verstoß gegen die formellen Anforderungen den sicheren Nachweis, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden, so ist der Vorsteuerabzug zu verweigern ().

Das gilt auch, wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststeht, dass dieses Recht in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht wird (vgl. z.B. Astone, C-332/15, Rn. 46 und 50; ). Verstöße gegen die formellen Pflichten könnten sogar eine Steuerhinterziehung belegen, in dem der Steuerpflichtige seinen formellen Pflichten vorsätzlich nicht nachkommt, um der Entrichtung der Steuer zu entgehen (vgl. z.B. Dobre, C-159/17, Rn. 40). Wusste der Steuerpflichtige, dass er mit seinem Erwerb an einem Umsatz teilnahm, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war, oder hätte er dies wissen müssen, so ist der Vorsteuerabzug zu verweigern ( unter Hinweis auf Maks Pen, C-18/13, Rn. 27; ).

Dabei ist zu beachten, dass der Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer wie das Recht auf Vorsteuerabzug der Einhaltung sowohl materieller als auch formeller Anforderungen und Bedingungen unterliegt (, Volkswagen). Art. 178 Buchst. a MwStSystRL sieht vor, dass der Steuerpflichtige für den Vorsteuerabzug nach Art. 168 Buchst. a MwStSystRL eine entsprechend ausgestellte Rechnung besitzen muss. Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Vorsteuerabzug vom Vorliegen einer Rechnung abhängig gemacht werden kann, hat der EuGH etwa auch in der Rs "Terra Baubedarf" (, C-152/02) festgehalten, dass der Vorsteuerabzug den Besitz eines Rechnungsdokuments voraussetzt und daher erst in jenem Erklärungszeitraum zusteht, in dem die Leistung bewirkt und der Steuerpflichtige im Besitz der Rechnung ist (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 12 UStG Rz 42/1).

Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht zwar grundsätzlich gleichzeitig mit dem Steueranspruch, seine Ausübung ist aber erst möglich, sobald der Steuerpflichtige im Besitz einer Rechnung ist (, Wilo Salmson France SAS). Liegt noch keine Rechnung vor, ist ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen (vgl. auch Huber/Lacha in SWK 19/2022, 815). Die Verwaltungsübung geht dabei davon aus, dass für den Vorsteuerabzug der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung maßgeblich ist. Nur dann, wenn eine im Veranlagungszeitraum ausgestellte Rechnung so verspätet beim Leistungsempfänger einlangt, dass er sie bei der Erklärung für den Veranlagungszeitraum nicht mehr berücksichtigen kann, ist es nicht zu beanstanden, nach Anmerkung des Datums des Einlangens auf der Rechnung den Vorsteuerabzug für den Veranlagungszeitraum des Einlangens zu berücksichtigen. In anderen Fällen geht die Verwaltung also davon aus, dass der Vorsteuerabzug im Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung durch den Leistenden zusteht und nicht erst im Zeitpunkt des Einlangens beim Leistungsempfänger (vgl. UStR 2000 Rz 1816).

Die Bf verweigerte - trotz mehrmaliger Aufforderung durch FA und Bundesfinanzgericht und entsprechender Ausführungen des FA im hier zu beurteilenden Bescheid sowie der Beschwerdevorentscheidung - jede Mitwirkung bei der Zuordnung der an sie durch die Vorgänger-GmbH verrechneten Vorleistungen zu ihren Ausgangsleistungen. Obwohl es sich bei der Vorgänger-GmbH und der Bf. um "Angehörige" im Sinne der steuerrechtlichen Judikatur handelt, für die ein besonderer Beweismaßstab gilt, fehlen jegliche Verträge und Vereinbarungen. Die Geschäftsbeziehung ist nicht ausreichend dokumentiert und für einen außenstehenden Dritten erkennbar und nachvollziehbar sowie klar und jeden Zweifel ausschließend gestaltet. Es ist deshalb nicht ausreichend sichergestellt, dass die verrechneten Vorleistungen tatsächlich mit Ausgangsleistungen der Bf. in Zusammenhang stehen. Mangels jeglicher Mitwirkung bleibt zur Berücksichtigung dieser Unsicherheit nur die Zuordnung im Schätzungswege.

