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VwGH vom 25.01.1999, 94/17/0229

VwGH vom 25.01.1999, 94/17/0229

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. J und Dr. P, Rechtsanwälte in P, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. MD-VfR - F 22/93, betreffend Haftung für Anzeigenabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Haftungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 7 und 54 WAO für den Rückstand an Anzeigenabgabe einer näher bezeichneten Gesellschaft "in der Höhe von S 93.309,--, das sind 60 % des Gesamtrückstandes, für den Zeitraum Februar bis Oktober 1990 haftbar gemacht und aufgefordert, diesen Betrag gemäß § 171 WAO binnen einem Monat ab Zustellung zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Eintreibung veranlaßt wird".

Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde in dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, es werde nicht bestritten, dass die (im erstinstanzlichen Bescheid angeführte) Abgabenforderung tatsächlich bestehe, weiters dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Gesellschaft zu dem in § 54 Abs. 1 WAO angeführten Personenkreis gehöre. Ebenfalls sei es nicht zweifelhaft, dass nach der Aktenlage die angeführten Abgabenrückstände von der Gesellschaft uneinbringlich seien, weil nach rechtskräftiger Annahme des Ausgleiches (Quote 40 %) die verbleibenden Abgabenrückstände gegenüber der Gesellschaft nicht einbringlich seien. Nach § 171 letzter Satz WAO hindere ein erfüllter Ausgleich oder Zwangsausgleich nicht die Geltendmachung von Haftungen. Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ergebe sich aus der Missachtung des § 7 Wiener Anzeigenabgabegesetz 1983, wonach der Abgabepflichtige für jeden Monat bis längstens 14. des darauffolgenden Monates den Abgabenbetrag an die Stadt Wien zu zahlen habe. Somit hätte der Beschwerdeführer Sorge tragen müssen, dass die Anzeigenabgabe für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet werde. Es sei Aufgabe des Geschäftsführers nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei. Seien mehrere Geschäftsführer bestellt, so könne der einzelne Geschäftsführer diesen Entlastungsbeweis bereits durch den Nachweis erbringen, dass ihm die Besorgung der Abgabenangelegenheiten nicht oblegen sei und kein Anlass bestanden habe, die Tätigkeit des mit der Entrichtung der Abgaben betrauten anderen Geschäftsführers wegen Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit seines Geschäftsführung zu überprüfen. Der Beschwerdeführer habe eine solche Aufteilung behauptet. Der andere Geschäftsführer habe als Zeuge erklärt, dass eine Aufteilung der Geschäftsführeragenden bestanden habe, jedoch dem Beschwerdeführer die kaufmännische und rechtliche Vertretung oblegen sei. Der Beschwerdeführer habe diese Aussage als unrichtig qualifiziert. Nach Auffassung der belangten Behörde könne diese Frage auf sich beruhen, weil der Beschwerdeführer die weitere Aussage des Zeugen, dass dem Beschwerdeführer bekannt gewesen sei, es sei keine Anzeigenabgabe entrichtet worden, nicht als unrichtig bezeichnet habe. Sei dem Beschwerdeführer bekannt gewesen, dass keine Anzeigenabgabe entrichtet werde, und habe er nichts dagegen unternommen, so habe er die Nichtentrichtung ebenfalls zu vertreten. Nach der maßgeblichen Rechtslage (§ 1 Abs. 1 Wiener Anzeigenabgabegesetz 1983) habe nur eine ausschließliche Verbreitung des Medienwerkes im Ausland eine Anzeigenabgabepflicht in Wien ausgelöst. Da dies nicht der Fall gewesen sei, hätte der Beschwerdeführer erkennen müssen, dass die Nichtentrichtung der Anzeigenabgabe nicht rechtmäßig gewesen sei und "es sich keinesfalls um eine vertretbare Rechtsansicht handeln konnte". Dass die Unterlassung der rechtzeitigen Bezahlung der Anzeigenabgabe ursächlich für die spätere Uneinbringlichkeit gewesen sei, sei evident, weil der Beschwerdeführer selbst nicht behaupte, die Gesellschaft habe nicht über die notwendigen Mittel verfügt. Hätte der Beschwerdeführer diese Mittel pflichtgemäß zur Entrichtung der Anzeigenabgabe genützt, hätte es zu keiner späteren Uneinbringlichkeit der Abgabe kommen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtheranziehung zur Haftung verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind das Bestehen der Abgabenforderung, die Stellung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der Gesellschaft und die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung unbestritten.

