VwGH vom 29.07.2010, 2010/15/0072
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der A GmbH in F, vertreten durch die Stemmer Bahl Fend KG Dr. Peter Bahl, Steuerberater in 6830 Rankweil, Am Bühel 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0420-F/07, betreffend Umsatzsteuerfestsetzung Februar 2006, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betreibt einen Kraftfahrzeughandel. Sie ist Rechtsnachfolgerin der A KEG, deren Vermögen mit Vertrag vom nach § 142 UGB in das Unternehmen der beschwerdeführenden GmbH eingebracht wurde.
Im Jahr 2007 fand im Unternehmen der Beschwerdeführerin eine Außenprüfung nach § 147 BAO betreffend Umsatzsteuer für den Zeitraum Februar bis Mai 2006 statt. Dabei sollte dem Verdacht auf Vorsteuerbetrug im Zusammenhang mit dem Handel hochpreisiger Fahrzeuge nachgegangen werden. Der Prüfer fand eine Rechnung vom über den Kauf eines gebrauchten "Ferrari 430 F1 Spyder" zu einem Gesamtpreis von 149.000 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer von 29.800 EUR vor und stellte dazu fest, dass die Rechung keine Angabe zum Tag der Lieferung des Fahrzeuges enthalte. Damit sei dem Erfordernis des § 11 Abs. 1 Z 4 UStG 1994 nicht entsprochen, sodass die Rechnung nicht geeignet sei, den Anspruch auf Vorsteuerabzug zu vermitteln.
Mit dem für Februar 2006 erlassenen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid wurde der Vorsteuerabzug für die streitgegenständliche Rechnung nicht gewährt.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wandte die Beschwerdeführerin ein, der gegenständliche Ferrari sei am Umschlagplatz der Beschwerdeführerin "Zug um Zug gegen Bargeld" übergeben worden. Die dem Rechtsmittel angeschlossenen Fotos würden die Übergabe des Fahrzeuges zeigen (wobei das digitalisierte Foto den als Tag der Übergabe nachwiese). Auch aus den Frachtpapieren des Spediteurs könne der Tag der Lieferung abgeleitet werden. Bei Barverkäufen gelte allgemein, dass das Rechnungsmerkmal der Angabe des Leistungszeitpunktes entfallen könne, wenn sich kein Anhaltspunkt dafür ergebe, dass der Tag der Lieferung nicht mit dem Ausstellungsdatum übereinstimme. Die Beschwerdeführerin, die darauf spezialisiert sei, hochpreisige Autowünsche in ganz Europa zu erfüllen, habe die Lieferfirma geschäftlich noch nicht gekannt, sie sei ihr aber von einem bekannten Autovermittler empfohlen worden. Da die Beschwerdeführerin kein wirtschaftliches Risiko habe eingehen wollen, habe sie auf den geschilderten Barverkauf bestanden. Erst nach physischer Übergabe des Fahrzeuges und erteilter Rechnung habe das Geld übergeben werden sollen. Die Rechnung sei sieben Tage vor der eigentlichen Übergabe des Fahrzeuges übersendet worden. An Hand dieser Rechnung seien dann die "empfohlenen Abfragen und die Überprüfung des Gewerbescheins" erfolgt. Wenn die Rechnung bei solchen Barverkäufen "zur Kontrolle" sieben Tage vor der Übergabe ausgestellt werde, sei "die Norm" trotzdem erfüllt. Generell könne gerade das Rechnungsmerkmal des fehlenden Leistungszeitpunktes saniert werden. Im Beschwerdefall sei aber der Rechnungsaussteller in Konkurs gegangen und der Masseverwalter "gewähre freiwillig keine neue Rechnungsausstellung". Die vom Gesetzgeber vorgesehene Korrekturmöglichkeit sei daher nicht mehr gegeben.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab. Besagte Rechnung trage das Datum "" und sei bereits sieben Tage vor der Übergabe übersandt worden. Der Tag der Lieferung sei den Speditionspapieren zufolge der gewesen. Der streitgegenständlichen Rechnung seien weder Hinweise darauf, dass sich der Tag der Lieferung aus anderen Unterlagen erschließen würde, zu entnehmen, noch dass der Tag der Ausstellung mit dem Lieferdatum übereinstimmen würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könnten fehlende Rechnungsmerkmale nicht durch andere Beweismittel, wie gegenständlich dem Frachtbrief des Spediteurs ersetzt werden.
