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VwGH vom 01.07.2003, 98/13/0184

VwGH vom 01.07.2003, 98/13/0184

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ginthör, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. Herbert Orlich, Rechtsanwalt in 1220 Wien, L. Bernsteinstraße 4-6/9/3a, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat II, vom , Zl. 15-95/1283/09, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1990 und 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betrieb einen Fußpflegesalon. Im Ergebnis einer abgabenbehördlichen Prüfung ihres Unternehmens ergingen für die Streitjahre - überwiegend nach Wiederaufnahme der betroffenen Abgabenverfahren - der Auffassung der Prüferin entsprechende Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide, gegen welche die Beschwerdeführerin Berufung erhob.

Gegen den angefochtenen Bescheid, mit welchem die Berufung von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen wurde, richtet sich die vorliegende Beschwerde, über welche der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

1. Abzugsfähigkeit von Honoraren an Familienangehörige:

Zu Tz 18 des Prüfungsberichtes erklärte die Prüferin von der Beschwerdeführerin aus Anlass der Renovierung des Geschäftslokales an Familienangehörige (Ehemann, Sohn, Tochter, Schwiegersohn) gezahlte Honorare als "gemäß § 20 EStG nicht abzugfähig", weil die Mitarbeit der Angehörigen lediglich im Rahmen eines rein familienhaften Verhältnisses erfolgt sei. Den von der Beschwerdeführerin bei den Betriebsausgaben für das Jahr 1991 unter dem Titel "Honorare Umbau" angesetzten Betrag in Höhe von S 39.800,-- schied die Prüferin bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen daher aus.

In der Berufung wurde die Ausscheidung der gezahlten Honorarbeträge für die Umbauarbeiten mit der Begründung bekämpft, dass Entgelte an Familienangehörige anzuerkennen seien, wenn sie "Fremdleistungen standhalten" könnten. Die Beträge seien an vier Familienmitglieder ausbezahlt worden und bewegten sich an der Untergrenze. Unterschriebene Belege seien schon im Prüfungsverfahren vorgelegt worden und würden erneut vorgelegt.

Die mit Mai, November und Dezember 1991 datierten Bestätigungsschreiben der Familienangehörigen der Beschwerdeführerin belaufen sich auf Beträge von dreimal S 10.000,-

- und einmal S 9.800,-- und nennen als Leistung "Umbauarbeiten im Fußpflegegeschäft", "Umsiedlung und Neuadaptierung des Geschäftes Fußpflege", "Renovierung der Fassade des Geschäftes" und "Arbeiten am Um- und Ausbau des Fußpflegegeschäftes".

Die abweisende Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes hiezu wurde mit dem Fehlen einer besonderen vertraglichen Verpflichtung und mit der erbrachten Leistung ausschließlich im Rahmen eines rein familienhaften Verhältnisses begründet, wobei zusätzlich auf die Übernahme des Unternehmens durch die Tochter der Beschwerdeführerin ab 1992 hingewiesen wurde.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde vorgebracht, dass die vier erwähnten Familienangehörigen durch ihre Arbeitsleistung wesentlich dazu beigetragen hätten, den Preis der Renovierungsarbeiten herabzusetzen. Dass diese Arbeitskräfte keine Entlohnung dafür verlangen dürften, sei nicht einzusehen. Die ausbezahlten Beträge hielten einem Fremdvergleich durchaus stand und seien nicht als familiäre Zuwendung anzusehen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides verwies die belangte Behörde auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Bedingungen einer Anerkennung vertraglicher Beziehungen zwischen nahen Angehörigen und vertrat die Auffassung, dass es an einer vertraglich gestalteten Leistungsbeziehung der Beschwerdeführerin zu ihren nahen Angehörigen gefehlt habe. In den Bestätigungen sei nur auf die Arbeiten verwiesen, nicht aber auch das stundenmäßige Ausmaß der Leistungen dokumentiert worden. Das Unterbleiben einer Dokumentation des stundenmäßigen Ausmaßes der Mitarbeit habe der Abgabenbehörde eine Beurteilung der Angemessenheit der Entgelte im Blickwinkel des Fremdvergleiches verwehrt. Der Auffassung der Prüferin, die Mitarbeit sei aus "reinen, im Familienrecht angesiedelten" Gründen erfolgt, sei beizupflichten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen für den Bereich des Steuerrechts nur als erwiesen angenommen werden und damit Anerkennung finden, wenn sie


