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VwGH vom 20.04.1998, 98/17/0090

VwGH vom 20.04.1998, 98/17/0090

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des H, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IVW3-BE-535-2/4-97, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung in Angelegenheiten Kanaleinmündungsabgabe (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit dem im Instanzenzug innerhalb der Gemeinde ergangenen undatierten Berufungsbescheid mit der Zl. 1070/95 hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Kanaleinmündungsabgabenbescheid vom nicht Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zunächst an der Adresse X, Hauptstraße 44, durch Hinterlegung beim Zustellpostamt am zugestellt. Beginn der Abholfrist war der . Die Sendung wurde nicht behoben. Nachdem die Sendung der mitbeteiligten Gemeinde mit dem Vermerk "nicht behoben" zurückgestellt worden war, veranlaßte diese die neuerliche Zustellung des Berufungsbescheides an die Abgabestelle 1050 Wien, F-Gasse 33. Der Zustellversuch erfolgte am . Die Sendung wurde beim Postamt 1050 Wien hinterlegt. Beginn der Abholfrist war der .

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am (Datum des Postaufgabevermerkes) Vorstellung.

Mit Schreiben vom hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor, daß der Berufungsbescheid am durch Hinterlegung beim Postamt X zugestellt worden sei. Die zweiwöchige Frist zur Erhebung einer Vorstellung hätte an diesem Tag zu laufen begonnen, worauf auch in der Rechtsmittelbelehrung hingewiesen worden sei. Die Vorstellungsfrist sei demnach am abgelaufen und die am zur Post gegebene Vorstellung somit verspätet.

Der Beschwerdeführer teilte hiezu mit, daß er (erst) am die Benachrichtigung über die Hinterlegung des Schriftstückes im Briefkasten in X vorgefunden habe und daß der Gemeinde bekannt sei, daß an ihn adressierte Schreiben an seine Wiener Wohnanschrift zu schicken seien. Aufgrund der am in Wien übernommenen Sendung sei die mit eingebrachte Berufung rechtzeitig.

Die mitbeteiligte Gemeinde legte über Ersuchen der belangten Behörde den entsprechenden Rückschein über die Zustellung an der Adresse in 1050 Wien vor und führte aus, daß jedenfalls die Zustellung an der Wiener Adresse vorgenommen worden sei, "nachdem der Zustellversuch in X erfolglos war".

Die belangte Behörde hielt nunmehr auch diesen Sachverhalt (die Zustellung an der Adresse 1050 Wien, F-Gasse 33, am mit Hinterlegung beim Zustellpostamt 1050 Wien und Beginn der Abholfrist am ) dem Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer teilte hiezu mit, daß auf dem Formular betreffend die Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes unter anderem angeführt sei, daß die Hinterlegung grundsätzlich als Zustellung gelte. Aus der Tatsache, daß das Entleeren eines Briefkastens aus verschiedenen Gründen nicht immer täglich erfolge und das Abholen eines hinterlegten Schriftstückes - der Inhalt sei zunächst nicht bekannt und müsse nicht immer mit Terminen verbunden sein - auch nicht immer umgehend möglich sei, bringe eine fristgerechte Erledigung möglicherweise Probleme. Daher werde auch seitens des Gerichtes mit dem Tag der Übernahme eines Schriftstückes der Beginn von Fristen zur Erledigung anerkannt. Aufgrund der Folgen eines Unfalles sei dem Beschwerdeführer eine promptere Erledigung in dieser Angelegenheit nicht möglich gewesen.

Die belangte Behörde wies die Vorstellung als verspätet zurück und begründete dies unter Hinweis auf § 17 Abs. 3 Zustellgesetz. Gemäß § 17 Abs. 3 zweiter und dritter Satz Zustellgesetz gälten hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tag der Abholfrist und nicht etwa mit dem Tag der Abholung als zugestellt. An diesem Ergebnis könne auch der Hinweis darauf, daß das Entleeren eines Briefkastens aus verschiedenen Gründen nicht immer täglich erfolge, nichts ändern. Andernfalls stünde es im Belieben des Empfängers, eine hinterlegte Sendung nicht abzuholen und dadurch den Eintritt der Wirksamkeit der Zustellung durch Hinterlegung zu verhindern. Hingewiesen wird auch darauf, daß gemäß § 17 Abs. 3 vierter Satz Zustellgesetz bei hinterlegten Sendungen auch unter der Voraussetzung, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, die Zustellung nicht (erst) mit dem Tag der Abholung vom Postamt, sondern bereits an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte, wirksam werde.

Die belangte Behörde geht grundsätzlich schon von der Wirksamkeit der Zustellung am aus, führt aber ergänzend aus, daß auch dann, wenn diese Zustellung vom nicht wirksam gewesen sein sollte, jedenfalls die Zustellung durch Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist am an der Adresse 1050 Wien wirksam wäre und diesfalls die zweiwöchige Vorstellungsfrist am abgelaufen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer sei im Jahre 1995 durch einen Verkehrsunfall längere Zeit im Krankenhaus gewesen. Er sei in seiner körperlichen Integrität immer wieder erheblich beeinträchtigt gewesen, sodaß er "durch Krücken unterstützt tageweise am Verlassen der Wohnung verhindert" bzw. "zum Zeitpunkt der Zustellung an die Wiener Adresse aufgrund der Folgen seines Unfalles an der sofortigen Abholung der hinterlegten Sendung am 14. und verhindert" gewesen sei.

