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VwGH vom 07.10.1993, 92/16/0149

VwGH vom 07.10.1993, 92/16/0149

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde des W in X, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , Zl. W 2069/1/4-IV/11/91, betreffend die Aufhebung einer Berufungsentscheidung in einer Grunderwerbsteuersache durch die Oberbehörde im Aufsichtsweg, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer schloß am mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin einen "Aufteilungsvertrag" folgenden Inhaltes:

"1.) Die Vertragsteile lebten in außerehelicher Lebensgemeinschaft, aus der auch die gemeinsame Tochter Johanna Carolina S, geb. stammt. Für den Fall der Auflösung der Lebensgemeinschaft vereinbarten die Vertragsteile die analoge Anwendung der eherechtlichen Bestimmungen über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse.

2.) Frau Elisabeth S ist Eigentümer der in Pkt. 4 näher bezeichneten Eigentumswohnung Top Nr. 9 im Haus X-Gasse 7, X; die gemeinsame Begründung von Wohnungseigentum der Vertragsteile war rechtlich nicht möglich, weil gemäß § 8 und § 9 WEG nur Ehegatten gemeinsam Wohnungseigentum erwerben können. Diese Eigentumswohnung wurde aber, wie bei Ehegatten üblich, gemeinsam bewohnt und finanziert. Für alle aufgenommenen Kredite haften daher beide Vertragsteile. Die aufgenommenen Kredite wurden nicht nur für die Bezahlung des Kaufpreises, sondern auch für bauliche Veränderungen, die Wohnungseinrichtung und zur Deckung des Unterhalts der Vertragsteile und der gemeinsamen Tochter verwendet. Frau S oblag die Erziehung des Kindes, sie setzte ihr Studium fort, während Herr W für den Unterhalt sorgte.

3.) Nach Auflösung der außerehelichen Gemeinschaft hat Frau

S die Wohnung verlassen, die Herr W nun allein benützt und inklusive aller Einrichtungsgegenstände behalten soll.

4.) Frau Elisabeth S überträgt Herrn W das Eigentum an ihren 63/547 Anteilen BlNr. 7 an der Liegenschaft EZ 2677 X, bestehend aus den Grundstücken Nr. 812/16 Garten und 1974 Baufläche, X-Gasse 7, mit denen das Wohnungseigentum an W 9 untrennbar verbunden ist und erteilt ihre ausdrückliche und unwiderrufliche Einwilligung zur Einverleibung seines Eigentumsrechtes.

Im Lastenblatt dieser Liegenschaft sind eingetragen:

in CLNr. 23 das Pfandrecht für die Bausparkasse G reg.Gen.b.H. für die Darlehensforderung von S 240.000,-- s.A.; diese haftet nach dem Schreiben von G vom inklusive Zinsen zum mit S 253.119,20 aus. Da die monatlichen Raten von je S 2.080,-- regelmäßig von beiden Vertragsteilen gezahlt wurden, somit auch die Oktoberrate, beträgt die Darlehensschuld im Oktober 1989 S 248.959,20.

In CLNr. 27 a das Pfandrecht für die Forderung von S 100.000,-- s.A. für den Wohnbauförderungsfonds für das Bundesland Niederösterreich, auf Grund des Schuldscheins vom ; eine Rückzahlungsrate wurde bisher noch nicht vorgeschrieben.

In CLNr. 28 und BLNr. 7 b ist das Veräußerungsverbot für den Wohnbauförderungsfonds für das Bundesland Niederösterreich eingetragen, weshalb dieser Vertrag durch dessen Zustimmung aufschiebend bedingt ist.

5.) Herr W übernimmt die im vorstehenden Punkt genannten Darlehen zur Alleinzahlung und verpflichtet sich, Frau S für den Fall ihrer Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten.

6.) Die Vertragsteile haben Gewicht und Umfang ihres Beitrages analog § 83 Ehegesetz bewertet. Zur Abgeltung aller Ansprüche in Zusammenhang mit der außerehelichen Gemeinschaft zahlt Herr W an Frau Elisabeth S eine Ausgleichszahlung von

S 117.700,-- bei Unterfertigung dieses Vertrages, worüber Frau

S durch ihre Unterschrift quittiert.

