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VwGH vom 11.08.1993, 93/13/0156

VwGH vom 11.08.1993, 93/13/0156

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführes Dr. Cerne, über die Beschwerde der T- AG in W, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl GA 7-1034/93, betreffend Abgabennachsicht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach der Beschwerde und dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens strittig, ob hinsichtlich eines der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom rechtskräftig vorgeschriebenen Säumniszuschlages in Höhe von S 748.296,-- mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid zu Recht eine beantragte Nachsicht nicht gewährt wurde. Unstrittig ist, daß die jeweils am fällig gewesenen Selbstbemessungsabgaben an Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (in Höhe von rund S 37,5 Mill) nicht entrichtet wurden.

Die Beschwerdeführerin vertritt den Standpunkt, daß im Hinblick auf ein zum bestehendes Guthaben ein Geldfluß nicht zu veranlassen gewesen wäre, weshalb es - bedingt durch einen (damaligen) Programmfehler der elektronischen Datenverarbeitungsanlage der Beschwerdeführerin - dazu gekommen sei, daß keine "Abgabenerklärungen (-meldungen)" erstattet worden seien. Mangels "Erklärung" hätten die Abgabenschulden nicht verbucht und in der Folge nicht mit dem Guthaben verrechnet werden können, was sich ungeachtet des Umstandes, daß angesichts des bestehenden Guthabens eine tatsächliche Zahlung nicht zu leisten gewesen wäre, formal als verspätete Abgabenentrichtung dargestellt hätte. Im Hinblick auf dieses Guthaben hätte die belangte Behörde eine Unbilligkeit der Einhebung nach der Lage des Falles zu Unrecht verneint.

Demgegenüber stützte die belangte Behörde ihre Ansicht, daß eine Nachsicht mangels Unbilligkeit nicht gerechtfertigt wäre, darauf, daß laut Kontoauszug zum relevanten Stichtag ein Rückstand von rund S 46,5 Mill bestanden hätte. Durch den angefochtenen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Abgabennachsicht beschwert und beantragt dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 236 Abs 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Die Beschwerdeführerin räumt ein, daß am auf ihrem Abgabenkonto ein RÜCKSTAND von rund S 46,5 Mill bestand. Dieser Rückstand hätte jedoch S 74 Mill strittige Körperschaftsteuer 1987 und S 16 Mill diesbezügliche Aussetzungszinsen enthalten. Da für beide Beträge am ein - bis zum noch nicht erledigtes - Ansuchen um Zahlungserleichterung eingebracht worden sei, wären die gebuchten S 90 Mill daher noch nicht fällig gewesen, sodaß sich unter Abzug dieses Betrages anstelle des erwähnten Rückstandes ein Guthaben von rund S 43,5 Mill ergeben hätte.

Mit diesem die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes begründenden Vorbringen unterliegt die Beschwerdeführerin jedoch ihrerseits einem Rechtsirrtum:

Gemäß § 210 Abs 1 BAO werden Abgaben unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe (§ 97) des Abgabenbescheides fällig. Für die Annahme, daß danach die angesprochene (strittige) Körperschaftsteuer 1987 und die angesprochenen Aussetzungszinsen nicht fällig gewesen wären, bietet das Beschwerdevorbringen keinen Anhaltspunkt. Die Beschwerdeführerin beruft sich vielmehr für ihre Behauptung, daß diese Abgaben nicht fällig gewesen wären, allein auf ein eingebrachtes (und zum noch nicht erledigtes) Ansuchen um Zahlungserleichterung. Nun wird jedoch durch die (fristgerechte) Einbringung eines Zahlungserleichterungsansuchens lediglich bewirkt, daß gemäß § 230 Abs 3 BAO bis zur Erledigung des Ansuchens Einbringungsmaßnahmen nicht gesetzt werden dürfen. Die einmal eingetretene Fälligkeit erfährt dadurch ebensowenig wie durch eine allenfalls erfolgende Bewilligung einer Zufristung nach § 212 BAO eine Änderung (vgl Stoll, BAO, Handbuch, S 501). Weder der Umstand, daß eine Abgabe strittig ist, noch der Umstand, daß die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Körperschaftsteuer für 1987 mit Bescheid vom klaglos gestellt wurde, ändert etwas daran, daß diese Abgabe und auch die in der Folge wieder gutgeschriebenen Aussetzungszinsen zwischenzeitig fällig gewesen waren. Von einem verrechenbaren Guthaben in Höhe von rund S 43,5 Mill im Sinne einer die Summe der Lastschriften übersteigenden Summe der Gutschriften zum Fälligkeitstag der eingangs erwähnten Selbstbemessungsabgaben geht die Beschwerdeführerin daher zu Unrecht aus.

Damit erweist sich aber sowohl die Ansicht, in Folge eines solchen "Guthabens" zum wäre eine Zahlung nicht zu leisten gewesen, als auch die Ansicht, die belangte Behörde wäre sachverhaltsbezogen unrichtigerweise von einem Rückstand auf dem Abgabenkonto ausgegangen und auch der aus der zuletzt angeführten Ansicht abgeleitete Vorwurf einer Verletzung von Verfahrensvorschriften durch diesbezüglich mangelndes Parteiengehör, als verfehlt.

Die belangte Behörde ist vielmehr nach Maßgabe des Sachverhaltes zu Recht davon ausgegangen, daß eine Einhebung eines Säumniszuschlages wegen Nichtentrichtung einer Abgabe spätestens am Fälligkeitstag nach Lage des Falles nicht unbillig ist, weil gegenständlich keine nicht alle Abgabepflichtigen gleich treffenden anormalen Belastungswirkungen vorliegen.

Im Hinblick auf den unter Punkt III A der Beschwerde hervorgehobenen Hinweis, daß sich die belangte Behörde ausschließlich mit der Frage der Unbilligkeit befaßt hätte, ist darauf zu verweisen, daß ein auf Nachsicht gerichtetes Ansuchen im Rahmen einer Rechtsentscheidung, somit ohne daß es zu einer Ermessensentscheidung kommt, zu erledigen ist, wenn eine Unbilligkeit nach Lage des Falles nicht vorliegt (vgl Stoll, aaO, S 583).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.