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VwGH vom 09.09.2013, 2010/17/0274

VwGH vom 09.09.2013, 2010/17/0274

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2010/17/0275

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Straßegger und Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerden des W

J in M, vertreten durch Dr. Mario Mandl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 7/4, gegen die Bescheide der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck jeweils vom , 1. Zl. I-Präs- 00535e/2010 betreffend Gehsteigbeitrag (hg. Zl. 2010/17/0274), und

2. Zl. I-Präs-00534e/2010 betreffend Erschließungsbeitrag (hg. Zl. 2010/17/0275), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden jeweils wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der beschwerdeführenden Partei jeweils Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 (insgesamt daher EUR 2.652,80) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Baubewilligungsbescheid des Stadtmagistrats Innsbruck vom wurde den Rechtsvorgängern des Beschwerdeführers die nachträgliche Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses erteilt. Die Bewilligung erfolgte gemäß § 26 Abs. 7 Tiroler Bauordnung 1998 (tir. BauO 1998) nach Maßgabe der einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Pläne und Projektunterlagen unter der aufschiebenden Bedingung der grundbücherlichen Durchführung der Grenzänderung betreffend eine bestimmt bezeichnete Grundparzelle.

Mit zwei Bescheiden des Stadtmagistrats Innsbruck vom wurden dem Beschwerdeführer für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses ein Gehsteigbetrag in der Höhe von ATS 89.588 (EUR 6.510,619) und ein Erschließungsbeitrag in der Höhe von ATS 200.626 (EUR 14.580,06) vorgeschrieben.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde den dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufungen Folge gegeben und die beiden Bescheide gemäß § 276 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) behoben, weil die dem Baubewilligungsbescheid beigefügte aufschiebende Bedingung der Grenzänderung durch Grundteilung erst im Jahr 2010 erfüllt worden sei. Da die materielle Rechtskraft des Baubescheides vom somit erst im Jahr 2010 eingetreten sei, seien die Abgabenvorschreibungen vom entgegen den abgabenrechtlichen Bestimmungen aufgrund eines nicht in Rechtskraft erwachsenen Bescheides erlassen worden. Da der Abgabenanspruch auf die gegenständlichen "Anliegerabgaben" somit erst im Jahr 2010 entstanden sei, seien die beiden Abgabenbescheide zu beheben gewesen.

Mit Bescheiden des Stadtmagistrates Innsbruck vom wurde dem Beschwerdeführer ein Gehsteigbeitrag gemäß §§ 13 ff Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz (TVAAG) in der Höhe von EUR 7.367,33 sowie ein Erschließungsbeitrag gemäß § 7 ff TVAAG in der Höhe von EUR 14.785,82 vorgeschrieben.

Mit Berufungsvorentscheidungen des Stadtmagistrates Innsbruck vom wurde den dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufungen keine Folge gegeben. Der Abgabenspruch stütze sich auf § 16 Abs. 1 lit. a erster Fall TVAAG beziehungsweise § 12 Abs. 1 erster Fall TVAAG, wonach der Abgabenanspruch bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben mit dem Eintritt der Rechtskraft (formelle und materielle) der Baubewilligung entstehe. Gemäß § 14 Abs. 1 lit. a TVAAG beziehungsweise § 8 Abs. 1 TVAAG sei Abgabenschuldner, wer zu diesem Zeitpunkt Eigentümer des Bauplatzes sei, auf dem der Neubau errichtet werde, oder das Gebäude, dessen Baumasse vergrößert werde, bestehe.

Die aufschiebende Bedingung sei erst im Jahr 2010 durch eine Grundteilung erfüllt worden. Die materielle Rechtskraft des Baubescheides vom sei daher erst im Jahr 2010 eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer grundbücherlicher Eigentümer der nunmehr den Bauplatz darstellenden neuen Grundparzelle gewesen. Die jeweils beeinspruchte Abgabenvorschreibung sei daher zu Recht gegenüber dem Beschwerdeführer erfolgt. Der Einwand der Verjährung gehe infolge der Entstehung des Abgabenanspruches im Jahre 2010 gemäß § 207 ff BAO ins Leere.

