TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 30.06.2015, 2011/15/0163

VwGH vom 30.06.2015, 2011/15/0163

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des Finanzamtes Feldkirch in 6800 Feldkirch, Reichsstraße 154, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0014-F/10, betreffend Umsatzsteuer 2005 bis 2008 (mitbeteiligte Partei: Innung in F, vertreten durch die LeitnerLeitner GmbH, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 4040 Linz, Ottensheimer Straße 32), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die Mitbeteiligte, eine Körperschaft öffentlichen Rechts, die sich durch Umlagen finanziert und die fachlichen Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten hat (eine Innung der Wirtschaftskammer), gab dem Finanzamt im September 2003 die Eröffnung eines Betriebes gewerblicher Art mit dem Gegenstand "Werbung und Schulung" bekannt und bezifferte den voraussichtlichen Jahresumsatz mit 5.000 EUR. Nach Vergabe einer Steuernummer reichte sie Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2003 bis 2007 ein, die zunächst erklärungsgemäß veranlagt wurden. Im Rahmen einer die Jahre 2005 bis 2007 und den Nachschauzeitraum Jänner bis Dezember 2008 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Mitbeteiligte keine unternehmerische Tätigkeit ausübe und begründete dies im Wesentlichen damit, dass Körperschaften öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art als Unternehmer zu qualifizieren seien. Die Mitbeteiligte organisiere jährlich einen Ball, halte Workshops ab und veranstalte Modeschauen sowie eine Misswahl. Die dabei erzielten Erlöse stammten aus Eintrittsgeldern und Werbebeiträgen für den Ball, Sponsorbeiträgen zur Modeschau und Kostenbeiträgen für Modellkleider. Aufwendungen seien im Zusammenhang mit dem Ball (Ausstattung, Dekorationsaufwand, Folder, Poster, Einladungen, Repräsentationen) sowie Werbung und Marketing (Projekt "Nachwuchsbetreuung", Gestaltung der Homepage, Erstellung von Pressetexten) angefallen. Die angeführten Leistungen fielen in den Aufgabenbereich, der der Mitbeteiligten gesetzlich übertragen worden sei. Die Mitbeteiligte werde nur in Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages tätig, verrichte also öffentlich-rechtliche Aufgaben. Die Tätigkeit sei dem Hoheitsbereich zuzuordnen, weshalb die den Mitgliedern weiterverrechneten Kosten keine Einnahmen eines Betriebes gewerblicher Art iSd § 2 Abs. 1 KStG 1988 darstellten. Da die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Betriebes gewerblicher Art nicht erfüllt seien, sei auch umsatzsteuerlich nicht von einer unternehmerischen Tätigkeit auszugehen. Die Mitbeteiligte sei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt und schulde die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1994.

Das Finanzamt folgte dem Prüfer und erließ - nach Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 2005 bis 2007 - den Prüfungsfeststellungen entsprechende Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2008.

Die Mitbeteiligte berief gegen die im Gefolge der abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Umsatzsteuerbescheide und führte aus, dass ihre Tätigkeit in den Bereichen Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und Schulung trotz des gesetzlichen Auftrages hierzu in die Umsatzbesteuerung einzubeziehen sei. Art. 9 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (im Folgenden: MwStSystRL) bzw. Art. 4 der sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie (im Folgenden: 6. RL) gingen zunächst davon aus, dass wirtschaftliche Tätigkeiten der Steuerpflicht unterlägen. Nach Art. 13 der MwStSystRL bzw. Art. 4 Abs. 5 der 6. RL bestehe für Körperschaften öffentlichen Rechts keine Steuerpflicht, wenn sie Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausübten. Nach dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität seien aber selbst solche Tätigkeiten als steuerpflichtig zu qualifizieren, wenn sie zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führten. Die Einbeziehung von Tätigkeiten der öffentlichen Hand in den Unternehmensbereich verfolge zudem den Zweck, die Kostenneutralität der Umsatzsteuer bei Leistungen der öffentlichen Hand, die - wie im Streitfall - in erheblichem Maße von Unternehmern in Anspruch genommen würden, sicherzustellen. Den Regelungen der MwStSystRL bzw. der 6. RL komme - soweit der Wortsinn der nationalen Regelungen eine gemeinschaftskonforme Auslegung nicht zulasse - der Anwendungsvorrang vor dem nationalen Recht zu.

