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VfGH vom 17.06.2009, b53/08

VfGH vom 17.06.2009, b53/08

Sammlungsnummer

18783

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die "Bruttobesteuerung" der - einem besonderen Steuersatz unterliegenden - ausländischen Kapitalerträge durch Ausschluss des Abzugs von Werbungskosten; Verbot der Diskriminierung ausländischer Kapitalerträge aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen; Anwendung des objektiven Nettoprinzips des Endbesteuerungsgesetzes jedoch nicht geboten; Berechtigung des Gesetzgebers zur Erstreckung des Abzugsverbotes auch auf die den inländischen Kapitalerträgen gleichgestellten ausländischen Kapitalerträgen

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer ist Pensionist und bezog in den

Jahren 2000 bis 2003 neben inländischen Kapitalerträgen Dividenden aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in der Tschechischen Republik. In seinen Einkommensteuererklärungen beantragte er für die Jahre 2000 bis 2002 die Besteuerung mit dem Hälftesatz nach § 37 Abs 4 EStG 1988 und für das Jahr 2003 die Besteuerung gemäß § 37 Abs 8 iVm § 97 Abs 4 EStG 1988 und machte den Abzug von mit den Dividenden in Zusammenhang stehenden Werbungskosten geltend.

Mit Bescheid vom wich das Finanzamt von der Abgabenerklärung insofern ab, als es die ausländischen Kapitalerträge nicht mit dem Hälftesteuersatz, sondern mit dem in § 37 Abs 8 1. Satz EStG 1988 normierten besonderen Steuersatz von 25% versteuerte, die ausländische 15%ige Quellensteuer im Ausmaß von zwei Dritteln (gemäß Art 10 DBA Österreich-CSSR) anrechnete und den Abzug der geltend gemachten Werbungskosten in Hinblick auf § 97 Abs 4 Z 1 1. Satz EStG 1988 verweigerte. Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Unabhängige Finanzsenat (UFS) mit Bescheid vom keine Folge.

Zur Begründung führt der UFS aus, dass ausländische Kapitalerträge, auf die die Endbesteuerung nicht anzuwenden ist, ursprünglich dem Normalsteuersatz unterlagen. Die generelle Nicht-Endbesteuerung von Erträgen aus ausländischen Investmentfonds habe der Verfassungsgerichtshof als Verletzung des Endbesteuerungsgesetzes qualifiziert (VfSlg. 16.475/2002). Überdies sei die Benachteiligung von ausländischen Kapitalerträgen gegenüber den inländischen Kapitalerträgen auch europarechtlich nicht zu halten gewesen. Daher sei durch das Budgetbegleitgesetz 2003 (BBG 2003) auch für ausländische Kapitalerträge eine der Endbesteuerung vergleichbare Besteuerung mit einem "besonderen Steuersatz von 25%" eingeführt worden ("Veranlagungsendbesteuerung"). Bei der Versteuerung mit dem "besonderen Steuersatz" seien die Kapitalerträge - wie bei der Endbesteuerung - ohne jeden Abzug anzusetzen (kein Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten). Dass das Finanzamt bei Durchführung der Hälftebesteuerung den Abzug der vom steuerlichen Vertreter geltend gemachten Werbungskosten versagt hat, entspreche daher der einfachgesetzlichen Rechtslage (§37 Abs 8 2. Satz iVm § 97 Abs 4 Z 1 EStG 1988).

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragt wird.

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass das Abzugsverbot von Werbungskosten im Zusammenhang mit der Veranlagung von Kapitaleinkünften sowohl für ausländische als auch für inländische Kapitaleinkünfte verfassungswidrig sei. Durch das BBG 2003 sei es - auf Grund der Rechtsprechung des EuGH (u.a. , Verkooijen, Slg. 2000, I-04071, und , Schmid, Slg. 2002, I-04573) und des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 16.475/2002) - zu einer ertragsteuerlichen Gleichbehandlung in- und ausländischer Kapitaleinkünfte gekommen. Die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der einschlägigen Regelungen des EStG 1988 in der Fassung vor dem BBG 2003 sei durch das , Lenz, Slg. 2004, I-07063, bestätigt worden. Auf Grund dieses Urteils sei die durch das BBG 2003 geschaffene Rechtslage rückwirkend auch in allen offenen Verfahren anzuwenden.