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1.
nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen,
2.
einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und
3. auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären.
Auch die Erfüllung vertraglicher Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen muss diesen Anforderungen genügen (vgl. mit weiteren Nachweisen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 90/13/0169).
Diese in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen aufgestellten Kriterien haben ihre Bedeutung im Rahmen der - vom Verwaltungsgerichtshof nur auf ihre Schlüssigkeit zu prüfenden - Beweiswürdigung und kommen daher in jenen Fällen zum Tragen, in denen berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung bestehen (siehe zu diesem Thema insgesamt aus jüngster Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0300).
Der Grund für diese Anforderungen liegt zum einen darin, dass das zwischen Familienangehörigen typischerweise unterstellte Fehlen eines solchen Interessengegensatzes, wie er zwischen Fremden besteht, die Gefahr einer auf diesem Wege bewirkten willkürlichen Herbeiführung steuerlicher Folgen mit sich bringt, der im Interesse der durch § 114 BAO gebotenen gleichmäßigen Behandlung aller Steuerpflichtigen begegnet werden muss; zum anderen steht hinter den beschriebenen Kriterien für die Anerkennung vertraglicher Beziehungen zwischen nahen Angehörigen auch die Erforderlichkeit einer sauberen Trennung der Sphären von Einkommenserzielung einerseits und Einkommensverwendung andererseits. Helfen wie im Beschwerdefall Familienmitglieder bei einem Vorhaben im Betrieb des Angehörigen mit, dann tun sie dies im Regelfall in ihrer Freizeit und nicht aus rechtlicher Verpflichtung, sondern aus familiärer Solidarität. Entschließt sich der von seiner Familie unterstützte Betriebsinhaber dazu, seinen Angehörigen als Ausgleich für ihre Leistung etwas zukommen zu lassen, dann entspringt eine solche Zuwendung im Regelfall auch nicht einer rechtlichen Verpflichtung, sondern Beweggründen wie Dankbarkeit und Anstand. Die den unterstützenden Familienangehörigen solcher Art zugewendete "Gegenleistung" stellt beim Leistenden damit aber einen Akt der Einkommensverwendung dar, der bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens unberücksichtigt bleiben muss.
Dass im Beschwerdefall vom beschriebenen Regelfall typischer familienhafter Mitarbeit abweichende, schuldrechtlich exakt nachvollziehbare Leistungsbeziehungen im Sinne der zuvor genannten Anforderungen vorgelegen wären, konnte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ohne Rechtsirrtum verneinen. Die den Familienangehörigen der Beschwerdeführerin zugewandten Pauschalbeträge ließen keinerlei Beurteilung ihrer Fremdüblichkeit zu. Wenn die Beschwerdeführerin rügt, dass ihr das Fehlen von Stundenaufzeichnungen nicht vorgehalten worden sei, und vorbringt, sie hätte diesfalls nachträglich erstellte Stundenaufzeichnungen vorgelegt, muss ihr erwidert werden, dass mit nachträglich erstellten Stundenaufzeichnungen die Fremdüblichkeit einer vertraglichen Leistungsbeziehung zu ihren Angehörigen in der Abwicklung dieser Leistungsbeziehung ebenso nicht hätte bejaht werden können wie im - in der Beschwerde alternativ behaupteten - Fall der Vereinbarung einer bloßen Pauschalabgeltung.
2. Umsatz- und Ertragshinzuschätzungen:
Zu Tz 15 des Prüfungsberichtes wurde von der Prüferin ausgeführt, es sei an Hand einer Mengenrechnung für die Artikelgruppen Strümpfe und Schuhe festgestellt worden, dass für die Streitjahre trotz entsprechendem Wareneinsatz keine Erlöse aus dem Verkauf solcher Artikel erklärt worden seien. Unter Berücksichtigung der auf den Wareneingangsrechnungen vermerkten Verkaufspreise seien die umsatz- und ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlagen entsprechend zu erhöhen gewesen (um S 9.358,80 brutto für das Jahr 1990 und um S 5.233,20 für das Jahr 1991).
Zu Tz 16 des Prüfungsberichtes heißt es, dass die festgestellten Mängel der Losungsaufzeichnungen durch das gänzliche Fehlen eines Erlöses aus dem Verkauf von Strümpfen und Schuhen die bei der Überprüfung der erklärten Leistungserlöse an Hand einer kalkulatorischen Verprobung festgestellten Differenzen bestätigt hätten. Als Ausgangsbasis für die kalkulatorische Verprobung hätten die nach den Aufzeichnungen der Beschwerdeführerin vermerkten Arbeitstage und die von ihr niederschriftlich bekannt gegebenen Öffnungszeiten gedient. Ein Vergleich mit dem Kalender habe ergeben, dass mitunter ein Feiertagsdatum mit Losungssumme vermerkt und andererseits wieder der ein oder andere normale Wochentag ohne entsprechenden Vermerk ausgelassen worden sei. Die von der Prüferin zum Ansatz gebrachten Arbeitstage seien damit nicht nur um Urlaub, Krankenstand und Kur, sondern auch um sonstige Fehltage vermindert worden, wobei auch eine Stehzeit im Ausmaß von 30 % berücksichtigt worden sei. Nach Auskunft der Beschwerdeführerin habe sie im Prüfungszeitraum als Leistung lediglich eine komplette Pediküre angeboten, für welche ein durchschnittlicher Zeitaufwand von einer halben Stunde anzusetzen sei. Dementsprechend nahm die Prüferin eine kalkulatorische Erlösermittlung für die Streitjahre in der Weise vor, dass sie, von 180 Arbeitstagen zu je 8 Stunden im Jahr 1990 und von 187 Arbeitstagen zu je 8 Stunden im Jahr 1991 ausgehend,