Entgegen der vom Prüfer vertretenen Auffassung seien im Streitfall auch alle in § 2 Abs. 1 KStG 1988 angeführten Tatbestandsmerkmale erfüllt. Die Mitbeteiligte führe einen Betrieb gewerblicher Art. Die Einrichtung sei wirtschaftlich selbständig. Einnahmen von wirtschaftlichem Gewicht und Nachhaltigkeit seien gegeben. Die im Rahmen des Betriebes gewerblicher Art ausgeübte Tätigkeit sei der Mitbeteiligten zwar durch Gesetz zugewiesen, werde aber wie von privaten Wirtschaftstreibenden, "durch Beauftragung anderer gewerblich tätiger Unternehmer und unter Weiterreichung marktmäßig bezogener Leistungen am Markt", ausgeübt. Sie stelle daher eine privatwirtschaftliche Tätigkeit iSd § 2 Abs. 1 KStG 1988 dar. Damit lägen alle Kriterien für einen Leistungsaustausch gemäß § 1 Abs. 1 UStG 1994 vor. Es gebe einen Leistungsempfänger, ein gesondertes Entgelt und die notwendige Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung.

Auch wenn von einer hoheitlichen Tätigkeit ausgegangen würde, stelle die Tätigkeit in gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung eine unternehmerische dar. Die Behandlung der "(Mitbeteiligten) als Nicht-Steuerpflichtig würde jedenfalls zu Wettbewerbsnachteilen führen, da die Mitglieder bei Bezug der Leistungen von der Einrichtung des öffentlichen Rechts mit den Bruttoaufwendungen belastet würden. Würden dritte private Unternehmer die Werbe- und Schulungsmaßnahmen gegenüber den Mitgliedern der Mitbeteiligten ausüben, würden diese im Wege des Vorsteuerabzugs von der Umsatzsteuer entlastet werden". Dies stelle eine nicht unbedeutende Wettbewerbsverzerrung dar. Daher seien "die Einnahmen aus den Teilnahmegebühren der (Mitbeteiligten)", die Beiträge für Schulungen, die Beiträge für Wettbewerbe, der Verkauf von Broschüren und Werbeträgern etc. der Umsatzsteuer zu unterziehen. Die diesen Einnahmen gegenüberstehenden Ausgaben für Honorare, Inserate, Raummieten, Messekosten, Bewirtung, Druckkosten Marketing etc. berechtigten, soweit sie dem unternehmerischen Teil zurechenbar seien, zum Vorsteuerabzug.

Das Finanzamt legte die Berufung der belangten Behörde vor, die ergänzende Erhebungen zu den von der Mitbeteiligten im Streitzeitraum konkret ausgeübten Tätigkeiten durchführte und im Rahmen eines Vorhalteverfahrens erhob, welche Erlöse die Mitbeteiligte im Zusammenhang mit den einzelnen Tätigkeiten realisiert hat bzw. welche Aufwendungen bei den einzelnen Tätigkeiten angefallen sind.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge.

Die Mitbeteiligte werde für ihre Mitglieder u.a. im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und der Werbung tätig. Im Streitzeitraum habe sie jährlich einen Ball veranstaltet, Modeschauen organisiert und durchgeführt, Nachwuchswerbung betrieben, mit mehreren Modellkleidern an Misswahlen teilgenommen, eine neue Homepage gestaltet, einen Workshop zur Erarbeitung der Aktivitäten des Betriebes gewerblicher Art für die nächsten fünf Jahre durchgeführt und eine Gemeinschaftsfahrt zu einer internationalen Fachmesse organisiert.