Die Zustellung sei daher nicht rechtswirksam erfolgt.

Durch die Rückkehr gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz des Beschwerdeführers während der Abholfrist sei ihm die hinterlegte Sendung durch das Abholen der Sendung bei der Post am im Sinne des § 7 Zustellgesetz tatsächlich zugekommen und hätte daher die belangte Behörde davon ausgehen müssen, daß die 14-tägige Vorstellungsfrist am noch nicht abgelaufen gewesen sei.

Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften wird die Verletzung der Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG gerügt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Es kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob die Wohnung des Beschwerdeführers in X eine Abgabestelle im Sinne des § 4 Zustellgesetz war.

Wie sich aus den folgenden Überlegungen ergibt, war die von den Gemeindebehörden veranlaßte Zustellung an der Adresse 1050 Wien, F-Gasse 33, eine Zustellung, die gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz am wirksam wurde.

Auch der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er sich zum Zeitpunkt der Vornahme des Zustellversuches an dieser Abgabestelle aufgehalten hat. Er sieht offenbar in dem Umstand, daß er im Zeitraum, in dem die Zustellung versucht wurde bzw. an den ersten beiden Tagen der Abholfrist "durch Krücken unterstützt tageweise am Verlassen der Wohnung verhindert" gewesen sei, einen der Ortsabwesenheit im Sinne des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz gleichkommenden Umstand.

§ 17 Abs. 3 Zustellgesetz lautet:

(3) Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte."

Der - nunmehr rechtsfreundlich vertretene - Beschwerdeführer übersieht somit, daß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz eine Ausnahme von der grundsätzlichen Wirksamkeit einer Hinterlegung nur für den Fall der Ortsabwesenheit des Empfängers vorsieht. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, daß er an der Abholung der hinterlegten Sendung gehindert war, so könnte dieser Umstand allenfalls einen Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 71 AVG begründen (wobei nach dem Beschwerdevorbringen auch das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes als wenig wahrscheinlich anzusehen ist, hat doch der Beschwerdeführer die hinterlegte Sendung bereits zwei Tage nach Beginn der Abholfrist behoben, sodaß aus dem bisherigen Vorbringen nicht ersichtlich ist, durch welches unvorhergesehene Ereignis der Beschwerdeführer gehindert gewesen wäre, die zweiwöchige Berufungsfrist einzuhalten). An der Gesetzmäßigkeit der am vorgenommenen und mit gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz wirksam gewordenen Zustellung an der Adresse 1050 Wien, F-Gasse 33, ändert auch das Vorbringen des Beschwerdeführers nichts. Der Beschwerdeführer hat mit diesem nicht dargetan, daß er - im Sinne des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz - an der Wahrnehmung des Zustellvorganges gehindert gewesen wäre. Die Anwendung des § 17 Abs. 3 vierter Satz Zustellgesetz für die Bestimmung des Beginns des Laufes der Berufungsfrist kommt daher nicht in Betracht. Der Fristenlauf hat vielmehr gemäß § 17 Abs. 3 dritter Satz Zustellgesetz mit dem Beginn der Abholfrist begonnen. Daran kann auch der - möglicherweise auf einer Verkennung der Judikatur beruhende - Hinweis im Verwaltungsverfahren auf eine allfällige andere Auslegung durch Gerichte nichts ändern (der Beschwerdeführer differenziert offenkundig nicht zwischen dem Fall der Ortsabwesenheit und dem Fall der Anwesenheit, bei dem ein Hindernis vorliegt, die Sendung abzuholen; die von ihm - im übrigen auch nicht näher zitierten - im Verwaltungsverfahren angesprochenen Gerichtsentscheidungen betreffen wohl Fälle der Heilung nach § 7 Zustellgesetz; da im Beschwerdefall die Zustellung aber ohne Zustellmangel erfolgte, liegt kein Fall des § 7 vor, was auch in der Beschwerde übersehen wird; vgl. im übrigen die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I. Band, 1984, zu § 17 Zustellgesetz wiedergegebenen Erkenntnisse des OGH, denen keine Aussage in der vom Beschwerdeführer angenommenen Richtung entnommen werden kann).

Soweit in der Beschwerde die Verletzung der Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG gerügt wird, ist zu dem entsprechenden § 91a NÖ AO 1977 darauf hinzuweisen, daß die Behörden bei Einräumung des Parteiengehörs nicht gehalten sind, der Partei Anleitungen dahingehend zu erteilen, bei welchem Sachvorbringen eine für sie günstige Entscheidung zu erwarten wäre.

Das Beschwerdevorbringen ist somit nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.