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VwGH vom 28.11.2002, 2001/13/0257

VwGH vom 28.11.2002, 2001/13/0257

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der Verlassenschaft nach H G, vertreten durch die erbserklärten Erben P G in W, F G in W, R G in W und W G in M, sämtliche vertreten durch Brandstetter, Pritz & Partner, Rechtsanwälte KEG in 1010 Wien, Herrengasse 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom , GZ. RV/280-15/01/2001, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1999, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die nach Einbringung der Beschwerde verstorbene G. (im Folgenden als Beschwerdeführerin bezeichnet) war kraft letztwilliger Verfügung ihres Anfang 1999 verstorbenen Ehemannes dessen Universalerbin und Fruchtgenussberechtigte hinsichtlich jener Liegenschaften, die der Erblasser im Legatswege seinen drei Söhnen und seiner Schwester (bzw. deren Söhnen) zugewendet hatte.

In der Einkommensteuererklärung für 1999 machte die Beschwerdeführerin bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dieser Liegenschaften - auf der Basis fiktiver Anschaffungskosten - Abschreibungen für Abnutzung (AfA) geltend.

Mit Schreiben vom hielt das Finanzamt der Beschwerdeführerin vor, Fruchtgenussberechtigten stünde grundsätzlich nur dann eine AfA zu, wenn sie als wirtschaftliche Eigentümer anzusehen seien, wofür die Einräumung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes erforderlich sei. Da aus den vorgelegten Amtsbestätigungen derartige Rechte der Beschwerdeführerin nicht ersichtlich seien, werde ersucht, deren Bestehen durch entsprechende Grundbuchsauszüge nachzuweisen.

In der Folge legte die Beschwerdeführerin drei zwischen ihr und ihren Söhnen geschlossene "Übereinkommen" vom vor, welche nach einem einleitenden Hinweis auf das Testament des verstorbenen Ehemannes in Pkt. I (übereinstimmend) lauten:

"Zur Bestärkung dieses Fruchtgenussrechtes verpflichtet sich Herr .... (der jeweilige Sohn) gegenüber seiner Mutter ... diese Liegenschaft zu ihren Lebzeiten weder zu belasten noch zu veräußern und räumt deshalb seiner Mutter das Belastungs- und Veräußerungsverbot gemäß § 364 c ABGB ein, womit sich seine Mutter ausdrücklich einverstanden erklärt."

