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VwGH vom 20.12.2007, 2004/16/0165

VwGH vom 20.12.2007, 2004/16/0165

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der M GmbH & Co KEG in D, vertreten durch Dr. Paul Sutterlüty, Dr. Wilhelm Klagian, Dr. Claus Brändle und Dr. Manfred Schnetzer, Rechtsanwaltspartnerschaft in 6850 Dornbirn, Marktstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch (Senat 3) vom , GZ. RV/0134-F/04, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am schloss die beschwerdeführende Partei als Vermieterin mit der V GmbH einen Mietvertrag über Geschäftsräumlichkeiten auf unbestimmte Dauer ab.

Punkt IX. des Mietvertrages lautet:

"Die Untervermietung des Mietgegenstandes, die Veräußerung und die Verpachtung des im Mietgegenstand geführten Unternehmens sowie wesentliche Änderungen der Beteiligungsverhältnisse in der Gesellschaft des Mieters sind bei sonstiger 'Auflösung aus wichtigen Grund' an die vorherige schriftliche Zustimmung des Vermieters gebunden."

Am unterzeichneten die Vertreter der beschwerdeführenden Partei sowie der V GmbH und der V For Woman GmbH eine mit "Vertragsübernahme" überschriebene Urkunde. Darin wurde in Punkt I. bestimmt, dass der Mietvertrag vom einen integrierenden Bestandteil dieses Vertrages darstelle. In Punkt II. vereinbarten die Vertragsteile, dass sämtliche Rechte und Pflichten, die der V GmbH als Mieterin aus dem Mietvertrag zugestanden und oblegen seien, rückwirkend ab dem Tag des Abschlusses des Mietvertrages auf die V For Woman GmbH als Neumieterin übergingen. Weiters wurde festgehalten, dass es sich um eine privative Schuldübernahme handle und damit keinerlei wechselseitige Ansprüche zwischen Altmieterin und Vermieterin mehr bestünden. In Punkt III. wurde vereinbart, dass sämtliche Gebühren, Abgaben und Kosten der Vertragserrichtung von der beschwerdeführenden Partei getragen würden.

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt der beschwerdeführenden Partei Bestandvertragsgebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG in Höhe von EUR 3.771,57 vor. Begründend wurde ausgeführt, dass diese bei Übernahme eines Mietvertrages durch einen neuen Mieter erneut anfalle.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen vor, es handle sich bei der V For Woman GmbH und der V GmbH zwar gesellschaftsrechtlich um zwei verschiedene juristische Personen, aber bei beiden Gesellschaften seien Udo S und Andrew M zu jeweils 50 % beteiligt und handelsrechtliche Geschäftsführer. Die V GmbH, die bereits über Fitnesscenter an anderen Orten verfüge, habe auch Fitnesscenter speziell für Damen betrieben. Für diese Fitnesscenter sei schließlich eine eigene Gesellschaft gegründet worden, was die Vertragsübernahme im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis erforderlich gemacht habe. Da im Beschwerdefall hinter der V GmbH und der V For Woman GmbH dieselben Eigentümer stünden, welche an beiden Gesellschaften mit derselben Stammeinlage beteiligt seien, sei in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht von einer Vertragsübernahme durch einen Dritten auszugehen und schon gar nicht von einer Neubegründung des übertragenen Rechtsverhältnisses.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie führte begründend aus, im Beschwerdefall sei der Vormieter auf Grund des Punktes IX. des Mietvertrages vom ohne die schriftliche Zustimmung des Vermieters nicht berechtigt gewesen, das Mietrecht an einen Dritten abzutreten. Es sei daher nicht nur wie bei einer Zession die Willenseinigung von Vormieter und Neumieter, sondern auch noch die Willenseinigung von Vermieter und Neumieter notwendig gewesen. Punkt II. des Vertrages vom enthalte ausdrücklich einen allseitigen Konsens über die Mieterrechte, was eine Vertragsübernahme konstitutiv begründe. Durch diese Vereinbarung sei zwischen dem Bestandgeber und dem neuen Mieter mit Zustimmung des ausscheidenden Vormieters ein neues Bestandverhältnis begründet worden, das sich inhaltlich am ursprünglichen Mietvertrag vom orientiert habe, indem dessen Bestimmungen ausdrücklich in den neuen Vertrag übernommen worden seien.

Die wirtschaftliche Betrachtungsweise trete im Gebührenrecht in den Hintergrund, weil die steuerbaren Tatbestände im Wesentlichen an die äußere formalrechtliche Gestaltung anknüpften. Formalrechtlich betrachtet ändere die Tatsache, dass sowohl an der V GmbH als auch an der V For Woman GmbH dieselben Gesellschafter im selben Verhältnis beteiligt seien, nichts an der Tatsache, dass es sich bei den genannten Gesellschaften um zwei verschiedene juristische Personen handle. Es liege daher im Beschwerdefall sehr wohl ein vom ursprünglichen Mieter verschiedener Dritter vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht, dass mangels Vorliegens eines gebührenpflichtigen Tatbestandes keine Rechtsgebühr vorgeschrieben werde, verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Strittig ist, ob die am von den Vertretern der beschwerdeführenden Partei sowie der V GmbH und V For Woman GmbH unterzeichnete Vereinbarung gebührenrechtlich als Zession iSd § 33 TP 21 Gebührengesetz 1957 (GebG) zu behandeln ist oder der - hier höheren - Bestandvertragsgebühr nach § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG unterliegt. Die beschwerdeführende Partei vertritt die Auffassung, das gegenständliche Rechtsgeschäft sei als Zession anzusehen, bei welcher das Entgelt die Bemessungsgrundlage bilde. Da es sich im Beschwerdefall um ein unentgeltliches Rechtsgeschäft handle, sei von einer Gebührenschuld in Höhe von EUR 0,00 auszugehen.

Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird. Wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, so wird nach Abs. 2 dieser Bestimmung bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, welcher die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.

Grundsätzlich ist jede Urkunde, die eine Rechtsgebühr auslöst, für sich nach Maßgabe ihres Inhalts zu vergebühren. Jedes Rechtsgeschäft ist infolge der alleinigen Maßgeblichkeit des Inhaltes der darüber errichteten Urkunde (sowie der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemachten Schriften) auch für sich allein zu beurteilen (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band I, Rz 1 ff zu § 17 GebG, mwN).

Unter den Tatbestand des § 33 TP 5 GebG 1957 fallen Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält.

Gemäß § 33 TP 21 GebG 1957 idF BGBl. Nr. 629/1994 unterliegen Zessionen oder Abtretungen von Schuldforderungen oder anderen Rechten nach dem Wert des Entgelts einer Gebühr von 0,8 v.H.

Die im Beschwerdefall strittige Frage, ob die Urkunde vom nach § 33 TP 5 oder nach § 33 TP 21 GebG 1957 zu vergebühren ist, ist daher mit Blick auf die Vertragsurkunde zu beantworten.

Ist mit der Abtretung der Rechte auch eine Schuldübernahme verbunden, so liegt der Fall einer Vertragsübernahme vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die im Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Vertragsübernahme ein eigenes Rechtsinstitut und bewirkt, dass durch einen einheitlichen Akt nicht nur die Gesamtheit aller wechselseitigen Rechte und Pflichten übertragen wird, sondern dass der Vertragsübernehmer an die Stelle einer aus dem Schuldverhältnis ausscheidenden Partei tritt und deren gesamte vertragliche Rechtsstellung übernimmt, ohne dass dadurch der Inhalt oder die rechtliche Identität des bisherigen Schuldverhältnisses geändert werden. Sie enthält nicht nur eine Kombination von Forderungsabtretung und Schuldübernahme, sondern auch eine Übertragung der darüber hinaus greifenden rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere also auch der vertragsbezogenen Gestaltungsrechte. Unter einer Vertragsübernahme wird also ein rechtsgeschäftlicher Vorgang verstanden, im Zuge dessen unter Zustimmung aller Beteiligten eine gesamte Vertragsstellung mit allen Rechten und Pflichten von einem der Vertragspartner auf einen neuen Vertragspartner übertragen wird, mit welchem das Schuldverhältnis in seiner Gesamtheit fortgesetzt wird, ohne dass sich an der Identität des Vertrages dabei etwas ändert. Die Entgeltlichkeit, daher die Vereinbarung einer Gegenleistung zwischen dem aus dem Vertragsverhältnis Ausscheidenden und dem in das Vertragsverhältnis Eintretenden ist kein Essentiale der Vertragsübernahme (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/16/0254, mwN).

In Punkt II. des im Beschwerdefall zu beurteilenden Vertrages wurde ausdrücklich ein allseitiger Konsens über den Mieterwechsel formuliert. Dazu wurde ausdrücklich festgehalten, dass es sich um eine befreiende ("privative") Schuldübernahme durch die V For Woman GmbH handelt. Durch diese Vereinbarung wurde somit nicht eine Vertragsposition in toto übertragen, sondern zwischen der Bestandgeberin und der neuen Mieterin V For Woman GmbH mit Zustimmung der ausscheidenden Vormieterin V GmbH ein neues Bestandverhältnis begründet, das sich lediglich inhaltlich am ursprünglichen Mietvertrag vom orientierte, welcher zum integrierenden Bestandteil des neuen Vertrags erklärt wurde (Punkt I.). Bei dieser Art von Vertragsübernahme kann in der von der belangten Behörde vorgenommenen gebührenrechtlichen Behandlung des Rechtsvorganges nach § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG keine Rechtswidrigkeit erblickt werden.

Daran vermag auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise nichts zu ändern. Im Bereich der Gebühren und Verkehrsteuern ist zwar die wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht schlechthin ausgeschlossen, soferne nämlich der Gesetzgeber selbst an wirtschaftliche Merkmale anknüpft (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. V 14/80). In § 33 TP 5 GebG hat der Gesetzgeber jedoch ausdrücklich auf "Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB)", somit auf einen Gegenstand des Zivilrechts Bezug genommen. § 33 TP 5 GebG unterliegt somit der (zivil-)rechtlichen Betrachtungsweise (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 83/15/0181, 0182). Die Beschwerdeführerin bestreitet auch nicht, dass nach dem Urkundeninhalt das dem Beschwerdefall zu Grunde liegende Rechtsgeschäft den Bestandverträgen zuzuordnen ist.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am