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VwGH vom 20.02.2008, 2006/08/0001

VwGH vom 20.02.2008, 2006/08/0001

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der B A in J, vertreten durch Dr. Josef Pfurtscheller, Dr. Marcus Orgler und Mag. Norbert Huber, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Adolf Pichler Platz 4/II, gegen den Bescheid der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom , Zl. BMSG-320003/0002-II/A/3/2005, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. F L in J, vertreten durch Dr. Matthias Lüth und Mag. Michael Mikuz, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Stiftgasse 16; 2. Tiroler Gebietskrankenkasse, 6020 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2; 3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1201 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65;

4. Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Am gab der Erstmitbeteiligte vor der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse zu Protokoll, G A sei der Eigentümer des "F-hofes" in J gewesen. Dieser sei im Jahr 2000 verstorben. Von 1987 bis 1999 habe der Erstmitbeteiligte regelmäßig landwirtschaftliche Arbeiten für Herrn A verrichtet. Von Mitte 1997 bis ca. August 1998 habe der Erstmitbeteiligte nur unregelmäßig für Herrn A gearbeitet, weil sein Haus abgebrannt sei. Der Erstmitbeteiligte habe die Arbeiten im Hinblick auf eine spätere Erbseinsetzung, die aber nicht zustande gekommen sei, getätigt. Es sei nie die Rede davon gewesen, dass er zur Sozialversicherung angemeldet werde, es gebe auch keinen schriftlichen Arbeitsvertrag. Er habe alle anfallenden Arbeiten in der Landwirtschaft verrichtet. Herr A habe nur bei den leichteren Arbeiten mitgeholfen. Der Erstmitbeteiligte sei zuständig gewesen für Heuarbeiten, das Füttern von 120 Stück Vieh, im Sommer zweimal tägliches Melken des Viehs auf der Alm, weiters für das Düngen, Errichten von Zäunen, Machen von Brennholz, Richten von Dächern an Ställen und Heustadeln und das Schneeräumen. Die Arbeitszeit sei fix gewesen. Von November bis April habe der Beschwerdeführer das Vieh mit der Hand melken müssen, ausmisten müssen etc., und zwar von 6.00 bis ca. 8.00 oder 8.30 Uhr und von 16.00 bis 18.00 Uhr oder 18.30 Uhr an sieben Tagen pro Woche. Ferner habe er Heu liefern müssen (einmal pro Woche ca. sechs bis sieben Stunden), Schnee räumen (zwischen fünf und zehn Stunden pro Woche, je nach Witterung) und Mist wegführen (einmal monatlich ca. acht Stunden). Im Sommer habe er zweimal täglich auf die Alm gehen müssen, an sieben Tagen pro Woche, jeweils für zwei bis zweieinhalb Stunden pro Almgang, ferner habe er heuen müssen (ersten und zweiten Schnitt) pro Schnitt ca. drei Wochen (mähen mit der Sense an Steilhängen), Heumandeln habe er machen müssen (pro Schnitt ca. 150 Stunden) und Zäune habe er errichten und reparieren müssen (für den Zaun auf der Alm habe er 14 Tage, auch Samstag und Sonntag, benötigt, insgesamt 112 Stunden). Es seien ständig Reparaturen angefallen, weil die Gebäude sehr alt gewesen seien. Von Mai bis Oktober habe der Erstmitbeteiligte wöchentlich mindestens 60 Stunden gearbeitet, auch am Samstag und am Sonntag. Stundenaufzeichnungen habe er keine geführt. Alle Arbeitsgeräte und Maschinen habe er selbst beigestellt. Seine Freundin und sein Sohn hätten ihm bei der Arbeit geholfen, wogegen Herr A nichts gehabt habe. Sein Sohn habe einmal S 2.000,-- von Herrn A bekommen, sonst habe er kein Geld erhalten, ebenso nicht seine Freundin. Lohn sei keiner ausgemacht gewesen. Alle paar Monate habe Herr A dem Erstmitbeteiligten Geld zugesteckt, "Trinkgeld" habe er gesagt. Der Erstmitbeteiligte habe nicht bestätigen müssen, dass er Geld bekommen habe. Er erhielt pro Jahr insgesamt durchschnittlich zwischen S 70.000,-- und S 80.000,-- bar ausbezahlt. Davon habe er aber auch die Lebensmitteleinkäufe für die Familie A, sicher S 4.000,-- bis S 5.000,-- monatlich, bezahlt. Er habe ferner freie Verpflegung (Jause, Mittagsessen, Nachmittagsjause) sowie Brennholz (am Stock) erhalten. Geld oder Lohn habe er nie verlangt. Von 1987 bis 1999 sei der Erstmitbeteiligte nicht anders berufstätig gewesen, habe aber Mieteinnahmen von monatlich S 10.000,-- bis S 15.000,-- aus zwei Häusern gehabt, die er 1993 bzw. 1996 habe verkaufen müssen. Bis 1993 habe er eine kleine Landwirtschaft gehabt mit vier Stück Vieh. Bei seiner Landwirtschaft habe ihm sein Vater geholfen. Im Sommer 1999 habe der Erstmitbeteiligte die Arbeit eingestellt, weil er von der Schenkung an Frau A erfahren habe. Der Erstmitbeteiligte habe die ganze Arbeit praktisch ohne Lohn und Versicherung im Hinblick darauf, dass alles einmal ihm gehöre, verrichtet.

