VwGH vom 14.09.2017, Ro 2016/15/0004

VwGH vom 14.09.2017, Ro 2016/15/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der F GmbH in A, vertreten durch die Europa Treuhand Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH in 4020 Linz, Europaplatz 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5100234/2015, betreffend Körperschaftsteuer 2011, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin, eine Kapitalgesellschaft, deren Unternehmensgegenstand der Handel mit Kfz-Ersatzteilen ist, übernahm - nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichts - im streitgegenständlichen Jahr einen Aufwand von 25.052,11 EUR für Kunden, der für deren Teilnahme an einer Incentive-Reise entstanden war. Diesen Aufwand wies sie in der unternehmensrechtlichen Bilanz entsprechend aus, machte ihn jedoch nicht als Betriebsausgabe geltend und rechnete ihn dementsprechend in der Mehr-Weniger-Rechnung zu. Anlässlich einer Außenprüfung wurde die Geschäftsführerin der Revisionswerberin mehrfach aufgefordert, bekanntzugeben, für wen sie diesen Aufwand übernommen habe. Dieser Aufforderung ist sie nicht nachgekommen.

2 Im Körperschaftsteuerbescheid verhängte das Finanzamt daraufhin einen Zuschlag zur Körperschaftsteuer gemäß § 22 Abs. 3 KStG 1988.

3 Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde. 4 In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht

gab die Geschäftsführerin der Revisionswerberin auf Nachfrage, wie sich die Kostenübernahme für Teilnehmer an der Incentive-Reise gestaltet hätte, bekannt, dass die Teilnehmer Kunden (zB Werkstätten) oder Dienstnehmer von Kunden gewesen seien. Je nach Erreichen eines vorgegebenen Umsatzziels seien die Kosten zur Gänze oder anteilig übernommen worden. Die Bekanntgabe der Teilnehmer, deren Aufwendungen die Revisionswerberin übernommen habe, sei von ihr unter Hinweis darauf verweigert worden, dass davon auszugehen sei, dass diese Personen den für sie aus der Kostenübernahme entstandenen Vorteil nicht versteuert hätten. Würden jedoch diese Beträge seitens der Abgabenbehörde bei den Empfängern einer Besteuerung unterzogen werden, wäre davon auszugehen, dass sie der Revisionswerberin als Kunden verlorengingen. Aus diesem Grund seien die Aufwendungen auch nicht als Betriebsausgabe geltend gemacht worden.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde ab. Begründend führte es insbesondere aus, der Zuschlag zur Körperschaftsteuer iSd § 22 Abs. 3 KStG 1988 sei nach seinem Wortlaut hinsichtlich jener "Beträge" (im Sinne von Aufwendungen und zwar ohne Spezifizierung, ob diese abzugsfähig sind oder nicht) zu entrichten, bei denen der Abgabepflichtige auf Verlangen der Abgabenbehörde die Gläubiger oder Empfänger der Beträge "nicht genau bezeichnet". Demgegenüber sehe § 162 Abs. 2 BAO als zwingende Rechtsfolge vor, dass "beantragte Absetzungen", im Ergebnis somit etwa Betriebsausgaben oder Werbungskosten, nicht steuermindernd anzuerkennen seien, sofern seitens dessen, der die Absetzung beantrage, von der Abgabenbehörde iSd § 162 Abs. 1 BAO verlangte Angaben zur Identifizierung des Empfängers "verweigert" würden. Der Wortlaut der beiden Bestimmungen unterscheide sich somit hinsichtlich der Rechtsnatur der einem Steuerpflichtigen entstandenen Aufwendungen. Das KStG 1988 verweise auf einem Steuerpflichtigen dem Grunde nach entstandene Aufwendungen, die zwar offenkundig einen bestimmten Bezug zu seiner betrieblichen bzw. beruflichen Tätigkeit aufwiesen, aber nicht notwendigerweise zu einer Minderung seiner Steuerbemessungsgrundlage führten, sondern etwa auch unter ein Abzugsverbot gemäß § 20 EStG 1988 fallen könnten, während die BAO auf Aufwendungen verweise, die sich auf den Gewinn auswirkten.

