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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.04.2024, RV/5100839/2023

Steuerfreistellung ausländischer Bezugsfortzahlungen (Urlaubsentgelt) nach Wechsel der Ansässigkeit von den USA nach Österreich

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich über die Bescheidbeschwerde vom der ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Kudlichstraße 41, 4020 Linz, gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 vom des Finanzamtes Österreich, Steuernummer ***BF1StNr1***

zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist seit 2012 bei der G1 GmbH in Linz angestellt. Mit Entsendungsvertrag vom Juli 2016 wurde die Bf. mit Wirksamkeit vom Oktober 2016 innerhalb des G- Konzerns zur G- Texas LLC, USA, entsandt. Juristischer Arbeitgeber blieb die G1 GmbH. Die G- Texas LLC trug den gesamten Lohnaufwand der Bf. und führte als wirtschaftlicher Arbeitgeber nach US-amerikanischen Recht, die laufende Lohnsteuer an die US-Steuerbehörde ab. Die Bf. versteuerte während der gesamten Entsendung ihr Einkommen auf Grund der von der steuerlichen Vertretung eingereichten US-Steuererklärungen in den USA.

Gleichzeitig mit der Bf. ist auch ihr Ehegatte, A. mit in die USA übersiedelt und nahm ebenfalls eine Beschäftigung bei der G- Texas LLC auf. Die Ehegatten gaben mit dem Wegzug in die USA ihren bisherigen Wohnsitz in Österreich auf. Die Wohnmöglichkeit in ihrem Einfamilienhaus wurde durch Abmeldung der Energielieferverträge (Strom, Gas) und der Gebäudeversicherungen sowie Einlagerung der Einrichtungsgegenstände ausgeschlossen. Es erfolgte eine amtliche Abmeldung des Wohnsitzes in O1. mit dem Wegzug in die USA mit Oktober 2016.

Mit Vereinbarung vom September 2019 wurde die Entsendung der Bf. zur G- Texas mit Wirksamkeit vom beendet. Das bestehende Dienstverhältnis zum juristischen Arbeitgeber, der G1 GmbH, war von der Beendigung der Konzernentsendung nicht berührt und bestand weiter. Die Bf. nahm daher mit 1. Juni dieses Jahres wieder ihre Berufstätigkeit bei der G1 GmbH in Linz auf.

Die Bf. und ihr Ehegatte sind Ende Dezember 2019 nach Österreich zurückgekehrt und begründeten in ihrem Einfamilienhaus in O1. wieder einen Wohnsitz. Die amtliche Hauptwohnsitzmeldung erfolgte mit . Im Zeitraum vom bis verbrauchte die Bf. nachweislich ihren Resturlaub sowie Arbeitszeitguthaben (drei Arbeitstage) aus Vorjahren. Sie erhielt auf Grund des Entgeltfortzahlungsanspruches während Urlaubs und Zeitausgleiches ihre Bezüge aus der noch aufrechten Arbeitsentsendung zur G- Texas weiterbezahlt. Dieser sogenannte "Nichtleistungslohn" wurde im Rahmen der Konzernleistungsverrechnung wirtschaftlich von der G- Texas getragen und dafür Lohnsteuer in den USA abgeführt. Die Bf. hat diese nichtselbständigen Einkünfte (Brutto $ 90.997) in ihrer US-Abgabenerklärungen angeführt und in den USA versteuert (Total Tax $ 15.914).

Nach Einreichung der Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2020 forderte das Finanzamt (FA) die Bf. mit Vorhalt vom zur detaillierten Darlegung und Nachweisführung betreffend die Auslandseinkünfte aus ihrer Entsendung im Zeitraum 1.1. bis auf. Diesem Verlangen entsprach die Bf. mit dem Schreiben der steuerlichen Vertreterin (StV) vom und wurde der Abgabenbehörde unter Belegnachweise folgender Sachverhalt mitgeteilt:

"Unsere Mandantin war bis von der G1 GmbH in die USA zur G- Texas LLC entsendet. Im Anschluss an die Entsendung in die USA war unsere Mandantin wieder in Österreich für die G1 GmbH tätig. Ein neuer Dienstvertrag wurde in diesem Zusammenhang nicht abgeschlossen.

Die Entsendevereinbarung zwischen unserer Mandantin und ihrem Arbeitgeber war bis aufrecht. Unsere Mandantin hatte bis Anfang 2020 keinen Wohnsitz in Österreich und unterlag bis zu diesem Zeitpunkt dem ausschließlichen Besteuerungsrecht der USA (DBA-rechtlicher Ansässigkeitsstaat). Im Jänner 2020 war unsere Mandantin wieder nach Österreich zurückgekehrt und sie hat bis Ende Mai ihren - auf die Tätigkeit in den USA entfallenden - Resturlaub konsumiert.

Da es sich bei den Bezügen (für den Resturlaub) laut Lohnzettel um bereits im früheren Ansässigkeitsstaat USA erdiente Leistungen (aus der Entsendung zur G- Texas LLC) handelt, hat Österreich abkommensrechtlich kein Besteuerungsrecht an diesen Bezügen (so auch das BMF in EAS 3290) und haben bei der Veranlagung 2020 diese Auslandsbezüge außer Betracht zu bleiben (Steuerfreistellung)."

Das FA wich von der Erklärung der Bf. ab und setzt im Einkommensteuerbescheid 2020 vom beide Bezüge - die Entgeltfortzahlungen der G- Texas betreffend den Zeitraum 1.1. bis und die Bezüge nach Wiederaufnahme der Tätigkeit bei der G1 GmbH Linz vom 1.6. bis - als steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit an. Zusätzlich wurden die Auslandsbezüge von der G- Texas (€ 63.706) zur Progression herangezogen.

