Zurückweisung verspätet eingebrachter Beschwerden
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache N.N., zuletzt in Österreich gemeldet in Adr.1, nunmehr wohnhaft und gemeldet in Adr.2, Kroatien (HR), betreffend Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 und Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022, Steuernummer xxx, beschlossen:
Die Beschwerden vom werden gemäß § 260 Abs 1 lit b Bundesabgabenordnung (BAO) iVm § 278 Abs 1 lit a BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Der Beschwerdeführer [in Folge: Bf.] brachte elektronisch über FinanzOnline am die Einkommensteuererklärungen (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 und 2022 ein. In den Erklärungen wurde jeweils die Rubrik "Anzahl der (inländischen) gehalts- oder pensionsauszahlenden Stellen" mit "1" befüllt.
Die belangte Behörde erließ die Einkommensteuerbescheide (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 und 2022 am über FinanzOnline. Für das Jahr 2021 setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer mit -2.194,00 Euro (Gutschrift) fest. Für das Jahr 2022 ergab sich eine festgesetzte Einkommensteuer iHv. 0,00 Euro.
Gegen die Einkommensteuerbescheide (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 und 2022 brachte der Bf. über FinanzOnline mit Eingaben vom Beschwerden ein.
Zur Begründung für das Jahr 2021 führte der Bf. aus, dass der Alleinverdienerbetrag, der Familienbonus Plus und das Pendlerpauschale nicht berücksichtigt worden seien.
Als Anhang wurde das Formular L34a Pendlerpauschale 2021 beigelegt.
Bzgl. des Jahres 2022 verwies der Bf. ebenfalls darauf, dass der Alleinverdienerbetrag, der Familienbonus Plus und das Pendlerpauschale nicht berücksichtigt worden seien. Zusätzlich wurde in der Beschwerde ausgeführt: Der Bf. habe zwei Kinder, für die er Anspruch auf Familienbeihilfe habe. Zudem bestehe für das Jahr 2022 ein Anspruch auf den Familienbonus Plus. Seine Ehefrau sei im Jahr 2022 arbeitslos gewesen und habe nicht mehr als 6.000,00 Euro verdient, was ebenfalls relevant für die Gewährung des Alleinverdienerbetrages sei. Darüber hinaus sei die Pendlerpauschale nicht berücksichtigt worden.
Als Anhang wurde das Formular L34a Pendlerpauschale 2022 beigelegt.
Die belangte Behörde erließ in Folge ein Ergänzungsersuchen, in welchem um Vorlage des Ausdrucks des Pendlerrechners sowie der ausgefüllte L34a für die Jahre 2021, 2022 und 2023 ersucht wurde.
Der Bf. reichte das Antwortschreiben inkl. der entsprechenden Unterlagen über FinanOnline am ein. Ergänzend ersuchte der Bf. um Korrektur für das Jahr 2022 im Zusammenhang mit dem Familienbonus Plus. Er habe versehentlich beim 1. Kind nicht angekreuzt, dass er den gesamten Familienbonus beantrage. Da der Wohnsitz des Kindes in Kroatien liege und er die Familienbeihilfe beziehe, beantrage er hiermit den gesamten Familienbonus Plus.
Die belangte Behörde erließ am zurückweisende Beschwerdevorentscheidungen für die Jahre 2021 und 2022, da jeweils die Beschwerdefrist gemäß § 245 BAO bereits abgelaufen sei.
Am brachte der Bf. über FinanzOnline die Vorlageanträge gem. § 264 Abs. 1 BAO ein. Zur Begründung für das Jahr 2021 führte der Bf. u.a. aus, dass am der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2021 erlassen worden sei. Gegen diesen habe er am Beschwerde eingebracht. Aufgrund seiner damaligen Unkenntnis der Beantragungsmodalitäten habe er den Steuerausgleich fehlerhaft durchgeführt. Er sei irrtümlich der Ansicht gewesen, dass bestimmte Vergünstigungen und Absetzbeträge automatisch berücksichtigt würden. Folglich seien im Einkommensteuerbescheid 2021 die folgenden Positionen nicht berücksichtigt worden: 1.Familienbonus Plus: Die Voraussetzung für den Familienbonus Plus sei der Bezug der Familienbeihilfe. Er habe die Familienbeihilfe jedoch nachträglich am erhalten, sodass er zum Zeitpunkt des Einkommensteuerbescheides () den Familienbonus Plus nicht beantragen konnte. Gemäß § 41 Abs. 2 EStG könne der Familienbonus Plus auch nachträglich beantragt werden, wobei die Verjährungsfrist zur Geltendmachung 5 Jahre betrage. Diese Frist sei hier eindeutig noch nicht abgelaufen. Da die Familienbeihilfe nachweislich erst am zuerkannt worden sei, sei es ihm vorher nicht möglich gewesen, den Familienbonus Plus rechtzeitig zu beantragen. 2. Alleinverdienerabsetzbetrag: Er erfülle die Voraussetzungen für den Alleinverdienerabsetzbetrag, welcher bisher nicht berücksichtigt worden sei.