6 Der Zuschlag gemäß § 22 Abs. 3 KStG 1988 ziele darauf ab, eine (auf Grund der Nichtbenennung des Empfängers zu vermutende und im gegenständlichen Fall auch in der Tat eingetretene) fehlende Besteuerungsmöglichkeit bzw. einen Steuerausfall beim Empfänger, der als natürliche Person einem Steuersatz bis zu 50% unterliege, gleichsam zu kompensieren. Ziele aber der Zuschlag zur Körperschaftsteuer hinsichtlich eines Geschäftsfalles primär auf die damit im Zusammenhang stehende Gesamtsteuerauswirkung (Saldo aus Betriebsausgaben und Betriebseinnahmen) an sich ab, so mache es keinen Unterschied, ob die dahinterstehenden Aufwendungen von der Körperschaft, der sie entstanden seien, zunächst steuermindernd als Betriebsausgabe geltend gemacht und erst in weiterer Folge infolge fehlender Empfängerbenennung gemäß § 162 BAO steuerlich nicht anerkannt würden oder ob die Körperschaft die Geltendmachung als Betriebsausgaben, aus welchen Gründen auch immer (hier offenbar aus "Rücksicht" gegenüber dem diese Beträge nicht versteuernden Geschäftspartnern), schon im Vorhinein unterlasse. Lägen aber schon dem Grunde nach keine Betriebsausgaben vor, so hätten die Aufwendungen die Steuerbemessungsgrundlage der Revisionswerberin von vornherein nicht vermindert und werde durch den Zuschlag zur Körperschaftsteuer im Ergebnis ohnehin nur eine Gesamtsteuerbelastung im Ausmaß von 25% bewirkt. Bei einer (von der Revisionswerberin fälschlich angenommenen) zwingenden Verknüpfung zwischen § 162 BAO und § 22 Abs. 3 KStG 1988 hätte es die Körperschaft in der Hand, den Zuschlag zur Körperschaftsteuer selbst dann zu verhindern, wenn ihr bekannt sei, dass der Empfänger von geldwerten Leistungen daraus keine steuerlichen Konsequenzen ziehe, und somit einen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung dienenden Eintritt der Besteuerung endgültig zu verhindern.

7 Die den Zuschlag zur Körperschaftsteuer normierende Regelung stelle mangels Kenntnis der Abgabenbehörde über dessen Identität zwangsläufig auf einen abstrakten Empfänger ab und habe den Fall einer maximalen steuerlichen Auswirkung (natürliche Person, Grenzsteuersatz: 50%) vor Augen: Sollte dieser nicht einer 50%igen Besteuerung unterliegen (zB weil er einem niedrigeren Grenzsteuersatz unterliege, der - endbesteuerte - Tatbestand einer verdeckten Ausschüttung gemäß § 8 Abs. 2 KStG 1988 verwirklicht werde oder es sich um eine Körperschaft handle, bei welcher der Steuersatz nur 25% betrage oder gegebenenfalls die Beteiligungsertragsbefreiung des § 10 KStG 1988 zum Tragen komme), so stehe es der Körperschaft stets frei und wäre es somit auch in der Gestion der Revisionswerberin gelegen gewesen, durch Empfängerbenennung einerseits bei entsprechender betrieblicher Veranlassung die Abzugsfähigkeit sicherzustellen und andererseits jedenfalls den Zuschlag zu vermeiden. Aus welchen Gründen sie die Benennung der Teilnehmer an der Incentive-Reise, deren Aufwendungen sie übernommen habe, unterlassen habe, sei irrelevant; auch eine (betriebswirtschaftlich nachvollziehbare) Rücksichtnahme auf Geschäftspartner könne keine andere Beurteilung herbeiführen.

