OGH vom 27.06.1990, 9ObA141/90
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Alfred Mayer und Mag.Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr.Elisabeth Constanze S***, Rechtsanwältin, Wien
1., Dr.Karl-Lueger-Platz 4b/4, vertreten durch Dr.Herbert Schaller, Rechtsanwalt in Traiskirchen, wider die beklagte Partei Ö*** R***, Wien 13., Würzburggasse 30, vertreten
durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Zahlung von S 351.594 sA, Leistung (Streitwert S 5,360.100) und Feststellung (Streitwert S 31.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 32 Ra 127/89-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 19 Cga 2530/88-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 30.480,30 (darin S 5.080,05 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin bewarb sich auf Grund einer Zeitungsannonce am bei der beklagten Partei um eine Stelle in der Personalabteilung der Generalintendanz. Nach einem Kontaktgespräch am und einem Einstellungsgespräch am kam es am zur Erstellung eines schriftlichen Dienstvertrages, der vom Generalintendanten unterschrieben wurde. Nach diesem Dienstvertrag sollte das Dienstverhältnis am beginnen und mit befristet sein. Der erste Monat sollte als Probemonat gelten (Punkt 2). Aus Gebührengründen wurde der Vertrag von der Klägerin zwar nicht unterschrieben, sie unterfertigte aber am eine schriftliche Erklärung, daß sie mit den im Dienstvertrag vom angeführten Bedingungen einverstanden sei und das Original des Dienstvertrages sowie ein Exemplar der Freien Betriebsvereinbarung erhalten habe. Mit Schreiben vom teilte die beklagte Partei der Klägerin mit, daß das Dienstverhältnis im Sinne des Punktes 2) des Dienstvertrages vom in Verbindung mit § 19 Abs. 2 AngG mit sofortiger Wirkung gelöst werde.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von letztlich S 351.594 brutto sA an ausstehendem Gehalt für die Zeit von Mai 1988 bis Februar 1989; sie begehrt ferner, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, das mit der Pensionierung der Klägerin befristete Dienstverhältnis ex tunc fortzusetzen (wiederherzustellen) und die Klägerin nach bestimmten Kriterien zu beschäftigen. Weiters begehrt die Klägerin die Feststellung, daß die Beklagte für jeglichen aus der ungerechtfertigten Auflösung des Dienstvertrages vom erwachsenen Schaden zu haften habe, in eventu,
daß die von der beklagten Partei erklärte Auflösung des Dienstvertrages vom nichtig und das Dienstverhältnis mit der Pensionierung der Klägerin befristet und aufrecht sei. Abweichend vom schriftlichen Dienstvertrag sei zwischen ihr und dem Leiter der Personalabteilung, Dr.Wolfgang B***, weder eine Befristung des Dienstverhältnisses noch eine Probezeit vereinbart worden. Dr.B*** habe immer erklärt, daß sie sich um den Punkt 2) des Dienstvertrages nicht zu kümmern brauche. Die Formulare enthielten diese Klausel nur pro forma, es werde aber generell kein Gebrauch davon gemacht. Nach Ablauf der 6 Monate werde das vereinbarte Dienstverhältnis mittels Dienstzettels auch formell bestätigt. Tatsächlich sei ein unbefristetes Dienstverhältnis mit einem Anfangsgehalt von S 35.734 brutto monatlich vereinbart worden. Bei einem Gespräch mit Dr.B*** und dem Generalsekretär Z*** habe sich herausgestellt, daß die beklagte Partei nur deshalb vom Dienstvertrag zurückgetreten sei, weil der Vater der Klägerin in einem presserechtlichen Strafprozeß den Sprecher der Nationaldemokratischen Partei, Dr.Norbert B***, vertreten und Innenminister Karl B*** angegriffen habe. Generalsekretär Z*** habe erklärt, daß die NDP geächtet gehöre und die beklagte Partei "mit so etwas nichts zu tun haben wolle"; es handle sich hinsichtlich der Klägerin um eine "reine Sippenhaftung". Diese Vorgangsweise der beklagten Partei sei gesetz- und sittenwidrig, so daß die Auflösungserklärung nichtig und unwirksam sei. Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Klägerin sei mitgeteilt worden, daß die beklagte Partei mit neuen Dienstnehmern ausnahmslos vorerst auf 6 Monate befristete Dienstverträge abschließe, wobei der erste Monat als Probemonat gelte. Die Klägerin sei auch darauf hingewiesen worden, daß der Personalleiter und der Generalsekretär nur Vorschlagskompetenzen haben, das Unternehmen aber gemäß § 10 Abs. 1 RFG vom Generalintendanten vertreten werde. Die Klägerin habe den Dienstvertrag vom , der durchbesprochen und durchgelesen worden sei, voll akzeptiert; es hätten über die Befristung des Dienstverhältnisses und die Vereinbarung eines Probemonats keine Unklarheiten bestanden. Die Klägerin habe in den ausführlichen Gesprächen aber ihrerseits verschwiegen, daß der Vater ihrer Kinder bereits seit 15 Jahren Dienstnehmer der beklagten Partei sei. Quasifamiliäre Beziehungen zu anderen maßgeblichen Mitarbeitern seien aber ein Grund, die Unbefangenheit eines Mitarbeiters des Personalbüros in Frage zu stellen. Überdies sei durch eine APA-Meldung bekannt geworden, daß der Vater der Klägerin Personen vertrete, die nationalsozialistisches Gedankengut verbreiteten. In dieser Meldung habe es auch geheißen, der Vater der Klägerin habe Minister B*** einer "typisch faschistischen Gesinnung" geziehen. Diese Tatsachen hätten das vorausgesetzte vertrauensvolle Verhältnis zur Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und Dritten stören können. Wären der beklagten Partei diese beiden genannten Umstände schon vorher bekannt geworden, wäre der Abschluß eines Dienstvertrages von vornherein unterblieben. Es entspreche herrschender Auffassung, daß ein Probedienstverhältnis im Sinne des § 19 Abs. 2 AngG auch jederzeit aufgelöst werden könne, obwohl dieses noch nicht effektuiert worden sei.
Die Klägerin erwiderte, daß sie einen beruflichen Wechsel zur beklagten Partei abgelehnt hätte, wenn sie damit rechnen hätte müssen, am ersten Tag oder nach sechs Monaten grundlos "gekündigt" zu werden. Es sei ihr mit Wissen und Zustimmung des Generalsekretärs Z*** eine zehnwöchige Frist eingeräumt worden, ihre Kanzlei zu liquidieren. Da von einer Befristung des Dienstvertrages und von einem Probemonat vorerst keine Rede gewesen sei und die beklagte Partei sie nicht von einem verfrühten Schritt zur Liquidierung abgehalten habe, habe diese schlüssig einem definitiven Dienstverhältnis zugestimmt. Es sei ihr zwar klar gewesen, daß der Personalleiter Dr.B*** nicht vertretungsberechtigt sei und keine eigenmächtigen Regelungen treffen könne; sie habe aber dessen kompetente und glaubwürdige Wissenserklärung als authentische Vetragsinterpretation aufgefaßt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf im wesentlichen noch folgende Feststellungen:
Beim ersten Kontaktgespräch am wurden die Motive der Klägerin als Rechtsanwältin erörtert, sich um die ausgeschriebene Stelle einer Personaljuristin zu bewerben. Es kam dabei zur Sprache, daß sich die Klägerin mehr ihren Kindern widmen wolle und daher eine sichere Position bis zu ihrer Pensionierung suche. Es wurden die Entwicklungsmöglichkeiten dargelegt, der finanzielle Rahmen abgesteckt und auch erörtert, wie hoch die Pension sein könnte.