Der Beschwerdeführer beantragte, die Berufungen der Berufungsbehörde zur Entscheidung vorzulegen. Gemäß § 16 Abs. 3 TVAAG beziehungsweise § 12 Abs. 3 TVAAG sei der Gehsteigbeziehungsweise Erschließungsbeitrag nach Baubeginn vorzuschreiben. § 6 Abs. 2 zweiter Satz TVAAG, der sinngemäß gelte, sage, dass die Verjährungsfrist mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Bau begonnen worden sei, beziehungsweise mit dem Baubeginn zu laufen beginne.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufungen jeweils als unbegründet ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Abgabenanspruch entstehe gemäß § 16 Abs. 1 TVAAG beziehungsweise § 12 Abs. 1 TVAAG mit dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung, bei anzeigepflichtigen Bauvorhaben mit dem Zeitpunkt, in dem auf Grund des § 28 Abs. 2 tir. BauO 1998 mit der Ausführung des angezeigten Bauvorhabens begonnen werden dürfe, und bei allen anderen Bauvorhaben mit dem Baubeginn.

Im Beschwerdefall sei die der Abgabenvorschreibung zu Grunde liegende Baubewilligung unter der aufschiebenden Bedingung der grundbücherlichen Durchführung der Grenzänderung betreffend eine bestimmt bezeichnete Grundparzelle erteilt worden. Die diesbezügliche Grundteilung sei laut "Grundbuchsauszug" vom am durchgeführt worden. Die gegenständliche Abgabenvorschreibung habe somit erst nach diesem Zeitpunkt erfolgen können. Aus diesem Grund habe auch die ursprünglich zu früh erfolgte Abgabenvorschreibung mit Berufungsvorentscheidung vom behoben werden müssen.

Den Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach er das Einfamilienhaus im Rahmen einer Zwangsversteigerung erworben habe und er daher zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung nicht Eigentümer des Bauplatzes und somit auch nicht Abgabenschuldner sein könne, könne nicht gefolgt werden. Entscheidend für die Vorschreibung des Abgabenanspruches sei gemäß § 16 TVAAG beziehungsweise § 12 TVAAG bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben die Rechtskraft der Baubewilligung. In den Beschwerdefällen sei die Baubewilligung unter der aufschiebenden Bedingung der grundbücherlichen Durchführung der Grenzänderung erteilt worden und sohin erst nach Durchführung dieser Bedingung in Rechtskraft erwachsen.

Dem Einwand der Verjährung könne - unter anderem - nicht gefolgt werden, weil es sich dabei um ein laufendes Verfahren handle, auf dessen zeitnahen Ausgang die Behörde keinen Einfluss habe. Seitens der Behörde sei jedoch laufend bei den Rechtsvorgängern des Beschwerdeführers und beim Beschwerdeführer urgiert worden (Verweis auf den Schriftverkehr vom , , , , und ). § 238 Abs. 1 BAO normiere, dass das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden sei, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe verjähre. Abs. 2 leg.cit. normiere, dass die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen werde. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten sei, beginne die Verjährungsfrist neu zu laufen. Hiebei müsse es sich nur um eine zur Erhebung der fraglichen Abgabe sachlich zuständige Abgabenbehörde handeln. Die Verjährung unterbrechend wirke nicht nur (verfahrens-) notwendiges Handeln, sondern schlechthin ein Organhandeln, das auf die Feststellung eines Abgabenanspruches oder des Abgabepflichtigen gerichtet sei, wenn das Organhandeln der sachlich zuständigen Behörde zuzurechnen sei.