Durch das BBG 2003 sei das Abzugsverbot für Betriebsausgaben und Werbungskosten gemäß § 20 Abs 2 EStG 1988 auf Aufwendungen ausgeweitet worden, die in Zusammenhang mit Einkünften gemäß § 37 Abs 8 Z 2-4 EStG 1988 stehen. Dieses Abzugsverbot sei gemäß § 97 Abs 4 Z 1 erster Satz EStG 1988 auch dann schlagend, wenn der Steuerpflichtige die freiwillige Veranlagung gemäß § 97 Abs 4 EStG 1988 beantrage. Die Verfassungswidrigkeit dieser "Bruttobesteuerung" ergebe sich daraus, dass (1) das generelle Abzugsverbot gemäß § 97 Abs 4 Z 1 EStG 1988 (auch) im Rahmen einer freiwilligen Veranlagung gelte und (2) dieses weite Abzugsverbot im verfassungsgesetzlichen Auftrag des Endbesteuerungsgesetzes keine Deckung finde.

3. Der UFS als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

4. Über Einladung des Verfassungsgerichtshofes erstattete der Bundesminister für Finanzen (BMF) eine Stellungnahme zu den in der Beschwerde aufgeworfenen Bedenken.

Der BMF bestreitet nicht, dass die im Beschwerdefall strittigen ausländischen Kapitalerträge vom Verfassungsauftrag des Endbesteuerungsgesetzes nicht erfasst sind, kommt aber zusammenfassend zu folgendem Ergebnis (Hervorhebungen im Original):

"Die Endbesteuerung ist eine für Abgabepflichtige wie Finanzverwaltung einfache Form der Steuererhebung, die einen günstigen Einheitssatz mit einem Abzugsverbot für Aufwendungen verbindet.

Das verfassungsrechtliche EndBG selbst verpflichtet nur in partiellen Bereichen zu einer Endbesteuerung ausländischer Kapitalerträge und verschweigt sich zur Besteuerung der übrigen ausländischen Kapitalerträge außerhalb seines Anwendungsbereiches. Der kasuistische Endbesteuerungsauftrag des EndBG würde damit aber zu dem Ergebnis führen, dass sowohl die Erträge aus ausländischen Fonds als auch aus ausländischen Forderungswertpapieren, die eine kuponauszahlende Stelle im Inland haben, nicht von der Abgeltungswirkung der KESt ausgeschlossen sind, andere ausländische Kapitalerträge jedoch schon. Freilich steckt das EndBG nach Auffassung des BMF nur den Rahmen dessen ab, was zwingend der Endbesteuerung zu unterziehen ist. Dies schließt jedoch nicht aus, weitere Kapitalerträge - insbesondere aus Gleichheitsüberlegungen oder gemeinschaftsrechtlichen Erwägungen - ebenfalls der Endbesteuerung zu unterziehen.

Durch §§37 Abs 8 und 20 Abs 2 EStG 1988 wird das Regelungskonzept des EndBG ausgeweitet und werden alle ausländischen Kapitalerträge, die den inländischen vom EndBG erfassten Kapitalerträgen vergleichbar sind, erfasst. Nach Auffassung des BMF wird durch diese gesetzliche Lösung gerade dem Gleichheitssatz Rechnung getragen. Mit dem vom Verfassungsgesetzgeber geschaffenen EndBG ist nämlich ein besonderer verfassungsrechtlicher Vergleichsmaßstab entstanden, den der einfache Gesetzgeber bei der Gestaltung der Rechtslage für die Besteuerung von ausländischen Kapitalerträgen berücksichtigen darf bzw muss.