Dessen ungeachtet versagte das Finanzamt bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 1999 der geltend gemachten AfA die steuerliche Anerkennung. Aus dem Testament des verstorbenen Ehemannes gehe eindeutig hervor, dass der Erblasser keine Veräußerungs- oder Belastungsverbote zugunsten der Beschwerdeführerin verfügt habe. Daher seien solche im Gegensatz zum Fruchtgenussrecht auch nicht im Grundbuch eingetragen worden. Erst mit Vereinbarungen vom seien hinsichtlich der drei an die Söhne der Beschwerdeführerin gegangenen Liegenschaften - offensichtlich in Reaktion auf den Vorhalt des Finanzamtes - Veräußerungs- und Belastungsverbote begründet worden. Die genannten Vereinbarungen seien als rückwirkende Parteienvereinbarungen bei der Veranlagung für das Jahr 1999 unbeachtlich, sodass eine AfA frühestens ab dem Jahr 2000 berücksichtigt werden könne.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und brachte vor, dass die Erhaltung der wirtschaftlichen Substanz im Sinne des Erblassers gewesen sei und eine Veräußerung oder Belastung der Liegenschaften damit nicht dem Willen des Erblassers entsprochen hätte. Darüber sei auch, vorerst ohne nach außen hin in Erscheinung zu treten, Übereinstimmung erzielt worden. Es sei der Wille aller Beteiligten gewesen, dass die Beschwerdeführerin "von Anbeginn wirtschaftliche Eigentümerin" der Liegenschaften werde. Dies sei durch entsprechende Parteienvereinbarungen vom mit Durchführung von Veräußerungs- und Belastungsverboten im Grundbuch dokumentiert worden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung keine Folge. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes komme einem schlichten Fruchtnießer keine AfA-Berechtigung zu. Nur in jenen Fällen, in denen der Fruchtgenussberechtigte als wirtschaftlicher Eigentümer der Liegenschaften anzusehen sei, habe er das Recht, eine Abschreibung geltend zu machen. Gegenständlich könne wirtschaftliches Eigentum der Beschwerdeführerin mangels entsprechender testamentarischer Verfügung des Erblassers (Einräumung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes) oder vertraglicher Vereinbarung der Beteiligten nicht festgestellt werden. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, ob es den Beteiligten klar gewesen sei, dass eine Veräußerung oder Belastung nicht im Sinne des Erblassers sei. Soweit mit dem Vorbringen eine früher geschlossene mündliche Vereinbarung, wonach eine Veräußerung oder Belastung zu unterbleiben habe, gemeint sein solle, sei darauf zu verweisen, dass eine solche zwischen nahen Angehörigen geschlossene Vereinbarung schon mangels Publizität nicht als erwiesen angenommen werden könne. Auch aus dem nicht näher ausgeführten Vorbringen, die Wertminderungen der Gebäude seien jedenfalls zu Lasten der Beschwerdeführerin zu verrechnen, sei für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen. Die Wertminderung des Gebäudes habe die Beschwerdeführerin im Streitzeitraum mangels Eigentümerstellung weder wirtschaftlich getroffen noch habe sie die zivilrechtlichen Eigentümer für die Wertminderung schadlos zu halten gehabt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und stellte im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung klar, dass sich ihre Berufung nur auf die Versagung der AfA hinsichtlich jener drei Liegenschaften beziehe, welche in das Eigentum der (eigenen) Kinder übergegangen waren.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies auch die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Weder der Inhalt des aktenkundigen Testaments und das dazu im Verlauf der mündlichen Verhandlung erstattete Vorbringen (zum "grundsätzlichen Sinn" des Testaments, der Beschwerdeführerin die Verfügungsberechtigung über die Liegenschaften zu verschaffen) noch die inhaltlich gleich lautenden Vereinbarungen vom könnten etwas daran ändern, dass der Beschwerdeführerin die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers im Sinne der (zuvor angeführten) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht zugekommen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die AfA für Wirtschaftsgüter, die mit einem Fruchtgenuss belastet sind, nicht dem Fruchtgenussberechtigten, sondern dem zivilrechtlichen Eigentümer zusteht, es sei denn, dass dem Fruchtnießer die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers zukommt. Die AfA soll nämlich dem Wertverzehr Rechnung tragen, welchen das Wirtschaftsgut bei seiner Verwendung zur Erzielung von Einkünften erfährt. Dieser Wertverzehr trifft aber den Eigentümer des Wirtschaftsgutes und nicht denjenigen, der wie der Fruchtnießer ein fremdes Wirtschaftsgut zur Einkunftserzielung verwendet, weshalb im Regelfall, wenn nicht besondere vertragliche Gestaltungen dem Fruchtnießer eine eigentümerähnliche Rechtsstellung verschaffen, dem Fruchtnießer die AfA nicht zusteht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 88/14/0009, und vom , 88/14/0062, mwN).

Wirtschaftlicher Eigentümer ist, wer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind (Gebrauch, Verbrauch, Belastung, Veräußerung), auszuüben in der Lage ist und zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluss von der Einwirkung auf die Sachen, auch gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer, d.h. auf die Zeit der möglichen Nutzung, geltend machen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 96/15/0151, mwN).

Die Beschwerde bringt dazu vor, im gegenständlichen Fall ergebe sich aus dem Testament der Wille des Erblassers, der Beschwerdeführerin wirtschaftliches Eigentum an den Liegenschaften einzuräumen. Sinn und Zweck des wechselseitigen Testamentes sei es gewesen, den jeweils überlebenden Ehegatten in seinen "wirtschaftlichen Einkommensverhältnissen" abzusichern. Dies folge daraus, dass sich die Eheleute wechselseitig zu Universalerben des gesamten Vermögens ohne jede Einschränkung eingesetzt hätten. Um bereits zu Lebzeiten die Vermögensverhältnisse "über unsere Generation hinaus" zu regeln, seien die drei Liegenschaften den Söhnen als Legat zugewendet und der Beschwerdeführerin das Fruchtgenussrecht an sämtlichen Liegenschaften eingeräumt worden. Verstärkt würde dieser Wille des Erblassers durch die Formulierung in Punkt II des Testaments, wonach das seiner Schwester (bzw. deren Kinder) eingeräumte Legat "eingeschränkt durch das Fruchtgenussrecht der Gattin ist." Daraus ergebe sich, dass der Erblasser nicht gewollt habe, dass die Beschwerdeführerin irgendwelchen Beschränkungen unterliegen solle und demnach auch ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zu Gunsten der Beschwerdeführerin intendiert gewesen sei, auch wenn der Erblasser dies nicht ausdrücklich angeordnet habe.