Die Beschwerdeführerin gab am vor der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse zu Protokoll, ihr Mann, G A, sei Besitzer der Landwirtschaft gewesen. Seit dem Tod ihres Mannes im Jahr 2000 gehöre der Hof ihr. Der Erstmitbeteiligte habe ein paar Jahre immer wieder ausgeholfen. Er sei aber nicht angestellt gewesen. Sie wisse nicht mehr, wie lange er geholfen habe. Er habe im Stall, auf der Alm und beim Heuen geholfen. Er sei gekommen, wenn er Zeit gehabt habe, aber nicht alle Tage. Er habe dann einige Stunden geholfen. Wenn er geholfen habe, habe ihm die Beschwerdeführerin sofort Geld gegeben, sie wisse aber nicht mehr, wie viel. Einkäufe habe er extra bezahlt bekommen. Es seien auch mehr Leute, Tagwerker, gewesen, die immer wieder geholfen hätten, nicht nur der Erstmitbeteiligte.

Mit Bescheid vom sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, dass der Erstmitbeteiligte vom bis zum und vom 1. Jänner bis zum als Landarbeiter beim Dienstgeber B A, Pächter der Landwirtschaft in J, gemäß § 4 Abs. 2 ASVG iVm § 1 Abs. 1 lit. a AlVG sozialversicherungs- und arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Für den Zeitraum vom bis zum sei Verjährung gemäß § 68 ASVG eingetreten. Begründend führte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse im Wesentlichen aus, G A sei Eigentümer der gegenständlichen Landwirtschaft gewesen. Seit April 1977 habe er den landwirtschaftlichen Betrieb an seine Gattin, Frau B A, verpachtet. Der Erstmitbeteiligte sei vom bis zum mit Unterbrechungen als Landarbeiter beim Dienstgeber B A, Pächter der Landwirtschaft in J, beschäftigt gewesen. Für seine Tätigkeit habe er Entgelt in unterschiedlicher Höhe ausbezahlt erhalten. Im Zuge eines zivilgerichtlichen Verfahrens sei sowohl vom Landesgericht als auch in zweiter Instanz vom Oberlandesgericht Innsbruck festgestellt worden, dass der Erstmitbeteiligte zweifelsfrei in einem Beschäftigungsverhältnis zu B A gestanden sei. In einem Sachverständigengutachten sei festgestellt worden, dass die durchschnittliche Arbeitszeit zwischen 25 und 28 Wochenstunden betragen habe. Weiters sei in diesem Verfahren auch festgestellt worden, dass der Erstmitbeteiligte in den Jahren 1997 und 1998 keine Arbeiten für die Beschwerdeführerin geleistet habe.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Einspruch.

Mit Bescheid vom gab der Landeshauptmann von Tirol diesem Einspruch Folge und stellte fest, dass der Erstmitbeteiligte in den gegenständlichen Zeiträumen nicht bei der Beschwerdeführerin gemäß § 4 Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG voll sozialversicherungs- und arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Erstmitbeteiligte Berufung.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung Folge gegeben und festgestellt, dass der Erstmitbeteiligte vom bis zum und vom 1. Jänner bis zum als Landarbeiter bei der Dienstgeberin B A der Voll- (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) und Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen ist. Die belangte Behörde stellte in der Bescheidbegründung folgenden Sachverhalt fest:

"Der Berufungswerber, Herr F L, war vom bis sowie vom bis am 'F-hof', Landwirtschaft in J tätig. Sein Tätigkeitsfeld waren sämtliche Bereiche der Landwirtschaft, d.h. von der Vieh- über Land- und Forstwirtschaft und er war dem ursprünglichen Besitzer, Herrn G A auch in rechtlichen Angelegenheiten behilflich. Frau B A war Pächterin und später Eigentümerin des F-hofes. Er arbeitete durchschnittlich 1.825 Stunden im Jahr, das entspricht etwa 5 Stunden täglich. Er stellte landwirtschaftliche Maschinen z.T. selbst zur Verfügung.

