TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 28.05.1998, 96/15/0220

VwGH vom 28.05.1998, 96/15/0220

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

96/15/0223 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des J in Z, vertreten durch Dr. Clemens Schnelzer und Mag. Johann Juster, Rechtsanwälte in Zwettl, Landstraße 46, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom , Zl. GA 6-96/5100/03, betreffend Umsatzsteuer 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdefall steht im Zusammenhang mit den unter dem Begriff "Mehrwertsteuerschwindel Werner Rydl" in der Öffentlichkeit durch zahlreiche Medienberichte und Publikationen bekannten Vorgängen.

Das Finanzamt führte beim Beschwerdeführer, der ein Handelsunternehmen betreibt, eine abgabenbehördliche Prüfung durch. In der Niederschrift vom über das Ergebnis der Prüfung wird festgehalten, daß der Beschwerdeführer für die Monate April bis Juni 1995 Vorsteuern in Höhe von S 1,931.337,54 aus dem Einkauf von Parfumölen der "Marke Aurela" von der U-GmbH zu Unrecht geltend gemacht habe. In dieser Niederschrift wird sodann zur Darstellung der Geschäftsabwicklung ausgeführt:

"Geschäftsanbahnung u. -abwicklung (Allgemeine Übersicht):

Von der ausländischen Firma wurde eine Anfrage bzw. das Ersuchen um Anbotslegung für ein bestimmtes Produkt an einen österreichischen Exporteur gestellt, wobei dabei dem Exporteur bereits mitgeteilt wurde, welcher österreichische Zwischenhändler dieses Produkt vertreibt.

Der österreichische Zwischenhändler stellte eine gleichlautende Anfrage an die Fa. F-GmbH.

Von der Fa. F-GmbH wurde ein Anbot über das gewünschte Produkt (zu einem mehrfach überhöhten und realitätsfremden Preis) an den österreichischen Zwischenhändler gelegt.

Der Zwischenhändler legte sein Anbot (mit einem fix vereinbarten Aufschlag) an den Exporteur.

Der Exporteur legte seinerseits das Anbot (mit einem fix vereinbarten Aufschlag) an die ausländische Firma.

Daraufhin erfolgte von der ausländischen Firma der Auftrag bzw. die Bestellung.

(Die Wege der Bestellungen sowie Rechnungen erfolgen analog den geschildetern Wegen der Anfragen sowie Anbote).

Im normalen Geschäftsleben übliche Preisverhandlungen - außer in Fällen, in denen sich Exporteure nicht an die Fixvereinbarungen gehalten haben - bzw. ein Scheitern von Geschäftsabschlüssen aufgrund unterschiedlicher Preisvorstellungen wurde bei den gesamten Geschäftsbeziehungen niemals festgestellt.

Die Bezahlung der Waren erfolgte auf unterschiedliche Weise (zu einem geringen Teil mittels Dokumenten-Akkreditiv, teilweise durch Überweisungen), in einer Vielzahl der Fälle erfolgte die Bezahlung des Exporteurs sowie die Verrechnung zwischen den einzelnen Firmen in der Fakturierungskette unter Verwendung eines Order-Verrechnungsschecks der Firmen METRICS Ltd. oder INTERTRADE Ltda..

Diesen Order-Verrechnungsschecks war jeweils zu eigen, daß diese genau auf den Betrag der Exportfaktura lauteten, von den Exporteuren jedoch niemals eingelöst wurden bzw. auch nicht einlösbar gewesen wären. Zum Großteil hatten die Exporteure auch kein Original dieses Order-Verrechnungsschecks in Händen, sondern erhielten lediglich eine Telefax-Kopie mit dem Hinweis, daß das Original des Schecks bereits an den österreichischen Zwischenhändler gesandt worden war.

In diesen Fällen gab es aber auch beim (eingeweihten) Zwischenhändler kein Original des Order-Verrechnungsschecks, sondern (pro-forma) ebenfalls eine Telefax-Kopie mit der Mitteilung, daß das Original bereits bei der Fa. F-GmbH eingetroffen sei.

De facto hat also Werner RYDL in Brasilien einen Scheck ausgestellt (ausstellen lassen) und diesen per Telefax an österreichische Firmen übermittelt, wodurch die Bezahlung des Nettowarenwertes für die gesamte Fakturierungskette erledigt war. Der Originalscheck mußte dazu Brasilien nicht verlassen. Im Falle von Order-Verrechnungsschecks der Fa. METRICS Ltd. war der Vorgang analog, jedoch wurden diese Schecks von einem Beauftragten des GL in Australien ausgestellt.

Der tatsächliche Geldfluß bestand jeweils nur in der Umsatzsteuer bzw. der Differenz der Umsatzsteuer zwischen den einzelnen Firmen in der Fakturierungskette, wobei der überwiegende Teil dieser Umsatzsteuer (Differenz der Bruttoeingangsrechnung zur Exportfaktura) vom Exporteur vorfinanziert und als Vorsteuer beim zuständigen Finanzamt geltend gemacht werden mußte. Dieser Betrag mußte im Regelfall vom Exporteur über den Zwischenhändler (abzüglich dessen Gewinnspanne) innerhalb eines Tages zur Fa. F-GmbH (meist auf das Firmenkonto bei der Bank B. in N.) gelangen.

Dies geschah meist in bar, wobei für die Fa. F-GmbH ein Bote im Inland tätig war.