8 Die Revision ließ das Bundesfinanzgericht zu, weil zur Frage, ob der Zuschlag zur Körperschaftsteuer iSd § 22 Abs. 3 KStG 1988 auch zur Anwendung komme, wenn die diesbezüglichen Ausgaben nicht als Betriebsausgaben geltend gemacht worden seien, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

9 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende ordentliche Revision. Das mitbeteiligte Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung eingebracht.

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11 Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. 12 Mit dem Betrugsbekämpfungsgesetz 2010 (BBKG 2010), BGBl. I Nr. 105/2010, wurde ab der Veranlagung 2011 (vgl. § 26c Z 22 KStG 1988) in § 22 Abs. 3 KStG 1988 ein Steuerzuschlag bei unterlassener Empfängerbenennung eingeführt. Die Regelung lautet (in der Fassung BGBl. I Nr. 76/2011):

"Zusätzlich zur Körperschaftsteuer gemäß Abs. 1 und 2 ist ein Zuschlag in Höhe von 25% von jenen Beträgen zu entrichten, bei denen der Abgabepflichtige auf Verlangen der Abgabenbehörde die Gläubiger oder Empfänger der Beträge nicht genau bezeichnet."

13 Die Erläuterungen zur RV begründen die Einführung des Steuerzuschlags mit "zu geringe(r) Sanktionsmöglichkeit bei Unterlassung der Empfängerbenennung" (ErlRV 875 Blg XXIV. GP, S 1 Vorblatt) und erläutern die Maßnahme folgendermaßen näher (ErlRV 875 Blg XXIV. GP, S 7):

"Im Bereich von Körperschaften können durch Unterlassung der Empfängernennung und Verschweigen des Zuflusses beim Empfänger Steuervorteile lukriert werden: Zahlungen an natürliche Personen würden bei diesen einem Grenzsteuersatz von bis zu 50% unterliegen; dem würde eine Betriebsausgabe auf Ebene der Körperschaft, die dem KSt-Tarif in Höhe von 25% unterliegt, gegenüberstehen. Wird seitens der Körperschaft die Empfängerbenennung unterlassen und seitens der natürlichen Person die Zahlung nicht erklärt, kann so eine bis zu 50%ige Besteuerung durch die 25%ige Körperschaftsteuer ‚ersetzt' werden.

Werden Zahlungen an eine natürliche Person geleistet, die Anteilsinhaber ist, wären diese gegebenenfalls als verdeckte Gewinnausschüttung dem Gewinn der Körperschaft hinzuzurechnen und der KESt zu unterwerfen. Wird der Anteilsinhaber jedoch nicht als Empfänger benannt, kann so die KESt umgangen werden.

Um derartige Praktiken hintanzuhalten, ist es erforderlich, bei Körperschaften als Rechtsfolge für eine unterlassene Empfängernennung nicht nur die Nichtabzugsfähigkeit, sondern auch noch eine zusätzliche Besteuerung eben dieser Zahlung vorzusehen. Diese soll als Zuschlag zur regulären Körperschaftsteuer ausgestaltet sein und somit auch in Verlustjahren, parallel zur Mindestkörperschaftsteuer, anfallen. Sollte der Empfänger nicht einer 50%igen Besteuerung unterliegen (zB wenn es sich um eine Körperschaft handelt) oder keine steuerpflichtige verdeckte Ausschüttung vorliegen, so steht es der Körperschaft stets frei, durch Empfängerbenennung die Abzugsfähigkeit sicherzustellen und den Zuschlag zu vermeiden. Wird von dieser Möglichkeit auch in einem solchen Fall nicht Gebrauch gemacht, ist der Zuschlag vor der Zielsetzung, Korruption und Geldwäsche entgegenzuwirken, sachlich gerechtfertigt."