Das zweite Einstellungsgespräch am diente dazu, unabhängig von der hohen fachlichen Qualifikation der Klägerin, Umstände zu prüfen, die einer Einstellung entgegenstünden. Der Personalleiter Dr.B*** stellte an Hand eines stets verwendeten Fragenkataloges auch die Frage nach verwandtschaftlichen Bindungen der Klägerin zu Mitarbeitern der beklagten Partei, die die Klägerin wahrheitsgemäß verneinte. Es ist nämlich nicht zweckmäßig, wenn im Personalbüro Dienstnehmer tätig sind, die persönliche oder verwandtschaftliche Bindungen im Unternehmen haben. Obwohl Dr.B*** diese Beweggründe für die von ihm gestellten Fragen offenlegte, verschwieg die Klägerin den Umstand, daß der Vater ihrer unehelichen Kinder ein maßgeblicher Mitarbeiter der beklagten Partei ist. Die Klägerin verneinte auch wahrheitsgemäß eine weitere Frage nach einer Bindung oder einem Naheverhältnis zu einer politischen Partei. Dr.B*** wollte über Anfrage des Generalsekretärs Z*** ferner wissen, welche Beziehung der Vater der Klägerin, Rechtsanwalt Dr.Herbert S***, zur NDP habe. Sie erwiderte, daß ein Rechtsanwalt viele Leute vertrete; auch ihr Vater sei bei keiner Partei Mitglied, er sei aber als Angehöriger der Kriegsgeneration ein "doch eher rechts stehender Mensch".
Bei diesem Einstellungsgespräch am erwähnte Dr.B*** im Rahmen von Gehaltserörterungen auch nebenbei, daß vorerst ein Probemonat und danach ein befristetes Dienstverhältnis vorgesehen sei. Er "meinte dazu, daß die Gehaltssituation im ersten Monat "anders aussehe". Nachdem Dr.B*** die aus 30 Bewerberinnen ausgewählte Klägerin zur Einstellung vorgeschlagen hatte, holte er über einen Rechtsanwalt noch Erkundigungen über ihren Vater ein. Der Rechtsanwalt erteilte die Aufkunft, daß Dr.Herbert S*** "natürlich" diese Partei vertrete; man könne aber einen Anwalt, der politische Gruppierungen vertrete, nicht zwingend in diese Richtung einordnen. Als "Neonazi" könne man den Vater der Klägerin sicher nicht qualifizieren.
Dr.B*** teilte diese Erhebungsergebnisse dem Generalsekretär Z*** mit. Dieser führte ebenfalls noch ein Gespräch mit der Klägerin, das lediglich um fachliche Fragen ging. Der Generalsekretär schlug dann die Klägerin dem Generalintendanten zur Einstellung vor. Es wurde der bereits erwähnte schriftliche Dienstvertrag vom verfaßt und vom Generalintendanten unterschrieben. Zu dem im Vertrag enthaltenen Probemonat und zu der Befristung des Dienstverhältnisses sagte Dr.B***, daß davon nur selten Gebrauch gemacht werde. Auch er habe sich - wie so viele andere - seinerzeit auf dieses Risiko eingelassen. Der Zweck der Anstellung sei eine längerfristige Beschäftigung. Die Klägerin sollte sich aber hinsichtlich ihrer Kanzlei absichern; es könnte ja sein, daß es ihr bei der beklagten Partei nicht gefalle. Die Klägerin war durch diese Erklärung befriedigt und unterfertigte die bereits oben wiedergegebene Erklärung, daß sie mit den im Dienstvertrag angeführten Bedingungen einverstanden sei. Nachträglich erfuhr Dr.B*** von der Abteilung Gehaltsverrechnung, daß der Dienstnehmer der beklagten Partei, Dr.K***, der Vater der Kinder der Klägerin sei. Dr.B*** war dadurch in seiner Überzeugung zur Klägerin "etwas erschüttert", beschloß aber nach einem Gespräch mit ihr, kiesbezüglich loyal zu sein. In der Folge erschien eine APA-Meldung des Inhalts, daß der Vater der Klägerin in einem Verfahren, in dem er die NDP vertrat, den Innenminister B*** einer faschistischen Gesinnung geziehen habe. Da der Generalsekretär Z*** befürchtete, der beklagten Partei könne vorgeworfen werden, Leute einzustellen, die in Zusammenhang mit der "rechten Szene" gebracht würden, entschloß er sich, das Dienstverhältnis mit der Klägerin wieder aufzulösen. Der Vertreter des Generalintendanten stimmte diesem Vorhaben zu. Dr.B*** erhob dagegen deshalb keinen Widerspruch, da sein Vertrauen zur Klägerin wegen der verschwiegenen Beziehung zu Dr.K*** bereits erschüttert war. Der Vorsitzende des Betriebsrats Generalintendanz bekundete nach ausführlichen Diskussionen über die gleichermaßen ursächlichen Auflösungsgründe (Verschweigen quasiverwandtschaftlicher Beziehungen und die politischen Zusammenhänge) Verständnis für die Entscheidung des Unternehmens. Die beklagte Partei teilte der Klägerin daraufhin am ohne Angabe von Gründen mit, daß sie vom Vertrag zurücktrete.