Verjährungsunterbrechend wirkten nach außen in Erscheinung tretende, den Geschäftsbereich der jeweiligen Behörde überschreitende Amtshandlungen, wenn sie als Schritte der "Erhebung" aufzufassen seien, sohin (hoheitliches) Verwaltungshandeln, das im Außenbereich wahrnehmbar sei. Schließlich halte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2007/17/0128, unter Verweis auf Ritz , BAO, Rz 7 zu § 209, fest, dass die Frage, ob behördliche Erhebungen zweckmäßig gewesen seien, bei der Beurteilung ihrer verjährungsunterbrechenden Wirkung nicht von Bedeutung sei und sogar nicht notwendige Verwaltungsakte Unterbrechungswirkung entfalten könnten. Es könne nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes einer Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie von einer Unterbrechungswirkung eines Schreibens ausgehe, welches die Frage nach dem Baubeginn enthalte. Ein derartiges Schreiben lasse nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls eine Ermittlungsabsicht der Behörde erkennen.

Für die von ihm in Zweifel gezogene Berechnungsmethode betreffend die jeweilige Abgabenvorschreibung führe der Beschwerdeführer keine konkreten Anhaltspunkte an. Es sei dazu auszuführen, dass die Berechnung aufgrund der Bestimmungen des TVAAG in Verbindung mit dem Beschluss des Gemeinderates vom über die Festsetzung des Gehsteigbeitragssatzes beziehungsweise aufgrund der Bestimmungen des TVAAG und der Verordnung der Landesregierung vom über die Festsetzung des Erschließungskostenfaktors, LGBl. Nr. 103/2001, in Verbindung mit dem Beschluss des Gemeinderates vom über die Festsetzung des Erschließungsbeitragssatzes erfolgt sei. Sowohl die Berechnung des Bauplatzanteiles als auch des Baumassenanteils und daran anknüpfend die Höhe der Gesamtforderung seien schlüssig, nachvollziehbar und rechnerisch richtig erfolgt.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in welchen Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Zurückweisung in eventu Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhanges verbunden und erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz (TVAAG) LGBl. Nr. 22/1998 (§ 6 Abs. 2 in der Fassung LGBl. Nr. 98/2009, § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 1 -

und § 16 Abs. 1 lit. a in der Fassung LGBl. Nr. 18/2007) lauten:

"§ 6 Entstehen des Abgabenanspruches, Vorschreibung ….

(2) Die Ausgleichsabgabe ist in den Fällen des § 8 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung 2001 nach dem Baubeginn vorzuschreiben. In diesen Fällen beginnt die Verjährungsfrist nach § 208 Abs. 1 lit. a der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 52/2009 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Bau begonnen wurde, und die Verjährungsfrist nach § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung mit dem Baubeginn.

3. Abschnitt

Erschließungsbeitrag

§ 7 Abgabengegenstand, Erschließungsbeitragssatz

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, im Falle des Neubaus eines Gebäudes oder der Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird, einen Erschließungsbeitrag zu erheben. Verlieren Gebäude im Sinne des § 2 Abs. 3 zweiter Satz oder Teile davon ihren Verwendungszweck durch bauliche Änderungen, so gilt dies als Neubau.

§ 8 Abgabenschuldner

(1) Abgabenschuldner ist der Eigentümer des Bauplatzes, auf dem der Neubau errichtet wird oder das Gebäude, dessen Baumasse vergrößert wird, besteht.

§ 12 Entstehen des Abgabenanspruches, Vorschreibung

(1) Der Abgabenanspruch entsteht bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben mit dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung, bei anzeigepflichtigen Bauvorhaben mit dem Zeitpunkt, in dem auf Grund des § 28 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung 2001 mit der Ausführung des angezeigten Bauvorhabens begonnen werden darf, und bei allen anderen Bauvorhaben mit dem Baubeginn.

