VwGH vom 13.11.2019, Ra 2018/13/0066
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der B in B, vertreten durch die RIHS Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Kramergasse 9/3/13, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7101870/2011, betreffend Abweisung eines Wiederaufnahmsantrages gemäß § 303 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist Erbin nach Josef S, welcher mit Schriftsatz vom einen Antrag auf Neufestsetzung des Einheitswertes eines in G gelegenen Grundstückes beim Finanzamt eingebracht und diesen wie folgt begründet hat:
"Die letzte Festsetzung des Einheitswertes erfolgte im Jahre 1968.
Die 8.572 m2 große Liegenschaft ist im vorderen Drittel mit einem Einfamilienhaus bebaut, in dessen Erdgeschoß die Büroräume für den auf der benachbarten Liegenschaft (...) befindlichen Betrieb untergebracht waren. Mit der Stilllegung des Betriebes (...) und der Übertragung des Betriebsvermögens in das Privatvermögen im Jahre 1987 ging die Büronutzung verloren. Eine gesonderte, von der Wohnung unabhängige Verwertung der ehemaligen Büroräume war nicht möglich, da sie über keine eigenen Sanitärräume und keinen gesonderten Eingang verfügen.
Die gesamte, am (...) gelegene Liegenschaft (...) war im August 2002 vom Hochwasser 1,4m bis 3,5m hoch überschwemmt. Dadurch kam es zum Totalschaden an den unter Wasser gestandenen Bauteilen (Keller EG). Da das Wohnhaus nur von 2 Personen bewohnt wird und Zuschüsse aus dem Katastrophenfonds nur 20% des instand gesetzten Schaden abdecken, wurden nur die zum Wohnen unbedingt erforderlichen Teile des Einfamilienhauses instand gesetzt. Der Löschteich samt Pumpenhaus wurde nicht instand gesetzt. Der Keller ist wegen der zerstörten Feuchtigkeitsabdichtung unbenützbar und steht leer. Bei Starkregen wird der Keller durch Rückstau aus dem öffentlichen Kanal seit dem Jahre 1990 immer häufiger überflutet. D(ie) vom Hochwasser 2002 zerstörte, ölgefeuerte Zentralheizung wurde entfernt und wegen der Überschwemmungsgefahr durch eine in den Dachboden verlegte Gasetagenheizung ersetzt. Wegen der Überschwemmungsgefahr wurde(n) auch die gesamten elektrischen Sicherungsanlagen (Zähler- und Schaltschrank) in das Erdgeschoß verlegt. An dem im Jahre 1968 fertig gestellten Einfamilienhaus stehen dringend erforderlich Generalsanierungsmaßnahmen (Dachdeckung, Fenster u. Türen, Innenwände, Decken, Holzfußböden, Wärmeschutzfassade) an. Die energietechnisch extrem schlechte Bauweise (Außenwände 20cm Durisol-Betonsteine) verursacht bei Vollbetrieb jährlich durchschnittlich 6.000 EUR an Heiz- und Warmwasserkosten. Die marktbedingte Betriebsstillegung (...) und die extrem hohen Betriebskosten für das Wohnhaus haben es nicht erlaubt, Rücklagen für die notwendigen Reparaturen zu bilden. Das Einfamilienhaus ist daher in einem im Verhältnis zum Baualter sehr schlechten Zustand.
Die Nachfrage nach Wohnbauland ist in (...) seit den wirtschaftlichen Schwierigkeiten der dort ansässigen Großbetriebe und den damit verbundenen Verlusten an Arbeitsplätzen zum Stillstand gekommen. Die nördlich benachbarten, unbebauten Bauplätze (...) werden seit mehr als 5 Jahren erfolglos von Maklern feilgeboten. Selbst ein 1.800m2 großer, teilbarer ebener Baugrund in besserer, weil sonniger, hochwasserfreier und verkehrsruhiger Lage in (...) findet bei einem Preis von 32,-
EUR/m2 seit 2 Jahren keinen Abnehmer (...)
Die nicht sanierten Hochwasserschäden, die seit dem Bau der neuen (Brücke) befürchtete und seit August 2002 offenkundige Hochwassergefährdung des Areals und die rapid fortschreitende Gebäudekorrosion haben in Verbindung mit der deutlich gesunkenen wirtschaftlichen Verwertbarkeit den Wert des Areals erheblich mehr (als) 20% herabgesetzt, so dass die Voraussetzungen für eine Neufestsetzung des Einheitswertes vorliegen."