Dem Vorbringen der Bf., dass Österreich kein Besteuerungsrecht an den Entgeltfortzahlungen betreffend den Verbrauch des Resturlaubes aus der Tätigkeit bei der G- Texas habe, wurde folgende Begründung entgegengehalten:

"Gemäß § 1 Abs 2 EStG 1988 unterliegen natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, mit all ihren in- und ausländischen Einkünften, wozu gemäß § 2 Abs 3 Z 4 EStG 1988 auch die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gehören, der Einkommensteuer. Sie hatten im Jahr 2020 ihren Wohnsitz in Österreich und unterliegt somit mit ihrem gesamten Welteinkommen - und damit nicht nur mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit mit Inlandsbezug, sondern auch mit der für die Tätigkeit in den USA erhaltenen laufenden Bezüge - der österreichischen Einkommensteuer. Doppelbesteuerungsabkommen entfalten nur insofern eine Schrankenwirkung, als sie die sich aus innerstaatlichem Steuerrecht ergebende Steuerpflicht begrenzen. Die Steuerpflicht ist daher zunächst nach innerstaatlichem Recht zu beurteilen und erst im nächsten Schritt ist die Besteuerung nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zu prüfen ().

Nach Artikel 15 Absatz 1 DBA-USA dürfen, vorbehaltlich der Artikel 18 bis 19, Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden.

Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass die im Jahr 2020 ausbezahlten Bruttobezüge iHv € 77.128 Ausfluss aus dem Entsendevertrag in die USA darstellen. Unbestritten ist weiters, dass seit der Tätigkeitsort nicht mehr in den USA liegt und zu diesem Zeitpunkt auch der Wohnsitz in den USA aufgegeben und nach Österreich zurückverlegt wurde. Die DBA-rechtliche Ansässigkeit befindet sich seit daher wieder in Österreich. Das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates (= Österreich) wird weder durch eine allfällige Ansässigkeit des Arbeitgebers im anderen DBA-Partnerstaat, noch dadurch beeinträchtigt, dass die Arbeit nicht im Ansässigkeitsstaat (des Arbeitnehmers), sondern in Drittstaaten ausgeübt wird (Loukota/Jirousek/Schmidjell-Dommes/Daurer, Internationales Steuerrecht 1/1 Z 15). Da mit kein Tätigkeitsort in den USA mehr vorlag, fällt das Besteuerungsrecht für die gesamten laufenden Bezüge von bis dem Ansässigkeitsstaat Österreich zu. Ob die Tätigkeit tatsächlich im Ansässigkeitsstaat ausgeübt oder, wie im vorliegenden Fall, durch die Konsumation von Resturlaub nur fingiert wird, ist nicht von Relevanz. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Es wird seitens der Abgabenbehörde darauf hingewiesen, dass die in den USA zu Unrecht abgeführte Steuer im Wege eines Rückerstattungsverfahrens in den USA zurückzufordern ist. Eine Anrechnung der amerikanischen Steuer auf die österreichische ist nicht möglich, da Österreich das alleinige Besteuerungsrecht für diese Bezüge hat."

Der Einkommensteuerbescheid 2020 vom wurde vom FA gemäß § 299 BAO aufgehoben und durch den geänderten Einkommensteuerbescheid 2020 vom ersetzt. In diesem sind die Auslandseinkünfte (Bezüge aus Entgeltfortzahlung der G- Texas von 1.1. bis ) nicht mehr zur Progression herangezogen worden.

Die Bf. erhob durch ihre StV gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 mit Anbringen vom rechtzeitig und formgerecht Bescheidbeschwerde. Es wurde beantragt die Einkommensteuer entsprechend der am eingebrachten Einkommensteuererklärung unter Berücksichtigung des Pendlerpauschales von € 861 und des Pendlereuros iHv € 38,50 festzusetzen (mit Abgabengutschrift -€ 3.242). Zur Begründung brachte die Bf. Folgendes vor:

"Die während der Entsendedauer von bis einschließlich angefallenen Personalkosten wurden von der G- Texas LLC als wirtschaftlicher Arbeitgeber getragen und unterlagen zu 100 % der US-Besteuerung. So unterlagen auch die Bezüge für den Zeitraum bis weiterhin der US-Besteuerung (siehe US-Steuererklärung von 2020). Ab nahm die Bf. die Tätigkeit für die G1 GmbH in Österreich wieder auf.

Mittels Einkommensteuerbescheid 2020 vom unterwirft die Finanzbehörde das im Zeitraum von bis bezogene Einkommen (= Gehaltsfortzahlungen auf Grund Verbrauches des Resturlaubes während des aufrechten Entsendevertrages zur G- Texas LLC) der vollen inländischen Besteuerung und bewirkt somit eine Doppelbesteuerung der genannten Bezüge. Eine Vermeidung der Doppelbesteuerung, wie im Art 22 DBA Österreich/USA vorgesehen, wurde von der Finanzbehörde verweigert.

Weil sich die DBA-rechtliche Ansässigkeit seit wieder in Österreich befinde, vermeint die Finanzbehörde, dass das Besteuerungsrecht für die gesamten laufenden Bezüge des Jahres 2020- auch für die Entgeltfortzahlungen während der aufrechten Entsendung in die USA - dem Ansässigkeitsstaat Österreich zufalle. Außerdem sei die in den USA entrichtete Einkommensteuer nicht auf die österreichische Steuerlast anzurechnen, da diese Steuer mangels eines Besteuerungsrechtes der USA zu Unrecht geleistet worden wäre.

