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VwGH vom 25.09.2013, 2011/16/0155

VwGH vom 25.09.2013, 2011/16/0155

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger, Mag. Dr. Köller und Dr. Thoma sowie die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der W AG in R, vertreten durch die Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Sterngasse 13, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0445-F/10, betreffend Pfändung eines Herausgabeanspruches und Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gegen einen Bescheid betreffend die Pfändung eines Herausgabeanspruches, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem an C. M. gerichteten Bescheid vom erkannte das Finanzamt Bregenz den in einer Rückstandsanzeige des Finanzamtes Hamburg Barmbek Uhlenhorst, Deutschland, angeführten Abgabenrückstand des C. M. in Höhe von rund 460.000 EUR an und erklärte ihn für vollstreckbar.

Eine dagegen erhobene Berufung des C. M. wies das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab.

Mit Bescheid vom pfändete das Finanzamt einen dem C. M. angeblich zustehenden Anspruch gegen die beschwerdeführende Aktiengesellschaft (Beschwerdeführerin) auf Herausgabe der in Gewahrsame der Beschwerdeführerin befindlichen Sachen, nämlich sämtlicher Wertpapiere zu einer näher angeführten Kontonummer. C. M. sei wirtschaftlich Berechtigter zu der angeführten Kontonummer. Gleichzeitig forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin zur Drittschuldnererklärung auf.

Mit Schriftsatz vom berief die Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid. Ausschließlicher Kontoinhaber und Eigentümer der unter dem im Bescheid angeführten Konto gehaltenen Wertpapiere und Forderungen sei die liechtensteinische B. Stiftung. Mit demselben Schriftsatz beantragte die Beschwerdeführerin, ihrer Berufung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt die Berufung, soweit sie sich gegen die Aufforderung zur Drittschuldnererklärung richtete, zurück, weil gemäß § 77 Abs. 1 Z 2 AbgEO insoweit ein Rechtsmittel unzulässig sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom ebenfalls wies das Finanzamt die Berufung, soweit sie sich gegen die Pfändung eines Herausgabeanspruchs richtete, als unbegründet ab. Das näher angeführte Wertpapierdepot bei der Beschwerdeführerin laute zwar auf die B. Stiftung, diese sei aber eine vermögensverwaltende Familienstiftung nach liechtensteinischem Recht, deren alleiniger Begünstigter C. M. sei. Das Stiftungsvermögen sei dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen.

Mit Bescheid ebenfalls vom wies das Finanzamt den Antrag der Beschwerdeführerin, ihrer Berufung betreffend Pfändung eines Herausgabeanspruchs aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, ab.

Mit Schriftsatz vom stellte die Beschwerdeführerin gegen die Berufungsvorentscheidung betreffend Pfändung eines Herausgabeanspruches einen Vorlageantrag. Mit demselben Schriftsatz berief die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid, mit welchem ihr Antrag auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung abgewiesen wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges führte die belangte Behörde aus, das mit einer Kontonummer näher bezeichnete Wertpapierdepot bei der Beschwerdeführerin laute auf die B. Stiftung, eine vermögensverwaltende Familienstiftung nach liechtensteinischem Recht, die 1998 gegründet worden sei und deren alleiniger Begünstigter C. M. sei. Bei vermögensverwaltenden Familienstiftungen handle es sich regelmäßig um sogenannte transparente Stiftungen mit der Folge, dass das Vermögen weiterhin dem wirtschaftlichen Stifter und nicht der liechtensteinischen Familienstiftung zuzurechnen sei. Der die Annahme einer transparenten Stiftung widerlegende Nachweis, dass kein Mandatsvertrag vorliege, der es dem Stifter ermögliche, Einfluss auf die Stiftungsverwaltung zu nehmen, und dass eine solche Einflussnahme auch tatsächlich nicht erfolge, sei von der Beschwerdeführerin nicht erbracht worden. Demgegenüber liege bei der Beschwerdeführerin zum erwähnten Wertpapierdepot ein Schreiben vom vor, worin vom Stiftungsrat Dr. G. H. erklärt werde, dass ein wirtschaftlicher Eigentümer bestehe und dies der Alleinbegünstigte C. M. sei. Dieser müsse auch Behebungen von diesem Depot mitunterschreiben, wie er dies auch bei einer Behebung von 300.000 EUR am gemacht habe. Da die B. Stiftung als transparent anzusehen sei, sei ihr Vermögen dem C. M. zuzurechnen, weshalb die Pfändung des Herausgabeanspruches (Leistungsverbot) rechtmäßig erfolgt sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführerin im Recht auf "Freiheit von gesetzlich - im Besonderen abgabenexekutionsrechtlich - nicht gedeckten exekutiven Leistungsverboten" verletzt erachtet.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 75 Abs. 1 der Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) erfolgt die Pfändung von Ansprüchen des Abgabenschuldners, welche die Herausgabe und Leistung beweglicher körperlicher Sachen zum Gegenstande haben, nach den Vorschriften der §§ 65 bis 67 leg. cit. und gemäß § 75 Abs. 2 AbgEO haben auf die weiteren Vollstreckungsschritte die Vorschriften der §§ 69 ff leg. cit. unter Berücksichtigung der Bestimmungen der §§ 76 und 77 sinngemäß Anwendung zu finden.

Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung desselben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 leg. cit. (Pfändung von Forderungen aus indossablen Papieren, aus Sparurkunden und solchen, deren Geltendmachung sonst an den Besitz des über die Forderung errichteten Papiers gebunden ist) zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen.