Die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips (im Vergleich zu den anderen Einkünften der sechs Einkunftsarten) ist daher mit dem Ziel der Gleichbehandlung aller vergleichbarer in- und ausländischer Kapitalerträge in der Endbesteuerung abzuwägen. Sie erscheint in diesem Lichte nach Ansicht des BMF nicht als verfassungsrechtlich bedenklich.

Neben diesen verfassungsrechtlichen Überlegungen sprechen insbesondere auch gemeinschaftsrechtliche Überlegungen für eine Gleichbehandlung vergleichbarer in- und ausländischer Kapitalerträge, da das Gemeinschaftsrecht eine Öffnung der Endbesteuerung für ausländische Kapitalerträge verlangt. Würde man hier - anders als bei inländischen Kapitalerträgen - auf ein Abzugsverbot verzichten, käme es zu einer nach Ansicht des BMF nicht gerechtfertigten Besserstellung ausländischer Kapitalerträge, obwohl das Gemeinschaftsrecht gar keinen solchen Verzicht auf das Abzugsverbot verlangt. Dieses Ergebnis vermeidet man, wenn man im EndBG den sachnäheren und angemessene[ren] Vergleichsmaßstab für die Besteuerung vergleichbarer ausländischer Kapitalerträge sieht.

Das vom Beschwerdeführer gerügte Abzugsverbot im Zusammenhang mit der Veranlagung von ausländischen Kapitalerträgen erscheint daher im Lichte des Gleichheitssatzes nicht nur sachlich gerechtfertigt, sondern darüber hinaus möglicherweise sogar sachlich geboten."

5. Der Beschwerdeführer replizierte auf diese Stellungnahme.

II. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

Die §§1 bis 3 des in Verfassungsrang stehenden Endbesteuerungsgesetzes, BGBl. 11/1993 idF BGBl. 201/1996, lauten:

"ABSCHNITT I

Steuerabgeltung bei bestimmten Einkünften aus
Kapitalvermögen und sonstigem Vermögen durch
Abzug von Kapitalertragsteuer

§1. (1) Es ist bundesgesetzlich vorzusehen, daß bei der Besteuerung

1. von Einkünften aus Kapitalvermögen (§27 des Einkommensteuergesetzes 1988), und zwar von

a) Kapitalerträgen aus Geldeinlagen bei Banken und sonstigen Forderungen gegenüber Banken (§1 des Kreditwesengesetzes), denen ein Bankgeschäft zugrunde liegt,

b) Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren, wenn sich die kuponauszahlende Stelle im Inland befindet,

c) Kapitalerträgen aus Ausschüttungen inländischer Kapitalgesellschaften oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften auf Gesellschafts- und Genossenschaftsanteile sowie auf Genußrechte,

d) Kapitalerträgen aus Ausschüttungen auf Partizipationskapital im Sinne des Bankwesengesetzes oder des Versicherungsaufsichtsgesetzes,

e) Rückvergütungen aus Anteilen an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften mit Ausnahme der Rückvergütungen gemäß § 13 des Körperschaftsteuergesetzes 1988,

f) Zuwendungen jeder Art von Privatstiftungen an Begünstigte und Letztbegünstigte sowie

2. des sonstigen Vermögens (§69 des Bewertungsgesetzes 1955), aus dem die Kapitalerträge im Sinne der Z 1 fließen, sowie des Erwerbes dieses Vermögens von Todes wegen die Steuern (Abs2) - soweit diese Kapitalerträge nach der für das Kalenderjahr 1993 geltenden Rechtslage einem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen - mit dem Kapitalertragsteuerabzug abgegolten sind. Für abzugsfreie Forderungswertpapiere ist bundesgesetzlich vorzusehen, daß die Abgeltung der Steuern auch dann eintritt, wenn im Wege der kuponauszahlenden Stelle ein Betrag in Höhe dieser Kapitalertragsteuer geleistet wird. Unter die Steuerabgeltung fallen ab der Veranlagung 1996 Forderungswertpapiere im Sinne des § 93 Abs 3 Z 1 bis 3 nur dann, wenn sie bei ihrer Begebung sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht einem unbestimmten Personenkreis angeboten werden; dies gilt hinsichtlich der Erbschafts- und Schenkungssteuer für Erwerbe von Todes wegen, wenn der Erblasser nach dem verstorben ist.