Zum Besteuerungsrecht am Urlaubsentgelt aus Ansprüchen vor Verlagerung der Ansässigkeit:

Das Besteuerungsrecht an den während des Urlaubsverbrauchs gewährten Entgelten (Urlaubsentgelt) steht jedenfalls dem Staat zu, der die Einkünfte aus der aktiven Tätigkeit, die der Entstehung des Urlaubsanspruchs zugrunde liegt, besteuern darf. Da der Urlaubsanspruch unstrittig ausschließlich aus der in den USA ausgeübten Tätigkeit resultiert, unterliegen die vorliegenden Urlaubsentgelte nach dem Kausalitätsprinzip, das insoweit das Zuflussprinzip verdrängt, dem Besteuerungsrecht der USA. Aus der von der Finanzbehörde zitierten Quelle geht ebenfalls hervor, dass dem Arbeitsausübungsstaat grundsätzlich das Recht auf Besteuerung der Arbeitseinkünfte zusteht. Es ist hierbei unerheblich, ob der Empfänger dieser Einkünfte im Zahlungszeitpunkt noch im Arbeitsausübungsstaat ansässig ist oder nicht. Es ist einzig und allein entscheidend, ob die betreffenden Zahlungen als Entgelt für die im Arbeitsausübungsstaat erbrachten Arbeitsleistungen anzusehen sind. Nach Auffassung des BMF sind alle jene Zahlungen kausal mit der Tätigkeit als Dienstnehmer verknüpft, die - bei Wegdenken dieser Tätigkeit - nicht angefallen wären (Loukota/Jirousek/ Schmidjell-Dommes/Daurer, Internationales Steuerrecht 1/1 Z 15 Rz 31-32). Auch Gehaltsfortzahlungen die während einerDienstfreistellung wegen Beendigung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist geleistet werden, werden als mit der seinerzeitigen aktiven Dienstleistung kausal verbunden angesehen. Verlegt daher ein in einem Vertragsstaat ansässiger Arbeitnehmer aus Anlass der vorzeitigen Beendigung des Dienstvertrags seinen Wohnsitz in den anderen Vertragsstaat und werden ihm die Gehälter bis zum vertraglich vorgesehenen Ablauf des Dienstverhältnisses weitergezahlt, so steht das Besteuerungsrecht an den Gehaltsfortzahlungen dem Staat zu, der auch hinsichtlich die Bezüge aus der aktiven Tätigkeit besteuerungsberechtigt war (VwGH, , 2012/15/0128 sowie Loukota/Jirousek/ Schmidjell-Dommes/Daurer, Internationales Steuerrecht 1/1 Z 15 Rz 35).

Unsere Mandantin hat nach Beendigung ihrer physischen Tätigkeit in den USA und nach Verlegung der Ansässigkeit nach Österreich ihren Resturlaub aus Vorjahren konsumiert. Der Grundsatz der Kausalität gilt auch für Entgeltfortzahlungen, sodass der in Österreich konsumierte Resturlaub im Zeitraum bis kausal mit der aktiven Tätigkeit beim wirtschaftlichen Arbeitgeber - G- Texas LLC - verbunden ist. Ohne die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit in Texas (USA) hätte unsere Mandantin keinen Anspruch auf jenen Urlaub aus Vorjahren, welchen sie von bis in Österreich konsumiert hat. Das Besteuerungsrecht an einer Entgeltfortzahlung wegen Urlaubs muss jenem Staat zustehen, in dem der Urlaubsanspruch erdient wurde und nicht jenem Staat, in dem der Arbeitnehmer sich während seines Urlaubes physisch aufhält. Zusammenfassend muss jenem Staat das ausschließliche Besteuerungsrecht an den nachträglichen Zahlungen zugewiesen werden, dem auch das Besteuerungsrecht an den Zahlungen für die aktive Tätigkeit zugekommen ist. Das ist der damalige Ansässigkeits- und Arbeitsverrichtungsstaat USA. Die Verlagerung der Ansässigkeit führt beiArbeitseinkünfte, die nach dem Kausalitätsprinzip dem früheren Vertragsstaat zuzurechnen sind, zu keinem Besteuerungsrecht des im Zuflusszeitpunkt bestehenden anderen Ansässigkeitsstaates.

Das BMF hat sich im Rahmen seiner EAS-Auskünfte mehrmals mit der Frage beschäftigt, wie Einkünfte, die vor Begründung der Ansässigkeit in Österreich im Ausland erarbeitet wurden, die aber erst nach der Ansässigkeitsverlagerung nach Österreich zugeflossen sind, DBA-rechtlich zu behandeln sind (vgl dazu auch Englmair in Aigner/Kofler/Tumpel [Hrsg], DBA-Kommentar, 2. Aufl 2019, Art 23b, I. Grundsätze der Anrechnungsmethode [Rz 45]). Nach den EAS 1478, 2041 und 3290 sind Einkünfte, die vor der Ansässigkeitsverlagerung nach Österreich im Ausland erarbeitet wurden, aber erst nach dem Zuzug nach Österreich zufließen, von der inländischen Besteuerung freizustellen (z.B. Aktienoptionsgewinn, ebenso Abfertigung nach Rückkehr von den USA, bzw Italien nach Österreich). Dies gilt demnach ausdrücklich unabhängig davon, ob im betreffenden DBA die Anrechnungs- oder die Freistellungsmethode festgelegt ist.

Unsere Mandantin beantragt zudem die Berücksichtigung des aliquoten großen Pendlerpauschales bis 40km in Höhe von € 861,00 sowie des Pendlereuros iHv € 38,50 (Auszug aus dem Pendlerrechner liegt bei)."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen. Der von der Bf. dargelegte Sachverhalt sei vollständig nachgewiesen, somit unstrittig und entspräche dem vom FA in der BVE festgestellten Sachverhalt. Zu rechtlichen Begründung, weshalb die in den USA versteuerten Entgeltfortzahlungen der G- Texas im Zeitraum bis betreffend den Verbrauch des Resturlaubes aus Urlaubsvorjahren, in Österreich steuerpflichtig sind, wurde ausgeführt:

"Ob die Tätigkeit tatsächlich im Ansässigkeitsstaat ausgeübt oder wie im vorliegenden Fall durch die Konsumation von Resturlaub nur fingiert wird, ist nicht von Relevanz.