Als Entlohnung erwartete sich der Berufungswerber, später als Erbe eingesetzt zu werden. Da diese Erwartung nicht eintraf, beendete er schließlich die Tätigkeit für die Berufungsgegnerin. Er wurde jedoch bereits während der Tätigkeit teilweise durch Geldbeträge, teilweise durch Naturalleistungen und Verpflegung entlohnt.

Der Berufungswerber führte vor dem Landesgericht Innsbruck (40 Cg 22/00x) und später dem Oberlandesgericht (1 R 36/03h) Klage gegen die Berufungsgegnerin wegen ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 1435 ABGB. In diesen Verfahren wurde zwar festgestellt, dass der Berufungswerber für die Berufungsgegnerin tätig war, ein über das bereits erhaltene Entgelt hinausgehender Betrag wurde nicht zugesprochen. Ob das Tätigwerden des Berufungswerbers als Arbeitsverhältnis zur Berufungsgegnerin zu deuten ist, wurde insofern offengelassen, als bei der Geltendmachung von Abfertigung, Urlaubsentschädigung und Überstunden aus dem Rechtsgrund eines Arbeitsverhältnisses entgegengehalten wurde, dass diese Ansprüche nur dann nicht verjährt wären, wenn sie bei der Berechnung der angemessenen Entlohnung im Sinne des § 1152 ABGB aus dem Rechtsgrund des § 1435 ABGB zu berücksichtigen wären. Da aber dem Kläger aus diesem Rechtsgrund keine Mehrleistungen zugestanden seien, seien die aus einem Arbeitsverhältnis geltend gemachten Positionen, die im Falle der Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses der dreijährigen Verjährungsfrist unterlägen, auf jeden Fall verjährt. Dieser Rechtsgrund sei jedoch im Verfahren erster Instanz nicht geltend gemacht worden und auch nicht aus dem Tatsachenvorbringen ableitbar.

Herr L bewirtschaftete nebenbei noch einen anderen Bauernhof , den er zunächst gepachtet hat und später ins Eigentum übernommen hat."

