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VwGH vom 28.06.2006, 2002/13/0175

VwGH vom 28.06.2006, 2002/13/0175

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel LL.M., über die Beschwerde der V GmbH in W, vertreten durch Krömer & Nusterer, Rechtsanwälte Partnerschaft in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. RV/129-06/2002, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag 1997 bis 2000, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung hinsichtlich der lohnabhängigen Abgaben für die Jahre 1997 bis 2000 wurde im Prüfungsbericht vom die Feststellung getroffen, dass die Geschäftsführerbezüge des zu 25% an der beschwerdeführenden GmbH beteiligten Mag. Z. "mit 4,5% DB u. 5,3‰ bzw. im Jahr 2000 mit 5,2‰" nachzuversteuern seien.

Das Finanzamt setzte den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sowie den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag den Prüfungsfeststellungen entsprechend mit Bescheid vom für den Zeitraum bis fest und zog dabei Geschäftsführerbezüge in Höhe von 307.500 S 1997), 315.000 S 1998), 410.000 S 1999) und 300.000 S 2000) in die jeweiligen Bemessungsgrundlagen mit ein.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde ausgeführt, dass Mag. Z. seit 1992 Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei. Ab September 1995 sei er auch Alleingesellschafter der GmbH gewesen. Per habe er jedoch sämtliche Anteile an der Beschwerdeführerin verkauft und sei erst ab wieder mit einem Anteil von 25% Gesellschafter der Beschwerdeführerin.

Mag. Z. sei nicht Dienstnehmer der Beschwerdeführerin. Er übe seine Tätigkeit als Geschäftsführer vielmehr auf Grund von jeweils auf ein Jahr begrenzten Werkverträgen aus. Das "vereinbarte Werk" bestehe in der Sanierung der Gesellschaft. Der Geschäftsführer habe 1996 seine Anteile abgegeben, um einen kompletten Ausstieg aus der Gesellschaft in die Wege zu leiten und sich anderen Bereichen zu widmen. Da es jedoch nicht gelungen sei, auch "die persönlichen Haftungen abzugeben", sei die Geschäftsführung mit jährlichen Verträgen weiter geführt worden. Um auch als Gesellschafter Einfluss auf die Gesellschaft ausüben zu können, habe Mag. Z. im Jahr 2000 schließlich wieder 25% der Gesellschaftsanteile erworben.

Wie den vorgelegten Werkverträgen entnommen werden könne, liege ein Dienstverhältnis nicht vor. Mag. Z. sei an keine Arbeitszeit gebunden. Es bestehe weder eine Weisungsgebundenheit noch sei der Geschäftsführer in den Betrieb der Gesellschaft eingegliedert. Zudem bestehe ein deutlich ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis, weil sich sein Honorar bei nicht entsprechendem Erfolg bis auf Null reduziere. Dieser Fall sei im Wirtschaftsjahr 1999/2000 auch tatsächlich eingetreten. Die Bezüge seien in unregelmäßigen Beträgen wie folgt ausgezahlt worden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kalenderjahr 1996
87.500 S
Kalenderjahr 1997
28.000 S
Kalenderjahr 1998
35.000 S
Kalenderjahr 1999
60.000 S
Kalenderjahr 2000
300.000 S

Gemäß § 41 FLAG sei der Dienstgeberbeitrag nach der Summe der Arbeitslöhne zu bemessen. Darunter fielen nur die dem Arbeitnehmer zugeflossenen Einnahmen. Im Beschwerdefall seien nur die in der Berufung angeführten Beträge zugeflossen. Die Bemessungsgrundlagen laut Bescheid könnten von der Beschwerdeführerin nicht nachvollzogen werden. Es werde daher beantragt, die Geschäftsführerbezüge mangels Dienstnehmereigenschaft des Mag. Z. nicht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag einzubeziehen. Für den Fall der Beurteilung als Dienstverhältnis werde beantragt, die genannten Lohnabgaben auf Basis der ausbezahlten Beträge zu berechnen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der anzuwendenden Bestimmungen des FLAG und des EStG wird sachverhaltsbezogen ausgeführt, dass den jährlich abgeschlossenen Verträgen die Vereinbarung eines bestimmten Erfolges oder eines abzuwickelnden konkretes Projektes fehle.

In § 1 werde der Vertragsgegenstand nämlich wie folgt umschrieben:

"Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer mit den Geschäftsführungstätigkeiten der Gesellschaft im Rahmen des im Gesellschaftsvertrages festgelegten Unternehmensgegenstandes. Der Auftragnehmer hat die Geschäftsführung der Gesellschaft unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften zu erledigen.