Die Erlöse der Mitbeteiligten stammten aus Eintrittsgeldern und Werbebeiträgen für den Ball, Sponsorbeiträgen zur Modeschau, Kostenbeiträgen für die Modellkleider und dem Verkauf von Eintrittskarten zur Fachmesse. Aufwendungen seien insbesondere im Zusammenhang mit dem Ball und der Modeschau angefallen (Ausstattung, Dekorationsaufwand, Folder, Poster, Einladungen, Repräsentationen). Die Mitbeteiligte habe Leistungen von anderen Unternehmern bezogen und zum Teil (Ball, Modeschau, Exkursion) an Interessenten gegen Entgelt weitergereicht. Ball und Modeschau seien öffentliche, allgemein zugängliche Veranstaltungen gewesen. Hinsichtlich der erbrachten Leistungen habe keine Kostendeckung bestanden. Daher habe die Mitbeteiligte in allen Jahren Verluste erzielt, die sie durch Grundumlagen, Miet- und Kapitalerträge abgedeckt habe. Ursache für die Verluste sei der hohe Repräsentationsaufwand gewesen, unter dem aber auch die Gagen für die künstlerische Unterhaltung bei Veranstaltungen (Ball, Modeschau) erfasst worden seien.

Die Mitbeteiligte habe den Hoheitsbereich und den als Betrieb gewerblicher Art angesehenen Bereich jeweils in einem eigenen Rechnungskreis erfasst. Die Tätigkeit sei auch von wirtschaftlichem Gewicht, weil in den Streitjahren Erlöse zwischen 34.700,92 EUR und 46.964,90 EUR erzielt worden seien, wozu in einzelnen Jahren noch Erlöse aus Warenverkäufen kämen.

Den Mitgliedern sei die Leistung eines Werbebeitrages für den Ball und die Leistung von Kostenbeiträgen für Modellkleider ebenso frei gestanden, wie der Erwerb von Eintrittskarten für Ball und Fachmesse. Die Sponsorbeiträge zur Modeschau stammten von Banken und Versicherungen, die nicht Mitglieder der Mitbeteiligten seien. Anders verhalte es sich bei der Nachwuchswerbung, der Gestaltung der neuen Homepage und dem Workshop, bei dem die Aktivitäten des Betriebes gewerblicher Art für die nächsten fünf Jahre festgelegt worden sei. Mit diesen Tätigkeiten habe die Mitbeteiligte keine Umsätze erzielt.

Nach Körperschaftsteuerrecht sei es nicht zulässig, bei einer wirtschaftlich selbständigen Einrichtung iSd § 2 Abs. 1 KStG 1988, die privatwirtschaftliche und hoheitliche Aufgaben erfülle, die privatwirtschaftlichen Bereiche herauszuschälen und als Betrieb gewerblicher Art anzusehen. Nach dem Überwiegensgrundsatz liege entweder ein Betrieb gewerblicher Art oder ein Hoheitsbetrieb vor. Aus Sicht der Umsatzsteuer und des hier maßgebenden Unionsrechts führe die Einheitsbetrachtung aber zu Ergebnissen, die mit der Neutralität der Mehrwertsteuer nicht vereinbar seien. Bei überwiegend privatwirtschaftlicher Tätigkeit komme es zu einer systemwidrigen Steuerentlastung des untergeordneten Hoheitsbereiches, bei Überwiegen der hoheitlichen Tätigkeit zu einer systemwidrigen Belastung privatwirtschaftlicher Tätigkeiten. In "gemeinschaftskonformer" Interpretation des § 2 Abs. 3 UStG 1994 sei daher jede Tätigkeit einer wirtschaftlich selbständigen, sachlich und organisatorisch abgegrenzten Einrichtung iSd § 1 Abs. 1 KStG 1988 darauf zu prüfen, ob sie in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolge oder als "wirtschaftlich" iSd Art. 9 Abs. 1 der MwStSystRL bzw. des Art. 4 Abs. 2 der 6. RL anzusehen sei.

Der EuGH habe wiederholt ausgesprochen, dass es sich bei Tätigkeiten "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" iSd Art. 13 Abs. 1 MwStSystRL bzw. von Art. 4 Abs. 5 der 6. RL um solche handle, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Rahmen einer öffentlichrechtlichen Sonderregelung ausübten. Tätigkeiten, die sie unter den gleichen Bedingungen ausübten wie private Wirtschaftstreibende, gehörten nicht dazu. Unerheblich sei, ob die Tätigkeit in Wahrnehmung von Aufgaben bestehe, die aus Gründen des Gemeinwohls durch Gesetz zugewiesen und geregelt seien. Ausschlaggebend seien die konkreten Ausübungsmodalitäten. Die belangte Behörde komme daher zu dem Schluss, "dass die (Mitbeteiligte) in den Streitjahren keine ihr im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegende Tätigkeiten vorgenommen hat". Somit sei zu prüfen, inwieweit die Mitbeteiligte wirtschaftliche Tätigkeiten iSd Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL bzw. des Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 1 der 6. RL ausgeübt habe.