Davon abgesehen sei die gegenständliche Lieferung des Ferraris Teil einer Kette von Leistungen, die schlussendlich darauf abgezielt hätten, einerseits in den Genuss eines Vorsteuerabzuges zu gelangen und andererseits die aus dieser Leistung resultierende Umsatzsteuer nicht abzuführen (so genanntes "Karussellgeschäft").
In ihrem Vorlageantrag verwies die Beschwerdeführerin auf "aktuelle" Urteile des EuGH, in denen die Frage des Vertrauensschutzes des Steuerpflichtigen hervorgehoben werde. Danach müssten fehlende Rechnungsmerkmale saniert werden können. Die von der innerstaatlichen Gesetzgebung ständig erhöhten Formalvoraussetzungen könnten nicht zu einer unangemessenen Risikoverteilung zwischen den Unternehmern und dem Fiskus führen. Dies widerspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Beschwerdeführerin könne infolge des kriminellen Verhaltens des Rechnungsausstellers den Rechnungsmangel nicht mehr sanieren. Nach dem Schrifttum sei davon auszugehen, dass die neu geregelten Bestätigungsverfahren dazu führten, dass das Risiko von Steuerausfällen nicht dem Steuerpflichtigen auferlegt werden könne. Die Finanzämter hätten im Gegensatz zur Beschwerdeführerin "die volle Akteneinsicht und hätten die Machenschaften dieser Betrügerfirma rechtzeitig stoppen" können. Das Lieferdatum fehle zwar, könne aber an Hand eines Barverkaufsbelegs, entsprechender Fotos und der Transportpapiere erschlossen werden. Es müsse dem Unternehmer vorbehalten bleiben, ob er als Eigenhändler, Besorger oder Vermittler auftrete. Autos mit einer geringen Marge sofort weiter zu verkaufen, sei in der Autobranche nicht unüblich.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die von der Lieferantin des Ferraris ausgestellte Rechnung enthalte das nach § 11 Abs. 1 Z 4 UStG 1994 erforderliche Merkmal des Lieferdatums nicht. Auch fehle in dieser Rechnung jeder Hinweis auf andere Belege, die das Lieferdatum enthielten. Damit erfülle die streitgegenständliche Rechnung nicht die Voraussetzungen des § 11 UStG 1994 und berechtige nicht zum Vorsteuerabzug. Dass aus dem Barverkaufsbeleg und den Transportpapieren das Lieferdatum eruiert werden könne, ändere nichts an der Mangelhaftigkeit der Rechnung. Auch der europarechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stünde dem Verlangen nach der Angabe des Leistungszeitpunktes in einer Rechnung - wie mit Hinweisen auf Rechtsprechung des EuGH näher begründet - nicht entgegen.
Das Bestätigungsverfahren gebe nur Auskunft über die Gültigkeit und die persönliche Zuordnung einer ausländischen UID-Nummer. Dass die Lieferantin bereits in Konkurs gegangen sei, könne an dieser Beurteilung gleichfalls nichts ändern, weil die A KEG von Anbeginn an auf der Ausstellung einer Rechnung iSd § 11 UStG 1994 hätte bestehen können und ohne vollständige Rechnungslegung das Kaufgeschäft eben nicht hätte abwickeln dürfen. Abgesehen davon sei der Konkurs über das Vermögen der Lieferantin erst am eröffnet worden, während die Rechnung bereits am ausgestellt worden sei.
Auf die Frage, ob der Kauf des Ferraris durch die A KEG Teil eines so genannten Karussellbetruges gewesen sei und ob die für die KEG handelnde Person von der Nichtabfuhr der Umsatzsteuer durch die Lieferantin hätte wissen müssen, brauche nicht eingegangen zu werden, weil sich im Falle des gänzlichen Fehlens eines Rechnungsmerkmales die Frage der Gutgläubigkeit von vornherein nicht stelle.
Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie sei Opfer eines Karussellbetruges geworden. Da das Finanzamt erst im August 2006 entsprechende Ermittlungen eingeleitet und Konkursanträge gegen die Verkäuferin gestellt habe, sei es der Beschwerdeführerin nicht mehr möglich gewesen, die Rechnung berichtigen zu lassen. Die A KEG habe auf die Ordnungsmäßigkeit des angebotenen Geschäftes vertraut. Die Verkäuferin habe über eine gültige UID-Nummer und eine aufrechte Gewerbeberechtigung verfügt. Eine "Pro-Forma Rechnung" sei der A KEG am zur Kontrolle zugesandt worden. Am sei das Geschäft in betrügerischer Absicht dann "ganz anders" abgewickelt worden. Auch die zugesagte ordentliche Rechnung sei nicht mehr ausgestellt worden. Habe die Beschwerdeführerin "als Verbrechensopfer" keine Verdachtsmomente schöpfen können, sei es unverhältnismäßig, den Vorsteuerabzug auf Grund eines Formmangels abzuerkennen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer, der die in dieser Gesetzesstelle angeführten Erfordernisse erfüllt, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Nach § 11 Abs. 1 Z 4 UStG 1994 müssen Rechnungen u. a. folgende Angaben enthalten:
"den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt. Bei Lieferungen oder sonstigen Leistungen, die abschnittsweise abgerechnet werden (z.B. Lebensmittellieferungen), genügt die Angabe des Abrechnungszeitraumes, soweit dieser einen Kalendermonat nicht übersteigt."
Gemäß § 11 Abs. 2 UStG 1994 können die nach Abs. 1 erforderlichen Angaben auch in anderen Belegen enthalten sein, auf die in der Rechnung hingewiesen wird.
Enthält eine Urkunde nicht die in § 11 UStG 1994 geforderten Angaben, ist sie nicht als Rechnung iS dieser Gesetzesstelle anzusehen. Auf eine solche Urkunde kann der Vorsteuerabzug nicht gestützt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft dies auch für den Fall zu, dass die Urkunde entgegen der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Z 4 UStG 1994 den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung nicht anführt (vgl. die Erkenntnisse vom , 2004/15/0004, und vom , 2006/15/0022).
Wie der Verwaltungsgerichtshof im schon angeführten Erkenntnis vom zum Ausdruck gebracht hat, begnügt sich das Gesetz, dem Zweck dieser Bestimmung entsprechend, nicht mit Angaben, aus denen bloß im Zusammenhalt mit dem übrigen Sachverhalt hervorgeht, dass ein Unternehmer die in Rechnung gestellte Lieferung zu einem bestimmten Zeitpunkt erbracht hat.
Von dieser Rechtsansicht abzugehen, bieten auch die Beschwerdeausführungen keinen Anlass. Das Erfordernis, dass in einer Rechnung (soll sie das Recht auf Vorsteuerabzug vermitteln) der Tag der Lieferung oder sonstigen Leistung enthalten sein muss, steht in Einklang mit gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben (vgl. Art. 22 Abs. 3 lit. b 7. Spiegelstrich der Richtlinie 77/388/EWG in der Fassung der Richtlinie 2001/115/EG des Rates vom zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG mit dem Ziel der Vereinfachung, Modernisierung und Harmonisierung der mehrwertsteuerlichen Anforderungen an die Rechnungsstellung). Danach müssen Rechnungen "für Mehrwertsteuerzwecke" - d.h. für die Berechtigung zum Mehrwertsteuerabzug - das Datum, an dem die Lieferung der Gegenstände bewirkt wird, enthalten. Eine derartige Angabe enthält die Rechnung vom , auf welche die Beschwerdeführerin den Vorsteuerabzug stützen möchte, unstrittig nicht.
Zur Frage der verweigerten Rechnungsberichtigung zeigt der angefochtene Bescheid zutreffend auf, dass es in der Privatautonomie der Unternehmer liegt, ihre Liefergeschäfte in einer Weise abzuwickeln (Zahlung erst bei Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung), dass den Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug entsprochen werden kann.
Durch die Versagung des Vorsteuerabzuges aus der in Rede stehenden Rechnung wurde die Beschwerdeführerin somit nicht in ihren Rechten verletzt.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am