2 Das Finanzamt erließ am einen Feststellungsbescheid zum (Wertfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 BewG). Darin stellte es den Einheitswert der Liegenschaft mit 68.700 EUR (zuvor: 1,219.000 S bzw. 88.588,18 EUR) und den gemäß AbgÄG 1982 um 35% erhöhten Einheitswert mit 92.700 EUR (zuvor: 1,645.000 S bzw. 119.546,81 EUR) fest. Der Feststellungsbescheid wurde der Verlassenschaft nach dem zwischenzeitig verstorbenen Josef S zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.
3 Am brachte die durch die Revisionswerberin vertretene Verlassenschaft nach Josef S einen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Bescheid vom abgeschlossenen Verfahrens ein und führte zur Begründung aus:
"Im Zuge der Erstellung eines Bewertungsgutachtens durch (...) kommt hervor, dass wesentliche, wertbestimmende Sachverhalte in der Einheitswertermittlung nicht oder unzureichend berücksichtigt erscheinen.
1.) Im Zuge der vom Amt der (...) Landesregierung beauftragten Studie zur Entwicklung der (...)-Flußlandschaft ist im Detailprojekt Pilotgemeinde (...) hervorgekommen, dass die linksufrig des (...) auf Höhe der (Brücke) gelegenen Liegenschaften, darunter die zur Verlassenschaft nach (Josef S) gehörenden Grundstücke (...) bei einem 100-jährlichen Hochwasser (HQ-100) überflutet werden. Gemäß den einschlägigen Bestimmungen der (...) Bauordnung (...) dürfen HQ-100 gefährdete Flächen im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan nicht mehr als Bauland ausgewiesen werden. Nach der derzeit gültigen Verordnung der Marktgemeinde (...) weist der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan für die (verfahrensgegenständliche Liegenschaft) Bauland-Wohngebiet aus. Tatsächlich ragt nur das Wohnhaus selbst aus dem HQ-100 gefährdeten Areal. Daraus ergibt sich, dass der größte Teil der (Liegenschaft) nicht als Bauland bewertbar ist. Der Sachverhalt schränkt den Bodenwert der (Liegenschaft) auf einen Bruchteil des im Jahre 2006 per festgestellten Wertes ein.
2.) Im Zuge der Überprüfung der Berechnungsgrundlage für die Kanalbenützungsgebühr kam durch den Sachverständigen hervor, dass für das um 1968 errichtete Wohnhaus ein Investitionsrückstau besteht, der in der Größenordnung an den Neubauwert heranreicht. Die dem heutigen Wohnungsstandard nicht entsprechende Raumaufteilung, die desolate Heizungs- und Sanitärinstallation, die technisch erschöpfte Isolierverglasung der riesigen Fensterflächen, die ungewöhnlich schlechte Wärmedämmung (20 cm Betonsteinwände), die technisch erschöpfte Ziegeldachdeckung und der enorme Unterhaltsaufwand für die zugehörigen Gartenflächen lassen in Verbindung mit der zentrumsfernen Lage an einer lauten Bundesstraße keine kostendeckende Verwertungsmöglichkeit offen. Für das Objekt errechnet sich ein negativer Ertragswert.
Der bewertungstechnische Ansatz, zumindest 20% des Gebäudewertes zu berücksichtigen, entbehrt bei der hier vorliegenden besonderen Situation der sachlichen Rechtfertigung.
3.) Das Handbuch für Immobilienmakler weist für unbebaute Betriebsgrundstücke in normaler Lage im Bezirk (...) einen Verkehrswert von rd. 10 EUR/m2 aus. Der Bescheid von 2006 setzt einen Bodenwert von 6,54 EUR/m2 an. Nach den Bestimmungen des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes ist der Verkehrswert mit dem 3-fachen des Einheitswertes zu bewerten. Unter Berücksichtigung der unter 1.) angeführten rechtlichen Nutzungs- und Bewertungsbeschränkungen ist der Bodenwert tatsächlich mit weniger als 1/5 des bislang verwendeten Wertes anzusetzen. Die HQ- 100 Hochwassergefährdung des größten Teiles der Liegenschaft und die Ausweisung eines wesentlichen Teiles der Liegenschaft als landwirtschaftlich zu nutzende Fläche erfordert im Gegensatz zur bisher einheitlichen Bewertung eine abgestufte Ermittlung des Bodenwertes. Allerdings lässt die Liegenschaftskonfiguration keine vom Wohnhaus loslösbare Nutzung zu. In Anbetracht der für die Nachbarliegenschaften (...) in den dortigen Einheitswertbescheiden angewendeten Bodenwerte für wesentlich dichter bebaubares, unbebautes Wohnbaugebiet erscheint überdies der Gleichheitsgrundsatz zum Nachteil der Verlassenschaft verletzt.