Die dadurch bei der Fa. F-GmbH entstandenen "Umsatzsteuergewinne" wurden u.a. unter dem Titel "Lizenzgebühren" auf ein Konto der Fa. INTERTRADE Ltda., das ebenfalls bei der Bank B. in N. geführt wurde, transferiert. Die Verbringung ins Ausland erfolgte durch Überweisungen vom Konto der Fa. INTERTRADE Ltda. nach Uruguay, Brasilien und in die Schweiz sowie in bar durch Angehörige und Freunde von Werner RYDL anläßlich von Besuchen in Brasilien.

Hinsichtlich des Warenflusses konnte zwischenzeitlich ein Großteil der Geschäfte nachvollzogen werden, wobei insbesondere die (bislang unbekannte) Herkunft der gehandelten Waren aufgeklärt werden konnte."

Zu den den Beschwerdeführer betreffenden Vorgängen wird in der Niederschrift ausgeführt,

"Erstlieferant der gegenständlichen Parfumessenzen (Parfumöle der Marke Aurela) ist Werner Rydl, der behauptet, diese produziert bzw. veredelt zu haben.

Dieser führt die in seinen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer an sein zuständiges Finanzamt nicht ab.

Werner Rydl liefert diese Parfumöle an die Fa. F-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er selbst ist. Die Fa. F-GmbH liefert mit einem geringfügigen Aufschlag an die U-GmbH, diese wiederum zu etwa gleichen Aufschlagsverhältnissen wie die F-GmbH an den (Beschwerdeführer).

Unter Anwendung eines 3%igen Rohaufschlages exportiert (der Beschwerdeführer) an die Fa. METRICS Ltd. in Australien. Der Versand der Parfumöle an die Fa. Metrics erfolgte durch die Spedition K per Luftfracht nach Australien.

Die Transportkosten wurden lt. Rechnungen der Fa. K vom (Beschwerdeführer) getragen.

Geschäftsanbahnung bzw. -abwicklung:

(Der Beschwerdeführer) erhielt am ein Fax einer Fa. Metrics aus Australien, in dem ihm mitgeteilt wurde, daß die von Metrics benötigten Duftstoffe exclusiv von einer Fa. U-GmbH in Wien zwar vertrieben werden, bedauerlicherweise aber an ausländische Kunden weitaus teurer verkauft würden als an inländische Kunden. Metrics suche daher einen verläßlichen österreichischen Exportpartner, der die benötigten Duftstoffe unter Anwendung eines niedrigeren Rohaufschlages (und somit billiger als die U-GmbH) verkauft. (Der Beschwerdeführer) wäre der Firma Metrics über Anfrage von der österr. Handelskammer genannt worden.

Mit FAX vom teilte Metrics über Schreiben der Fa. F. vom mit, daß sie bis zu diesem Zeitpunkt von einem Handelspartner beliefert würde, der frei Brisbane unter Anwendung eines Aufschlages (auf den Einkauf der U-GmbH) von 3 Prozent liefere. Bedauerlicherweise habe dieser Partner jedoch die nötige Lieferkapazität nicht frei, weshalb sich Metrics um einen weiteren erfahrenen Partner umsehen müsse. Mit jeder Bestellung durch Metrics werde ein (Verrechnungs)Scheck (über den gesamten Verkaufspreis (des Beschwerdeführers)), mitgesendet werden, der zur Weiterreichung an die U-GmbH (zur teilweisen Abdeckung des Einkaufspreises (des Beschwerdeführers)) bestimmt sei. Die U-GmbH sei mit dieser Vorgangsweise einverstanden, der Beschwerdeführer erspare sich die 3-5tägige Vorfinanzierung der Ware und Metrics erspare sich die teuren Akkreditivkosten (ca. 10.000 ATS). Eine Transportversicherung erachte Metrics nicht für notwendig, da die Gebinde unzerbrechlich sind und es bis jetzt noch nie zu irgendwelchen Zwischenfällen kam.

Im Fax der Metrics vom wird Bezug genommen auf ein zwischenzeitig stattgefundenes Gespräch (des Beschwerdeführers) mit G L und es wurden darin die Preise nochmals festgehalten (dreiprozentiger Aufschlag auf Einkauf bei U-GmbH durch (den Beschwerdeführer)).

Weiters wurde dem Beschwerdefüher mitgeteilt, daß, wie vereinbart, der Verrechnungsscheck für die erste Lieferung von Parfumölen durch (den Beschwerdeführer) an Metrics über ATS 919.056,-- an die Fa. U-GmbH versendet wurde. Nach Eingang und Prüfung des Schecks werde (der Beschwerdeführer) von der U-GmbH umgehend verständigt, um die Ware zu übernehmen.

...

Beurteilung der Geschäfte der beteiligten Firmen:

Der Geschäftspartner (des Beschwerdeführers) in Australien, die Fa. Metrics, teilt am dem (Beschwerdeführer) als Grund der Kontaktaufnahme mit, daß die von Metrics benötigten Duftstoffe exclusiv von der Fa. U-GmbH vertrieben werden, die U-GmbH jedoch bedauerlicherweise für ausländische Kunden einen zu hohen Aufschlag verrechne und an inländische Unternehmen billiger liefere. Es werde daher ein inländisches Unternehmen gesucht, (das die benötigte Ware von der U-GmbH als Inländer billiger als Metric einkaufen könne) von dem Metrics die Duftstoffe billiger beziehen könne.