1.440 Arbeitsstunden und somit 2.880 Leistungseinheiten für das Jahr 1990 sowie 1.496 Arbeitsstunden und somit

2.992 Leistungseinheiten für das Jahr 1991 unterstellte, die ermittelten Leistungseinheiten sodann mit einem Leistungsentgelt von 170 multiplizierte und 70 % des solcher Art ermittelten Produktbetrages als geschätzten Leistungserlös des jeweiligen Streitjahres ansetzte. Die auf diese Weise ermittelten Hinzuschätzungsbeträge belaufen sich brutto auf S 88.566,-- für das Jahr 1990 und auf S 98.328,-- für das Jahr 1991.

Einer im Zuge des Prüfungsverfahrens aufgenommenen Niederschrift vom über die Vernehmung der Beschwerdeführerin durch die Prüferin lassen sich folgende Sachverhaltsangaben der Beschwerdeführerin entnehmen:

Terminkalender habe sie keinen geführt. Es habe Laufkundschaft gegeben, die im Geschäft vorbeigekommen sei, um nachzusehen, ob die Beschwerdeführerin gerade Zeit habe, oder es sei ein Termin für den jeweiligen Tag vereinbart worden. Der Fußpflegesalon sei von Montag bis Freitag in der Zeit zwischen 08.00 Uhr und 12.00 Uhr sowie von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet gewesen. Im August, in der Zeit vom 24. Dezember bis 6. Jänner und im Falle von Fenstertagen sei der Betrieb geschlossen gewesen. Die von der Beschwerdeführerin angebotene Leistung habe ausschließlich in der Vornahme einer kompletten Pediküre zu S 180,-- bestanden, wobei der Zeitaufwand hiefür eine halbe Stunde betragen habe. Sonst seien keinerlei Leistungen angeboten worden und es habe die Beschwerdeführerin auch keine Hausbesuche durchgeführt, sie habe keine Mithilfe im Betrieb gehabt, sondern sei selbst voll tätig gewesen, wobei drei Kabinen zur Verfügung gestanden seien. Im Durchschnitt seien pro Tag etwa sieben bis acht Kunden zu betreuen gewesen. Weitere Unterlagen zu den aufgezeichneten Losungssummen gebe es nicht, die Beschwerdeführerin habe die Tageslosungssummen am Ende des Tages aus dem Gedächtnis oder an Hand des eingenommenen Betrages nach dem Kassastand ermittelt.

Dem Inhalt der im Rahmen des Prüfungsverfahrens vorgenommenen Aufzeichnungen der Prüferin kann entnommen werden, dass sich die von der Beschwerdeführerin dokumentierten Tageslosungen durch das von ihr angegebene Leistungsentgelt von S 180,-- verschiedentlich nicht teilen ließen.

In der Berufung wurde dazu vorgebracht, dass der "event."