Des Weiteren führte die belangte Behörde in der Bescheidbegründung im Wesentlichen aus, sie komme zu dem Schluss, dass beim Erstmitbeteiligten sehr wohl der Eindruck erweckt worden sei, als Lohn für den Arbeitseinsatz den Hof im Erbweg übernehmen zu können. Dass er sich darauf Hoffnungen gemacht habe, habe für das Ehepaar A erkennbar sein müssen, da man schon nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht davon ausgehen könne, dass jemand sonst einen Großteil seiner Zeit aufwende, um auf einem fremden Hof zu arbeiten, zum anderen aber auch deshalb, weil der Erstmitbeteiligte bereits eine Landwirtschaft auf diese Weise erworben habe. Schon das ständige Betonen durch den Erstmitbeteiligten, in Erwartung einer Erbschaft tätig gewesen zu sein, zeige, dass er keineswegs willig gewesen sei, die insgesamt umfangreichen und zeitaufwendigen Tätigkeiten aus reiner Nachbarschaftshilfe unentgeltlich zu verrichten. Das Ehepaar A habe jedoch offensichtlich von Beginn an nicht vorgehabt, als Gegenleistung dem Erstmitbeteiligten den Hof zu überschreiben, da auch an andere Personen Versprechungen in dieser Hinsicht erfolgt seien. Eine Erbseinsetzung habe letztlich nicht stattgefunden. Dem Erstmitbeteiligten seien als Entgelt bereits während seiner Tätigkeit Geld- und Naturalleistungen zugekommen, woraus man schließen könne, dass jedenfalls das Ehepaar A von einem entgeltlichen Arbeitsverhältnis des Erstmitbeteiligten zu ihnen ausgegangen sei und dies zumindest in Kauf genommen habe. Keinesfalls könne man eine bäuerliche Nachbarschaftshilfe annehmen, da diese begrifflich Gegenseitigkeit bedinge, welche tatsächlich nicht gegeben gewesen sei, im Gegenteil, der Erstmitbeteiligte habe beim Ehepaar A gearbeitet, weil dieses altersbedingt die Fülle an Arbeit nicht mehr habe alleine bewältigen können. Der Maschineneinsatz sei für beide Seiten nützlich gewesen, als wesentlich könne man ihn deshalb nicht qualifizieren, weil die Arbeit für die Beschwerdeführerin bisher offensichtlich auch ohne Maschineneinsatz möglich gewesen sei, wenn auch wahrscheinlich nach heutigen Maßstäben nicht sehr effizient. Dass lediglich der Maschineneinsatz entgolten worden sei, sei für die belangte Behörde nicht glaubhaft, da gerade die Arbeitsleistung für die Beschwerdeführerin wesentlich gewesen sei und der Einsatz der Arbeitsgeräte nur ein "nützliches Nebenprodukt" dargestellt habe. Da es bei den gerichtlichen Verfahren nicht primär um die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses des Erstmitbeteiligten zur Beschwerdeführerin gegangen sei, sondern diese Frage nur Vorfrage zur Festsetzung von eventuell bereicherungsrechtlichen Ansprüchen gewesen sei, komme eine Bindung an die gegenständlichen Gerichtsurteile bei der Feststellung einer Sozialversicherungspflicht nicht in Frage. Es sei jedoch möglich, die Beweisergebnisse, die im vorliegenden Fall sehr wohl relevant seien, zu verwenden. Arbeitsverhältnisse könnten nicht nur ausdrücklich, sondern auch schlüssig im Sinne des § 863 Abs. 1 ABGB durch korrespondierende konkludente Willenserklärungen begründet werden. Hiezu bedürfe es eines Verhaltens, das nach der Übung des redlichen Verkehrs als Rechtsfolgewillen zu verstehen sei. Im Regelfall sei dies dann gegeben, wenn ein Teil Dienstleistungen erbringe und der andere sie annehme, ohne erkennbar zu erklären, dass er den Abschluss eines Dienstvertrages ablehne oder dies aus den Umständen, unter denen die Arbeitsleistungen erbracht werden, hervorgehe. Man könne jedenfalls davon ausgehen, dass zwischen den Parteien Übereinstimmung dahingehend geherrscht habe, dass der Erstmitbeteiligte für das Ehepaar A entgeltlich arbeiten solle. Eine Tätigkeit in Form der Nachbarschaftshilfe könne nicht in Betracht kommen, da diese traditionell und auch laut gesetzlichem Begriff zumindest eine gewisse Form der Gegenseitigkeit erfordere. Dass lediglich der Maschineneinsatz entgolten worden sei, sei ebenfalls auszuschließen, da dieser nur einen Teil der geforderten Leistung darstelle und im Wesentlichen zur Arbeitserleichterung des Erstmitbeteiligten selbst gedient habe. Eine geringfügige Ausübung der Tätigkeit scheitere schon am unbestritten festgestellten zeitlichen Ausmaß von fünf Stunden täglich. Es könne, vor allem unter Berücksichtigung des § 539a ASVG, nicht sein, dass sich Arbeitgeber ihrer arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen entzögen, indem sie den Arbeitskräften lange genug vorspiegelten, den Hof, das Unternehmen etc. in Zukunft überschrieben zu bekommen oder im Erbweg zu erhalten. Selbst wenn der Erstmitbeteiligte zu Beginn nicht von einem Dienstverhältnis im Sinne des § 4 ASVG ausgegangen sei, die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte seien es jedenfalls. Schließlich spreche auch die tatsächliche Ausgestaltung für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses im sozialversicherungsrechtlichen Sinn. Es habe eine regelmäßige Verpflichtung zur Arbeitsleistung über einen längeren Zeitraum bestanden, der Erstmitbeteiligte sei Weisungen und Kontrollen der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten unterlegen und er habe Entgelt in Form von Geld- und Naturalleistungen bezogen. Schließlich könne man beim Erstmitbeteiligten davon ausgehen, dass er jedenfalls nicht unentgeltlich habe arbeiten wollen. Es lägen alle Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses bis auf den Willen der Parteien zu einem Dienstverhältnis vor. Das kann im gegenständlichen Fall jedoch zu keiner Änderung der rechtlichen Qualifikation als Dienstverhältnis führen, da bei Vorliegen der Voraussetzungen (Beschäftigung in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt) die Sozialversicherungspflicht unabhängig vom Willen der Parteien eintrete. Das Kriterium der persönlichen Abhängigkeit sei zu bejahen, da der Erstmitbeteiligte Weisungen und auch der Kontrolle der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten unterlegen sei, aus der Tatsache, dass die meisten Arbeiten saisonbedingt und auf Grund der Natur der Sache (etwa Ernte, Melken und Füttern des Viehbestandes) in bestimmter Reihenfolge und Regelmäßigkeit zu verrichten gewesen seien, ergebe sich ebenfalls eine Bindung an Arbeitsort und Arbeitszeit. Die Tätigkeit sei über einen längeren Zeitraum hindurch ausgeübt worden. Eine Durchführung der Arbeiten als selbständiger Unternehmer, worauf der Maschineneinsatz deuten könnte, schließe die belangte Behörde eher aus, da die Ausübung der Tätigkeit nach den Aussagen des Erstmitbeteiligten und von Zeugen der eines typischen Landarbeiters entsprochen habe. Es sei nicht die selbständige Führung der Landwirtschaft als solche in Auftrag gegeben worden, sondern abgesehen von den laufend anfallenden Aufgaben (wie Betreuung des Viehbestandes) seien einzelne Arbeitsaufträge (wie etwa auch für Fahrten zum Rechtsanwalt, Besorgungen) erteilt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, den Ersatz des Vorlageaufwandes beantragt und, ebenso wie die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt, von der Erstattung einer Gegenschrift ausdrücklich Abstand genommen.