7.) Die in Pkt. 4 genannte Eigentumswohnung wurde mit dem gesamten Inventar bereits an Herrn W übergeben. Frau S hat die Eigentumswohnung bereits geräumt. Gefahr und Zufall, Nutzen und Lasten sind mit auf Herrn W übergegangen.

8.) Herr W kennt den von Frau S mit der Z Gesellschaft m. b.H. am abgeschlossenen Kaufvertrag (TZ 2119/87) und tritt in sämtliche, die Eigentumswohnung betreffende Rechte und Pflichten ein, läßt sie für bzw. gegen sich gelten und hat sie auf seine Rechtsnachfolger im Eigentum dieser Wohnung zu überbinden.

9.) Die Kosten der Vergebührung und grundbücherlichen Durchführung dieses Abtretungsvertrages trägt Herr W, der diesbezüglich Frau S schad- und klaglos zu halten hat.

10.) Beide Vertragsteile erklären an Eidesstatt, österreichische Staatsbürger und Deviseninländer zu sein.

11.) Zur Bemessung der Grunderwerbsteuer wird der Einheitswert festgestellt: er beträgt auf Grund des gemäß § 293 BAO berichtigten Feststellungsbescheides zum des Finanzamtes X vom S 39.360,-- (Schilling neununddreißigtausenddreihundert- sechzig)."

Während das Finanzamt (ausgehend von einer Vorhaltsbeantwortung durch den Beschwerdeführer, er hätte im Falle eines Verkaufes der Wohnung durch seine Lebensgefährtin "vermutlich die Hälfte des Kaufpreises bekommen") mit zwei Bescheiden vom einerseits die wirtschaftliche Verfügungsmacht des Beschwerdeführers an einem Hälfteanteil der Eigentumswohnung annahm und anderseits für den Erwerb die Grunderwerbsteuer ausgehend vom anteiligen Kaufpreis und den bekanntgegebenen Nebenkosten festsetzte, gab die Abgabenbehörde zweiter Instanz (die mit einer Berufungsentscheidung vom gleichen Tag, Zl. GA 11-1817/90, einen rechtsgeschäftlichen Erwerb der wirtschaftlichen Verfügungsmacht durch den Beschwerdeführer am halben Mindestanteil verneinte und den entsprechenden erstinstanzlichen Bescheid aufhob, was aber nicht mehr Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist) mit Berufungsentscheidung vom , Zl. GA 11-1817/1/90, der Berufung des Beschwerdeführers Folge und legte der Grunderwerbsteuerberechnung den entsprechenden Einheitswertanteil zugrunde. Die Berufungsbehörde begründete dies damit, die Vereinbarung vom stelle einen Vergleich i.S. des § 1380 ABGB dar, der eine Globalbereinigung der Rechtsbeziehungen des Beschwerdeführers zu seiner ehemaligen Lebensgefährtin beinhalte. Da eine solche Vereinbarung nicht in einzelne Rechtsgeschäfte zerlegt werden könne, lasse sich die auf die Eigentumsübertragung an den Liegenschaftsanteilen entfallende Gegenleistung nicht ermitteln. Es sei daher die Grunderwerbsteuer gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 GrEStG vom Einheitswert zu bemessen.

Diesen Bescheid hob die belangte Behörde gemäß § 299 Abs. 2 BAO wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit der Begründung auf, die vom Beschwerdeführer in seiner Berufung angestrebte Gleichbehandlung seines Falles mit dem von Grundstücksübertragungen im Zuge von Ehescheidungen habe nicht stattzufinden, weil der Aufteilungsvertrag naturgemäß keine einer vergleichsweise getroffenen, umfassenden Scheidungsfolgenvereinbarung entsprechende Abmachung enthalte. Da lediglich vereinbart worden sei, daß der Beschwerdeführer die Wohnung samt Inventar gegen Übernahme bestimmter Verbindlichkeiten und Leistung einer Ausgleichszahlung von S 117.700,-- übernehme, stünde der Ermittlung der Gegenleistung kein Hindernis entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Anwendung des § 4 Abs. 2 Z. 1 GrEStG verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Nach Abs. 2 Z. 1 der zitierten Gesetzesstelle ist die Steuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen, soweit eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist.