Die Bf. betont zwar richtig im Beschwerdevorbringen, dass Einkünfte, die vor der Ansässigkeitsverlagerung nach Österreich im Ausland erarbeitet wurden, aber erst nach dem Zuzug nach Österreich zufließen, von der inländischen Besteuerung freizustellen sind. Gerade diese aufgegriffene Thematik ist auch Gegenstand der zitierten EAS 1478 und 3290, steht jedoch sachverhaltsmäßig in keinerlei Zusammenhang mit dem vorliegenden Fall.

Die Bf. verkennt die Lage dahingehend, dass Nachzahlungen für eine frühere aktive Tätigkeit zwar sehr wohl nach dem Kausalitätsprinzip zuzuordnen sind, dies hier jedoch nicht der Fall ist, da die Tätigkeit (ob Urlaubsverbrauch oder nicht) aktiv in Österreich ausgeübt wird. Es handelt sich bei den laufenden Entgeltzahlungen um Aktivbezüge und keine - wie im Beschwerdevorbringen behaupteten- nachgelagerten Zahlungen für eine ehemalige Tätigkeit in den USA. Die Ansicht der Bf., es sei einzig und allein entscheidend, ob die betreffenden Zahlungen als Entgelt für die im Arbeitsausübungsstaat erbrachten Arbeitsleistungen anzusehen sind, ist zwar richtig, wurde jedoch falsch ausgelegt. Gerade im vorliegenden Sachverhalt sind die betreffenden Entgeltzahlungen nicht der in den USA erbrachten Arbeitsleistung zuzuordnen.

Da die Vergütung nach Ansässigkeitswechsel keine im anderen Staat (USA) ausgeübte Arbeit abgelten, ist das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat zuzuweisen, für solche Zahlungen gilt nicht das für aktive Arbeitsleistungen nach Art. 15 maßgebende Kausalitätsprinzip, sondern wie im innerstaatlichen Steuerrecht das Zuflussprinzip (Aigner/Kofler/Tumpel, DBA-Kommentar, Art. 15 Rz 75).

Inwiefern die von der Bf zitierte EAS 2041, welche sich mit nicht handelbaren Optionsrechten als Anreizlohn für die Zukunft beschäftigte, mit der gegenständlichen Thematik in Zusammenhang stehen sollte, ist für die Abgabenbehörde unklar. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Gegen die BVE wurde von der Bf. fristgerecht der Vorlageantrag vom gestellt und darin ergänzend Folgendes vorgebracht:

"[…] Weiters wird vom FA ausgeführt, dass richtigerweise im Beschwerdevorbringen betont wurde, dass Einkünfte, die vor der Ansässigkeitsverlagerung nach Österreich im Ausland erarbeitet wurden, aber erst nach dem Zuzug nach Österreich zufließen, von der inländischen Besteuerung freizustellen sind, diese aufgegriffene Thematik habe sachverhaltsmäßig aber keinerlei Zusammenhang mit dem vorliegenden Fall.

Zwar wären laut Begründung Nachzahlungen für eine frühere aktive Tätigkeit sehr wohl nach dem Kausalitätsprinzip zuzuordnen, dies sei hier jedoch nicht der Fall, da die Tätigkeit - ob Urlaubsverbrauch oder nicht - aktiv in Österreich ausgeübt worden wäre. Es handle sich bei den laufenden Entgeltzahlungen um Aktivbezüge und keine nachgelagerten Zahlungen für eine ehemalige Tätigkeit in den USA. Zwar sei unsere Ansicht, dass einzig und allein entscheidend sei, ob die betreffenden Zahlungen als Entgelt für die im Arbeitsausübungsstaat erbrachten Arbeitsleistungen anzusehen sind, richtig, diese werde jedoch laut Ansicht der Behörde falsch ausgelegt. Gerade im vorliegenden Sachverhalt seien die betreffenden Entgeltszahlungen nicht der in den USA erbrachten Arbeitsleistung zuzuordnen.

Da die (Urlaubs-)Vergütung nach Ansässigkeitswechsel keine im anderen Staat (USA) ausgeübte Arbeit abgelte, sei das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat zuzuweisen. Für solche Zahlungen gelte nicht das für aktive Arbeitsleistungen nach Art. 15 maßgebende Kausalitätsprinzip, sondern wie im innerstaatlichen Steuerrecht das Zuflussprinzip (Aigner/Kofler/Tumpel, DBA-Kommentar, Art. 15 Rz. 75).

Zur Begründung der Beschwerde:

1. Besteuerungsrecht der USA am Urlaubsentgelt:

Hinsichtlich der Begründung des Besteuerungsrechts der USA am Urlaubsentgelt verweisen wir zu nächst auf die Ausführungen in der am eingebrachten Beschwerde.

In Ergänzung dazu soll auf den offenkundigen Widerspruch in den Ausführungen des FA in der BVE hingewiesen werden. Demnach sei einerseits zwar unbestritten, dass die im Jahr 2020 ausbezahlten Bezüge iHv EUR 77.128 einen Ausfluss aus dem Entsendevertrag in die USA darstellen. Andererseits handle es sich beim Urlaubsentgelt aber um Aktivbezüge und keine nachgelagerten Zahlungen für eine ehemalige Tätigkeit in den USA.

Das Urlaubsentgelt stellt seinem Wesen nach gerade keinen Aktivbezug dar, weil es sich um die Entgeltfortzahlung während der urlaubsbedingten Abwesenheit vom Arbeitsplatz handelt. Das Urlaubsentgelt ist folgerichtig entsprechend dem "Ausfallsprinzip" so zu berechnen, als hätte (!) der Arbeitnehmer gearbeitet. Es handelt sich daher nicht um einen Aktivbezug (wie von der Behörde behauptet), sondern um einen "Nichtleistungslohn", der kausal auf die Tätigkeit in den USA zurückzuführen und somit als Ausfluss dieser Tätigkeit anzusehen ist. Dass sich das DBA-rechtliche Besteuerungsrecht an Nichtleistungslöhnen entsprechend dem Kausalitätsgrundsatz ausschließlich danach richtet, wo diese Entgeltfortzahlung "erarbeitet" wurde, und nicht danach, wo sich der Arbeitnehmer während einer solchen Entgeltfortzahlung aufgehalten hat, lässt sich auch aus der (in der Beschwerde bereits zitierten und vom FA ignoriertenJudikatur des VwGH) zur Zuteilung des DBA-rechtlichen Besteuerungsrechts für Gehaltsfortzahlungen im Rahmen einer Dienstfreistellung klar ableiten: VwGH, , 2012/15/0128, sowie , Ro 2014/15/0050).