Nachdem die Klägerin gerüchteweise den Grund für diese Maßnahme erfahren hatte, sagte ihr der Generalsekretär bei einem Gespräch, er wisse, daß es sich um Sippenhaftung handle. Er meinte zwar, er werde sich die Sache noch einmal überlegen, widerrief aber die Rücktrittserklärung in der Folge nicht.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß ein Dienstverhältnis auf Probe gemäß § 19 Abs. 2 AngG von jedem Vertragsteil ohne Angabe eines Grundes mit sofortiger Wirkung aufgelöst werden könne. Kündigungs- oder Entlassungsschutz bestehe für solche Dienstverhältnisse nicht. Dem Dienstnehmer gebühre auch dann keine Entschädigung, wenn der Dienstgeber schon vor dem für den Dienstantritt festgelegten Zeitpunkt vom Vertrag zurücktrete. Dieser Rücktritt sei auch nicht grundlos erfolgt oder sittenwidrig. Das Motiv des Generalsekretärs, das Dienstverhältnis aus unternehmenspolitischen Erwägungen nicht aufrecht zu erhalten, entspreche der der beklagten Partei zuzubilligenden unternehmerischen Freiheit. Dazu komme der nachträglich eingetretene Vertrauensverlust, so daß es aus diesen beiden gleich zu gewichtenden Gründen nicht zutreffe, daß die Auflösung des Dienstverhältnisses aus dem alleinigen Grund erfolgt sei, die Klägerin zu schädigen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts als unbedenklich und vertrat die Rechtsauffassung, daß die uneingeschränkte Lösbarkeit des Dienstverhältnisses die Folge der getroffenen Vereinbarung sei, ein Dienstverhältnis "zur Probe" bzw. mit einem "Probemonat" zu schließen. Im Sinne einer gemäßigten Rechtsfolgentheorie genüge es, eine allgemein und insbesondere der Klägerin bekannte Kurformel "Probezeit" zu vereinbaren, ohne daß es überdies erforderlich gewesen wäre, noch die einzelnen rechtlichen Charakteristiken einer solchen Vereinbarung zusätzlich hervorzuheben. Vertragliche Regelungen seien nicht durch "vermeidbare Pleonasmen" zu belasten. Entgegen der Ansicht Binders (FS Floretta 329 ff) sei die Möglichkeit der unbegründeten fristlosen Auflösung nicht auf die Zeit nach dem Beginn und für die Dauer des Probedienstverhältnisses beschränkt, sondern auch schon vorher gegeben. Es widerspreche einem harmonischen Verständnis des Bestandschutzes, die Voraussetzungen für die Beendigung im vorvertraglichen Stadium strenger zu gestalten, sie dann während der eigentlichen Probezeit völlig entfallen und danach wieder voll einsetzen zu lassen. Es wäre geradezu zynisch, den Dienstgeber zu veranlassen, mit der Geltendmachung eines "wichtigen Grundes", der ihm vor Beginn des Probedienstverhältnisses zur Kenntnis gelangt ist, bis nach dem Dienstantritt zu warten, damit er dann das Probedienstverhältnis ohne diesen Grund und ohen rechtliches Risiko im Sinne des § 31 Abs. 1 AngG beenden dürfe. Das Probedienstverhältnis sei diesbezüglich am ehesten einem Kauf auf Probe (§ 1080 ABGB) vergleichbar, wobei die fehlende rechtliche Bindung des Käufers durch die "in seinem Belieben stehende Bedingung der Genehmigung" besonders deutlich werde. Für das Probedienstverhältnis stehe diese aufschiebende Bedingung in beiderseitigem Belieben, wobei allerdings aus Gründen des Dienstnehmerschutzes die Schwebefrist nicht länger als ein Monat betragen dürfe.