Im Fax der Fa. Metrics vom an (den Beschwerdeführer) wird u.a. mitgeteilt, daß zur Bezahlung der Ware die Fa. Metrics einen Verrechnungsscheck über den Gesamtkaufpreis zur Weiterreichung an den Lieferanten (des Beschwerdeführers), die Fa. U-GmbH direkt übermittle, wobei die U-GmbH damit einverstanden sei.

Eine Transportversicherung erachte Metrics nicht für notwendig, da die Gebinde unzerbrechlich seien und es bisher noch nie zu irgendwelchen Zwischenfällen gekommen wäre.

Laut Aussage der Metrics im Fax vom wollte sie unter Einschaltung des inländischen Zwischenhändlers und somit unter Ausschaltung der U-GesmbH als Exporteur die Duftstoffe billiger in die Hand bekommen. Diese Begründung seitens der Fa. Metrics für die Zwischenschaltung (des Beschwerdeführers) ergibt keinen wirtschaftlichen Sinn, ist doch die Fa. U-GmbH mit der Entgegennahme des Verrechnungsschecks der Metrics zur teilweisen Begleichung der Warenschuld des F. einverstanden. Geht man davon aus, daß die Fa. U-GmbH - wie von Metrics im Fax vom behauptet - die Duftstoffe exclusiv vertreibt und an Ausländer teurer als an Inländer verkauft, würde sie keinen inländischen Zwischenhändler dulden, der das günstigere Geschäft mit einem ausländischen Abnehmer verhindert. Zumindst würde die U-GmbH das Geschäft mit diesem ausländischen Partner selbst abschließen.

Laut bisheriger Erhebungen sind die in diesen Fällen durch die Fa. METRICS ausgestellten und an die Fa. U-GmbH weitergegebenen Verrechnungsschecks in Österreich nicht einlösbar. Es wird also offensichtlich nur Papier und kein Geldeswert zur Begleichung der Warenschuld weitergeleitet. Die Verrechnungsschecks werden von der U-GmbH an die F-GmbH weitergegeben."

Zum Wert und zur Herkunft der Parfumöle werden in der Niederschrift folgende Aussagen getroffen:

"Wert und Herkunft der (Parfumöle):

Herkunft der Parfumöle:

Laut bisherigen Ermittlungen wurden die gehandelten Parfumöle ursprünglich bei der Einzelfirma BM in S von der Fa. INTERTRADE Ltda., Brasilien, mit Lieferadresse Fa. CRINDAY TRADINGS S.A., Montevideo, eingekauft, wobei andere Markennamen aufscheinen, aufgrund der Produktbeschreibungen konnten sämtliche Parfumölsorten eindeutig den "AURELA-MARKENNAMEN" zugeordnet werden. In Montevideo wurden diese Parfumöle lediglich eingelagert und danach wieder nach Österreich zurückgeschickt. Als Empfänger dieser Waren scheint im Jahr 1995 in acht Fällen HU, ein Bekannter der Familie RYDL auf.

Wie bei der Spedition K eruiert werden konnte, belief sich z.B. eine Rücklieferung an HU vom Juni 1995 auf 681 Liter Parfumöl, wobei der Gesamtwert dieser Lieferung lt. Rechnung der Fa. CRINDAY TRADINGS S.A., Montevideo, ca. ATS 77.000,-- betrug. Bei den anschließenden Fakturierungen durch die Fa. F-GmbH und U-GmbH sowie den Exporteuren betrug der Preis pro Liter Parfumöl zwischen 62.000,-- u. 130.000,-- (vom

(Beschwerdeführer) wurde bei den Exportlieferungen von 4/95 bis 6/95 ein durchschnittlicher Verkaufspreis von ca. 79.808,-- ausgewiesen).

Tatsächlicher Wert der "Parfumöle":

Zur Feststellung des tatsächlichen Wertes der gehandelten Parfumöle sind daher folgende Faktoren maßgeblich:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Die Behauptung des Werner RYDL, die Parfumöle seien von ihm produziert bzw. veredelt worden, wodurch sich die Preise der "AURELA-Produkte" ergeben würden, ist eindeutig widerlegt und unrichtig.
2.
Die ursprünglichen Verkaufspreise der Fa. BM betragen ATS 739,-- je Liter.
3.
In einer Rechnung der FA. CRINDAY TRADINGS S.A. betragen die Verkaufspreise durchschnittlich US $ 9,57 (= ca. ATS 96,--) je Liter, wobei eine eindeutige Zuordnung zu den einzelnen "AURELA-Marken" nicht möglich ist, da für die Rücklieferungen andere "Phantasienamen" verwendet wurden; fest steht jedenfalls, daß diese Preise wesentlich geringer sind, als die ursprünglichen Verkaufspreise der Fa. BM.

Zusätzlich liegt eine Aussage des HU vor, wonach er im Auftrag des Werner RYDL Parfumöle mit Rapsöl gemischt hätte bzw. des inländischen Boten der Fa. F-GmbH, wonach dieser die Parfumöle (ohne jegliche Bearbeitung) aus den Behältnissen der Rücklieferung in die Behältnisse für die Auslieferung an die inländischen Firmen umgefüllt hätte.