Verkauf von Strümpfen und Schuhen für die Beschwerdeführerin immer nur ein Nebenerlös gewesen und "kaum" erfolgt sei. Die Beschwerdeführerin sei sicher, alle oder fast alle Strümpfe selbst verbraucht oder teilweise an die Tochter weitergegeben oder auch an gute Kunden als "Draufgabe" gegeben zu haben. Bei den Schuhen seien im Jahr 1990 13 Paar gekauft worden, worunter auch Holzsandalen seien, die die Beschwerdeführerin selbst verwendet habe. Teilweise seien diese Schuhe noch vorhanden. Zur Kalkulationsverprobung sei die Bemerkung vorauszuschicken, dass die Beschwerdeführerin im Betrieb allein tätig gewesen sei, sodass es ihr völlig frei gestanden sei, den Betrieb nach Belieben zuzusperren oder offen zu halten. Manchmal habe sie eine Leistung auch an einem Sonntag oder Feiertag erbracht und dafür an Wochentagen wieder geschlossen gehalten. Pro Öffnungstag habe die Beschwerdeführerin etwa 8 Kunden betreut, wobei die Behandlung zwischen drei Viertelstunden und einer vollen Stunde gedauert habe, weil es ja keine Abfertigung am Laufband gewesen, sondern dazwischen viel geredet worden sei. Eine Nachkalkulation auf der Basis von 180 Tagen für das Jahr 1990 und 187 Tagen für das Jahr 1991 mit einem Leistungsentgelt von S 170,-- und 8 Kunden pro Tag ergebe Erlösbeträge von S 244.800,-- für das Jahr 1990 und von S 254.320,-- für das Jahr 1991, welche unter den erklärten Beträgen lägen und diese deshalb als "richtig" erwiesen. Die Beschwerdeführerin könne sich nicht erklären, warum man ihren Angaben keinen Glauben schenke. Die Nachkalkulation der Prüferin gehe bei einem Tag von acht Stunden mit jeweils einer halben Stunde pro Kunden von 16 Kunden pro Tag aus und gelange mit einer völlig willkürlich angenommenen Stehzeit von 30 % zu einem Ergebnis von 11,2 Kunden pro Tag, was eher an die Vorgabe in einer kommunistischen Planwirtschaft erinnere. Darauf hinzuweisen sei, dass zufolge einer beigelegten ärztlichen Bestätigung über ein Wirbelsäulenleiden der Beschwerdeführerin diese nur vermindert arbeitsfähig gewesen sei.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung wurde darauf hingewiesen, dass die zum Verkauf gelangte Handelsware auf der Basis der von der Beschwerdeführerin festgestellten Warenbestände unter Berücksichtigung des von ihr in einer Aufstellung erfassten Eigenbedarfes ermittelt worden sei. Während etwa im Jahr 1990 insgesamt acht Paar Pantoffel eingekauft worden seien, fänden sich keine Erlöse aus dem Verkauf solcher Pantoffel, obwohl in den Inventuren keine Bestände ausgewiesen worden seien und auch kein Eigenbedarf erklärt worden sei. Dies bestätige die festgestellten Aufzeichnungsmängel, die sich auch daraus ergäben, dass die Beschwerdeführerin erklärt habe, die Tageslosungen nur aus dem Gedächtnis ermittelt zu haben. Zur Kalkulationsverprobung sei darauf hinzuweisen, dass von der Prüferin ohnehin nur die Arbeitstage und Arbeitsstunden nach den Aufzeichnungen der Beschwerdeführerin herangezogen worden seien. Da die verbleibende Leistungszeit überdies um eine Stehzeit vermindert worden sei, sei die tägliche Leistungszeit ohnehin reduziert worden. Die Kalkulation basiere schließlich auf den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wird ausgeführt, dass die Pantoffel zum Teil noch immer vorhanden seien und dass die Beschwerdeführerin am Tagesende natürlich gewusst habe, wie viele Kunden bei ihr gewesen seien, weil ja nur einheitliche Behandlungen zum Fixpreis angeboten worden seien. Der Kalkulationsverprobung sei entgegen zu halten, dass die Beschwerdeführerin "immer von einer Behandlung von ca. einer Dreiviertelstunde oder einer vollen Stunde" und damit von etwa acht Kunden pro Tag gesprochen habe. Auf die Eigenschaft des Unternehmens der Beschwerdeführerin als Einpersonenbetrieb und auf die vielen Gespräche sowie die kurzfristigen Schließzeiten sei hinzuweisen.