Die Teilnahme an den Bällen, Modeschauen, Misswahlen und der Fachmesse sei den Mitgliedern der Mitbeteiligten freigestanden. Mitglieder, die Sponsorbeiträge zur einer Modeschau oder Werbebeiträge für einen Ball geleistet hätten, seien als Gegenleistung auf Leinwänden links und rechts der Bühne, auf Menükarten und in einem Printmedium namentlich genannt worden. Beim Kostenbeitrag zum Modellkleid habe die Gegenleistung in der Präsentation und Namensnennung des betreffenden Unternehmens bei den Misswahlen selbst und bei den jeweiligen Vorveranstaltungen bestanden. Gegenleistung für die Eintrittsgelder sei die Teilnahme am Ball bzw. der Fachmesse gewesen. Bezüglich der angeführten Aktivitäten habe die Mitbeteiligte somit auf der Grundlage eines Vertrages gegenüber einem konkreten Leistungsempfänger eine Dienstleistung gegen Entgelt erbracht und damit wirtschaftliche Tätigkeiten ausgeübt. Der Workshop zur Erarbeitung der Aktivitäten des Betriebes gewerblicher Art für die nächsten fünf Jahre sei als vorbereitende Tätigkeit dem unternehmerischen Bereich der Mitbeteiligten zuzuordnen. Anderes gelte für die Nachwuchswerbung, die sich an die interessierte Allgemeinheit gerichtet und zu keinen Umsätzen geführt habe, und die Neugestaltung der Homepage insofern, "als nicht unternehmerische Aktivitäten beworben werden". Die Neugestaltung der Homepage werde im Schätzungswege zu 50% dem Bereich Werbung für unternehmerische Aktivitäten zugeordnet. Grundlage für diesen hohen Prozentsatz sei der Umstand, dass bestimmte - dem Hoheitsbereich der Mitbeteiligten zuzuordnende - Aktivitäten nicht auf der in Rede stehenden Homepage veröffentlicht würden und die Mitbeteiligte glaubhaft gemacht habe, dass ein wesentlicher Teil der Homepage der Werbung für Veranstaltungen wie den Ball und die Modeschau diene.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Finanzamt erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 12 Abs. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer Vorsteuerbeträge abziehen. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1994, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Unter welchen Voraussetzungen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts gewerblich oder beruflich tätig ist, bestimmt § 2 Abs. 3 UStG 1994. Diese Bestimmung lautet auszugsweise:

"(3) Die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988), ausgenommen solche, die gemäß § 5 Z 12 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 von der Körperschaftsteuer befreit sind, und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. ..."

Der verwiesene § 2 KStG 1988 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. Nr. 818/1993, lautet auszugsweise:

"§ 2. (1) Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des

öffentlichen Rechts ist jede Einrichtung, die

- wirtschaftlich selbständig ist und

- ausschließlich oder überwiegend einer nachhaltigen

privatwirtschaftlichen Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht und

- zur Erzielung von Einnahmen oder im Falle des

Fehlens der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr

von anderen wirtschaftlichen Vorteilen und

- nicht der Land- und Forstwirtschaft (§ 21 des

Einkommensteuergesetzes 1988)

dient. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht

erforderlich. Die Tätigkeit der Einrichtung gilt stets als

Gewerbebetrieb.

...

(5) Eine privatwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 liegt nicht vor, wenn die Tätigkeit überwiegend der öffentlichen Gewalt dient (Hoheitsbetrieb). Eine Ausübung der öffentlichen Gewalt ist insbesondere anzunehmen, wenn es sich um Leistungen handelt, zu deren Annahme der Leistungsempfänger auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist. ..."

Nach Art. 2 Nr. 1 der bis anzuwendenden Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (im Folgenden: 6. RL), welcher Art. 2 Abs. 1 Buchstaben a und c der mit in Kraft getretenen Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (im Folgenden: MwStSystRL) entspricht, unterliegen der Mehrwertsteuer die Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt. Nach Art. 4 Abs. 1 der 6. RL (der Art. 9 Abs. 1 Unterabsatz 1 der MwStSystRL entspricht) gilt als Steuerpflichtiger, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. Die wirtschaftlichen Tätigkeiten sind nach Art. 4 Abs. 2 der 6. RL (der Art. 9 Abs. 1 Unterabsatz 2 der MwStSystRL entspricht) alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeit der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleich gestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfasst.