(3) Bei bewilligungspflichtigen und anzeigepflichtigen Bauvorhaben ist der Erschließungsbeitrag nach dem Baubeginn vorzuschreiben. Dabei gilt § 6 Abs. 2 zweiter Satz sinngemäß.

4. Abschnitt

Gehsteigbeitrag

§ 13 Abgabengegenstand, Gehsteigbeitragssatz

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt,

a) im Fall des Neubaus eines Gebäudes oder der

Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird,

einen Gehsteigbeitrag zu erheben.

§ 14 Abgabenschuldner

(1) Abgabenschuldner ist

a) im Falle des § 13 Abs. 1 lit. a der Eigentümer des Bauplatzes, auf dem der Neubau errichtet wird oder das Gebäude, dessen Baumasse vergrößert wird, besteht,

§ 16 Entstehen des Abgabenanspruches, Vorschreibung

(1) Der Abgabenanspruch entsteht

a) im Falle des § 13 Abs. 1 lit. a bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben mit dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung, bei anzeigepflichtigen Bauvorhaben mit dem Zeitpunkt, in dem auf Grund des § 28 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung 2001 mit der Ausführung des angezeigten Bauvorhabens begonnen werden darf, und bei allen anderen Bauvorhaben mit dem Baubeginn;

(3) Bei bewilligungspflichtigen und anzeigepflichtigen Bauvorhaben ist der Gehsteigbeitrag nach dem Baubeginn vorzuschreiben. Dabei gilt § 6 Abs. 2 zweiter Satz sinngemäß.

…"

Die maßgeblichen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO) BGBl. Nr. 194/1961, § 207 Abs. 1 und 2 in der Fassung BGBl. I Nr. 20/2009, § 209 Abs. 1 und § 323a Abs. 1 Z 1, 3 und 5 in der Fassung BGBl. I Nr. 9/2010, lauten:

"E. Verjährung.

§ 207. (1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.

(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist sieben Jahre. Das Recht, einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen, Säumniszuschläge oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe.

§ 208. (1) Die Verjährung beginnt

a) in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird;

§ 209. (1) Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG,§ 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.

§ 323a. (1) Für Landes- und Gemeindeabgaben gilt Folgendes:

1. Die Bundesabgabenordnung in der Fassung des

Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 20/2009 tritt, soweit sich aus den Z 2 bis 7 und Abs. 3 nicht anderes ergibt, mit in Kraft. Verordnungen auf Grund des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 20/2009 dürfen bereits von der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 20/2009 an erlassen werden. Sie dürfen jedoch nicht vor dem in Kraft treten.

...

3. Abgesehen von Verjährungsfristen gelten die

Fristen dieses Bundesgesetzes auch für jene Fälle, in denen die für Landes- und Gemeindeabgaben maßgeblichen Fristen des bisherigen Rechtes am noch nicht abgelaufen waren.

5. Die §§ 207 und 209 sind ab anzuwenden. Für Nachforderungen bzw. Gutschriften als Folge einer nach landesrechtlichen Vorschriften vorgenommenen Nachschau gelten die jeweiligen landesrechtlichen Verjährungsvorschriften noch im Jahr 2010, wenn der Beginn der Amtshandlung vor dem gelegen ist; diesfalls gilt § 209 erst ab . § 209 Abs. 1 zweiter Satz gilt sinngemäß für im Jahr 2009 unternommene Amtshandlungen, die nach landesrechtlichen Vorschriften die Verjährungsfrist unterbrochen haben. § 209a Abs. 1 und 2 gilt für den Fall der Verkürzung von Verjährungsfristen durch das Inkrafttreten der §§ 209 Abs. 1 und 3 sowie 304 für Landes- und Gemeindeabgaben sinngemäß. Wegen des Inkrafttretens des § 209 Abs. 3 dürfen Bescheide nicht gemäß § 299 Abs. 1 aufgehoben werden.