Der Erstmitbeteiligte und die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse haben jeweils eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, vorgelegt, wobei der Erstmitbeteiligte Kostenersatz begehrt hat.

Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird. Hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt wird in der Beschwerde nicht bestritten. Die Beschwerdeführerin bringt aber vor, die im nachhinein enttäuschte Erwartungshaltung könne nicht zu einer Willenserklärung betreffend den Abschluss eines fremdbestimmten Arbeitsverhältnisses umgedeutet werden. Es sei eine Vielzahl anderer Rechtsbeziehungen, wie beispielsweise ein Werkvertrag oder Gefälligkeitsdienste auch im Sinne der Nachbarschaftshilfe, ebenso möglich. Es liege auch keine Umgehungsabsicht und keine Absicht zur Vermeidung von Abgaben oder Sozialversicherungsbeiträgen im Sinne des § 539a ASVG vor. Der Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen dem Erstmitbeteiligten und der Beschwerdeführerin sei nie gewollt gewesen. Der Erstmitbeteiligte habe seine Forderungen auch nicht vor dem Arbeits- und Sozialgericht vorgebracht, sondern seine zivilrechtlich relevierten Forderungen auf das Kondiktionenrecht gestützt. Dass der Beschwerdeführerin die Erwartungshaltung des Erstmitbeteiligten hinsichtlich der Erbschaft überhaupt je zur Kenntnis gelangt sei, stehe ebenso wenig konkret fest, wie eine jemals getroffene Vereinbarung über die Entgeltlichkeit der erbrachten Tätigkeit oder eine tatsächlich gegebene persönliche Abhängigkeit im Sinne einer persönlichen Arbeitsverpflichtung und Weisungs- oder Kontrollunterworfenheit. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit sei nicht festgestellt worden. Der Erstmitbeteiligte bewirtschafte vielmehr nebenbei auch noch seinen eigenen Bauernhof und seine wirtschaftliche Selbständigkeit sei bzw. war allein aus diesem Grunde bereits gewährleistet. Selbst wenn man die getroffenen Feststellungen einem freien Dienstvertrag zuordnen wollte, würden die Werkvertragselemente bei weitem überwiegen und wäre einerseits der Ausnahmetatbestand für die bäuerliche Nachbarschaftshilfe gemäß § 4 Abs. 4 Z. 1 ASVG erfüllt und andererseits hätte der Erstmitbeteiligte über wesentliche eigene Betriebsmittel verfügt und diese auch entsprechend zum Einsatz gebracht.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen darf die wirtschaftliche Abhängigkeit nicht mit Lohnabhängigkeit, also mit dem Angewiesensein des Beschäftigten auf das Entgelt zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes, gleichgesetzt werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/08/0066). Das Vorbringen, dass der Beschwerdeführer auch noch seinen eigenen Bauernhof bewirtschaftet hat, geht daher insoweit ins Leere, als damit dargetan werden soll, dass schon deshalb kein Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG bestanden haben kann.