3. Pendlerpauschale: Aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit und der Entfernung zu seinem Arbeitsplatz erfülle er die Voraussetzungen für das Pendlerpauschale. Auch dieser wurde bislang nicht berücksichtigt. Die Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 BAO sei noch nicht abgelaufen.
Hinsichtlich des Jahres 2022 wurde im wesentlichen gleichlautend argumentiert. Ergänzend wurde im Vorlageantrag darauf verwiesen, dass der Bf. irrtümlich davon ausgegangen sei, dass bestimmte Freibeträge und Vergünstigungen automatisch berücksichtigt würden, wie es im Jahr 2021 der Fall gewesen sei, als er ohne eigenes Zutun eine Gutschrift von rund 2.000,00 Euro erhalten habe.
Die belangte Behörde legte am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht u.a. aus, dass die Beschwerdefrist gemäß
§ 245 BAO einen Monat betrage, die Beschwerden aber erst 14 Monate nach Bescheiderlassung eingebracht worden seien, die Beschwerden daher gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO zurückzuweisen seien.
Auf entsprechende Anfrage des Bundesfinanzgerichts gab der Bf. mit Eingabe vom bekannt, dass er derzeit keine Adresse in Österreich habe. Seine aktuelle Adresse befinde sich in Kroatien, Adr.2.
§ 41 Abs. 2 EStG 1988 lautet: "Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vor, hat das Finanzamt auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Veranlagung vorzunehmen, wenn der Antrag innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt wird (Antragsveranlagung). § 39 Abs. 1 dritter Satz ist anzuwenden."
Der Bf. hat mit FinanzOnline Eingaben vom die Anträge gem. § 41 Abs. 2 EStG 1988 gestellt. Die belangte Behörde nahm die Veranlagung für die Jahre 2021 und 2022 vor und wurden die Einkommensteuerbescheide (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 und 2022 über FinanzOnline am in die Databox des Bf. zugestellt.
Zufolge § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.
Gemäß § 109 BAO ist für den Beginn der Beschwerdefrist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist.
Nach § 97 Abs. 1 lit. a BAO erfolgt die Bekanntgabe bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.
Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen.
Der Zeitpunkt, in dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu welcher der Empfänger Zugang hat ().
Die elektronische Zustellung der Einkommensteuerbescheide 2021 und 2022 in die Databox des Bf. erfolgte laut FinanzOnline-Daten für beide Beschwerdejahre am .
Diese Tatsache wird vom Bf. auch nicht bestritten.
Nach § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.
Im Beschwerdefall hat gemäß § 98 Abs. 2 BAO und der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs die Frist zur Einbringung der Bescheidbeschwerde mit der elektronischen Zustellung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 und 2022 in die FinanzOnline-Databox des Bf. am (Freitag) begonnen und endete diese gemäß § 108 Abs. 2 BAO mit Ablauf des (Montag).
Bis zu diesem Zeitpunkt wurde keine Beschwerde eingebracht.
Mit ungenütztem Ablauf der Beschwerdefrist tritt die (formelle) Rechtskraft des Bescheides ein (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 245 Tz 43), er ist durch ordentliche Rechtsmittel nicht oder nicht mehr anfechtbar (vgl. ).
Eine Abänderung oder Berichtigung ist nach Eintritt der Rechtskraft nur mit den gesetzlich vorgesehenen sonstigen Maßnahmen des 7. Abschnitts der BAO möglich (vgl §§ 293 ff BAO).
Die Einkommensteuerbescheide (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 und 2022 erwuchsen aufgrund des ungenützten Ablaufs der Beschwerdefrist in formeller Rechtskraft.
Der Bf. brachte am über FinanzOnline und damit erst über ein Jahr nach Ablauf der Beschwerdefrist Rechtsmittel gegen die Bescheide ein.
Gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung
(§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Da die Beschwerden verspätet bzw. nicht fristgerecht eingebracht wurden, waren sie gemäß
§ 260 Abs. 1 lit b BAO in Verbindung mit § 278 Abs. 1 lit a BAO zurückzuweisen.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Frist zur Erhebung der Beschwerde und die Rechtsfolgen bei Versäumung dieser Frist ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 245 Abs. 1 BAO und § 260 Abs 1 lit b BAO). Zudem folgt der Beschluss der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist daher nicht zulässig.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 41 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 109 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 278 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.2100031.2025 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
UAAAF-46972