Gegen den Bescheid aus 2006 ist ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig.
Die spruchentscheidenden Sachverhalte gelangten der Verlassenschaftsvertreterin zum Jahreswechsel 2007/2008 zur Kenntnis. Der Wiederaufnahmeantrag ist daher rechtzeitig. Die Verlassenschaftsvertreterin hatte bislang keinen Grund anzunehmen, dass die Bewertungsannahmen der Sachverständigen der Behörde nicht hinreichend zutreffend wären.
Der Wiederaufnahmeantrag ist aus den angeführten Gründen auch inhaltlich gerechtfertigt."
4 Mit Schreiben vom forderte das Finanzamt die Revisionswerberin zur Vorlage des im Wiederaufnahmsantrag angeführten Bewertungsgutachtens auf.
5 In einem ergänzenden Schriftsatz vom führte die Revisionswerberin u.a. aus, es sei nachträglich hervorgekommen, dass benachbarte Grundstücke bei der Einheitsbewertung hinsichtlich des Bodenwertes unerklärlich anders behandelt worden seien als das streitgegenständliche Grundstück. Die betreffenden Einheitswertbescheide seien der Revisionswerberin - die bisher keine Möglichkeit zur Einsicht in die amtlichen Bewertungsunterlagen aller Nachbargrundstücke gehabt habe - nur so weit zugänglich, als ihr die Nachbarn Einsicht gewährt hätten. Die Anträge der Revisionswerberin seien auf das "Recht auf Gleichbehandlung bei der Einheitswertfeststellung" gestützt. In diesem Schriftsatz wurde weiters ausgeführt, das vom Finanzamt angeforderte Gutachten biete wegen seines nicht vergleichbaren methodischen Ansatzes keine zutreffenden Aussagen für die Einheitswertermittlung. "Zur Vermeidung von Missverständnissen wird daher auf dessen Vorlage verzichtet".
6 Am brachte die Revisionswerberin beim unabhängigen Finanzsenat einen Devolutionsantrag ein, woraufhin der unabhängige Finanzsenat dem Finanzamt gemäß dem damaligen § 311 Abs. 3 BAO auftrug, innerhalb einer Frist von zwei Monaten über den Antrag auf Wiederaufnahme zu entscheiden.
7 Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ab und führte zur Begründung aus, dass das Grundstück bei einem 100-jährigen Hochwasser überflutet werde, sei seit der Hochwasserkatastrophe des Jahres 2002 bekannt. Dies stelle keine neu hervorgekommene Tatsache dar und sei bereits im Einheitswertbescheid vom berücksichtigt worden. Die Änderung des Flächenwidmungsplanes und der HQ-100 Linien sei vom Gemeinderat der Marktgemeinde G in der Sitzung vom beschlossen worden und mit in Kraft getreten. Da erst die Änderung des Flächenwidmungsplanes zu einer Einschränkung der Bebauungsmöglichkeiten führe, könne dieser Umstand erst ab zu einer Reduktion des Einheitswertes führen. Dass das Haus in einem sehr schlechten Bauzustand sei, sei ebenfalls schon im Antrag auf Neufestsetzung des Einheitswertes vom vorgebracht worden und stelle keine neu hervorgekommene Tatsache dar.