Ausdrücklich wird festgehalten, dass der Auftragnehmer über die Krisensituation der Gesellschaft informiert ist und es wird als vorrangige Aufgabe der Geschäftsführungstätigkeit die Sanierung des Unternehmens erklärt."

Die Sanierung eines Unternehmens stelle keinen bestimmten Erfolg dar, weil nicht festgelegt worden sei, in welchem Zeitraum und zu welchem Preis die Beschwerdeführerin "aus den roten Zahlen" zu führen sei. Auch sehe die Honorarvereinbarung vor, dass der Geschäftsführer bei einem "EGT bis öS 360.000,00 ein Honorar in Höhe des EGT" erhalte.

Dass der Geschäftsführer vertraglich an keine feste Arbeitszeit gebunden sei, stelle kein Indiz für das Vorliegen eines Werkvertrages dar, da ein Tätigwerden nach den zeitlichen Gegebenheiten eine Eingliederung in den Unternehmensorganismus zum Ausdruck bringe, was dem Vorliegen eines Werkvertragsverhältnisses zuwiderlaufe.

Das Fehlen eines Urlaubsanspruches und die Möglichkeit, sich vertreten zu lassen, könnten es gleichfalls nicht rechtfertigen, von einer selbständigen Tätigkeit des Geschäftsführers auszugehen.

Was die Frage der Weisungsgebundenheit anlange, sei zu bemerken, dass die Berufung selbst davon gesprochen habe, Mag. Z. habe im Jahr 2000 Gesellschaftsanteile zurückgekauft, um Einfluss auf die Gesellschaft ausüben zu können. Daraus sei zu schließen, dass der Geschäftsführer als nicht an der Gesellschaft Beteiligter sehr wohl einem persönlichen Weisungsrecht unterlegen sei, das er durch den "Wiedererwerb von Anteilen zu umgehen versucht".

Zur Frage des Unternehmerwagnisses sei zu sagen, dass die in der Berufung angegebenen Zahlen nicht nachvollziehbar seien. Die Lohnsteuerprüfung habe auf Grund der Buchhaltung der Beschwerdeführerin die im Prüfungsbericht wiedergegebenen "Zuflüsse an den Geschäftsführer" festgestellt, wobei "die Richtigkeit der Buchhaltung von der Bw. nicht bestritten wurde".

Gegen das Objektivierungserfordernis des in Rede stehenden Werkvertrages spreche ferner der Umstand, dass dem Geschäftsführer die Verwendung eines firmeneigenen PKW ab Mai 1999 auch für private Zwecke eingeräumt worden sei. Mag. Z. habe zwar einen Kostenersatz in Höhe von 150.000 S geleistet, doch sei "die Art der Gestaltung - es steht davon nichts im vorgelegten 'Werkvertrag', der mit 'Geschäftsführungsauftrag' betitelt ist", nicht fremdüblich.

Auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 97/13/0169, berufe sich die Beschwerdeführerin zu Unrecht, weil darin zum Ausdruck komme, dass es auf die Frage der Regelmäßigkeit der Auszahlungen nicht entscheidend ankomme. Auch habe der Geschäftsführer die Reisekosten - wie aus der Verwendung eines firmeneigenen PKW zu ersehen sei - nicht selbst getragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ein Dienstverhältnis liegt nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Für die Frage nach dem Bestehen eines Dienstverhältnisses kommt es nicht auf die von den Vertragspartnern gewählte Bezeichnung als Dienstvertrag oder als Werkvertrag an. Vielmehr sind die tatsächlich verwirklichten vertraglichen Vereinbarungen entscheidend (vgl. mit weiteren Nachweisen das hg. Erkenntnis vom , 2000/13/0046).

Ob ein Geschäftsführer seine Arbeitskraft im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 schuldet, ist damit allein auf Grund des zwischen dem Geschäftsführer und der GmbH bestehenden schuldrechtlichen Verhältnisses zu beurteilen.

Die für das Vorliegen von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wesentliche Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schon dann gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Vor diesem Hintergrund spricht weder der Umstand, dass die Geschäftsführerverträge jeweils auf ein Jahr befristet waren, noch die Bezugnahme auf die vorrangige Aufgabenstellung des Geschäftsführers im Bereich der Unternehmenssanierung gegen die Eingliederung des Geschäftsführers in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft (vgl. dazu auch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 2003/13/0018).

