VwGH vom 27.11.2000, 99/17/0312
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Stadt Graz vom , Zl. A 8 R - K 1080/1996 - 8, betreffend Kanalisationsbeitrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Stadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der Stadt Graz dem Sanatorium L zu Handen des Beschwerdeführers für den Anschluss der Liegenschaft X den Kanalisationsbeitrag von S 233.142,80 vor.
Mit Bescheid vom wies die Berufungskommission der Stadt Graz die Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid als unbegründet ab und berechnete die Vorschreibung des Kanalisationsbeitrages mit S 313.004,-- neu.
Mit Bescheid vom hob die Berufungskommission der Stadt Graz den Bescheid vom auf, weil dieser Bescheid weder hinsichtlich des Abgabenschuldners noch der Höhe des Abgabenbetrages mit dem Gesetz in Einklang stehe.
Mit weiterem Bescheid der Berufungskommission der Stadt Graz vom wurde hinsichtlich der mit Berufungsbescheid vom erfolgten Vorschreibung die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt und der Bescheid der Berufungskommission der Stadt Graz vom aufgehoben.
Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz dem Beschwerdeführer für den Anschluss der Liegenschaft X den Kanalisationsbeitrag (inklusive USt) mit S 313.003,90 vor.
Nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung wies die belangte Behörde die gegen den Bescheid vom erhobene Berufung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, es liege keine Entscheidung in der Sache vor, die eine Vorschreibung an den Beschwerdeführer hinderte. Sowohl der Vorschreibungsbescheid vom als auch die Vorschreibung an den Beschwerdeführer vom seien aufgehoben und aus dem Rechtsbestand genommen worden. Der Kanalisationsbeitrag sei mit der Benützung der Abwasseranlage am entstanden und es seien auch dem Beschwerdeführer gegenüber mehrfach Unterbrechungshandlungen gesetzt worden, sodass die Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten sei.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 77/98-5, ab und trat die Beschwerde mit Beschluss vom , B 77/98-7, an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. In der Beschwerde wird vorgebracht, die bekämpfte Kanalabgabe sei verjährt, der Beschwerdeführer sei in seinem Recht auf Akteneinsicht, auf korrekte Ausfertigung des Bescheides, nämlich Anführung derjenigen Personen, welche die Berufungskommission gebildet hätten, auf gesetzmäßige Bezeichnung der den Bescheid erlassenden Behörde und in seinem Recht, nicht zusätzlich wegen eines Steuertatbestandes, hinsichtlich dessen ein anderes Rechtssubjekt bereits verpflichtet worden sei, zusätzlich verpflichtet zu werden, verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 Kanalabgabengesetz 1955, LGBl. für die Steiermark Nr. 71/1955, ist der Kanalisationsbeitrag einmalig für alle Liegenschaften im Gemeindegebiete zu leisten, für welche eine gesetzliche Anschlusspflicht an das bereits bestehende öffentliche Kanalnetz besteht, ohne Rücksicht darauf, ob sie an das Kanalnetz tatsächlich angeschlossen sind oder nicht.
Nach § 2 Abs. 3 dieses Gesetzes entsteht bei anschlusspflichtigen Neubauten und bei Zu-, Auf-, Ein- und Umbauten in anschlusspflichtigen Baulichkeiten nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes die Beitragspflicht mit der erstmaligen Benützung der Baulichkeit oder ihrer Teile. Bei Wiedererrichtung einer zerstörten, abgetragenen oder beschädigten Baulichkeit ist der Kanalisationsbeitrag nur insoweit zu leisten, als das wiedererrichtete Bauwerk die Ausmaße des früheren überschreitet.
Die Bewilligung des Bauvorhabens wurde mit Bescheid vom und nach Planänderung mit Bescheid vom , die Benützungsbewilligung mit Bescheid vom erteilt. Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides erfolgte die Benützung der Abwasseranlage ab . Somit entstand die Verpflichtung zur Entrichtung des Kanalisationsbeitrages bereits im Jahre 1991. Mit Ablauf des Jahres 1991 begann die fünfjährige Verjährungsfrist (§ 156 Abs. 2 Steiermärkische LAO) zu laufen und endete, sofern keine Unterbrechungshandlung vorlag, mit Ablauf des Jahres 1996. Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides wurden mehrfach Unterbrechungshandlungen gesetzt. Den vorgelegten Akten ist zu entnehmen, dass im Jahre 1996 nicht nur der Bescheid vom mit der Abgabenfestsetzung gegen eine andere Person als dem Beschwerdeführer ergangen ist, sondern mit eine Grundbuchsabfrage zur Feststellung, wer Eigentümer der Liegenschaft und damit Schuldner des Kanalisationsbeitrages ist, und mit ein Vorhalt an den Beschwerdeführer mit dem Ersuchen um Stellungnahme erging.
Durch diese nach außen gerichteten Amtshandlungen wurde die fünfjährige Verjährungsfrist unterbrochen und diese begann mit Ende des Jahres 1996 - ohne weitere Unterbrechungshandlung bis zum Ablauf des Jahres 2001- neu zu laufen (§ 158 Abs. 1 Steiermärkische LAO). Die im Jahre 1997 mit Bescheid vom ergangene Vorschreibung an den Beschwerdeführer erfolgte demnach innerhalb der Verjährungsfrist. Die Verjährungseinrede des Beschwerdeführers ist daher unbegründet.