Die berücksichtigt auch die im bekämpften Bescheid geäußerten Bedenken des Finanzamtes in seinem Erstbescheid bzw. der Beschwerdevorentscheidung, auf die hier verwiesen sei. So ist evident, dass in den verrechneten Leistungen auch Vorleistungen enthalten sind, die aus der Zeit vor der Gründung der Bf. Mitte April 2010 stammen, in der Vorleistungen an sie nicht denkbar sind (siehe unten). Weiters weisen einzelne Eingangsrechnungen der Vorgänger-GmbH als Rechnungsadressaten die Bf. selbst aus, was eine neuerliche Verrechnung unmöglich macht. Die Vorgänger-GmbH fakturierte jedenfalls bis Juli 2010 noch selbst Ausgangsleistungen und erklärte bis gegen Ende des Streitzeitraumes Umsätze. Bei Vorprüfungen wurde rechtskräftig festgestellt, dass sie nicht alle Ausgangsleistungen auch steuerlich erfasste. Das ist auch für den Streitzeitraum nicht auszuschließen, in dem es in großer Anzahl Doppelfakturierungen durch die Bf. und die Vorgänger-GmbH gab, bei denen vom Finanzamt erst aufwendig geklärt werden musste, welche Dokumente tatsächlich an die Kunden übermittelt wurden. Hier sind weitere Unregelmäßigkeiten nicht auszuschließen und bleibt unsicher, ob die mit den Eingangsrechnungen der Vorgänger-GmbH verrechneten Leistungen tatsächlich in die Ausgangsleistungen der Bf. einflossen.

Dazu kommt, dass vom Bundesfinanzgericht festgestellt wurde, dass die Bf. erst ab September 2010 über einen Gewerbeschein verfügte, wohingegen die Vorgänger-GmbH bis 2013 gewerbeberechtigt war.

Wie erwähnt, wurde die Bf. erst mit der Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft vom errichtet. Kapitalgesellschaften erlangen ihre Unternehmereigenschaft frühestens in dem Zeitpunkt, in dem der Gesellschaftsvertrag abgeschlossen ist und die (zu gründende) Gesellschaft eine nach außen hin in Erscheinung tretende Tätigkeit entfaltet. Nach außen in Erscheinung tritt die künftige Gesellschaft etwa ab der Eröffnung eines Bankkontos (Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz (Hrsg), UStG5, § 2 UStG Rz 139 unter Hinweis auf ; , 84/13/0239; , 95/13/0125; ; Werndl, ÖStZ 1977, 145; vgl. auch Werndl, Zum Vorsteuerabzug der GmbH aus den Leistungen an die Vorgründungsgesellschaft und die Gründungsgesellschaft, RdW 1984, 323).
Die Bf. war damit frühestens ab dem existent und konnte deshalb bis dahin auch keine Leistungen in Auftrag geben oder empfangen. Eine allenfalls vor der Gesellschaftsvertragserrichtung bestehende Vorgründungsgesellschaft wäre nicht mit der späteren Kapitalgesellschaft identisch (). Würden somit in diesem Stadium Wirtschaftsgüter oder Leistungen erworben, wäre der Leistungsempfänger nicht die erst später errichtete Kapitalgesellschaft. Ihr stünde dafür kein Vorsteuerabzug zu.

Entscheidend für den Vorsteuerabzug ist weiters, dass die Eingangsumsätze der Bf. aus den Rechnungen der Vorgänger-GmbH mit den von der Bf. erklärten Ausgangsumsätzen zusammenhängen müssen (vgl. unter Hinweis auf , PPUH Stehcemp, Rn. 28).