Die belangte Behörde billigte in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Zuschätzungen der Prüferin und führte zur Frage der Schuhe und Strümpfe aus, dass die von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren erstatteten Behauptungen von ihr nicht dokumentiert worden seien. Dies gelte sowohl für die Behauptung eines Eigenbedarfs als auch für die Behauptung einer Zugabe der Waren an gute Kundschaften. Zur Kalkulation der Leistungserlöse sei der Beschwerdeführerin entgegen zu halten, dass sie im Beisein ihres steuerlichen Vertreters niederschriftlich erklärt habe, dass die Behandlung eine Zeitdauer von einer halben Stunde in Anspruch genommen habe, was das nunmehrige Vorbringen über die Behandlungsdauer nicht glaubhaft erscheinen lasse. Ungeachtet des Umstandes, dass der von der Beschwerdeführerin bekannt gegebene Satz für eine Pediküre in der Höhe von S 180,-- sich nicht als geeigneter Teiler für die angeblich aus dem Gedächtnis ermittelten Tageslosungen erwiesen habe, käme man bei Anstellung einer Relationsrechnung aus der von der Beschwerdeführerin angegebenen Behandlungsdauer von einer halben Stunde zu acht behandelten Kunden pro Tag zum Ergebnis erklärter Stehzeiten im Ausmaß von 48,09 % für das Jahr 1990 und von 49,33 % für das Jahr 1991. Solche Stehzeiten stünden aber zumal unter Berücksichtigung der Angaben der Beschwerdeführerin über das Vorhandensein von drei Behandlungskabinen in ihrem Betrieb nicht im Einklang mit den allgemeinen Erfahrungen des Wirtschaftslebens. Die von der Prüferin vorgenommene Nachkalkulation sei als geboten erschienen, zumal sie ohnehin auf der Basis der von der Beschwerdeführerin mitgeteilten produktiven Tage unter Ansatz einer Stehzeit im Ausmaß von 30 % schlüssig erstellt worden sei.

Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese nach § 184 Abs. 1 BAO zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Zu schätzen ist nach § 184 Abs. 2 BAO insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

Nach § 184 Abs. 3 BAO ist ferner zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

An der Schätzungsberechtigung aus dem Grunde einer inhaltlichen Unrichtigkeit der Aufzeichnungen der Beschwerdeführerin ist im Beschwerdefall schon deswegen nicht zu zweifeln, weil sich nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid die von der Beschwerdeführerin aufgezeichneten Tageslosungen durch das von ihr angegebene Leistungsentgelt pro behandeltem Kunden nicht teilen ließen, was im Kontext mit der Erklärung der Beschwerdeführerin, keine weiteren Leistungen erbracht zu haben, die aufgezeichneten Tageslosungen zwangsläufig als sachlich unrichtig erkennen ließ.

Nach ständiger Rechtsprechung hat die Behörde bei Vornahme der Schätzung aber auf alle substanziert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen des Abgabepflichtigen einzugehen und sich mit diesen Behauptungen auch dann auseinander zu setzen, wenn die Richtigkeit der Behauptungen erst durch weitere Erhebungen geklärt werden muss (siehe etwa die bei Ritz, Kommentar zur Bundesabgabenordnung2, § 184 Tz 20, angeführte Judikatur, ebenso wie etwa die hg. Erkenntnisse vom , 98/13/0194, und vom , 98/13/0061). In dieser Hinsicht zeigt die Beschwerdeführerin Mängel des vorliegenden Schätzungsverfahrens auf, bei deren Vermeidung das Ergehen eines im Ergebnis anders lautenden Bescheides nicht ausgeschlossen werden kann:

Der Hinzurechnung aus dem Titel eines Fehlens einer Erklärung von Erlösen aus dem Verkauf von Strümpfen und Schuhen hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren u.a. entgegengesetzt, die angeschafften Schuhe seien zum Teil tatsächlich noch vorhanden, während sie die angeschafften Strümpfe zum Teil ihrer Tochter (der Betriebsnachfolgerin) überlassen und auch besonders guten Kunden als "Draufgabe" gegeben habe. Die Übereinstimmung dieses Vorbringens der Beschwerdeführerin mit der Wirklichkeit wurde im Verwaltungsverfahren nicht geprüft, was die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid damit begründet hat, dass die von der Beschwerdeführerin behaupteten Vorgänge in den Aufzeichnungen ihres Unternehmens nicht dokumentiert worden seien. Diese Begründung rechtfertigt das Unterbleiben entsprechender Ermittlungen zu den von der Beschwerdeführerin aufgestellten Behauptungen aber nicht. Der mit dem angefochtenen Bescheid aufrecht erhaltenen Umsatz- und Ertragshinzurechnung unter diesem Titel liegt gedanklich die Annahme zu Grunde, die Beschwerdeführerin habe durch den Verkauf der betroffenen Waren Umsätze und Einnahmen erzielt. In dem Umfang, in welchem sich die Behauptungen der Beschwerdeführerin zu dieser Frage aber als wahr hätten erweisen lassen, hätte es den bekämpften Hinzurechnungen an einer sachlichen Rechtfertigung gefehlt. Nach Maßgabe des Berufungsvorbringens der Beschwerdeführerin wäre es an der belangten Behörde gelegen gewesen, sie zunächst zu einer Verdeutlichung ihres Vorbringens dahin aufzufordern, welche der in Rede stehenden Waren in welcher Anzahl tatsächlich noch vorhanden und wo vorzufinden oder welchen namentlich zu nennenden Kunden überlassen worden seien. Erst die Ergebnislosigkeit einer solchen Aufforderung oder der Aufnahme von der Beschwerdeführerin für ihre Behauptungen anzubietenden Beweise hätte die belangte Behörde dazu berechtigt, in Wahrnehmung ihrer Pflicht zur freien Beweiswürdigung der Beschwerdeführerin ihre diesbezüglichen Behauptungen nicht zu glauben und im Ergebnis einer solchen Beweiswürdigung rechtlich die erstinstanzlich vorgenommenen Hinzurechnungen aufrecht zu erhalten.

Der im angefochtenen Bescheid gebilligten Nachkalkulation der Prüferin lag zwar die von der Beschwerdeführerin angegebene Anzahl der produktiven Tage in den Streitjahren ebenso zu Grunde wie die von der Beschwerdeführerin angegebene Zeitdauer einer Behandlung mit einer halben Stunde; nicht jedoch stand die Darstellung der Prüferin, die Nachkalkulation auf der Basis der Angaben der Beschwerdeführerin vorgenommen zu haben, im Einklang mit der niederschriftlich beurkundeten Bekundung der Beschwerdeführerin, pro Arbeitstag etwa sieben bis acht Kunden behandelt zu haben. Eine Begründung dafür, weshalb diesen Angaben der Beschwerdeführerin über den durchschnittlichen Umfang der Kundenzahl pro Tag nicht zu folgen sei, wird erstmals im angefochtenen Bescheid mit der Begründung gegeben, diese Angabe der Beschwerdeführerin hätte auf der Basis eines Zeitaufwandes von einer halben Stunde pro Kunden Stehzeiten in einem Ausmaß zur Folge, welche zumal im Zusammenhang mit dem Vorhandensein von drei Behandlungskabinen mit den allgemeinen Erfahrungen des Wirtschaftslebens nicht im Einklang stünde. Dass die behördliche Feststellung über das Vorhandensein von drei Behandlungskabinen im Betrieb der Beschwerdeführerin auf deren eigenen Eingaben beruht, trifft zwar zu, die an diese Feststellung geknüpften Überlegungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides wären der Beschwerdeführerin aber vor Bescheiderlassung ebenso zur Kenntnis zu bringen gewesen wie die im angefochtenen Bescheid erstmals angestellten Überlegungen zum Widerspruch der von der belangten Behörde errechneten Stehzeiten zu den allgemeinen Erfahrungen des Wirtschaftslebens. Im Falle der Schätzung von Besteuerungsgrundlagen müssen der Partei vor Bescheiderlassung die Überlegungen und Schlussfolgerungen, die zum Schätzungsergebnis führen, nämlich zur Kenntnis gebracht werden (siehe ebenso die bei Ritz, a.a.O., referierte Judikatur sowie etwa die hg. Erkenntnisse vom , 96/15/0260, und vom , 91/13/0088, 0089). Handelte es sich im Übrigen beim Unternehmen der Beschwerdeführerin tatsächlich um einen im Wesentlichen auf Stammkunden zugeschnittenen Einpersonenbetrieb mit einer auf den gediegenen persönlichen Kontakt zu den Kunden zugeschnittenen Betriebsführung der von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren geschilderten Art, dann erwiese sich die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vorgenommene Stehzeitenberechnung als unschlüssig. Die von der Beschwerdeführerin angegebene Zeitdauer der Fußpflegebehandlung von einer halben Stunde mit jenem Zeitaufwand gleichzusetzen, der zwischen dem Betreten des Salons durch den Kunden und seiner Verabschiedung tatsächlich verstreicht, ließe sich mit der Lebenserfahrung nämlich nicht in Einklang bringen.

Es war der angefochtene Bescheid somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am