(2) Abs 1 gilt hinsichtlich

1. Lit. a und b für die Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) und Vermögensteuer, soweit die Steuerschuld ab entstanden ist, sowie die Erbschafts- und Schenkungssteuer, wenn der Erblasser nach dem verstorben ist.

2. Lit. c bis f für die Einkommensteuer, soweit die Steuerschuld ab entstanden ist.

(3) Es ist bundesgesetzlich vorzusehen, daß für natürliche Personen bei Kapitalerträgen im Sinne des Abs 1 die Einkommensteuer, soweit die Kapitalerträge nach dem zugeflossen sind, auch dann mit dem Kapitalertragsteuerabzug oder mit einem im Wege der kuponauszahlenden Stelle geleisteten Betrag in Höhe der Kapitalertragsteuer (Abs1 letzter Satz) abgegolten sind, wenn sie zu den Betriebseinnahmen gehören.

(4) Die Kapitalertragsteuer für Kapitalerträge im Sinne des Abs 1 ist mit einem einheitlichen Satz festzusetzen. Sie darf nicht weniger als 20% und nicht mehr als die Hälfte des für das betreffende Jahr bei der Einkommensteuer geltenden höchsten Steuersatzes betragen.

(5) Es ist bundesgesetzlich vorzusehen, daß die einbehaltene Kapitalertragsteuer insoweit erstattet wird, als sich aus der Anwendung des für die Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) jeweils geltenden Steuertarifs auf das Einkommen eine niedrigere Steuer ergäbe. Dabei ist das Ausmaß der Steuererstattung bei einem unterhaltsberechtigten Steuerpflichtigen um die steuerliche Abgeltung der Unterhaltsverpflichtungen zu kürzen. Ferner ist bundesgesetzlich vorzusehen, daß bei der Erstattung der für 1993 einbehaltenen Kapitalertragsteuer der für 1994 geltende Einkommensteuertarif anzuwenden ist.

§2. (1) Es ist bundesgesetzlich vorzusehen, daß für Kapitalerträge und Vermögen, für die eine Abgeltung der Steuern (§1 Abs 2 Z 1) eintritt, bei der Ermittlung des Einkommens (§2 Abs 2 des Einkommensteuergesetzes 1988,§ 7 Abs 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988), des Einkommens für Zwecke der Erstattung (§1 Abs 5), des Gesamtvermögens (§76 des Bewertungsgesetzes 1955) und des Erwerbes von Todes wegen (§20 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955) Werbungskosten, Schulden und Lasten nicht berücksichtigt werden.

(2) Es ist bundesgesetzlich vorzusehen, daß für Kapitalerträge, die zu den Betriebseinnahmen gehören und für die eine Abgeltung der Einkommensteuer eintritt (§1 Abs 3), bei der Ermittlung des Einkommens (§2 Abs 2 des Einkommensteuergesetzes 1988) Betriebsausgaben nicht berücksichtigt werden.

§ 3. Von den Maßnahmen im Sinne der §§1 und 2 bleiben unberührt:

1. Die Besteuerung von Einkünften und Vermögen, die nicht dieser Kapitalertragsteuer unterliegen.

2. Die Besteuerung von Erwerben von Todes wegen von Vermögen, aus dem keine Kapitalerträge im Sinne des § 1 fließen, sowie von Schenkungen unter Lebenden."

§ 20 Abs 2 EStG 1988 lautet in der seit dem Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I 71, geltenden Fassung:

"Nichtabzugsfähige Aufwendungen und Ausgaben

§20. (1) Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:

...