Nach Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 1 der 6. RL (der Art. 13 Abs. 1 Unterabsatz 1 der MwStSystRL entspricht) gelten Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen.

Nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH handelt es sich bei Tätigkeiten "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" im Sinne von Art. 4 Abs. 5 der 6. RL um solche, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung ausüben. Dies ist der Fall, wenn die Ausübung dieser Tätigkeit das Gebrauchmachen von hoheitlichen Befugnissen umfasst; nicht dazu gehören Tätigkeiten, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts unter den gleichen Bedingungen ausüben wie private Wirtschaftstreibende. Unerheblich ist, ob die Tätigkeit in Wahrnehmung von Aufgaben besteht, die aus Gründen des Gemeinwohls durch Gesetz zugewiesen und geregelt sind. Ausschlaggebend sind die konkreten Ausübungsmodalitäten der Tätigkeiten. Soweit Art. 4 Abs. 5 der 6. RL die Behandlung der Einrichtungen des öffentlichen Rechts als Nichtsteuerpflichtige davon abhängig macht, dass diese "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" tätig werden, schließt sie eine solche Behandlung der Tätigkeiten aus, die diese Einrichtungen nicht als Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts, sondern als Rechtssubjekte des Privatrechts ausüben. Das einzige Kriterium, das eine sichere Unterscheidung dieser beiden Arten von Tätigkeit ermöglicht, ist folglich die nach dem nationalen Recht anwendbare rechtliche Regelung, wobei es Sache des nationalen Gerichts ist, die fragliche Tätigkeit an Hand dieses Kriteriums zu beurteilen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2000/14/0203).

Nach den allgemeinen umsatzsteuerrechtlichen Regeln wären Körperschaften öffentlichen Rechts insoweit Unternehmer, als sie selbständig und nachhaltig eine Tätigkeit zum Zweck der Einnahmenerzielung entfalten. § 2 Abs. 3 UStG 1994 modifiziert allerdings diesen Grundsatz (vgl. Ruppe/Achatz , UStG4, § 2 Tz 158). Vor dem Hintergrund des Unionsrechts ist weiters zu beachten, dass dieses den Begriff des "Betriebes gewerblicher Art" nicht kennt (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , 2003/13/0019, VwSlg 8271/F). Allgemein gilt nach der Rechtsprechung des EuGH, dass sich der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne des Art. 4 Abs. 1 und 2 der

6. RL (entspricht Art. 9 Abs. 1 Unterabsatz 1 und 2 der MwStSystRL) auf einen weiten Bereich erstreckt (vgl. z.B. die , Kommission/Hellenische Republik , Rn 26, und vom , C-219/12, Thomas Fuchs , Rn 17).

Die Beschwerde trägt vor, die Mitbeteiligte habe mit Ausübung der hier in Rede stehenden Tätigkeiten nur ihren gesetzlichen Auftrag erfüllt. Hinsichtlich der Tätigkeiten seien durchgehend Verluste angefallen. Daher sei davon auszugehen, dass die Tätigkeiten nur zur Wahrnehmung der Mitgliederinteressen entfaltet worden seien und die Mitbeteiligte "nicht eine 'Einnahmenerzielung auf Grundlage einer wirtschaftlichen Tätigkeit' beabsichtigt" habe. Die Inkaufnahme der festgestellten Verluste sei nur im Lichte der Förderung der Mitgliederinteressen verständlich und nachvollziehbar. "Dass die Verluste u.a. durch Mittel aus Grundumlageeingängen abgedeckt werden, bestätigt diese Tatsache."