Das Besteuerungsrecht des Arbeitsausübungsstaates am Urlaubsentgelt wird auch im EAS 3038 behandelt: Wird ein in Österreich ansässiger Mitarbeiter eines österreichischen Unternehmens in das in Russland gelegene Werk des Unternehmens für 36 Wochen (= 180 Arbeitstage) jährlich entsandt und verbringt er sechs Wochen (= 30 Arbeitstage) als Urlaub und zehn Wochen (= 50 Arbeitstage) aufgrund von Zeitausgleich in Österreich, wird sonach in Österreich keine berufliche Arbeit verrichtet, unterliegt gemäß Art. 15 des österreichisch-russischen DBA der gesamte Arbeitslohn der Besteuerung in Russland und ist gem. Art. 23 Abs. 1 des Abkommens in Österreich von der Besteuerung freizustellen.

Das Argument der Behörde in der Berufungsvorentscheidung, wonach sich das DBA rechtliche Besteuerungsrecht für ein Urlaubsentgelt nicht nach dem DBA-rechtlichen Kausalitätsprinzip, sondern nach dem innerstaatlichen Zuflussprinzip richte, würde im umgekehrten Fall der Zahlung eines Urlaubsentgelts an einen im Ausland ansässigen Arbeitnehmer, das ausschließlich aus einer in Österreich für einen österreichischen Arbeitgeber erbrachten Arbeitsleistung resultiert, die Zuweisung des DBA-rechtlichen Besteuerungsrechts an den ausländischen Ansässigkeitsstaat bedeuten. Entgegen den Ausführungen der Behörde im Rahmen der Berufungsvorentscheidung kann für die Zuteilung des Besteuerungsrechts am Urlaubsentgelt nicht entscheidend sein, wo der Arbeitnehmer seinen Urlaub konsumiert, sondern wem das DBA-rechtliche Besteuerungsrecht am Entgelt für die den Urlaubsanspruch generierende Arbeitsleistung zusteht.

Inwieweit die von der Behörde zitierte Rechtsquelle ,Aigner/Kofler/Tumpel, DBA-Kommentar, Art. 15 Rz. 75' im vorliegenden Fall relevant sein soll, ist unklar. Die Literaturstelle bezieht sich auf eine zwischen Deutschland und Österreich geschlossene Konsultationsvereinbarung, die für das DBA Österreich-USA keine Anwendung findet. Lediglich im Pkt. 2 wird eine Einzelerledigung des BMF zum DBA Österreich-USA zitiert, in welcher Entschädigungen für ein Wettbewerbsverbot dem Ansässigkeitsstaat zur Besteuerung zugewiesen werden (= Zuflussprinzip), da diese keine im anderen Staat ausgeübte Arbeit abgelte. Dies steht aber in keinem Zusammenhang mit dem vorliegenden Sachverhalt, weil Karenzentschädigungen für die Einhaltung eines Konkurrenzverbots ein Entgelt für eine gesonderte Verpflichtung eines Arbeitnehmers für die Zeit nach der Beendigung eines Dienstverhältnisses darstellt und insoweit mit dem Urlaubsentgelt überhaupt nicht vergleichbar ist.

2. Berücksichtigung des Urlaubsentgelts in Österreich:

Aus dem Umstand, dass das Besteuerungsrecht am in den USA erdienten Urlaubsentgelt den USA zu kommt, ergibt sich weiteres die Frage, wie das Urlaubsentgelt in Österreich als Ansässigkeitsstaat im Zuflusszeitpunkt zu behandeln ist. Die in der Beschwerde vom angeführten EAS 1478, 2041 und 3290 sprechen von einer inländischen ,Steuerfreistellung' der kausal dem anderen Staat zur Besteuerung zuzuordnenden Bezüge.

Keine konkrete Aussage wird jedoch dahingehend getroffen, ob eine Steuerfreistellung mit oder ohne Progressionsvorbehalt zu erfolgen hat. Unserer Ansicht ist eine Anrechnung der US-Steuer, wie in Art. 15 DBA Österreich-USA vorgesehen, auszuschließen, da dies zwar zur Vermeidung der Doppelbesteuerung führt, aber keine vollständige "Freistellung" entsprechend der erwähnten EAS bewirkt, wonach gleichlautend die Steuerfreistellung unabhängig davon zu gewähren ist, ob mit dem Wegzugstaat ein DBA mit Befreiungs- oder Anrechnungsmethode besteht.

Mit der Frage, in welcher Form Einkünfte, an denen das Besteuerungsrecht aufgrund des Kausalitätsprinzips einem anderen Staat zukommt, bei der Besteuerung des inländischen Einkommens zu berücksichtigen sind, beschäftigte sich der UFS in der Entscheidung, RV/1205-W/07, vom : Da die Einkünfte aus den Stock Options im Streitjahr 2005 aufgrund des Kausalitätsprinzips früheren Jahren (nämlich den Jahren der Einräumung der Stock Options) und damit jeweils einem anderen Tätigkeitsstaat als Österreich zuzuordnen sind, dem das Besteuerungsrecht zustand, und Österreich zu diesem Zeitpunkt nicht Ansässigkeitsstaat war (siehe EAS Nr. 1478 Abs. 1 letzter Satz), besteht für Österreich keine Möglichkeit, den Progressionsvorbehalt (mit Deutschland) geltend zu machen, bzw. die Anrechnungsmethode (mit den Vereinigten Staaten) anzuwenden. Aus diesem Grund war der Berufung hinsichtlich des Begehrens, die im Ausland zu besteuernden Einkünfte aus Stock Options nicht zum Progressionsvorbehalt bzw. zur Versteuerung mit Steueranrechnung heranzuziehen, stattzugeben. Dies gelte auch für den gegenständlichen Fall."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist durch die aktenkundigen Beweismittel eindeutig bewiesen und wird von den Parteien nicht bestritten. Auf Grund der Aktenlage steht fest, dass die Bf. bis zum innerhalb des G--Technologiekonzerns zur G- Texas LLC entsandt war. Die Bf. ist mit Beginn der Auslandsentsendung in Österreich weder beschränkt noch unbeschränkt steuerpflichtig gewesen (Wegzug).