8 Die Revisionswerberin berief gegen den Abweisungsbescheid und brachte in der Berufung u.a. vor, das Finanzamt gehe von einem aktenwidrigen Sachverhalt aus. Die "Wiedereinsetzung" stützte sich "auf den spruchentscheidenden Umstand, dass ich durch meinen Berater erfahren habe, dass bei zwei benachbarten Grundstücken, die in ihrer Lage, Zuschnitt und Nutzungsmöglichkeit ungleich besser gestellt sind, die Bemessungsparameter (zB. Bodenpreis) der Einheitswertfeststellung ungleich niedriger angesetzt sind". Neu hervorgekommen sei außerdem, "wie schon vorgebracht, dass die Grundstücke in einem vom (...) in Auftrag gegebenen aber noch nicht veröffentlichten Gefahrenzonenplan als HQ-100 Gefahrenzone ausgewiesen sind."
9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis - in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde - gab das Bundesfinanzgericht der Berufung (nunmehr Beschwerde) keine Folge und führte zur Begründung aus, das wiederaufzunehmende Verfahren sei jenes, mit dem eine Wertfortschreibung des Einheitswertes über Antrag des mittlerweile verstorbenen Voreigentümers vorgenommen worden sei. Die Argumentation (Überflutung des Grundstücks durch das Hochwasser im Jahr 2002) im Antrag des Voreigentümers vom decke sich im Wesentlichen mit der Argumentation der Revisionswerberin im Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Bereits der Antrag auf Neufeststellung des Einheitswertes im Jahr 2005 habe sich auf die Hochwasserkatastrophe gestützt und der Tatsache, dass das Haus durch die Katastrophe beschädigt und danach nur zum Teil wieder instand gesetzt worden sei, sei im Bescheid, der aufgrund dieses Antrages ergangen sei, Rechnung getragen worden. Dieser Bescheid sei an die Verlassenschaft nach dem Voreigentümer, die durch die Revisionswerberin vertreten worden sei, ergangen. Der Revisionswerberin seien schon damals alle Tatsachen bekannt gewesen, die sie nunmehr im Wiederaufnahmeverfahren als neu hervorgekommen benenne. Warum die im Wiederaufnahmeverfahren als neue Tatsachen bezeichneten Argumente nicht bereits in einem Rechtsmittel gegen den im wiederaufzunehmenden Verfahren ergangenen Bescheid vorgebracht worden seien, habe die Revisionswerberin nicht überzeugend dargelegt. Dass im Jahr 2002 eine Hochwasserkatastrophe stattgefunden habe, sei allgemein bekannt gewesen. Zur Behauptung, bei Nachbargrundstücken seien geringere Grundstückspreise bei der Einheitswertfeststellung angenommen worden, habe die Revisionswerberin keine konkreten Beweise geliefert oder Preise genannt.
10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zu deren Zulässigkeit auf das Wesentliche zusammengefasst vorgebracht wird, es gebe keine Rechtsprechung dazu, ob bzw. inwieweit die Lage eines Grundstücks im Hochwasserbereich "HQ-100" bei der Bewertung zu berücksichtigen sei. Die von der Revisionswerberin vorgebrachten neuen Tatsachen und Beweismittel zielten darauf ab, im abgeschlossenen Feststellungsverfahren eine (Neu-)Bewertung aufgrund der nachträglichen Kenntnis der Hochwasseranschlagslinien zu erreichen.
11 Das Bundesfinanzgericht habe den Grundsatz des Parteiengehörs in mehrfacher Hinsicht verletzt. Es habe festgestellt, dass die Hochwassergefährdung zum Zeitpunkt der Festlegung des Einheitswertes bereits bekannt gewesen sei und "die von der (Revisionswerberin) gebrachten Tatsachen keinen Neuheitswert hätten". Im Falle eines entsprechenden Parteiengehörs wäre zu Tage getreten, "dass die (Revisionswerberin) in ihrem Wiederaufnahmeantrag andere, neue und 2002 noch nicht bekannte Tatsachen (Ermittlung der ‚Anschlagslinien' des 100-jährlichen Hochwassers (...) in einer Studie, Daten über Einheitswerte benachbarter Grundstücke, Ergebnisse von Grundstücksverkäufen) bzw. Beweismittel (Studie zur Entwicklung der (...)- Flusslandschaft 2008) vorgebracht hat". Die Revisionswerberin hätte dargelegt, dass der Hinweis auf das punktuelle, einmalige Hochwasser 2002 "(übrigens 1500-jähriges Hochwasserereignis)" für die Festlegung des Einheitswertes nicht bzw. weit weniger relevant sei als eine "zwischenzeitig" vorliegende Studie, die gezeigt habe, "dass die Anschlaglinien neuerdings ganz anders verlaufen, wenn der (Fluss) über die Ufer tritt".