Das völlige Fehlen einer Weisungsunterworfenheit schließt im Allgemeinen ein Dienstverhältnis aus. Allerdings reicht es bei leitenden Angestellten aus, wenn sich die Weisungsgebundenheit auf die grundsätzliche Erfüllung der Leitungsaufgaben beschränkt. Weisungsunterworfenheit bedeutet, dass der Arbeitgeber durch individuell-konkrete Anordnungen das Tätigwerden des Dienstnehmers beeinflussen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/14/0219).

Die belangte Behörde hat eine Weisungsunterworfenheit des Geschäftsführers angenommen, weil - wie dem Berufungsvorbringen zu entnehmen sei - Mag. Z. durch den Erwerb von 25% der Anteile im Jahr 2000 Einfluss auf die Gesellschaft habe wiedergewinnen wollen. Daraus sei zu schließen, dass der Geschäftsführer als "nicht Beteiligter sehr wohl einem persönlichen Weisungsrecht unterlegen sei". Diese Begründung ist schon deshalb nicht schlüssig, weil die belangte Behörde auch nach dem Anteilserwerb von einer Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers ausgegangen ist.

Dazu kommt, dass dem angefochtenen Bescheid - ungeachtet des darin enthaltenen Vorwurfes der mangelnden "Fremdüblichkeit" der Vereinbarungen oder des Hinweises auf das "Objektivierungsgebot" - nicht zu entnehmen ist, dass die belangte Behörde einen von den abgeschlossenen "Geschäftsführungsaufträgen" abweichenden tatsächlichen Sachverhalt festgestellt hat.

Nach den in den Verwaltungsakten einliegenden Verträgen ist eine Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers aber ausdrücklich ausgeschlossen. In § 2 der jährlich neu abgeschlossenen Verträge findet sich die Vereinbarung, wonach der Auftragnehmer (gemeint Mag. Z.) "im Rahmen der Erledigung des Geschäftsführungsauftrages an keine Weisungen gebunden" sei. Er habe "unter eigener Verantwortung die Gesellschaft so zu leiten, wie das Wohl des Unternehmens unter Berücksichtigung der Interessen der Gesellschafter und der Arbeitnehmer sowie des öffentlichen Interesses es erfordert". Eine Auseinandersetzung mit diesen Bestimmungen der Geschäftsführerverträge enthält der angefochtene Bescheid nicht.

Insoweit die belangte Behörde daher von einer im Beschwerdefall vorliegenden Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers ausgeht, erweist sich der angefochtene Bescheid insgesamt als mangelhaft begründet.

Im Ergebnis zu Recht bemängelt die Beschwerde auch, dass die belangte Behörde bei Beantwortung der Frage, wie hoch die dem Geschäftsführer zugeflossenen Bezüge im Streitzeitraum waren, Verfahrensvorschriften verletzt hat. Im Berufungsverfahren war neben der Frage der grundsätzlichen Steuerpflicht auch die Höhe der Bemessungsgrundlagen strittig. Wie die dem Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag unterzogenen Geschäftsführerbezüge ihrer Höhe nach ermittelt wurden, war dem Prüfungsbericht nicht zu entnehmen. Dies wurde in der Berufung auch gerügt und zugleich die Behauptung aufgestellt, dass dem Geschäftsführer konkret genannte - wesentlich niedrigere - Bezüge ausbezahlt worden seien.

Ein Betrag ist gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 dann als zugeflossen anzusehen, wenn der Empfänger über ihn tatsächlich und rechtlich verfügen kann. Ist der Abgabepflichtige gleichzeitig Mehrheitsgesellschafter jener GmbH, die sein Schuldner ist, ist der Zufluss grundsätzlich anzunehmen, sobald die Forderung fällig ist, vorausgesetzt, dass die GmbH nicht zahlungsunfähig ist. Diese Sicht gebietet der beherrschende Einfluss des Mehrheitsgesellschafters der GmbH (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 93/14/0155, und vom , 95/13/0246).

Daraus folgt für den Fall eines an der Gesellschaft nicht beteiligten oder nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführers aber dass mit dem Hinweis auf die "Buchhaltung" der GmbH - wenn damit nach der Aktenlage lediglich die entsprechenden Aufwandskonten der Beschwerdeführerin angesprochen sind - noch nicht dargelegt ist, dass unbedenklich von einem entsprechenden Zufluss der Gelder ausgegangen werden konnte.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge wesentlicher Begründungsmängel gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am