Die Bf. war in den Betrieb des aufnehmenden Unternehmens eingegliedert und diesem Unternehmen gegenüber weisungsgebunden. Die G- Texas LLC hat wirtschaftlich den Lohnaufwand der Bf. getragen und war abkommensrechtlich der wirtschaftliche Arbeitgeber. Belegt ist ferner, dass die Bf. bis Ende 2019 in den USA für die G- Texas LLC für deren Interessen gearbeitet hat. Ab Jänner 2020 bis Ende Mai 2020 hat die Bf. ihren Resturlaub und Zeitausgleich, deren Ansprüche aus der Tätigkeit bei der G- Texas entstanden sind, verbraucht und hat sie währenddessen anspruchsgemäße Entgeltfortzahlungen von brutto € 77.128,93 (idF Auslandsbezüge) der G- Texas erhalten. Nachgewiesen wurde auch, dass von der Bf. im Zeitraum vom 1.1. bis kein Urlaub des Urlaubsjahres 2020, der aliquot der nachfolgenden Tätigkeit bei der G- GmbH in Linz ab zugerechnet werden könnte, verbraucht wurde.

Anfang Jänner ist die Bf. von den USA wieder nach Österreich zurückgezogen und hat mit ihrem Ehegatten in O1. wieder einen gemeinsamen Wohnsitz begründet. Unstrittig ist, dass die Bf. mit auf Grund dieses Wohnsitzes wieder in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig geworden ist (Zuzug). Die Bf. hat mit dem im Voraus (am ) einvernehmlich vereinbarten Ende ihrer Endsendung mit Wirksamkeit vom ihre Ansässigkeit nach Österreich zurückverlegt und in Österreich den aus ihrer Entsendung zur G- Texas entstandenen Resturlaub und Zeitausgleich verbraucht. Im Zeitpunkt des Zuflusses der Auslandsbezüge für den Zeitraum 1.1. bis (auf Grund Anspruches auf Entgeltfortzahlungen wegen Urlaubs und Zeitausgleiches aus Vorperioden), war die Bf. nicht mehr in den USA sondern in Österreich ansässig.

1. Rechtliche Beurteilung

1.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Strittig ist die Rechtsfrage, ob oder in welchem Umfang Österreich ein Besteuerungsrecht an diesen Auslandsbezügen hat.

Zum Urlaubsentgelt und Urlaubsrückstellung wird in den EStR 2000, Tz. 3523 ausgeführt:

"Nach dem Urlaubsgesetz behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf Fortzahlung des Lohnes auch während des Urlaubes. Das Urlaubsentgelt geht auch dann nicht verloren, wenn das Dienstverhältnis vor Verbrauch des Urlaubes endet. In diesem Fall gebührt dem Dienstnehmer eine Urlaubsentschädigung. Das Urlaubsentgelt ist somit Bestandteil des Entgeltes für die während des Jahres erbrachte Arbeitsleistung.

Rückstellungen für Lasten aus nicht konsumiertem Urlaub sind im Interesse einer periodengerechten Gewinnabgrenzung für jene nicht konsumierten Urlaubsanteile vorzunehmen, für die innerhalb des betreffenden Wirtschaftsjahres ein Urlaubsanspruch entstand, weil die Urlaubsgelder wirtschaftlich gesehen einen Teil des Entgelts für die während des Jahres erbrachte Arbeitsleistung des einzelnen Arbeitnehmers darstellen ( 90/13/0091)."

Bei Einkünften aus aktiven Tätigkeiten, dazu zählen insbesondere die nichtselbständigen Tätigkeiten, erfolgt die abkommensrechtliche Aufteilung der Besteuerungsrechte nach dem Kausalitätsprinzip. Das bedeutet, die wirtschaftlich-kausale Zuordnung nach Abkommensrecht hat Vorrang vor dem innerstaatlichen Zuflussprinzip. Bei den nichtselbständigen Einkünften nach Art 15 OECD-MA ist somit einzig und allein entscheidend, ob die betreffenden Zahlungen als Entgelt für die im Arbeitsausübungsstaat erbrachten Arbeitsleistungen anzusehen sind, ungeachtet dessen, ob der Empfänger dieser Einkünfte im Zahlungszeitpunkt noch im Arbeitsausübungsstaat ansässig ist oder nicht und ob er zu diesem Zeitpunkt noch als Arbeitnehmer berufstätig ist (Bendlinger/Kanduth-Kristen/Rosenberger, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl. 2018, Seite 427f mwH.)

Die Zuteilung der Besteuerungsrechte an den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen (vgl. Art 15 Abs. 1 OECD-MA) ist vom Prinzip des Besteuerungsrechtes des Einsatzstaates geprägt. Das Arbeitsortsprinzip ist folglich auch für die Klärung der Frage, welcher Vertragsstaat die sogenannten Nichtleistungslöhne (Bezugszahlungen für arbeitsfreie Tage, insbesondere Urlaub, Zeitausgleich und Feiertage) besteuern darf, maßgebend.