Noch im August 1995 versuchte Werner RYDL Parfumöle, die noch im Inland (an einem unbekannten Ort) gelagert waren, ins Ausland zu verbringen, offenbar um diese einer behördlichen Beschlagnahme und anschließenden Untersuchung zu entziehen. Zu diesem Zweck übermittelte Werner RYDL an den Vertreter der Fa. M-Versand GmbH, Herrn WM, eine Faktura der Einzelfirma Werner RYDL an die CONTURA Ltda., Brasilien, datiert mit , über den Verkauf von 577 Litern Duftstoffkonzentraten zum einheitlichen Literpreis von ATS 54,50,-- Gesamtfakturawert für 577 Liter daher

ATS 31.446,50 - obwohl es sich dabei nachweislich um verschiedene "AURELA-Marken" handelte. Dieser Export wurde jedoch von diesem (WM) nicht (mehr) durchgeführt.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
4.
Im Bericht der Technischen Untersuchungsanstalt der Bundesfinanzverwaltung vom wird zu den Parfumölen ausgeführt:
a)
Die Behauptungen der Firmen, die diese Parfumöle vertreiben (u. a. Fa. EL), daß es sich um den geschützten Markennamen "Aurelia" handelt, ist unrichtig (Anfragen im Patentamt).
b)
Die Ursprungszertifikate dieser Parfumöle weisen keine Parameter auf, wie sie in Zertifikaten enthalten sein müssen, sondern bestehen aus einem lapidaren Aussagesatz der Firma F-GmbH.
c)
Umfangreiche gaschromatographische Untersuchungen ergaben, daß es sich um chemische Grundstoffe handelt, wie sie in billigen Parfumbasisölen verwendet werden.
d)
Von den am in Tattendorf mitgenommenen Parfumölsubstanzen zeigten die gaschromatographischen Untersuchungen, daß es sich um jene Produkte handelt, die vom Finanzamt Mödling, Finanzamt Salzburg, Finanzamt St. Pölten zur Untersuchung an die TUA übermittelt worden sind, d.h. die einzelnen gleichnamigen Chargen der Parfumöle unterscheiden sich nicht signifikant.
e)
Der als "Labor" bezeichnete Holzverschlag im Anwesen der Familie Rydl n Tattendorf läßt erkennen, daß hier mit primitiven Mitteln die "Herstellung" von Pseudoprodukten (Parfumöle) vorgenommen worden ist. Wertvolle Parfumöle werden nicht in Kanistern zu 20/25 Litern en gros gekauft; mehr als 20 Leerkanister wurden am Dachboden gefunden."

Zusammenfassend wird sohin in der Niederschrift ausgeführt:

"Das Finanzamt hegt keinen Zweifel daran, daß dem Abgabepflichtigen "Waren" geliefert wurden, die von diesem anschließend in das Ausland versendet wurden. Tatsächlich handelte es sich aber um minderwertiges Material, das in keinem Einklang zu den in den Rechnungen ausgewiesenen Fakturenbeträgen steht (siehe Pkt. 5).

Es hat in vorliegendem Fall die Lieferfirma U-GmbH ihre Verpflichtung zur Lieferung der hochwertigen Waren bis dato nicht erfüllt und die Lieferung des vereinbarten Kaufgegenstandes an den Lieferempfänger ist demnach auch (noch) nicht erfolgt, weshalb auch der Vorsteueranspruch (noch) nicht entstanden ist.

Die Anlieferung der (im Vergleich zu den Rechnungsbeträgen) wertlosen bzw. minderwertigen Waren kann demgegenüber nicht als vorsteuerauslösende Lieferung angesehen werden.

Entscheidend ist nämlich, daß diejenigen Waren geliefert werden, die aufgrund eines betimmten Rechtsverhältnisses geliefert werden sollten, und über die dann auch die Rechnung erteilt wird. Die Lieferung irgend einer Ware, die weder als Kaufgegenstand angesehen werden kann noch nach sonstigen Rechtsvorschriften als Kaufgegenstand fingiert werden muß, reicht dagegen nicht aus.

Nach den zu den gegenständlichen Geschäften vorliegenden Verkaufsunterlagen, auf die es allein für die Bestimmung der Kaufgegenstände ankommt, sollten Qualitätsprodukte im Wert von Millionen geliefert werden. Die Lieferungen (vergleichsweise) wertloser Waren sind aber, gemessen an den vereinbarten Kaufobjekten, völlig andere Waren, die nichts mit hochwertigen Produkten gemein haben.

Weiters ist maßgebend, daß der Verkäufer der Waren

- insbesondere Werner RYDL - davon ausgehen mußte, daß der Käufer bei Kenntnis der Abweichungen zwischen fakturierten und tatsächlich gehandelten Waren, die Genehmigung des Geschäftes verweigert hätte, wodurch die Lieferungen der minderwertigen Produkte keinesfalls die Lieferungen der geschuldeten Kaufgegenstände geworden sind. Dem Käufer der Waren steht es daher frei, den noch nicht erfüllten Lieferanspruch gegebenenfalls auf dem Klageweg zu realisieren, um seinen Vorsteueranspruch zum Entstehen zu bringen.

Die fehlende Lieferung läßt sich auch nicht durch Gutgläubigkeit ersetzen, da kraft Gesetzes unabdingbares Tatbestandsmerkmal für den Vorsteuerabzug eine tatsächlich ausgeführte Lieferung ist. Kein anderes Ergebnis folgt auch daraus, daß der Käufer möglicherweise im Vertrauen auf eine erfolgte Lieferung den Kaufpreis bezahlt hat, obgleich tatsächlich die Lieferung noch nicht erfolgt ist. Denn die Bezahlung einer Ware, die sich hier als gutgläubige Vorleistung darstellen würde, ersetzt nicht den tatsächlichen Liefervorgang.