(2) Weiters dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen, mit Kapitalerträgen im Sinne des § 97 oder mit Kapitalerträgen, die gemäß § 37 Abs 8 mit einem besonderen Steuersatz versteuert werden, in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht abgezogen werden."

§ 37 Abs 8 EStG 1988 lautet in der Fassung des BBG 2003 auszugsweise:

"Ermäßigung der Progression, Sondergewinne

§37. (1) ...

(8) Folgende Einkünfte oder Kapitalerträge sind bei der Berechnung der Einkommensteuer desselben Einkommensteuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§2 Abs 2) zu berücksichtigen und mit einem besonderen Steuersatz von 25% zu versteuern:

1. ...

2. Ausländische Kapitalerträge im Sinne des § 93 Abs 2 Z 1 lita bis c, die nicht von einer inländischen auszahlenden Stelle (§95 Abs 3 Z 4) ausbezahlt werden.

3. Nicht im Inland bezogene Kapitalerträge im Sinne des § 93 Abs 2 Z 3 sowie § 93 Abs 3.

4. ...

Die Kapitalerträge sind ohne jeden Abzug anzusetzen. Die Einkommensteuer gilt durch die besondere Besteuerung als abgegolten. Kapitalerträge im Sinne des § 93 Abs 3 Z 1 bis 3 sowie diesen entsprechenden Kapitalerträgen aus Genussrechten fallen nur dann unter die Steuerabgeltung, wenn sie bei ihrer Begebung sowohl in rechtlicher Hinsicht als auch in tatsächlicher Hinsicht einem unbestimmten Personenkreis angeboten werden. ..."

Durch BGBl. I 80/2003 wurde der Abs 8 des § 37 EStG 1988 neuerlich zur Gänze neu gefasst (wobei inhaltliche Änderungen u.a. in Bezug auf Immobilien-Investmentfonds getroffen wurden).

§ 97 Abs 4 EStG 1988 regelt das Verfahren zur Erstattung der Kapitalertragsteuer und (seit dem BBG 2003) der nach § 37 Abs 8 EStG 1988 zu erhebenden Steuer für den Fall, dass die nach dem in Betracht kommenden Steuertarif zu erhebende Einkommensteuer geringer ist.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist im Beschwerdefall allein strittig, ob es zulässig ist, Aufwendungen im Zusammenhang mit Kapitalerträgen, die nach § 37 Abs 8 EStG 1988 einem besonderen Steuersatz (von 25%) unterliegen, vom Abzug generell oder zumindest im Fall der Veranlagung solcher Einkünfte auszuschließen, die Besteuerung dieser Kapitalerträge somit als "Bruttobesteuerung" auszugestalten.