Gemäß § 5 Abs. 1 Kanalabgabengesetz ist zur Entrichtung des einmaligen Kanalisationsbeitrages der Eigentümer der anschlusspflichtigen Liegenschaft, sofern dieser aber mit dem Bauwerkseigentümer nicht identisch ist, der Eigentümer der anschlusspflichtigen Baulichkeit verpflichtet.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides hat der Beschwerdeführer als Bauwerkseigentümer sein Eigentum an der anschlusspflichtigen Liegenschaft im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsverpflichtung nicht bestritten. Ein Bescheid der die Vorschreibung des Kanalisationsbeitrages an den Beschwerdeführer ausgeschlossen hätte, liegt nicht vor. Sein Beschwerdevorbringen, er werde zusätzlich mit einem anderen Rechtssubjekt zur Zahlung des Kanalisationsbeitrages verpflichtet, trifft nicht zu, wäre aber auch für den Fall seiner Richtigkeit nicht geeignet subjektive Rechte des Beschwerdeführers zu verletzen.
Der Beschwerdeführer begehrte nach Ergehen des angefochtenen Bescheides Akteneinsicht. In der Beschwerde wird gerügt, diese sei ihm verwehrt worden, und er habe deswegen die Zusammensetzung der Berufungskommission der Stadt Graz nicht überprüfen können. Die Mitglieder der Berufungskommission seien im angefochtenen Bescheid nicht angeführt.
Eine gesetzliche Verpflichtung, die Mitglieder der Berufungskommission in der Entscheidung namentlich anzuführen, besteht nicht. Aus der Fertigungsklausel des angefochtenen Bescheides ergibt sich entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers unmissverständlich, dass eine Entscheidung der Berufungskommission und nicht des Magistrats der Stadt Graz vorliegt. Insofern zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.
Die Berufungskommission der Stadt Graz ist eine Kollegialbehörde. Entscheidet diese in unrichtiger oder unvollständiger Besetzung, weil Mitglieder, die von der Mitwirkung ausgeschlossen sind, oder nicht die vorgesehene Zahl der Mitglieder mitgewirkt haben, dann hat eine unzuständige Behörde entschieden und diese Entscheidung ist vom Verwaltungsgerichtshof nach § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/09/0184).
Von der belangten Behörde wurde in der Gegenschrift nicht bestritten, dass dem Beschwerdeführer die Akteneinsicht verwehrt worden sei. Sie vertritt die Ansicht, die Verweigerung der Akteneinsicht wäre in einem anderen Verfahren als dem Abgabenverfahren geltend zu machen. Mit dieser in der Gegenschrift vertretenen Auffassung verkennt die belangte Behörde die Rechtslage. Ein Anspruch der Partei auf Akteneinsicht besteht nämlich auch nach rechtskräftiger Erledigung der Sache schon im Hinblick auf die vor den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts eingeräumten Rechtsbehelfe. In diesem Fall muss die Erledigung des Begehrens um Akteneinsicht in Form eines Bescheides ergehen, der vor den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts anfechtbar ist (vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, Rz 177; Stoll, BAO-Kommentar, Band 1, 903). Es handelt sich also nicht um eine Verfahrensanordnung, die im Rahmen des administrativen Rechtsmittelverfahrens in der Hauptsache bekämpft werden kann. Der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Berufungsbescheid wurde durch Zustellung am erlassen. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, vor diesem Zeitpunkt einen von der Verwaltungsbehörde abgelehnten Antrag auf Akteneinsicht gestellt zu haben. Seine Behauptung wurde nur in der Beschwerdeergänzung dahin konkretisiert, es sei ihm noch knapp vor dem Einsicht in den Akt der Berufungskommission verweigert worden. Seine Beanstandung geht auch nur in Richtung der durch die Verweigerung der Akteneinsicht verursachten Unkenntnis der Mitglieder der Berufungskommission. Ein durch Verweigerung der Akteneinsicht vor Ergehen der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen letztinstanzlichen Entscheidung liegender Verfahrensmangel ist daher nicht gegeben. Die Akteneinsicht nach diesem Zeitpunkt wäre vom Beschwerdeführer aber durch Begehren um Erledigung mit Bescheid und die gegen einen allenfalls ablehnenden Bescheid zustehenden Rechtsbehelfe an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts durchsetzbar gewesen. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, diese Möglichkeit genutzt zu haben.
Mangels entsprechender Konkretisierung in der Beschwerde kann der Gerichtshof eine Fehlerhaftigkeit in der Besetzung der belangten Behörde auch gemäß § 38 Abs. 2 VwGG nicht erkennen. Vom Magistrat der Stadt Graz - Finanzrechtsabteilung wurde auf Ersuchen des Verwaltungsgerichtshofes das Verzeichnis über die Teilnahme an der Sitzung der Berufungskommission der Stadt Graz am übermittelt. Eine unrichtige oder unvollständige Besetzung der Berufungskommission der Stadt Graz ergibt sich aus diesem Verzeichnis nicht.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die vorgelegten Verwaltungsakten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und Art. 6 MRK dem nicht entgegensteht, handelt es sich doch um eine Abgabenangelegenheit (vgl. Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9, Rz 1475, FN 676; , uva).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am