Zusammenfassend steht daher aufgrund der vorstehenden Ausführungen fest, daß ein Vorsteuerabzug zu verneinen ist. Die von der Fa. U-GmbH in Rechnung gestellte Umsatzsteuer in Höhe von 596.839,14 (April 1995), 926.627,40 (Mai 1995) und 407.871,-- (Juni 1995) kann daher nicht als Vorsteuer anerkannt werden.

Um (dem Beschwerdeführer) als Erwerber der minderwertigen Waren einen Vorsteuerabzug in einem gegenüber den bislang vorliegenden Rechnungen verringerten Ausmaß (den tatsächlichen Werten der gehandelten Produkten entsprechenden Beträgen) zu gewähren, wäre Voraussetzung, daß über den tatsächlich gelieferten minderwertigen Gegenstand eine neue Recnung gelegt wird."

Zu den gegenständlichen Vorgängen hatte der Beschwerdeführer, wie sich aus einer Niederschrift vom ergibt, vor dem Finanzamt nachstehend wiedergegebene Aussage gemacht:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"1.
Bei der Ware, die exportiert wird, handelt es sich um Duftstoffe (Rohstoffe) zur Parfumerzeugung (soweit ich informiert bin).
Verpackungseinheiten: In 1 Liter Plastikgebinden (Flaschen bzw. Kanister).
Ware ist bei mir keine vorhanden.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2.
Die Ware wird in Wien direkt bei der Fa. U-GmbH übernommen und wird direkt am Flughafen an die Spedition übergeben.
3.
Verrechnung:
Die australische Abnehmerfirma Metrics schickt einen Verrechnungsscheck (über meinen VKP) direkt an die Fa. U-GmbH und diese prüft den Scheck ob Deckung gegeben ist.
Sobald die Prüfung des Schecks positiv erledigt ist, kommt es zur Auslieferung der Ware.
Gleichzeitig bezahle ich den Rest (= Differenz VKP u. EKP Brutto).
Mein Verdienst ist der Rohaufschlag Einkauf - Verkauf = 3 %.
Der Weg der direkten Übergabe d. Verrechnungsschecks wurde gewählt, da die Überprüfung der Schecks durch meine Bank zu lange Zeit in Anspruch genommen hätte bzw. die (Bank) auf ein von einer österreichischen Bank bestätigtem Akkreditiv bestanden hätte.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
4.
Kontaktaufnahme mit Abnehmer:
Ich habe ein FAX von Australien erhalten, von d. Fa. Metrics. Diese hat meine Adresse v. österr. Handelsdelegierten in Australien. Die Fa. Mectrics gab mir auch die Adresse meines Lieferanten (U-GmbH) bekannt. Persönlichen Kontakt hatte ich mit Herrn L (=? Angestellter d. F. Metrics) in Wien Anfang April (in Wien, Meidlinger Hauptstraße in einem Cafe). Dabei wurde die Abwicklung besprochen. Dieser hatte auch d. Verrechnungsscheck f. die Fa. U-GmbH mit.
Bei der Fa. U-GmbH hatte ich Kontakt mit Frau H (macht die Abwicklung). sonst mit niemandem."