Unter die im Einsatzstaat zu besteuernden und andererseits im Wohnsitzstaat entweder steuerfrei zu stellenden oder unter Steueranrechnung zu besteuernden Einkünfte fallen alle Bezüge, die für die im Einsatzstaat ausgeübte nichtselbständige Arbeit geleistet werden, gleichgültig, in welcher Form, wann und wo sie gezahlt werden. Danach ist es für das Besteuerungsrecht am Urlaubsentgelt gleichgültig, wo der Urlaub verbracht wird und wann er genommen wird. Entscheidend ist allen, dass der Lohn für die gesamte tatsächlich erbrachte Tätigkeit und damit auch für die arbeitsfreie Zeit gezahlt wird.

Die Bf. hat in ihrem Vorbringen diese Rechtslage unter Hinweis auf die maßgebende Judikatur, Literatur und Verwaltungspraxis eingehend und zutreffend dargestellt. Dem bedürfte es eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Aus der von der Bf. dokumentierten einhelligen Rechtsmeinung folgt unmissverständlich, dass bei Gehaltsfortzahlungen für Urlaub- und Zeitausgleich, der seine Ursache (Anspruchsgrundlage) in der im Ausland (hier in den USA) ausgeübten Tätigkeit hat, das Besteuerungsrecht auf Grund des Veranlassungszusammenhanges nach Art 15 Abs. 1 2. Satz OECD-MA (identisch mit DBA-USA) dem Arbeitsausübungsstaat zusteht. Der Zeitpunkt und Ort des Zuflusses dieser Bezugszahlungen ist für die Besteuerung nach Abkommensrecht bedeutungslos, sodass ein Wechsel der Ansässigkeit kein Besteuerungsrecht verschafft. Ein später begründeter Ansässigkeitsstaat ist abkommensrechtlich zur Steuerfreistellung verpflichtet, wenn er während der nichtselbständigen Tätigkeitsausübung, welche die Ursache der Entgeltfortzahlungen ist, weder Arbeitsausübungsstaat noch Ansässigkeitsstaat war.

In dem in der Beschwerde zitierten Erkenntnissen (E, , 2012/15/0128 und , Ro 2014/15/0050) wurde vom VwGH zum Besteuerungsrecht von Gehaltsfortzahlungen wegen Dienstfreistellung bis zum Kündigungstermin diese Rechtslage bereits klar dargestellt:

"Wird ein Arbeitnehmer nach ausgesprochener Kündigung vom Dienst unter Gehaltsfortzahlung bis zum Kündigungstermin freigestellt, so sind die in dieser Zeit bezogenen Vergütungen nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs im Sinne des Kausalitätsprinzips keine für die Untätigkeit (ungenutzte Arbeitsbereitschaft) während der Dienstfreistellung bezogenen Vergütungen. Derartige Zahlungen haben ihren Grund - ebenso wie die beschwerdegegenständliche Abgangsentschädigung - vielmehr in der vor der Dienstfreistellung ausgeübten Tätigkeit und ihrer vertraglichen Abbildung. Damit besteht aber ein besonderer Veranlassungszusammenhang zur bisher ausgeübten Tätigkeit, weil die Zahlungen - vergleichbar mit Abfindungszahlungen - "quasi den letzten Akt des Dienstverhältnisses" darstellen.[…]

Aufgrund des aufgezeigten besonderen Veranlassungszusammenhangs zur bisher ausgeübten Tätigkeit besteht daher - wie die belangte Behörde zutreffend angenommen hat - auch für die "Gehaltsfortzahlungen" während der Zeiträume der Dienstfreistellung im Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses ein Besteuerungsrecht nach Art 15 Abs. 1 Satz 2 DBA Schweiz […]."

Nichts anderes kann für die Entgeltfortzahlungen während Verbrauchs des Resturlaubes bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses bei der G- Texas gelten, weil wirtschaftliche Ursache dieser Bezugszahlungen (Nichtleistungslöhne) die Tätigkeitsausübung in den USA war. Das Kausalitätsprinzip nimmt eine abkommensrechtliche Beurteilung der Einkünfte nach den wirtschaftlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Entstehung der Ansprüche vor. Weil der Zeitpunkt und Ort der Auszahlungen abkommensrechtlich keinen Anspruch auf Besteuerung vermittelt und Österreich - im maßgebenden Zeitpunkt der Entstehung der Entgeltansprüche (Arbeitsausübung) nicht die Stellung des Ansässigkeitsstaates, kommt eine Besteuerung nach Art 22 Abs. 3 DBA-USA (Anrechnungsmethode) nicht in Betracht, sondern hat eine Steuerfreistellung zu erfolgen (vgl. EAS 1478).

Das auf Grund der unbeschränkten Steuerpflicht bestehende Besteuerungsrecht am gesamten Welteinkommen und damit auch an den im Jahr 2020 der Bf. zugeflossenen Auslandsbezügen gemäß § 1 Abs. 2 iVm § 2 Abs. 3 Z. 4 EStG 1988 wird auf Grund des nach dem Kausalitätsprinzip auszulegen Doppelbesteuerungsabkommens dem Arbeitsausübungsstaat USA zugewiesen. Die USA haben von diesem Besteuerungsrecht nachweislich Gebrauch gemacht. Da in einer wirtschaftlich-kausalen Zuordnung der Bezugsfortzahlungen Österreich im Zeitraum der Arbeitsausübung nicht die Stellung des Ansässigkeitsstaates der Bf. hatte, kommt auch der Methodenartikel nach Art 22 Abs. 3 DBA-USA nicht zur Anwendung und ergibt sich die Verpflichtung zur Steuerfreistellung (ebenso EAS 3290).