12 Das Bundesfinanzgericht habe den Grundsatz des Parteiengehörs auch durch die Verweigerung der Akteneinsicht verletzt. Die Revisionswerberin habe im Beschwerdeverfahren Akteneinsicht beantragt. "Sie wollte insbesondere in die Unterlagen zu den Verkehrswerten benachbarter Liegenschaften (Kaufpreissammlung) Einsicht nehmen. Dies wurde ihr vom Finanzamt und vom Bundesfinanzgericht verwehrt." Die Anträge der Revisionswerberin seien insoweit zielführend, als diese damit nachvollziehen hätte können, welche Bodenpreise welcher umliegenden Grundstücke das Finanzamt geprüft habe und welches Bild sich daraus ergebe.
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
14 Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.
15 Gemäß § 51 Abs. 1 BewG gehört der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile (insbesondere Gebäude) und des Zubehörs zum Grundvermögen.
16 § 53 BewG lautet auszugsweise:
"Bewertung von bebauten Grundstücken.
§ 53. (1) Bei der Bewertung von bebauten Grundstücken (Grundstücke, deren Bebauung abgeschlossen ist, und Grundstücke, die sich zum Feststellungszeitpunkt im Zustand der Bebauung befinden), ist vom Bodenwert (Abs. 2) und vom Gebäudewert (Abs. 3 bis 6) auszugehen.
(2) Als Bodenwert ist der Wert maßgebend, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück gemäß § 55 zu bewerten wäre. Dabei sind insbesondere die Lage und die Form des Grundstückes sowie alle anderen den gemeinen Wert von unbebauten Grundstücken beeinflussende Umstände zu berücksichtigen. Der Wert jener Fläche, die das Zehnfache der bebauten Fläche nicht übersteigt, ist um 25 v.H. zu kürzen.
(3) Der Gebäudewert ist vorbehaltlich der Bestimmungen der Abs. 4 und 5 aus dem Neuherstellungswert abzuleiten, der sich je nach der Bauweise und Ausstattung der Gebäude oder der Gebäudeteile bei Unterstellung von Durchschnittspreisen je Kubikmeter des umbauten Raumes der Gebäude oder der Gebäudeteile ergibt. Umbauter Raum ist der auf mindestens drei Seiten von Wänden umschlossene innere nutzbare Raum zuzüglich des Raumes, den die Umwandung einnimmt.
(...)
(10) Bei bebauten Grundstücken, deren gemeiner Wert geringer ist als der auf Grund der Bestimmungen der Abs. 1 und 9 ermittelte Wert, ist auf Antrag der gemeine Wert zugrunde zu legen.
(11) Mindestens sind als Einheitswert eines bebauten Grundstückes, wenn sich gemäß Abs. 1 bis 10 ein geringerer Wert ergibt, sieben Zehntel des Wertes anzusetzen, mit dem der Grund und Boden gemäß Abs. 2 zu bewerten ist."
17 Gemäß § 55 Abs. 1 BewG sind unbebaute Grundstücke mit dem gemeinen Wert zu bewerten.
18 Der gemeine Wert wird gemäß § 10 Abs. 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen.
19 § 23 BewG lautet:
"Wertverhältnisse bei Fortschreibungen und bei
Nachfeststellungen.
§ 23. Bei Fortschreibungen und bei Nachfeststellungen der Einheitswerte für Grundbesitz sind der tatsächliche Zustand des Grundbesitzes vom Fortschreibungszeitpunkt oder vom Nachfeststellungszeitpunkt und die Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt zugrundezulegen."
20 Sache des Beschwerdeverfahrens war der von der Beschwerdeführerin eingereichte Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens im Zusammenhang mit dem darin im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO (neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel) vorgebrachten Wiederaufnahmsgrund, im Zuge einer Studie sei hervorgekommen, dass (u.a.) das gegenständliche Grundstück "bei einem 100-jährlichen Hochwasser (HQ-100) überflutet" werde und gemäß den einschlägigen Bestimmungen der Bauordnung "HQ-100 gefährdete Flächen im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan nicht mehr als Bauland ausgewiesen werden" dürften. Als weitere Gründe für die angestrebte Wiederaufnahme des Verfahrens wurden im Antrag Einheitswertbescheide von Nachbarliegenschaften mit weit niedrigeren Bodenwerten und der desolate Zustand des auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes ins Treffen geführt.