Gegen den Umsatzsteuerbescheid 1995, der den Prüfungsstellungen entsprechend erlassen wurde, brachte der Beschwerdeführer Berufung ein. Zur Begründung brachte er im wesentlichen vor: Entgegen der Annahme des Finanzamtes seien die Waren zum Rechnungswert transportversichert gewesen. Der Beschwerdeführer habe persönlich den Transport durchgeführt. Die verrechneten Preise für Parfumstoffe würden durchaus dem internationalen Preisverhältnis entsprechen. Eine Überprüfung der Ware an Ort und Stelle bzw. eine Analyse von durch den Beschwerdeführer gezogenen Proben sei schon im Hinblick auf die lange Dauer der Auswertung unzweckmäßig und nicht durchführbar. Aufgrund der eingeholten Erkundigungen hätten keinerlei Hinweise oder Verdachtsmomente bestanden, daß die Waren nicht in Ordnung gewesen wären. Es habe daher keine Veranlassung für eine chemische Analyse durch den Beschwerdeführer bestanden. Offenbar seien auch die Versicherungen und der Zoll der gleichen Ansicht gewesen. Die ordnungsgemäße Anmeldung der Ware durch die Spedition K und die anstandslose Abfertigung durch die Zollbehörden am Flughafen Schwechat zeige dies auf. Anläßlich der abgabenbehördlichen Prüfung habe der Beschwerdeführer dem Finanzamt am angeboten, die noch zur Abholung und Lieferung bei der U-GmbH bereitstehenden Waren nach Übernahme durch den Beschwerdeführer zu beschlagnahmen und zu analysieren. Das Finanzamt habe dies mit dem Hinweis auf bereits gezogene Proben abgelehnt. Im Bescheid betreffend die Aussetzung der Einhebung werde nun aber darauf verwiesen, daß die Proben erst am in Tattendorf gezogen worden seien und nicht, wie ursprünglich vom Finanzamt angegeben, beim Lieferanten des Beschwerdeführers, der U-GmbH. Trotz mehrmaliger Aufforderung habe das Finanzamt die Vorlage und Einsichtnahme in die Analysezertifikate verweigert. Dem steuerlichen Berater sei eine mit datierte Besprechungsgrundlage zur Schlußbesprechung übermittelt worden, die eine eigenwillige Festsetzung des "tatsächlichen Wertes der minderwertigen und wertlosen Gegenstände" (nämlich: 121 Liter a S 54,50 plus Aufschlag für U-GmbH und den Beschwerdeführer, sohin S 6.928,--) enthalte. Es werde darauf verwiesen, daß die Abgabenbehörden mindestens seit im Besitz eines Schreibens seien, wonach Werner Rydl seine Abgaben nicht abzuführen gedenke, und diese Informationen bis November 1995 in keiner Weise zugänglich gemacht hätten. Dies lasse den eindeutigen Schluß zu, daß die Finanzbehörden als Mitwisser und Mittäter bei den eigenwilligen Geschäften des Werner Rydls tätig gewesen seien. Das Finanzamt benenne Zwischenhändler, die nach seinen Angaben "unechte Waren" exportiert hätten. Mit dem Unternehmen Montex, Intertrade, Contura, Mirabell usw. habe der Beschwerdeführer nie Kontakt gehabt. Einen Zusammenhang mit den Geschäften dieser Unternehmen herzustellen, sei daher nicht zielführend. Wenn diese tatsächlich von dem "Steuerschwindel" des Werner Rydl gewußt und sich daran beteiligt hätten, sei fraglich, warum sie nicht straf- und steuerrechtlich zur Verantwortung gezogen würden. Warum sei Werner Rydl, als er noch österreichischer Staatsbürger gewesen sei, nicht zur Verantwortung gezogen worden? Es sei nicht erwiesen, daß es sich bei den vom Beschwerdeführer exportierten Waren um "unechte Produkte" der F-GmbH gehandelt habe. Es sei sehr schwierig, wenn die Beurteilung von wirtschaftlichen Vorgängen durch Beamte erfolge, die weder über eine entprechende praxisbezogene Ausbildung noch über eine minimale Praxis verfügten, geschweige jemals außerhalb des geschützten Bereiches des öffentlichen Dienstes gearbeitet hätten. Das Finanzamt sei Betreiber des eingebrachten Konkursantrages gegen die F-GmbH. Die Republik Österreich habe aber keine Maßnahmen gesetzt, die endgültige "Flucht" des Werner Rydl zu vereiteln. So seien im Jahr 1995 keine Maßnahmen gesetzt worden, um zu verhindern, daß Werner Rydl einen brasilianischen Paß erwerben könne. Jedenfalls habe die Beweisführung durch die Abgabenbehörde bislang keine zweifelsfreien Beweise für das Vorliegen eines die Kürzung oder Streichung der Vorsteuern rechtfertigenden Tatbestandes erbracht.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Das Vorliegen einer Rechnung im Sinn des § 11 UStG sei Voraussetzung für den Vorsteuerabzug. In der Rechnung müsse die Ware handelsüblich bezeichnet werden. Parfumöle würden, so sie nicht durch ihre Marke bereits spezifiziert seien, durch Angabe ihrer Inhaltsstoffe, ihrer Verarbeitung und ihrer Herkunft bestimmt. Gegen die Feststellung, daß die Ursprungszertifikate der Waren nicht die erforderlichen Parameter aufwiesen, sondern aus einem lapidaren Aussagesatz der F-GmbH bestünden, habe der Beschwerdeführer nichts vorgebracht. Die Bezeichnung der Ware in den Rechnungen weise nicht einmal Mindestangaben auf und sei daher nicht branchenüblich. Da keine hinreichende Beschreibung der Produkte existiere, könnten sie durch die in den Rechnungen gewählten Bezeichnungen, wie "Andromeda", "Synus", "Pupis" und "Auriga", nicht als hinreichend konkretisiert und handelsüblich bezeichnet angesehen werden. Es seien im gegenständlichen Fall wertlose gestreckte Öle mittlerer Qualität geliefert worden. Die Lieferung irgendeiner Ware könne nicht als Lieferung des Kaufgegenstandes angesehen werden. Auch aus diesem Grunde stehe der Vorsteuerabzug nicht zu, zumal nach den Kaufverträgen außerordentlich wertvolle Öle im Wert von zum Teil über S 100.000,-- pro Kilogramm hätten geliefert werden sollen. Die tatsächlich gelieferten Waren seien völlig andere als jene, die den vertraglichen Vereinbarungen zugrundelägen; sie hätten nichts mit den hochwertigen Produkten gemein. Dieses "aliud" könne nicht als Kaufgegenstand angesehen werden. Die bisher fehlende Lieferung könne auch nicht durch Gutgläubigkeit ersetzt werden, weil der Vorsteuerabzug tatsächlich ausgeführte Lieferungen voraussetze. Es seien im gegenständlichen Fall Rechnungen über hochwertige Produkte ausgestellt worden, was sich insbesondere aus dem hohen Preis der Produkte ergebe. Tatsächlich sei jedoch wertloses Material geliefert worden, welches in keiner Weise für die in seiner Warenbeschreibung genannten Zwecke verwendet werden könne. Die Waren, die den Rechnungen entsprächen, seien nicht geliefert worden. Die belangte Behörde hege keine Zweifel an den Ergebnissen der Untersuchungen der Technischen Untersuchungsanstalt der Bundesfinanzverwaltung und des Univ. Prof. Dr. B von der Universität Wien; beide Prüfstellen seien unabhängig voneinander zu dem Ergebnis gekommen, daß die in Rede stehenden Öle minderwertiges Material darstellten. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die von ihm exportierten Waren seien nicht analysiert worden, es sei kein Beweis erbracht worden, daß die von ihm exportierten Waren "unecht" wären, sei folgendes entgegenzuhalten: Schon im Bericht über die abgabenbehördliche Prüfung werde ausgeführt, daß Aurela-Parfumöle beschlagnahmt worden seien, und würden Aussagen über deren Wert getroffen. Wenn der Beschwerdeführer behaupte, die Behörde habe ihm trotz mehrmaliger Aufforderungen die Vorlage und Einsichtnahme in die Analysezertifikate verweigert, sei dem entgegenzuhalten, daß dieser Vorwurf nicht konkretisiert worden sei; dem Beschwerdeführer wäre es freigestanden, an die Technische Untersuchungsanstalt oder an das betreffende Institut der Universität Wien eine entsprechende Anfrage zu richten. Den Nachweis der Verweigerung in die Einsicht der Analysezertifikate durch diese Einrichtungen habe der Beschwerdeführer nicht erbracht. Die belangte Behörde gehe davon aus, daß die Firma Intertrade die Waren bei der Firma BM in S per Lieferadresse Montevideo gekauft habe. In Montevideo seien die Waren eingelagert und sodann wieder nach Österreich verschickt worden. Als Empfänger scheine HU auf, der sodann an die F-GmbH fakturiert habe. Die F-GmbH habe die Ware u.a. an die U-GmbH und an die Firma EL verkauft. Die U-GmbH und die Firma EL hätten sich verschiedener Exporteure, u.a. des Beschwerdeführers, bedient, die sodann an die Firmen Montex Ltd., Metrics, etc. verkauft hätten. Die Waren seien sodann wieder nach Montevideo verschickt worden. Von dort seien sie in der Folge wieder über HU an die F-GmbH geliefert worden. Da die Produkte in keiner Weise hinsichtlich ihrer Herkunft oder ihres Inhaltes spezifiziert seien, bleibe für die Betrachtung nur der Verkaufspreis. Die Verkaufspreise von S 70.000,-- bis S 130.000,-- pro Liter ließen auf außerordentlich wertvolle Öle schließen, tatsächlich seien jedoch wertlose Mischungen (Wert der Zutaten zwischen S 50,-- und S 500,--) geliefert worden.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalten und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behöre legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 77/388/EWG muß der Steuerpflichtige, um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, eine nach Art. 22 Abs. 3 ausgestellte Rechnung besitzen.

Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie lautet auszugsweise:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"a)
Jeder Steuerpflichtige hat für die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen, die er an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt, eine Rechnung oder ein an deren Stelle tretendes Dokument auszustellen. ...
b)
Die Rechnung muß getrennt den Preis ohne Steuer und den auf die einzelnen Steuersätze entfallenden Steuerbetrag sowie gegebenenfalls die Steuerbefreiung ausweisen.
c)
Die Mitgliedsstaaten legen die Kriterien fest, nach denen ein Dokument als Rechnung betrachtet werden kann."

Art. 22 Abs. 3 lit. c überläßt den Mitgliedsstaaten die Aufstellung der Kriterien, nach denen ein Dokument als Rechnung betrachtet werden kann. Diese Befugnis muß im Einklang mit einem der Ziele der Richtlinie ausgeübt werden, das darin besteht, die Erhebung der Mehrwertsteuer und ihre Überprüfung durch die Steuerverwaltung sicherzustellen (vgl. die und 330/87, Jeunehomme und EGI, Slg. 1988, 4517, Rn 16 und 17, sowie vom , Rs C-141/96, Finanzamt Osnabrück-Land gegen Bernhard Langhorst, Slg. 1997, I-5073, Rn 17). Demnach können die Mitgliedsstaaten, um die genaue Erhebung der Mehrwertsteuer und ihre Überprüfung durch die Steuerverwaltung sicherzustellen, verlangen, daß die Rechnungen zusätzliche Angaben enthalten, sofern diese Angaben nicht durch ihre Zahl oder ihre technische Kompliziertheit die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (vgl. , Reisdorf, Slg. 1996, I-6257, Rn 24).

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbetrag abziehen.

Gemäß § 11 Abs. 1 UStG 1994 müssen Rechnungen u.a. (gemäß Z. 3) die Menge und handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung enthalten.

Erfüllen Rechnungen die Erfordernisse des § 11 UStG 1994 (etwa der handelsüblichen Bezeichnung der gelieferten Gegenstände) nicht, so sind die Voraussetzungen für die Anerkennung des Vorsteuerabzuges (noch) nicht erfüllt (vgl. für viele die hg. Erkenntnisse vom , 96/13/0117, und vom , 96/13/0178). Die Möglichkeit der Berichtigung der Rechnungen ist jedoch jederzeit gegeben.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Rechnungen keine handelsübliche Bezeichnung aufwiesen.

Als handelsübliche Bezeichnung kann jede im allgemeinen Geschäftsverkehr für einen Gegenstand allgemein verwendete Bezeichnung angesehen werden.

Es trifft zu, daß der angefochtene Bescheid jegliche (über die Behauptungsebene hinausgehenden) sachverhaltsmäßigen Feststellungen vermissen läßt, aus denen sich ergäbe, daß die in den Rechnungen verwendeten Bezeichnungen nicht solche seien, die für die gelieferten Waren allgemein im Geschäftsverkehr verwendet werden. Aus diesem Grund vermögen die - anders als im hg. Erkenntnis vom , 96/13/0117, ausdrücklich bestrittenen - Ausführungen der belangten Behörde, die Rechnungen erfüllten nicht die Voraussetzung des § 11 Abs. 1 Z. 3 USTG 1994, den angefochtenen Bescheid nicht zu stützen.