Aus der Logik des abkommensrechtlich anzuwendenden Kausalitätsprinzips ergibt sich, dass das Besteuerungsrecht am Urlaubsentgelt sowie an anderen Nichtleistungslöhnen jenem Vertragsstaat zusteht, in dem die Arbeit ausgeübt wurde, welche zum Entstehen der Entgeltfortzahlungsansprüche des Arbeitnehmers geführt haben. Da der Zeitpunkt der Zahlung nach Abkommensrecht für die Besteuerungsrechte bedeutungslos ist, muss der Vertragsstaat, welcher im Zeitraum der Arbeitsausübung weder der Tätigkeitsstaat noch der Ansässigkeitsstaat war, diese Bezüge von der Besteuerung gänzlich freistellen (vgl. Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art 15 MA Rz. 77).

Die belangte Behörde hat diese herrschende Rechtsmeinung verkannt und damit den Einkommensteuerbescheid 2020 mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war daher vom BFG abzuändern und die Auslandsbezüge aus der Bemessungsgrundlage gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 auszuscheiden.

Zum Progressionsvorbehalt:

Im Vorlageantrag argumentiert die Bf., dass auf Grund des abkommensrechtlichen Anspruchs auf Steuerfreistellung auch der Progressionsvorbehalt nicht zur Anwendung komme. Diese Rechtsauffassung wird im Hinblick auf die jüngere Rechtsprechung des VwGH zum Progressionsvorbehalt vom Bundesfinanzgericht nicht geteilt.

Der VwGH führt in dem Erkenntnis, , Ra 2021/13/0067, zum Progressionsvorbehalt aus:

"Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt steuerpflichtig. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte. Der Steuersatz bemisst sich nach dem (Gesamt)Einkommen, worin innerstaatlich der Progressionsvorbehalt seine Rechtsgrundlage findet (vgl. 2004/15/0051 und abermals , 2010/15/0021). […]

Bei der Beurteilung der Steuerpflicht grenzüberschreitender Sachverhalte muss zunächst der Steueranspruch nach innerstaatlichem Steuerrecht, also durch Anwendung des EStG 1988, ermittelt werden. Gemäß § 1 Abs. 2 zweiter Satz EStG 1988 ist dabei bei unbeschränkt Steuerpflichtigen das nach den Vorschriften des EStG 1988 ermittelte Welteinkommen heranzuziehen. Auf der Grundlage dieses Steueranspruchs errechnet sich der anzuwendende Durchschnittssteuersatz. Sodann wird der Teil des Einkommens, das aufgrund des DBA der Besteuerungsbefugnis Österreichs entzogen wird, aus der Bemessungsgrundlage ausgeschieden und der zuvor ermittelte Durchschnittssteuersatz auf das übrige Einkommen angewendet. […]

Auch das DBA-Türkei steht der Anwendung des Progressionsvorbehaltes für den Quellenstaat nicht entgegen. Das Abkommen enthält zu der hier strittigen Frage des Progressionsvorbehalts für den Quellenstaat keine Bestimmungen. Der Methodenartikel bezieht sich jeweils auf den Ansässigkeitsstaat, nicht aber auf den Quellenstaat.

Art. 22 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 lit. b des DBA mit der Türkei sind Art. 23A Abs. 3 des OECD-Musterabkommens 1977 nachgebildet.

Der Kommentar zum OECD-Musterabkommen 1977 führt in Rn 56 zu Art. 23A aus, dass diese Regelung die Anwendung des Progressionsvorbehalts durch den Quellenstaat nicht ausschließt."

Die Bf. war ab Anfang Jänner 2020 in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig. Der Durchschnittssteuersatz errechnet sich nach den Bestimmungen des EStG auf Grundlage des gesamten Welteinkommens der Bf. Dazu gehören auch die ihr zugeflossenen Auslandsbezüge. Das DBA-USA (insb. der Methodenartikel Art 23 DBA) stimmt mit dem OECD-MA und dem DBA-Türkei darin überein, dass dem Ansässigkeitsstaat ausdrücklich ein Progressionsvorbehalt eingeräumt wird (Art 23 Abs. 3 lit. b DBA-USA), aber ein auf Grund nationalen Steuerrechts bestehender Progressionsvorbehalt nicht ausgeschlossen wird.

Aus der Anwendung des DBA-USA auf die Auslandsbezüge werden diese zwar aus der Bemessungsgrundlage (dem steuerpflichtigen Einkommen) ausgeschlossen. Diese abkommensrechtliche Steuerfreistellung der Auslandsbezüge hat aber keine Auswirkung auf den nach nationalen Steuerrechts zu berechnenden Steuertarif auf Basis der Bf. im Jahr 2020 zugeflossenen steuerpflichtigen Welteinkommens (ebenso bereits Ludwig, Das Kausalitätsprinzip im internationalen Steuerrecht, SWI 2013, 200).

Zum Pendlerpauschale und Pendlereuro

Das von der Bf. im Beschwerdeverfahren aliquote geltende gemachte Pendlerpauschale und der Pendlereuro wurde vom FA im Vorlagebericht für richtig befunden. Im Hinblick auf das Parteieneinvernehmen waren weitere Ausführungen entbehrlich und wurden diese Beträge erklärungsgemäß in Abzug gebracht.

1.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das BFG folgte bei der Lösung der strittigen Rechtsfrage der einheitlichen Rechtsprechung des VwGH (E. , 2012/15/0128 zur Steuerfreistellung von Bezugsfortzahlungen nach dem abkommensrechtlichen Kausalitätsprinzips sowie E. , Ra 2021/13/0067 zum Progressionsvorbehalt auf Grund der unbeschränkten Steuerpflicht), weshalb eine ordentliche Revision für nicht zulässig zu erklären war.

Beilage: Berechnungsblatt Einkommensteuer 2020

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 15 Abs. 1 DBA USA (E), Doppelbesteuerungsabkommen Vereinigte Staaten von Amerika (Einkommensteuer - Steuerumgehung), BGBl. III Nr. 6/1998
Art. 22 DBA USA (E), Doppelbesteuerungsabkommen Vereinigte Staaten von Amerika (Einkommensteuer - Steuerumgehung), BGBl. III Nr. 6/1998
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise




Zitiert/besprochen in
Deutsch in SWI 2024, 270
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100839.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at