2. Nach der dem Einkommensteuerrecht zugrunde liegenden Konzeption soll diese Steuer den periodisch erzielten Zuwachs an persönlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, ausgedrückt im Wesentlichen durch das am Markt erzielte (Rein)Einkommen, erfassen. Dieses Konzept gebietet es grundsätzlich, die zur Erzielung des Einkommens aufgewendeten Aufwendungen von der Bemessungsgrundlage abzuziehen (sog. objektives Nettoprinzip). So hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 16.760/2002 (S 1089) formuliert: "Da es bei der Einkommensteuer im allgemeinen und bei der Erfassung von Spekulationsgeschäften im besonderen um die Besteuerung der im Einkommen zutage tretenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit geht, wird die aus einem solchen Veräußerungsgeschäft resultierende Leistungsfähigkeit nur dann zutreffend erfaßt, wenn die mit dem Geschäft in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen oder Erlösminderungen als negative Einkommenskomponenten berücksichtigt werden. Andernfalls käme es insoweit zur Besteuerung von Einkommen, das gar nicht erzielt wurde." Schon im Erkenntnis VfSlg. 13.724/1994, das ebenfalls die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen nach § 30 EStG 1988 betraf, konnte der Verfassungsgerichtshof "keinen Grund erkennen, der es rechtfertigen könnte, die aus der Anschaffung des Wirtschaftsgutes entstandene Zinsenbelastung vom Veräußerungserlös nicht abzuziehen". Es sei "durch nichts zu rechtfertigen, daß ein Veräußerer, der das Wirtschaftsgut mit Fremdkapital angeschafft hat, ungeachtet des größeren Aufwandes, der nötig war, den Veräußerungserlös zu erzielen, ebenso besteuert wird, wie ein Veräußerer, der dazu eigenes Vermögen verwenden konnte" (VfSlg. 13.724/1994, S 301). Bei Schuldzinsen für Fremdkapital, das von Körperschaften zum Erwerb von Beteiligungen aufgewendet worden war, hat der Verfassungsgerichtshof es für verfassungsrechtlich geboten erachtet, dass die Schuldzinsen (vom Veräußerungserlös dieser Beteiligungen) abgezogen werden können, wenn der wirtschaftliche Vorteil aus dem Beteiligungserwerb ausschließlich in einem körperschaftsteuerpflichtigen Veräußerungsgewinn besteht (VfSlg. 14.784/1997, S 286; vgl. dazu auch die Folgejudikatur VfSlg. 15.229/1998, 15.934/2000).

Von diesem objektiven Nettoprinzip hat das im Verfassungsrang stehende Endbesteuerungsgesetz, BGBl. 11/1993 idF BGBl. 201/1996, eine Ausnahme insofern verfügt, als danach bundesgesetzlich vorzusehen ist, dass für Kapitalerträge, für die eine Abgeltung der Steuern eintritt, bei der Ermittlung des Einkommens Werbungskosten nicht berücksichtigt werden (§2 Abs 1 leg.cit.). § 2 Abs 2 leg.cit. erstreckt dieses Abzugsverbot auch auf Betriebsausgaben im Zusammenhang mit Kapitalerträgen (§1 Abs 3 leg.cit.), die zu den Betriebseinnahmen gehören.

Die im Beschwerdefall strittigen Kapitalerträge fallen nicht unter die Bestimmungen des Endbesteuerungsgesetzes. Es handelt sich vielmehr um ausländische Dividenden, die nicht der österreichischen Kapitalertragsteuer unterliegen und für die der Gesetzgeber erst durch das BBG 2003, und zwar offenbar primär aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen (vgl. die in der RV 59 BlgNR 22. GP, 269, enthaltene Bezugnahme auf die EuGH-Rechtsprechung in der Rs C-516/99, Schmid, betreffend die diskriminierende Besteuerung ausländischer Kapitalerträge) eine prinzipielle Gleichstellung mit inländischen Beteiligungserträgen herbeigeführt hat. Seither unterliegen diese Kapitalerträge nach § 37 Abs 8 EStG 1988 einer "Sondersteuer" von 25%, mit der die Steuerpflicht abgegolten ist, zugleich wurde aber auch für diese Kapitalerträge ein Abzugsverbot für Werbungskosten und Betriebsausgaben verfügt (§20 Abs 2, § 37 Abs 8,§ 97 Abs 4 EStG 1988 idF BGBl. I 71/2003).

§ 3 Endbesteuerungsgesetz ordnet an, dass "die Besteuerung von Einkünften und Vermögen, die nicht dieser Kapitalertragsteuer unterliegen" von den Maßnahmen iSd §§1 und 2 "unberührt bleib[t]". Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg. 15.299/1998 (S 306) im Zusammenhang mit den erbschaftssteuerrechtlichen Regelungen des Endbesteuerungsgesetzes ausgesprochen, es sei ausgeschlossen, Steuertatbestände, die dem Endbesteuerungsgesetz unterliegen, mit solchen zu vergleichen, bei denen dies nicht der Fall ist, und das Ergebnis am Gleichheitssatz zu messen. Unter Hinweis auf dieses Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 15.938/2000 im Zusammenhang mit der Verfassungsbestimmung des § 8 Abs 8 FAG 1997 die Auffassung vertreten, der Verfassungsrang dieser Vorschrift könne nicht die Prüfungskompetenz des Gerichtshofes hinsichtlich jener Vorschriften einschränken, die selbst nicht im Verfassungsrang stehen, jedoch auf die Verfassungsbestimmung verweisen (aaO, S 255 f.).

Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus zunächst, dass der Gerichtshof jedenfalls - ungeachtet der Vorschriften des Endbesteuerungsgesetzes - berechtigt wäre, das für Aufwendungen im Zusammenhang mit ausländischen Kapitalerträgen verfügte Abzugsverbot einer verfassungsrechtlichen Überprüfung am Maßstab des Gleichheitssatzes zu unterziehen. Es ist aber aus dieser Judikatur nicht ohne weiteres abzuleiten, dass die dem Endbesteuerungsgesetz unterliegenden Regelungen für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit dieses Abzugsverbotes ohne jede Bedeutung sind:

Es geht im vorliegenden Fall um die steuerliche Behandlung von (ausländischen) Kapitalerträgen, die aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen (vgl. die von der Beschwerde wiedergegebene Judikatur des EuGH) jedenfalls nicht ungünstiger besteuert werden dürfen als die vergleichbaren inländischen Kapitalerträge und für die der österreichische Gesetzgeber daher - aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen, ohne verfassungsgesetzlichen Auftrag - ebenfalls den im Endbesteuerungsgesetz vorgesehenen, typischerweise günstigeren Steuersatz einführen musste. Bei einer solchen Situation ist § 3 Endbesteuerungsgesetz nicht so zu verstehen, dass er die Anwendung des objektiven Nettoprinzips auf ausländische Kapitalerträge fordert und damit eine unterschiedliche Behandlung inländischer und ausländischer Kapitalerträge im Hinblick auf die damit zusammenhängenden Aufwendungen verlangt. Vielmehr ist der einfache Gesetzgeber in diesem Fall berechtigt, das Abzugsverbot für Aufwendungen auch auf die den inländischen Kapitalerträgen gleichgestellten ausländischen Kapitalerträge zu erstrecken. Wollte man dies nicht annehmen, käme es nämlich zu einer Diskriminierung inländischer Kapitalerträge gegenüber ausländischen, die zwar im Hinblick auf den Verfassungsrang des Endbesteuerungsgesetzes verfassungsrechtlich nicht angreifbar wäre, deren Vermeidung dem Gesetzgeber aber zwecks umfassender steuerlicher Gleichstellung inländischer und ausländischer Kapitalerträge freisteht.

Da das Abzugsverbot für Aufwendungen gemäß § 2 Abs 1 Endbesteuerungsgesetz auch jene (in § 1 Abs 5 leg.cit. geregelten) Fälle umfasst, in denen der Steuerpflichtige im Hinblick auf die (geringe) Höhe des Gesamteinkommens die Veranlagung der an sich endbesteuerten inländischen Kapitalerträge beantragt und es zur Anwendung der allgemeinen Tarifbestimmungen kommt, darf der Gesetzgeber aus den genannten Gründen das Abzugsverbot auch auf den Fall der (Antrags)Veranlagung ausländischer Kapitalerträge erstrecken.

3. Der Verfassungsgerichtshof teilt daher nicht die Zweifel des Beschwerdeführers an der Verfassungskonformität der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Vorschriften.

4. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften kann eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz oder auf Unversehrtheit des Eigentums nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg. 12.670/1991, 13.560/1993, 11.470/1987, 15.884/2000, 16.290/2001) nur vorliegen, wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hätte oder die Rechtsvorschrift denkunmöglich angewendet hätte, ein Fall, der nur vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre. Eine solche Vorgangsweise der belangten Behörde ist nicht ersichtlich.

Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

5. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

6. Die Beschwerde war daher abzuweisen und gemäß Art 144 Abs 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

7. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.