…"

Im Wesentlichen wenden sich die vorliegenden Beschwerden gegen die Rechtsauffassung der belangten Behörde, die Beifügung einer aufschiebenden Bedingung schiebe den Eintritt der Rechtskraft eines Bescheides hinaus. Wenn in einen Bescheid eine aufschiebende Bedingung aufgenommen werde, so habe dies weder mit der formellen noch mit der materiellen Rechtskraft zu tun. Die im seinerzeitigen Baubewilligungsbescheid enthaltene aufschiebende Bedingung habe keinen anderen Zweck gehabt, als dass die Parteiadressaten erst nach Erfüllung der aufschiebenden Bedingung von ihrem Recht hätten Gebrauch machen dürfen. Weiters sei der Beschwerdeführer nicht Abgabenschuldner. Die im TVAAG vorgesehenen Verjährungsfristen hätten mit der Rechtskraft der Baubewilligung zu laufen begonnen.

Vorweg ist festzuhalten, dass es sich bei der im Beschwerdefall erteilten Baubewilligung um eine nachträgliche Baubewilligung handelte, welche für das ohne Baubewilligung errichtete Gebäude unter der aufschiebenden Bedingung der grundbücherlichen Durchführung der Grenzänderung betreffend eine bestimmt bezeichnete Grundparzelle erteilt wurde.

Gemäß § 16 Abs. 1 lit a beziehungsweise § 12 Abs. 1 TVAAG entsteht bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben der Abgabenanspruch mit Rechtskraft der Baubewilligung.

Ein Bescheid ist formell rechtskräftig, wenn er durch ordentliche Rechtsmittel (Berufung) nicht oder nicht mehr anfechtbar ist. (vgl. Ritz , BAO3, zu § 92, Rz 4, sowie die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2012/05/0026, und vom , Zl. 2008/08/0210). Unter Rechtskraft im materiellen Sinn ist die Unwiderrufbarkeit und die Unwiederholbarkeit des Bescheides zu verstehen (vgl. Ritz , BAO3 aaO). Die materielle Rechtskraft eines Bescheides liegt vor, wenn dieser (auch) von Amts wegen - von der Behörde - nicht mehr aufgehoben oder abgeändert werden kann, sofern nicht eine der ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen (z.B. §§ 68, 69 und 71 AVG) in Betracht kommt (vgl. Antoniolli/Koja , Allgemeines Verwaltungsrecht3, 582, Ritz , aaO, und das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0146).

Eine Bedingung ist hingegen eine Nebenbestimmung, welche die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes von einem ungewissen künftigen Ereignis abhängig macht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/05/0192).

Entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht hatte die beigesetzte Bedingung keinen Einfluss auf den Eintritt der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides. Die Bedingung hat die Wirksamkeit des Baubewilligungsbescheides derart hinausgeschoben, dass erst nach Bedingungseintritt eine wirksame Baubewilligung vorlag, durch welche das zunächst konsenslos errichtete Einfamilienwohnhaus nicht mehr als konsenslos galt.

Sowohl die formelle als auch die materielle Rechtskraft traten allerdings unabhängig von der Erfüllung der beigefügten Bedingung ein. Der Baubewilligungsbescheid vom wurde nicht mittels Berufung angefochten. Dieser ist daher nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bereits im Jahr 2001 in formelle Rechtskraft erwachsen. Die materielle Rechtskraft folgt grundsätzlich aus der formellen Rechtskraft (vgl. Walter/Thienel , Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1409, Antoniolli/Koja , Allgemeines Verwaltungsrecht3, 583, sowie die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2009/05/0097, und vom , Zl. 91/08/0099). Trotz des zunächst nicht erfolgten Eintritts der aufschiebenden Bedingung, unter der die Baubewilligung erteilt worden war, war die Behörde, die diese erlassen hatte, an sie gebunden. Der Baubewilligungsbescheid ist daher bereits vor Bedingungseintritt auch materiell rechtskräftig geworden. Es erübrigt sich daher im Beschwerdefall, Überlegungen anzustellen, ob der Gesetzgeber auf den Eintritt der formellen oder der materiellen Rechtskraft oder beider abstellte.

