VwGH vom 18.12.1996, 94/15/0152

VwGH vom 18.12.1996, 94/15/0152

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Alois und der Marianne M in K, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat I) vom , Zl. 70-GA3BK-DRB/93, betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO in den Jahren 1984 bis 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die zwischen den Beschwerdeführern errichtete Gesellschaft nach bürgerlichem Recht erklärte seit dem Jahr 1979 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der den beiden Gesellschaftern je zur Hälfte gehörenden bebauten Liegenschaft K Nr. 646. Auf der Liegenschaft befindet sich ein Wohnhaus, welches mehrere Mietwohnungen, vermietete Kellerräumlichkeiten und eine Privatwohnung enthält. Die Gegenüberstellung der im Zusammenhang mit der Vermietung von Räumlichkeiten in diesem Wohnhaus angefallenen Einnahmen und Werbungskosten zeigt folgendes Bild:

Einnahmen: 1978: 63.389,-- Werbungskosten: 1978: 200.550,--

1979: 138.653,-- 1979: 225.699,--

1980: 142.009,-- 1980: 225.687,--

1981: 156.442,-- 1981: 222.284,--

1982: 173.333,-- 1982: 205.854,--

1983: 184.166,-- 1983: 201.967,--

1984: 177.764,-- 1984: 196.361,--

1985: 48.000,-- 1984: 82.255,--

1986: 78.545,-- 1986: 52.023,--

1987: 53.091,-- 1987: 66.842,--

1988: 56.136,-- 1988: 63.528,--

1989: 21.273,-- 1989: 47.180,--

1990: 67.727,-- 1990: 31.789,--

1991: 102.545,-- 1991: 33.728,--

1992: 120.909,-- 1992: 20.348,--

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wertete die belangte Behörde die Vermietungstätigkeit der aus den Beschwerdeführern gebildeten Gesellschaft in den Streitjahren 1984 bis 1989 nicht als Einkunftsquelle; dies im wesentlichen mit der Begründung, die Gesellschaft habe seit Beginn ihrer Betätigung im Jahr 1979 bis zum Jahr 1989, somit über einen Zeitraum von elf Jahren, nur Werbungskostenüberschüsse erwirtschaftet. Da die Verlustphase weit über den nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlichen Beobachtungszeitraum von fünf bis acht Jahren hinausreiche, sei der Vermietungstätigkeit bis zum Jahr 1989 die objektive Ertragsfähigkeit abzusprechen. Ab dem Jahr 1990 liege im Hinblick auf eine drastische Senkung des Zinsaufwandes infolge Darlehenstilgungen und Erhöhung der Einnahmen durch Anhebung der Lagermiete im Jahr 1990 eine Änderung der Bewirtschaftungsart vor. Die für die Streitjahre 1990 und 1991 erklärten positiven Einkünfte wurden im Hinblick auf die wegen der im Jahr 1990 neu begonnenen Anlaufphase als bestehend angenommene Unsicherheit über das Vorliegen einer Einkunftsquelle gemäß § 200 Abs. 1 in Verbindung mit § 190 Abs. 1 BAO vorläufig festgestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich erkennbar in dem Recht auf Anerkennung ihrer im Rahmen der Gesellschaft entfalteten Tätigkeit als Einkunftsquelle und dementsprechende Feststellung ihrer Einkünfte in den Jahren 1984 bis 1989 sowie in ihrem Recht auf endgültige Feststellung ihrer Einkünfte in den Jahren 1990 und 1991 verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß die Liebhabereiverordnung BGBl. Nr. 322/1990 im Beschwerdefall erst auf die Streitjahre 1990 und 1991 anzuwenden ist.

Die belangte Behörde hat ihrer Liebhabereibeurteilung erkennbar die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vertretene Rechtsansicht zugrundegelegt, wonach bei Vermietung und Verpachtung ein Beobachtungszeitraum von fünf bis acht Jahren (im Beschwerdefall: elf Jahren) ausreicht, um die objektive Ertragsfähigkeit einer Vermietungstätigkeit zu verneinen. Diese bis dahin vertretene Rechtsansicht hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 93/13/0171, durch einen verstärkten Senat aufgegeben und dabei zum Ausdruck gebracht, daß unter einem absehbaren Zeitraum zur Möglichkeit der Erzielung eines wirtschaftlichen Gesamterfolges bei einer Vermietungstätigkeit eine Zeitspanne verstanden werden muß, die zum getätigten Mitteleinsatz bei Betrachtung der Umstände des konkreten Falles in einer nach der Verkehrsauffassung vernünftigen, üblichen Relation steht. Absehbar ist ein solcher Zeitraum, der insbesondere im Verhältnis zum eingesetzten Kapital und zur verkehrsüblichen Finanzierungsdauer für die Abdeckung des insgesamt getätigten Aufwandes bis zur Erzielung des wirtschaftlichen Gesamterfolges nach bestehender Übung in Kauf genommen wird. Maßstab ist hiebei die Übung jener Personen, bei denen das Streben nach der Erzielung von Einkünften beherrschend im Vordergrund steht und anderweitige Motive, etwa jenes nach Kapitalanlage, späterer Befriedigung eines Wohnbedürfnisses oder Steuervermeidung für ihr Handeln nicht maßgebend sind. Handeln nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip schließt längerfristige Rentabilitätsberechnungen nicht aus. Eine Zeitspanne, die nach den wirtschaftlichen Gepflogenheiten des betroffenen Verkehrskreises als übliche Rentabilitätsdauer des geleisteten Mitteleinsatzes kalkuliert wird, muß noch als absehbar gelten (siehe hiezu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/13/0126).

Ausgehend von ihrer nicht mehr als zutreffend erachteten Rechtsauffassung hat die belangte Behörde keine Sachverhaltsfeststellungen darüber getroffen, ob und innerhalb welchen Zeitraumes die Gesellschaft mit ihrer Vermietungstätigkeit einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten hätte erwirtschaften können. Ohne solche Feststellungen läßt sich aber - sowohl vor als auch im zeitlichen Geltungsbereich der Liebhabereiverordnung - rechtlich in keinem Fall beurteilen, ob die wirtschaftlichen Ergebnisse der Vermietungstätigkeit der Gesellschaft als steuerlich relevante Einkünfte anzusehen wären (vgl. hiezu auch das besagte hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom ). Es bedarf daher im Beschwerdefall keiner Prüfung der behördlichen Rechtsauffassung zur Frage einer rechtserheblichen Änderung der Bewirtschaftungsart.

Auf Grund des Gesagten läßt sich auch nicht sagen, daß hinsichtlich der Streitjahre 1990 und 1991 die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angenommene Ungewißheit über das Vorliegen einer Einkunftsquelle im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch bestanden hat. Infolgedessen mußte der angefochtene Bescheid in seinem gesamten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden. Diese Entscheidung konnte im Hinblick auf die zitierte Vorjudikatur gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.