Das Beschwerdevorbringen geht auch auf die Frage ein, inwieweit der Erstmitbeteiligte erwarten konnte, als Erbe des Ehemanns der Beschwerdeführerin eingesetzt zu werden. Tatsächlich hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass sich der Erstmitbeteiligte "als Entlohnung" erwartete, später als Erbe eingesetzt zu werden. Sie hat jedoch weiters festgestellt, dass eine Entlohnung bereits "während der Tätigkeit" erfolgt sei, und zwar teilweise durch Geldbeträge, teilweise durch Naturalleistungen und Verpflegung. Die Entgeltlichkeit der Tätigkeit steht damit - unabhängig von einer allfälligen Erwartung, als Erbe eingesetzt zu werden (was als Entlohnung aus dem Grunde des § 602 ABGB nicht hätte wirksam vereinbart werden können) - fest. Dies sagt jedoch noch nichts darüber aus, ob diese Tätigkeit auch in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit, d.h. u.a. in rechtlicher Verpflichtung zur Beschwerdeführerin erfolgt ist.

Im Übrigen erkennen sowohl die belangte Behörde als auch die Beschwerdeführerin, dass zu einem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis eine beiderseitige Willensübereinstimmung darüber gehört, dass auf der einen Seite abhängige Dienste entgeltlich geleistet und auf der anderen Seite diese Dienste entgegengenommen werden (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 12.848/A, und vom , Zl. 2003/08/0138).

Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass eine solche Willensübereinstimmung auch konkludent herbeigeführt werden kann. Die belangte Behörde ist von einem derartigen Sachverhalt ausgegangen. Diesbezüglich erweist sich jedoch die Bescheidbegründung aus folgenden Überlegungen als nicht schlüssig:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, findet die wirtschaftliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ihren Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel und ist deshalb bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit. Es kann somit zwar wirtschaftliche Abhängigkeit bei persönlicher Unabhängigkeit bestehen, nicht aber persönliche Abhängigkeit ohne wirtschaftliche Abhängigkeit im genannten Sinn (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/08/0232, mwN).

Die belangte Behörde ist von einer konkludent zustande gekommen Willensübereinkunft hinsichtlich eines abhängigen Dienstverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ausgegangen. Die Bescheidbegründung lässt aber nicht erkennen, worauf die Konkludenz einer derartigen Willensübereinkunft, insbesondere angesichts der Verfügung des Erstmitbeteiligten über die relevanten Betriebsmittel gegründet werden kann. Es mag zwar der Wille dahingehend bestanden haben, dass Dienstleistungen verrichtet und angenommen werden. Es ist jedoch aus den Darlegungen der belangten Behörde nicht erkennbar, weshalb die Vertragsparteien davon ausgegangen sein sollen, dass diese Dienstleistungen in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG geleistet werden sollen. Die belangte Behörde hat es vor allem unterlassen zu begründen, weshalb ein Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG und kein Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft nach § 2 Abs. 4 Z. 4 GewO 1994 (Dienstleistungen, ausgenommen Fuhrwerksdienste, mit land- und forstwirtschaftlichen Betriebsmitteln, die im eigenen Betrieb verwendet werden, für andere land- und forstwirtschaftliche Betriebe) vorgelegen ist, zumal der Erstmitbeteiligte nach den Feststellungen der belangten Behörde auch eine eigene Landwirtschaft geführt hat. An dieser Stelle ist auch darauf hinzuweisen, dass gerade bei der Gestaltung von Rechtsverhältnissen, die land- oder forstwirtschaftliche Tätigkeiten zum Gegenstand haben, den Vertragsparteien zahlreiche verschiedene Möglichkeiten offen stehen (vgl. näher die hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 2003/08/0175 und 0176, und vom , Zl. 2003/08/0177, mwN). Näher einzugehen wäre gerade in diesem Zusammenhang im Übrigen auch darauf gewesen, dass nach den Angaben des Erstmitbeteiligten die Arbeiten offenbar nicht immer von ihm persönlich verrichtet werden mussten.

Der somit gegebene Begründungsmangel ist auch wesentlich, weil die belangte Behörde bei seiner Vermeidung zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war im Hinblick auf die auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Befreiung von der Abgabenpflicht (§ 110 ASVG) abzuweisen.

Wien, am