Die Pfändung ist gemäß § 65 Abs. 3 AbgEO mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.

Gemäß § 70 AbgEO kann das Finanzamt dem Drittschuldner auftragen, sich binnen vier Wochen über näher angeführte Fragen zu der gepfändeten Forderung zu erklären.

§ 71 Abs. 1 AbgEO lautet:

"§ 71. Die gepfändete Geldforderung ist der Republik Österreich nach Maßgabe des für sie begründeten Pfandrechtes unter Bedachtnahme auf § 73 zur Einziehung zu überweisen. Wenn ein Auftrag im Sinne des § 70 erging, ist mit der Überweisung bis zum Ablaufe der Äußerungsfrist zu warten."

§ 73 Abs. 1 AbgEO lautet:

"§ 73. (1) Die Überweisung zur Einziehung ermächtigt die Republik Österreich, namens des Abgabenschuldners vom Drittschuldner die Entrichtung des im Überweisungsbescheid bezeichneten Betrages nach Maßgabe des Rechtsbestandes der gepfändeten Forderung und des Eintrittes ihrer Fälligkeit zu begehren, den Eintritt der Fälligkeit durch Einmahnung oder Kündigung herbeizuführen, alle zur Erhaltung und Ausübung des Forderungsrechtes notwendigen ……Handlungen vorzunehmen, Zahlung zur Befriedigung des Abgabenanspruchs und in Anrechnung auf denselben in Empfang zu nehmen, die nicht rechtzeitig und ordnungsmäßig bezahlte Forderung gegen den Drittschuldner in Vertretung des Abgabenschuldners einzuklagen und das für die überwiesene Forderung begründete Pfandrecht geltend zu machen……"

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens besteht offensichtlich Streit darüber, ob der Herausgabeanspruch betreffend den Inhalt eines Wertpapierdepots gegenüber der Beschwerdeführerin dem C. M. (dem Abgabenschuldner) oder der B. Stiftung zusteht.

Ob die gepfändete Forderung aber besteht oder nicht, ist nicht Gegenstand der Prüfung im Pfändungsverfahren. Hierüber kann nur im Streit zwischen dem Überweisungsgläubiger (im Beschwerdefall dem Bund) und dem Drittschuldner (im Beschwerdefall der Beschwerdeführerin) entschieden werden. Sollte die gepfändete Forderung nicht bestehen, so ginge die Exekution ins Leere. Eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin als Drittschuldner durch das Drittverbot ist für diesen Fall nicht denkbar. Der Bestand der Forderung ist daher im Exekutionsbewilligungs(Pfändungs)verfahren nicht zu prüfen; die Prüfung erstreckt sich in diesem nur darauf, ob die Forderung bestehen und dem Schuldner zustehen kann (Schlüssigkeitsprüfung) und ob etwa Unpfändbarkeit vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 90/14/0020, und Liebeg, Abgabenexekutionsordnung, § 65 Rz 8 und Rz 19).

Auch in gerichtlichen Exekutionsverfahren hat das zur Bewilligung berufene Gericht nicht zu prüfen, ob die behauptete Forderung besteht, es sei denn, dass schon aus dem Exekutionsantrag das Gegenteil hervorgeht. Nur wenn schon aus den Angaben des Exekutionsantrags erkennbar ist, dass die gepfändete Forderung nicht besteht, ist der Antrag auf Bewilligung der Exekution abzuweisen (vgl. den , dem zugrunde lag, dass die betreibende Partei im Exekutionsantrag die Behauptung aufgestellt hat, das Konto gehöre zum Vermögen des Verpflichteten. Auf Grundlage des für die Exekutionsbewilligung allein maßgebenden Vorbringens im Exekutionsantrag durfte somit nicht davon ausgegangen werden, dass der Verpflichtete über dieses Konto nicht verfügungsberechtigt und damit nicht Kontoinhaber sei, zumal dies nicht allein deshalb ausgeschlossen war, weil das Konto auf einen anderen Namen lautete. Daher bestand kein Hindernis für die Bewilligung der beantragten Forderungsexekution).

Wenn der Herausgabeanspruch tatsächlich nicht dem C. M. zugekommen wäre, wie die Beschwerdeführerin behauptet, wäre die Forderungspfändung von vornherein ins Leere gegangen und hätte keine Wirkung entfaltet; ein Pfandrecht wäre nicht begründet worden. Die von der Beschwerdeführerin gegen das Zahlungsverbot ergriffene Berufung wäre daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen (vgl. das Erkenntnis des , VwSlg 6.824/F).

In diesem Zusammenhang ist auf die Bestimmung des § 73 Abs. 1 AbgEO zu verweisen, wonach die Überweisung zur Einziehung ermächtigt, die Entrichtung des im Überweisungsbescheid bezeichneten Betrages nach Maßgabe des Rechtsbestandes der gepfändeten Forderung zu begehren. Alle Einwendungen gegen den Bestand (oder die Höhe) der gepfändeten Forderungen, die der Drittschuldner gegenüber dem Abgabepflichtigen hat, sind im Drittschuldnerprozess und nicht mit Berufung gegen den Pfändungs- und Überweisungsbescheid geltend zu machen (vgl. Liebeg, aaO, § 73 Rz 14).

Da die Beschwerdeführerin sohin in dem in Ausführung des Beschwerdepunktes geltend gemachten Recht durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am