Der Vorsteuerabzug hat zur Voraussetzung, daß über die tatsächlich erbrachte Leistung eine Rechnung im Sinn des § 11 UStG 1994 gelegt worden ist (vgl. Kolacny/Mayer, UStG 1994, § 12 Anm. 2). Es muß also die Lieferung erfolgt sein und eine Rechnung vorliegen, in der die tatsächlich gelieferten Gegenstände ausgewiesen sind. Das Gesetz normiert die entsprechende Bezeichnung der Ware in der Rechnung, um die Erhebung der Mehrwertsteuer und die Überprüfung des Vorsteuerabzuges durch die Abgabenbehörde sicherzustellen (vgl. sinngemäß das hg. Erkenntnis vom , 97/14/0138).

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, der Vorsteuerabzug stünde ihm, weil er die Ware bezahlt habe, auch dann zu, wenn eine andere Ware geliefert worden wäre als in der Rechnung ausgewiesen ist, verkennt er sohin die Rechtslage. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer tatsächlich den vollen Rechnungsbetrag (oder allenfalls nur den Umsatzsteuerbetrag abzüglich einer Provision) geleistet hat.

Aus dem gesetzlichen Erfordernis der Übereinstimmung von tatsächlich gelieferter und in der Rechnung ausgewiesener Ware ergibt sich sodann folgendes: Selbst wenn die auf den Rechnungen ausgewiesene Bezeichnung der jeweils gelieferten Ware eine handelsübliche Bezeichnung für - wie sich aus diesen Rechnungen ergibt - hochwertige Parfumöle wäre, könnte der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie bei der tatsächlichen Lieferung von weitgehend wertlosen Produkten (bei denen es sich aufgrund ihrer Minderwertigkeit geradezu offensichtlich um anders geartete Produkte als in den Rechnungen ausgewiesen handelt) von der Lieferung eines "aliud" und somit von einer fehlenden Übereinstimmung zwischen Rechnung und gelieferter Ware ausgehen durfte.

Aufgrund der vom Lieferanten gewählten Art der Bezeichnung der Liefergegenstände kommt es sohin im Beschwerdefall entscheidend auf den (inhaltsbestimmenden) Wert der Lieferungen an.

In diesem Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe ihm das Gutachten des Univ. Prof. Dr. B der Universität Wien und jenes der Technischen Untersuchungsanstalt der Bundesfinanzverwaltung nicht zur Kenntnis gebracht und diesbezüglich keine Akteneinsicht gewährt. Bei entprechender Einhaltung der Verfahrensvorschriften hätte er nachweisen können, daß die in diesem Gutachten untersuchten Stoffproben nicht von den von ihm gelieferten Waren stammten. Er bestreite, daß die von ihm gelieferten Parfumessenzen minderwertig oder Billigprodukte gewesen seien.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer einen relevanten Verfahrensfehler auf:

Aus der Begründung eines Bescheides muß u.a. hervorgehen, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade der festgestellte Sachverhalt vorliegt (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, § 93 Tz 12, und das hg. Erkenntnis vom , 94/13/0200).

Die Feststellungen über den Wert der Ware werden im angefochtenen Bescheid auf die Untersuchungen der Technischen Untersuchungsanstalt der Bundesfinanzverwaltung und das Gutachten des Univ. Prof. Dr. B. vom Institut für pharmazeutische Chemie der Universität Wien gestützt. Die Beurteilung durch die Technische Untersuchungsanstalt der Finanzverwaltung, auf die sich die belangte Behörde beruft, enthält keinen Befund, nicht einmal eine Erläuterung, welche Gegenstände der Untersuchung unterzogen worden sind. Aus dieser Beurteilung der Technischen Untersuchungsanstalt kann aber auch nicht abgeleitet werden, aufgrund welcher fachmännischen Schlüsse das Ergebnis erzielt worden ist, daß (ausschließlich) billige Parfumbasisöle verwendet worden seien.

Ein Gutachten stellt die fachmännische Beurteilung von Tatsachen dar. Es muß einen Befund, also die Erhebung der Tatsachen nennen; ein Gutachten, aus dem weder die zugrundegelegten Tatsachen noch wie sie beschafft wurden, erkennbar ist, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 88/18/0210). Für die Beurteilung durch die Technische Untersuchungsanstaltung der Bundesfinanzverwaltung trifft dies zu.

Demgegenüber erfüllt das Gutachten des Univ. Prof. Dr. B. vom Institut für pharmazeutische Chemie der Universität Wien die vorgenannten Voraussetzungen. Dieses Gutachten ist aber unbestritten dem Beschwerdeführer entgegen der Vorschrift des § 183 Abs. 4 BAO nicht vor Erlassung des angefochtenen Bescheides zur Kenntnis gebracht worden. Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, es wäre dem Beschwerdeführer freigestanden, von sich aus eine entsprechende Anfrage an das betreffende Institut der Universität Wien zu richten, lassen erkennen, daß die belangte Behörde in eklatanter Weise die Vorschriften des Verfahrensrechtes mißachtet hat. Es wäre nämlich ihre Sache gewesen, dem Beschwerdeführer Kenntnis vom vollständigen Ergebnis der Beweisaufnahme zu verschaffen. Die Relevanz des Verfahrensfehlers kann aufgrund des entsprechenden Beschwerdevorbringens nicht ausgeschlossen werden.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.