Wenn der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht, er sei für die Entrichtung der vorgeschriebenen Abgaben nicht zuständig gewesen, so geht das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ins Leere, weil die belangte Behörde ohnedies von der Darstellung des Beschwerdeführers über die Aufteilung der Geschäftsführerfunktionen - nämlich des Ausschlusses des Beschwerdeführers von den steuerlichen Angelegenheiten - ausgegangen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt nun zur Haftung bei einer Mehrheit von Geschäftsführern in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass bei Vorliegen einer Geschäftsverteilung die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit denjenigen Geschäftsführer trifft, der mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut ist. Der von den finanziellen, insbesondere steuerlichen Angelegenheiten ausgeschlossene Geschäftsführer ist in der Regel nicht in Anspruch zu nehmen. Dieser haftet jedoch selbst, wenn er eigene Pflichten dadurch grob verletzt, dass er es unterlässt, Abhilfe gegen Unregelmäßigkeiten des zur Wahrnehmung der steuerlichen Angelegenheiten Bestellten zu schaffen. In einem solchen Fall könnte ihn nur entschulden, dass ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten aus triftigen Gründen unmöglich gewesen wäre (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 90/15/0123).

Eine solche - von der belangten Behörde aus der (nicht bekämpften) Sachverhaltsannahme, dem Beschwerdeführer sei die Nichtentrichtung der Anzeigenabgabe bekannt gewesen und er habe dagegen nichts unternommen, abgeleitete - Pflichtverletzung des Beschwerdeführers (als von den steuerlichen Angelegenheiten ausgeschlossenen Geschäftsführers), wird in der Beschwerde lediglich damit bestritten, der Beschwerdeführer habe auf die Angaben des zweiten Geschäftsführers und des damaligen Rechtsvertreters vertrauen können, "nämlich, dass es eine zumindest vertretbare Rechtsansicht darstelle, dass die Abgabe zu Unrecht vorgeschrieben wurde und die Berufung daher gute Chancen auf Erfolg habe. Nach seinem faktischen Ausscheiden konnte er darauf vertrauen, dass der verbliebene Geschäftsführer für den Fall des Unterliegens in diesem Abgabenverfahren die Bezahlung der dann rechtskräftig vorgeschriebenen Abgabe veranlaßte."

Der Beschwerdeführer übersieht dabei zunächst, dass bei Abgaben, die - wie im Beschwerdefall - der Abgabenschuldner selbst zu berechnen und abzuführen hat, der Zeitpunkt, ab dem zu beurteilen ist, ob der verantwortliche Vertreter seinen abgabenrechtlichen Pflichten nachgekommen ist (und ob der Abgabenschuldner die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte), danach bestimmt, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären, und dass es insofern auf den Zeitpunkt der bescheidmäßigen Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe für die Prüfung der Haftungsvoraussetzungen nicht ankommt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 98/17/0038, und die dort zitierte Vorjudikatur). Der Beschwerdeführer verkennt aber auch, dass die vom anderen Geschäftsführer und dem damaligen Rechtsvertreter vertretene Rechtsauffassung (über die Begründetheit der Berufung) schon deshalb (für den Zeitraum der Anhängigkeit der Berufung) eine haftungsrelevante Pflichtverletzung des - nach der Annahme der belangten Behörde - von den abgabenrechtlichen Pflichten entbundenen Geschäftsführers nicht auszuschließen vermag, weil durch die Einbringung der Berufung die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt wird. An der Fälligkeit und der daraus abgeleiteten Haftungsvoraussetzung hat sich somit durch die Einbringung der Berufung und deren allfälligen Erfolg nichts geändert. Das Vorliegen einer Aussetzung der Einhebung bzw. eines darauf gerichteten Antrages wird aber gar nicht behauptet.

Nach § 171 letzter Satz WAO i.d.F. LGBl. für Wien Nr. 40/1992 hindert ein erfüllter Ausgleich oder Zwangsausgleich die Geltendmachung der Haftung nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/13/0027).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am