Insgesamt sei festzustellen, dass die Mitbeteiligte keine unternehmerische bzw. wirtschaftliche Tätigkeit ausübe und die teilweise nach außen gerichteten Aktivitäten auf die Zweckverwirklichung der Mitbeteiligten im Sinne der Förderung der Mitgliederinteressen, der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit abziele (Hinweis auf das C- 267/08, SPÖ Landesorganisation Kärnten ). Da die Mitbeteiligte "keine wirtschaftliche bzw. unternehmerische Tätigkeit ausübt", erübrige sich eine Auseinandersetzung dahingehend, ob die Mitbeteiligte die in Rede stehenden Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt im Sinne des Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 1 der 6. RL bzw. Art. 13 Abs. 1 Unterabsatz 1 der MwStSystRL erbracht habe. Nur als Alternativbegründung werde hierzu ausgeführt, dass die von der Mitbeteiligten ausgeübten Tätigkeiten auf Grund gesetzlich geregelter Vorgaben erfolgten und es sich somit "grundsätzlich um hoheitliche Tätigkeiten" handle.

Mit diesem Vorbringen zeigt das Finanzamt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Soweit die Beschwerde unter Bezugnahme auf das , SPÖ Landesorganisation Kärnten, die Auffassung vertritt, die Mitbeteiligte habe im Streitzeitraum keine wirtschaftliche bzw. unternehmerische Tätigkeit ausgeübt, ist ihr zu entgegnen, dass diesem Urteil ein Sachverhalt zugrunde lag, der mit dem hier vorliegenden nur teilweise vergleichbar ist. Nach dem angeführten Urteil ist die Außenwerbung der Unterorganisation einer politischen Partei eines Mitgliedstaates nicht als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen, was in gleicher Weise auch für die Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Mitglieder durch eine Vereinigung gilt (vgl. z.B. das , VNLTO , Rn 34).

Die Mitbeteiligte hat im Streitzeitraum Bälle, Modeschauen, Miss-Wahlen etc. durchgeführt. Derartige Veranstaltungen stellen einen geeigneten Rahmen für die der Mitbeteiligten gesetzlich aufgetragene Öffentlichkeitsarbeit und Werbung dar, die letztlich der Wahrnehmung der allgemeinen Interessen ihrer Mitglieder dient. Dass diese Veranstaltungen tatsächlich (und primär) der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung gedient haben, ist - worauf in der Beschwerde zutreffend hingewiesen wird - schon daran erkennbar, dass die Mitbeteiligte im Zusammenhang mit der Organisation dieser Veranstaltungen nachhaltige Verluste in Kauf genommen und diese mit Umlagen (Beiträgen der Mitglieder) abgedeckt hat.

Im Zusammenhang mit den hier in Rede stehenden Tätigkeiten wurden von der Mitbeteiligten aber auch nachhaltig konkrete Dienstleistungen gegen Entgelt angeboten. Folgt man den - insoweit unwidersprochenen - Feststellungen der belangten Behörde, wurden Mitglieder, die Sponsorbeiträge zu einer Modeschau oder Werbebeiträge für einen Ball geleistet haben, als Gegenleistung auf Leinwänden links und rechts der Bühne, auf Menükarten und in einem Printmedium namentlich genannt. Beim Kostenbeitrag zum Modellkleid hat die Gegenleistung in der Präsentation und Namensnennung des betreffenden Unternehmens bei den Misswahlen selbst und bei den jeweiligen Vorveranstaltungen bestanden. Gegenleistung für die Eintrittsgelder war die Verschaffung der Möglichkeit der Teilnahme am Ball bzw. der Fachmesse. Die aus diesen Dienstleistungen resultierenden jährlichen Einnahmen der Mitbeteiligten haben laut angefochtenem Bescheid im Streitzeitraum zwischen 34.700,92 EUR und 46.964,90 EUR betragen und sind daher auch von erheblichem wirtschaftlichem Gewicht. Damit kann der belangten Behörde aber nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn sie zur Feststellung gelangte, dass die Mitbeteiligte im Streitzeitraum eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat.

Auch der Rüge des Finanzamtes, die von der Mitbeteiligten ausgeübten Tätigkeiten seien alle auf Grund gesetzlich geregelter Vorgaben erfolgt, weshalb es sich "grundsätzlich um hoheitliche Tätigkeiten" handle, kommt keine Berechtigung zu, weil die nach der oben erwähnten Rechtsprechung des EuGH ausschlaggebenden "konkreten Ausübungsmodalitäten" nicht hoheitlicher Natur sind (vgl. z.B. das , Fazenda Publica , Rn 19, und das hg. Erkenntnis vom , 2000/14/0203, mwN).