21 Dem Revisionsvorbringen, wonach eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu erfolgen habe, weil in den Einheitswertbescheiden benachbarter Grundstücke weit niedrigere Bodenwerte ausgewiesen würden, ist zu entgegnen, dass der Bodenwert gemäß § 53 Abs. 2 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 BewG mit dem gemeinen Wert zu bewerten ist. Der gemeine Wert wird nach § 10 Abs. 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Da bei einer Wertfortschreibung gemäß § 23 BewG die Wertverhältnisse zum Hauptfeststellungszeitpunkt zugrunde zu legen sind, sind Vergleichspreise aus Grundstücksverkäufen um den Hauptfeststellungszeitpunkt (Anm: hier 1973) im Allgemeinen später erzielten Verkaufspreisen vorzuziehen (vgl. ). Der behördlich festgestellte Einheitswert benachbarter Grundstücke ist hingegen kein im Gesetz vorgesehener Vergleichsmaßstab für die Ermittlung des Bodenwertes. Im Hinblick darauf stellt der behauptete Umstand, dass die Bodenwerte von Nachbarliegenschaften differieren, von vornherein keine Tatsache dar, die zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid führen kann.
22 Die Tatsache, dass sich das auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück befindliche Gebäude seit der Hochwasserkatastrophe im Jahr 2002 in einem desolaten Zustand befindet, geht bereits aus dem Antrag auf Neufestsetzung des Einheitswertes vom hervor und wurde - worauf im angefochtenen Erkenntnis zutreffend hingewiesen wird - im Bescheid vom berücksichtigt. Der desolate Zustand des Hauses stellt daher keine neu hervorgekommene Tatsache im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO dar.
23 Soweit die Revisionswerberin den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens darauf stützt, dass im Zuge einer - nach Ergehen des Bescheides vom erstellten - Studie hervorgekommen sei, dass (u.a.) das gegenständliche Grundstück "bei einem 100-jährlichen Hochwasser (HQ-100) überflutet" werde und gemäß den einschlägigen Bestimmungen der Bauordnung "HQ-100 gefährdete Flächen im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan nicht mehr als Bauland ausgewiesen werden" dürften, ist ihr Folgendes zu erwidern:
24 Gemäß § 10 Abs. 2 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Durch die Hochwasserkatastrophe im Jahr 2002 kam hervor, dass das verfahrensgegenständliche Grundstück im Überschwemmungsgebiet liegt. Durch diesen im Antrag vom geltend gemachten Umstand hat sich der (Boden)Wert des Grundstücks objektiv vermindert, weshalb das Finanzamt am einen Feststellungsbescheid zum (Wertfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 lit. b BewG) erlassen hat, mit dem der Einheitswert entsprechend herabgesetzt worden ist.
25 Folgt man den Ausführungen in der Revision, so ging man bei Ergehen des Feststellungsbescheides zum von einem einmaligen Ereignis (1500-jährliches Hochwasser) aus, das für die Festlegung des Einheitswertes weit weniger relevant sei als eine zwischenzeitig vorliegende Studie, die von einem 100- jährlichen Hochwasserereignis ausgehe und zur Einbeziehung des verfahrensgegenständlichen Grundstücks in die HQ-100 Gefahrenzone sowie zu einer Änderung des Flächenwidmungsplanes mit Einschränkung der Bebauungsmöglichkeit geführt habe. Nach diesem Vorbringen hat sich durch die - nach Ergehen des Bescheides vom erstellte - Studie die Gefahrenprognose, die im hypothetischen Verkaufsfall den wertbestimmenden Faktor bildet, geändert. Die Veröffentlichung der Studie hat demnach zu einer weiteren (Boden)Wertminderung des verfahrensgegenständlichen Grundstücks geführt, der das Finanzamt gemäß den vorliegenden Verwaltungsakten durch Erlassen eines neuen Feststellungsbescheides zum auch Rechnung getragen hat. Die von der Revision ins Treffen geführte Studie stellt somit eine für Zwecke der Einheitswertermittlung neue und nicht eine neu hervorgekommene Tatsache im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO dar.
26 Die Revision erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren abzuweisen war.
27 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018130066.L00 |
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