Die Abgabenansprüche sind daher trotz der beigesetzten aufschiebenden Bedingung im Baubewilligungsbescheid gemäß § 16 Abs. 1 lit. a TVAAG beziehungsweise § 12 Abs. 1 TVAAG u.a. bereits im Jahr 2001 mit Ablauf der Rechtsmittelfrist entstanden und wären daher vorzuschreiben gewesen.

In der Beschwerde wird weiters die Rechtsansicht vertreten, die vorgeschriebenen Abgaben seien verjährt.

Gemäß § 6 Abs. 2 2. Satz TVAAG, welcher gemäß § 16 Abs. 3 beziehungsweise § 12 Abs. 3 TVAAG bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben sinngemäß gilt, beginnt die Verjährungsfrist nach § 208 Abs. 1 lit. a der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 52/2009, mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem der Bau begonnen wurde. Im Beschwerdefall wurde ein konsenslos errichteter Bau am nachträglich bewilligt. Es ist daher davon auszugehen, dass mit dem Bau des Einfamilienwohnhauses vor der Erteilung der Baubewilligung begonnen wurde. Da der Abgabenanspruch aber erst mit Rechtskraft der Baubewilligung im Jahr 2001 entstanden ist, und die Verjährung des Abgabenanspruches nicht vor dessen Entstehung beginnen kann, ist aus der Bestimmung des § 6 Abs. 2 2. Satz TVAAG beim vorliegenden Sachverhalt nichts zu gewinnen.

Da schon die erstinstanzlichen Bescheide im Jahr 2010 erlassen wurden, sind in den Beschwerdefällen die Verjährungsbestimmungen der BAO (§ 323 a Abs. 1 Z 1 und 5 BAO) heranzuziehen. § 207 BAO regelt die Festsetzungsverjährung. Nach dessen Abs. 2 beträgt die Verjährungsfirst für das Recht, eine Abgabe festzusetzen fünf Jahre, soweit nicht eine der in diesem Absatz genannten Ausnahmen vorliegt beziehungsweise soweit es sich nicht um eine hinterzogene Abgabe handelt. Nach § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

Im Beschwerdefall hat die Verjährung gemäß § 207 Abs. 1 in Verbindung mit § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit Ablauf des Jahres in welchem der Baubewilligungsbescheid rechtskräftig wurde (§§ 12 und 16 TVAAG), also mit Ablauf des Jahres 2001, begonnen. Selbst wenn mit dem konsenslosen Bau des Einfamilienwohnhauses erst im Jahr 2001 begonnen worden wäre, gelangte man auch bei Anwendung von § 6 Abs. 2 2. Satz TVAAG im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis.

Es kann im Beschwerdefall auch dahin stehen, ob durch vom Stadtmagistrat Innsbruck in den Jahren 2004 bis 2006 dem Beschwerdeführer beziehungsweise dessen Rechtsvorgänger übermittelten Schreiben eine Unterbrechungshandlung gemäß § 209 Abs. 1 BAO gesetzt wurde. Selbst wenn man davon ausginge, dass diese Schreiben derartige Handlungen darstellten, wäre der Eintritt der Verjährung dadurch nur um ein Jahr hinausgeschoben worden und somit spätestens mit Ablauf des Jahres 2007 eingetreten.

Den Vorschreibungen des Gehsteigs- und des Erschließungsbeitrages mit erstinstanzlichen Bescheiden vom stand daher der bereits erfolgte Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen. Indem die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes.

Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer Abgabenschuldner gemäß § 14 Abs. 1 lit. a beziehungsweise § 8 Abs. 1 TVAAG war.

Die angefochtenen Bescheide waren aufgrund der dargelegten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verwaltungsgerichtshof-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am