Bei den hier strittigen Eingangsumsätzen handelt es sich nach dem Aktenstand ausschließlich um die behauptete, unveränderte, gewinnaufschlagslose Weiterverrechnung von Eingangsumsätzen der Vorgänger-GmbH, wobei sich die Zuordnung zu den Ausgangsumsätzen der Bf. nicht auf Nachweise in Form von Aufzeichnungen (z.B. Bautagebücher, Kostenrechnung, Excel-Tabellen etc.) zu stützen vermag, sondern sich nur auf die pauschale Behauptung gründet, die Vorleistungen der Vorgänger-GmbH seien alle von der Bf. für von ihr erbrachte Ausgangsleistungen konsumiert bzw. verbraucht worden.

Dies steht auch im Widerspruch zur Tatsache, dass die Bf. bis Anfang September 2010 nicht selbst über die entsprechenden Gewerbeberechtigungen verfügte, wohingegen die Vorgänger-GmbH bis August 2013 weiterhin berechtigt war, alle hier relevanten Tätigkeiten auszuüben. Zudem legte die Vorgänger-GmbH bis zumindest Juli 2010 weiterhin auch selbst Rechnungen an ***Kunde X*** und erklärte auch noch gegen Jahresende Umsätze, die die Ausgangsrechnungen an die Bf. wesentlich überstiegen. Es ist damit keineswegs erwiesen, dass die als Beilage zu den hier strittigen Ausgangsrechnungen vorgelegten Eingangsrechnungen der Vorgänger-GmbH in Verbindung mit Ausgangsumsätzen der Bf. standen. Sie können auch in Verbindung mit solchen Drittumsätzen stehen.

Dass die Vorgänger-GmbH offenbar noch bis Jahresende hin Umsätzen erklärte, deutet darauf hin, dass sie dafür jedenfalls ein gewisses Maß an Ressourcen für die eigene Verwaltung benötigte, bei denen nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie in Leistungen der Bf. als Nachfolgegesellschaft Eingang fanden. Das indiziert - vor allem bei der hier gegebenen Sachlage (zweifache Außenprüfung mit Aufdeckung von nicht offen gelegten Konten und Schwarzumsätzen) - auch die Möglichkeit, dass Eingangsumsätze der Vorgänger-GmbH von dieser weiterhin dazu benutzt wurden, um eigene Ausgangsumsätze an fremde Dritte zu tätigen. Dafür spricht vor allem die fehlende Gewerbeberechtigung der Bf. bis Anfang September 2010. Das Bundesfinanzgericht vermag keine zwingenden Gründe zu erkennen, die solche Drittumsätze auszuschließen in der Lage wären und als Nachweis dienen könnten, dass die Eingangsumsätze ausschließlich mit Ausgangsumsätzen an die Bf. in Verbindung stehen. Die bloße Behauptung der Bf. reicht dafür nicht aus.

Die Bf. war trotz mehrmaliger Aufforderung durch das FA und trotz diesbezüglicher Hinweise in der Beschwerdevorentscheidung nicht bereit, diese Widersprüche entsprechend aufzuklären, obwohl sie aufgrund der personellen Verflechtungen (Identität des Geschäftsführers und Naheverhältnis zwischen den Gesellschaftern und dem Geschäftsführer) zur erhöhten Mitwirkung sowie zur Einhaltung der Voraussetzungen für die Anerkennung von Geschäftsverbindungen im Sinne der Angehörigenjudikatur verpflichtet gewesen wäre. Auch eine Aufklärung in der von der Bf. selbst beantragten mündlichen Verhandlung war nicht möglich, da die Bf. bzw. deren Geschäftsführer die Zustellung entsprechender Ladungen zu vereiteln versuchte und nicht erschien.

Damit fehlt hier jede dokumentierte, jeden Zweifel ausschließende und ausreichend nachvollziehbare Vereinbarung über die Übernahme von Aufträgen. Unklar bleibt nicht nur, welche Aufträge wirklich übertragen worden sein sollen, sondern auch, warum - zumindest bis August 2024 - Auftraggeber bereit gewesen sein sollten, einen neuen Auftragnehmer zu akzeptieren, der nicht über eine Gewerbeberechtigung verfügte. Eine solche Vorgangsweise ist gerade in der Baubranche mehr als unüblich und sehr auffällig.