Es stößt daher auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken, wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen ist, dass die Mitbeteiligte im Streitzeitraum eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat und daher grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Die belangte Behörde hat aber dem Umstand, dass durch die hier in Rede stehenden Tätigkeiten eine Plattform geschaffen wurde, die es der Mitbeteiligten ermöglicht hat, ihrem eigentlichen Zweck, nämlich der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit zur Wahrnehmung der allgemeinen Interessen ihrer Mitglieder nachzukommen, keine Beachtung geschenkt. Dass die in Rede stehenden Tätigkeiten auch (primär) der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung gedient haben, ist - wie bereits ausgeführt - schon daran erkennbar, dass die Mitbeteiligte im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten nachhaltige Verluste in Kauf genommen und u.a. mit Umlagen (Beiträgen der Mitglieder) abgedeckt hat.

Tätigkeiten wie die Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Mitglieder durch eine Vereinigung sind - wie der EuGH wiederholt ausgesprochen hat - keine "der Mehrwertsteuer unterliegenden" Tätigkeiten im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der 6. RL (der Art. 2 Abs. 1 Buchstaben a und c der MwStSystRL entspricht), da sie nicht in der entgeltlichen Lieferung von Gegenständen oder Erbringung von Dienstleistungen bestehen (vgl. das , VNLTO , Rn 34, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2007/15/0192, VwSlg 8453/F, ausgesprochen, dass Körperschaften öffentlichen Rechts, denen aufgrund einer entsprechenden Betätigung Unternehmereigenschaft zukommt, insoweit vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind, als sie Gegenstände und Dienstleistungen für ihren nichtunternehmerischen (hoheitlichen) Bereich beziehen. Wie der EuGH in Rn 37 des oben zitierten Urteils VNLTO ausgeführt hat, ist nämlich der Abzug von Vorsteuer auf Aufwendungen eines Steuerpflichtigen nicht zulässig, soweit sie sich auf Tätigkeiten beziehen, die aufgrund ihres nichtwirtschaftlichen Charakters nicht in den Anwendungsbereich der 6. RL fallen. Für den Fall, dass ein Steuerpflichtiger zugleich wirtschaftlichen Tätigkeiten und nichtwirtschaftlichen, nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Tätigkeiten nachgeht, ist der Abzug der Vorsteuer auf Aufwendungen nur insoweit zulässig, als diese Aufwendungen den wirtschaftlichen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen zuzurechnen sind.

Ein Vorsteuerabzug kann nicht Platz greifen, soweit ein Gegenstand oder eine Dienstleistung für nichtunternehmerische (aber nicht unternehmensfremde) Zwecke Verwendung findet; an diesem Ergebnis ändert es nichts, wenn der Gegenstand (die Dienstleistung) daneben zum Teil zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze Verwendung findet (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , 2007/15/0192, VwSlg 8453/F).

Im Streitfall diente der Bezug von Gegenständen und Dienstleistungen durch die Mitbeteiligte zum Zwecke der Veranstaltung von Bällen, Modeschauen und Misswahlen der Ausführung steuerpflichtiger Umsätze und der Erfüllung nichtunternehmerischer (satzungsmäßiger) Zwecke der Mitbeteiligten, insbesondere der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für die beruflichen Interessen ihrer Mitglieder. Daher hat die Mitbeteiligte die Gegenstände und Dienstleistungen, die sie in Zusammenhang mit den angeführten Veranstaltungen bezogen hat, für Zwecke des Vorsteuerabzuges aufzuteilen: Solche Gegenstände und Dienstleistungen dienen jeweils anteilig der Ausführung steuerpflichtiger Umsätze und mit dem weiteren Anteil nichtunternehmerischen Zwecken der mitbeteiligten Körperschaft. Für den Erwerb eines jeden Gegenstands und einer jeden Dienstleistung steht der Mitbeteiligten daher der Vorsteuerabzug jeweils mit jener Quote zu, die sich aus dem Verhältnis der Verwendung für steuerpflichtige Zwecke einerseits und für nichtunternehmerische Zwecke andererseits ergibt.

In Verkennung der Rechtslage hat die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen, anhand welcher eine Aufteilung der im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Tätigkeiten anfallende Vorsteuer möglich wäre.

Der angefochtene Bescheid war daher aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am