Während der Beschwerdeführer die Gleichbehandlung der Aufteilungsvereinbarung vom mit einer solchen zwischen Eheleuten anläßlich der Auflösung einer Ehe anstrebt und die belangte Behörde dies in ihrer Gegenschrift in Betonung der wesentlichen Unterschiede zwischen einer Ehe und einer Lebensgemeinschaft schon deshalb verneint, weil der Beschwerdeführer mit seiner Partnerin nicht verheiratet war, stellt sich die im vorliegenden Fall einzig relevante rechtliche Problematik wie folgt dar:

Es ist zwar auch abgabenrechtlich - wie sich insbesondere aus dem hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 86/16/0237, Slg. N.F. Nr. 6257/F, ergibt - grundsätzlich zwischen den Institutionen der Ehe und einer Lebensgemeinschaft zu unterscheiden. Dies vermag aber zur Lösung der hier anstehenden Frage, ob sich aus der Vereinbarung vom eine Gegenleistung ermitteln läßt, nichts beizutragen, weil die maßgebliche Gesetzesstelle (§ 4 Abs. 2 Z. 1 GrEStG) für eine derartige Differenzierung keinerlei Anhaltspunkte enthält. Eine Vereinbarung ist betreffend die Frage der Ermittelbarkeit der Gegenleistung vielmehr jeweils im Einzelfall und nicht generalisierend danach zu untersuchen, zwischen welchen Personen sie abgeschlossen wurde. Daran vermag auch das von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/16/0107, nichts zu ändern, weil dort lediglich betont wurde, daß bei Aufteilungen i.S. der §§ 81 ff EheG, selbst wenn sie rechtsgeschäftlich erfolgen, IN DER REGEL eine Gegenleistung nicht zu ermitteln sei. Diese wegen des üblichen Globalcharakters derartiger Vereinbarungen getroffene Grundsatzaussage im zitierten hg. Erkenntnis schließt nämlich nicht aus, daß im konkreten Einzelfall auch betreffend die in einem sogenannten Scheidungsvergleich vorgenommenen, grunderwerbsteuerpflichtigen Transaktionen Gegenleistungen zu ermitteln sind. Nicht anders aber als entsprechende Vereinbarungen im Zuge der Auflösung einer Ehe sind im vorliegenden Zusammenhang Vereinbarungen zwischen ehemaligen Lebensgefährten zu behandeln. Da die hier interessierende Vereinbarung vom trotz des Wortlautes ihres Punktes 6 insbesondere bei Anwendung der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 90/16/0211, 0212) nur der Transferierung der in Punkt 4 des Vertrages bezeichneten Eigentumswohnung auf den Beschwerdeführer diente, hat die belangte Behörde ihre Entscheidung nicht mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weil vorliegendenfalls die "Ausgleichszahlung" von S 117.700,-- verbunden mit der Übernahme diverser Hypothekarschulden eindeutig nur als Gegenleistung für die Eigentumswohnung, keinesfalls aber als Spitzenausgleich einer umfassenden Auseinandersetzung ähnlich wie in den Fällen der §§ 81 ff EheG anzusehen ist. Die belangte Behörde hat daher zu Recht von § 299 BAO Gebrauch gemacht und ihre Entscheidung auch hinsichtlich der Ermessensübung zureichend begründet.

Da den vorgelegten Verwaltungsakten Verfahrensfehler nicht zu entnehmen waren und die Beschwerdeschrift in diesem Zusammenhang auch keinerlei Ausführungen enthält, erweist sich die Beschwerde auch als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.