Daraus ergibt sich die folgende Würdigung der fünf strittigen Rechnungen:

  1. Aufgrund der sehr großen Unsicherheit zu Beginn der Tätigkeit erfolgt die Schätzung der Vorsteuern aus der Rechnung A mit 0%. Abgesehen davon, dass sich der in dieser Rechnung angegebene Leistungszeitraum nicht mit dem Datum der Eingangsrechnungen deckt, werden dieses Vorsteuern nicht anerkannt, da die Vorgänger GmbH selbst noch Ausgangsrechnungen erstellte sowie die Bf. noch nicht über eine Gewerbeberechtigung verfügte und erst Mitte April gegründet wurde. Eine Zuordnung der von der Bf. dieser Rechnung beigeschlossenen Eingangsrechnungen zu Ausgangsleistungen der Bf. kann nicht als erwiesen beurteilt werden, da diese Eingangsrechnungen alle lange vor der Gründung der Bf. erstellt wurden und somit noch nicht von ihr in Auftrag gegeben worden sein können. Die Wahrscheinlichkeit spricht ganz überwiegend dafür, dass diese Leistungen vielmehr in Ausgangsleistungen der Vorgänger-GmbH einflossen, die diese selbst an Drittkunden erbrachte und mit ihnen abrechnete. Diese Vorsteuern können damit mangels Nachweises der Zuordnung zu Ausgangsleistungen der Bf. nicht anerkannt werden.

  2. Das gilt auch für die Vorsteuern aus der Rechnung B. Bei dieser Rechnung fehlt zudem jedweder Hinweis auf den Leistungszeitraum. Auch hier ist ein Konnex zwischen den vorgelegten Eingangsrechnungen und dieser Rechnung nicht mit ausreichender Sicherheit herstellbar. Viele Jahre später nachträglich erstellte Excel-Liste können eine entsprechende Dokumentation vor allem bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen nicht ersetzen. Die Eingangsrechnungen sind alt und fallen in eine Zeit, über die die Vorgänger-GmbH noch selbst mit Drittkunden abrechnete.

  3. Die Anerkennung der Vorsteuern aus der Rechnung C erfolgt im Schätzungswege zu 100%, da hier keine eigenen Fakturierungen der Vorgänger-GmbH erkennbar sind.

  4. Der erkennende Senat kommt zum Schluss, dass die Rechnung E im Streitzeitraum überhaupt noch nicht existierte. Dafür spricht, dass sie im Rechenwerk der Vorgänger-GmbH zumindest bis Oktober 2012 nicht erfasst wurde (Aktenvermerk Prüfer), sowie die Textierung der Berufung von August 2012. Diese deutet klar darauf hin, dass die Abrechnung der Mitarbeiterleistungen erst im Zuge der Prüfung aktuell wurde und dass zumindest diese Rechnung im Jahr 2010 noch nicht existierte und damit auch nicht vorgelegen sein kann. Mangels Existenz eines entsprechenden Abrechnungsbeleges ist damit im Jahr 2010 ein Vorsteuerabzug von vornherein auszuschließen.

Zusammengefasst ergeben sich die anzuerkennenden Vorsteuern aus diesen fünf Rechnung damit mit EUR 5.693,70 und setzen sich wie folgt zusammen. Diese Vorsteuern sind bei der Umsatzsteuerfestsetzung 2010 zusätzlich zu den bisher anerkannten Vorsteuern zu berücksichtigen.

Die Bf. hat sich diese Schätzung selbst zuzuschreiben, da sie jede Mitwirkung verweigerte.

3.4. Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, liegt im Allgemeinen dann nicht vor, wenn sich das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung auf einen eindeutigen Gesetzeswortlaut zu stützen vermag ( mit weiteren Nachweisen) bzw. die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).

Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf (vgl. mit weiteren Nachweisen).

Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die anzuwendenden Normen sind klar und eindeutig.

Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 8 Abs. 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100256.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at