14 Demgegenüber lautet § 162 BAO:

"(1) Wenn der Abgabepflichtige beantragt, daß Schulden, andere Lasten oder Aufwendungen abgesetzt werden, so kann die Abgabenbehörde verlangen, daß der Abgabepflichtige die Gläubiger oder die Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet.

(2) Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde gemäß Abs. 1 verlangten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen."

15 § 162 BAO war zwar bei der Schaffung der Regelung des § 22 Abs. 3 KStG 1988 zweifelsfrei ein Orientierungspunkt für den Gesetzgeber, was insbesondere aus einzelnen Formulierungen der

Bestimmung ("die Gläubiger oder Empfänger der ... Beträge" oder

"genau bezeichnet"), aber auch aus der Begründung einer bisher "zu geringe(n) Sanktionsmöglichkeit bei Unterlassung der Empfängerbenennung" in den Erläuterungen zur RV zu ersehen ist. Eine unmittelbare Bezugnahme auf § 162 BAO erfolgte aber weder im Gesetzestext noch in den Erläuterungen. Zudem wurde - gerade im Gegensatz zu § 162 BAO - auf jede Form der Anknüpfung an "beantragte Absetzungen" des Abgabepflichtigen verzichtet und stattdessen von "Beträgen" gesprochen, bei denen der Abgabepflichtige auf Verlangen der Abgabenbehörde die Gläubiger oder Empfänger der Beträge nicht genau bezeichnet. Der Zuschlag zur Körperschaftsteuer gemäß § 22 Abs. 3 KStG 1988 besteht somit unabhängig vom Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des § 162 BAO (ebenso Dziurdz, in Lang ua, KStG2 § 22 Rz 26).

16 Der Grund für die weite Formulierung in § 22 Abs. 3 KStG 1988 findet sich in den Erläuterungen zur RV, die "von Zahlungen an natürliche Personen" sprechen. Wie sich aus den Erläuterungen ergibt, soll durch die Einführung des Steuerzuschlags gemäß § 22 Abs. 3 KStG 1988 verhindert werden, dass durch Unterlassung der Empfängerbenennung auf Ebene der zahlenden Körperschaft und Verschweigen des Zuflusses beim Empfänger Steuervorteile lukriert werden können. Da Zahlungen an natürliche Personen bei diesen einem Grenzsteuersatz von bis zu 50% unterlägen, sei es erforderlich, als Rechtsfolge für eine unterlassene Empfängerbenennung nicht nur die Nichtabzugsfähigkeit, sondern auch noch eine zusätzliche Besteuerung dieser Zahlung vorzusehen. Damit stellt der Zuschlag zur Körperschaftsteuer gemäß § 22 Abs. 3 KStG 1988, wie das Bundesfinanzgericht zutreffend ausgeführt hat, auf die mit einem Geschäftsfall im Zusammenhang stehende potentielle Gesamtsteuerauswirkung ab. Vor diesem Hintergrund macht eine Differenzierung nach dem Umstand einer beantragten Absetzbarkeit der gezahlten Beträge aber keinen Sinn.

17 Die Revision meint demgegenüber, eine solche Auslegung gehe zu weit und erfasse auch Ausgaben aus der Privatsphäre (Schenkungen) und aus versteuertem Vermögen. Diese würden aber lediglich einer Schenkungsmeldepflicht nach § 121a BAO unterliegen, die im Revisionsfall angesichts Unterschreitens bestehender Grenzwerte gar nicht zum Tragen komme. Erfasst seien nur steuerlich geltend gemachte Ausgaben.

18 Dem ist freilich entgegen zu halten, dass bei der revisionsgegenständlichen Übernahme von Kosten einer Incentive-Reise für Kunden auf Ebene der Revisionswerberin jedenfalls von einer betrieblichen Veranlassung und nicht von einer betriebsfremden Schenkung auszugehen ist. Ob der Vorgang auf Seiten des (nicht genau bezeichneten) Empfängers zu steuerpflichtigen Einkünften führt, ist hingegen nicht von Bedeutung.

19 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

20 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am