Wohl trifft es zu, dass bei der Auslegung unklarer letztwilliger Verfügungen der Erforschung des subjektiven Willens des Erklärenden größere Bedeutung beizumessen ist als bei Geschäften unter Lebenden (vgl. Koziol/Welser, Bürgerliches Recht, Band II11, S 440ff). Welche (undeutliche) Bestimmung des gegenständliches Testaments eine Auslegung im Sinne des Beschwerdevorbringens erlauben sollte, zeigt die Beschwerde jedoch nicht schlüssig auf. Insbesondere lässt sich der Formulierung "eingeschränkt durch das Fruchtgenussrecht der Gattin" nicht entnehmen, dass sich daraus eine über den schlichten Fruchtgenuss hinausgehende Beschränkung des Eigentumsrechtes ableiten ließe und der Beschwerdeführerin Befugnisse zustehen sollten, welche über die eines "bloßen" Fruchtgenussberechtigten hinausgingen. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführerin testamentarisch das Fruchtgenussrecht hinsichtlich sämtlicher Liegenschaften eingeräumt worden war, hat die rechtliche Position der Beschwerdeführerin hinsichtlich der einzelnen Liegenschaften nicht eigentumsähnlicher gestaltet und sie insbesondere nicht dazu berechtigt, die jeweiligen zivilrechtlichen Eigentümer vom Zugriff auf die Liegenschaften durch deren Belastung oder Veräußerung auszuschließen.

Wie im Verwaltungsverfahren bringt die Beschwerdeführerin weiters vor, "allen Beteiligten" sei "klar" gewesen sei, dass sie nach dem "Testamentswillen gleich einem zivilrechtlichen Eigentümer" über die Liegenschaften sollte schalten und walten können. Die "Übereinkommen vom " stellten daher keine nachträglichen Vereinbarungen unter nahen Angehörigen dar, sondern hätten nur dazu gedient, das vom verstorbenen Mann gewollte Belastungs- und Veräußerungsverbot grundbücherlich sicherzustellen.

Auch dieses Vorbringen lässt nicht erkennen, dass die Beschwerdeführerin vor der Unterfertigung der gegenständlichen Übereinkommen die Eigentümer - unter Berufung auf das Testament - rechtlich an der Verfügung über die Liegenschaften hätte hindern können, zumal durch eine Veräußerung oder Belastung der Liegenschaften die "wirtschaftliche Absicherung" der Beschwerdeführerin in Form des (verbücherten) Fruchtgenusses ohnehin nicht geschmälert worden wäre. Ob die Einräumung von Veräußerungs- und Belastungsverboten mit Übereinkommen vom im Beschwerdefall ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum bewirken konnte, war für das Streitjahr 1999 nicht zu prüfen.

Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerde, die belangte Behörde habe sich nur unzureichend mit ihrem Vorbringen auseinander gesetzt. So werde im angefochtenen Bescheid von der "nachträglichen" Einräumung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes gesprochen, ohne zu erläutern, was die belangte Behörde unter einer derartigen "nachträglichen" Einräumung eines Rechts verstehe. Vor dem Hintergrund der oben aufgezeigten Sach- und Rechtslage zeigt die Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen die Relevanz des gerügten Begründungsmangels nicht auf. Dass die Vertragsurkunden vom nur eine Anerkennung des ursprünglichen erblasserischen Willens dargestellt hätten, änderte nämlich - wie ausgeführt - nichts daran, dass ein derartiger Wille im Testament nicht zum Ausdruck gekommen war. Soweit die Beschwerdeführerin das Fehlen von Feststellungen rügt, lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen, welche für die gegenständliche Frage nach dem Vorliegen von wirtschaftlichem Eigentum relevanten Feststellungen die belangte Behörde zu treffen unterlassen hat.

Insgesamt gelingt es der Beschwerde daher nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am