Da für das "Belieben des Dienstgebers und Dienstnehmers" während der Probezeit und der dieser vorausgehenden Zeit keine wie immer gegebenen rechtlichen Schranken bestünden, unterlägen die "Gründe", derentwegen die Auflösung des Probedienstverhältnisses auch schon vor Beginn des Probemonats erfolgten, keiner rechtlichen Kontrolle. Auch wenn es sohin unverständlich sei, daß die Klägerin aus der anwaltlichen Tätigkeit ihres Vaters Nachteile haben sollte, unterliege die diesbezügliche Vorgangsweise der beklagten Partei keiner gerichtlichen Nachprüfung. Da es mit Ausnahme der Bestimmung des § 18 BAG für den Abschluß von Arbeitsverträgen keinen Kontrahierungszwang gebe, stelle sich die Frage, aus welchen Gründen ein Dienstvertrag letztlich nicht zustandegekommen sei, ebensowenig wie die Frage, aus welchen Gründen ein Probedienstverhältnis nicht in ein rechtlich verbindliches Dienstverhältnis übergegangen sei. Sämtliche Überlegungen der Klägerin zum Bestandschutz von Dienstverhältnissen ließen dabei außer acht, daß in ihrem Fall eine solche vertragliche Bindung im Rahmen eines Dienstverhältnisses eben noch gar nicht zustandegekommen sei. Es sei vielmehr lediglich ein Probedienstverhältnis wirksam vereinbart worden und die Auflösungserklärung der beklagten Partei sei in Ausübung eines rechtlich zulässigen Gestaltungsrechts (im Belieben beider Parteien) erfolgt, so daß der Klägerin weder Schadenersatz- noch Erfüllungsansprüche zustünden. Soweit bereits ein "Nichtgrund" zur Auflösung des Probedienstverhältnisses berechtige, bestehe auch keine Aufgriffsobliegenheit zur unverzüglichen Geltendmachung eines allfälligen Grundes.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne der Klagebegehren.
Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, mit dem die Klägerin in unzulässiger Weise lediglich die Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft, und der Aktenwidrigkeit, womit sie sich gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes wendet, ein Vertragsrisiko eingegangen zu sein, liegen nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).
Soweit die Klägerin in ihrer Rechtsrüge nicht vom maßgeblichen Sachverhalt ausgeht und ihre bereits im Berufungsverfahren vorgetragenen Argumente wiederholt, es sei mit ihr weder ein befristetes Dienstverhältnis noch ein sogenannter Probemonat vereinbart worden, bringt sie die Revision nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Nach den für den Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, bindenden Feststellungen der Vorinstanzen erwähnte der Personalleiter Dr.B*** bereits beim zweiten Einstellungsgespräch am , daß mit ihr vorerst ein Probemonat und danach ein befristetes Dienstverhältnis vorgesehen sei. Die Klägerin konnte daher vom Inhalt des schriftlichen und mit datierten Dienstvertrages weder überrascht sein noch wich die darin enthaltene Bestimmung eines Probemonats und der Befristung des Dienstverhältnisses von vorhergehenden Zusagen ab. Dr.B*** erklärte ihr zwar, daß "davon nur selten" Gebrauch gemacht werde, wies aber darauf hin, daß auch er sich wie so viele andere seinerzeit auf dieses "Risiko" eingelassen habe; die Klägerin solle sich hinsichtlich ihrer Kanzlei "absichern"; es könnte sein, daß es ihr bei der beklagten Partei nicht gefalle. Die Klägerin räumte selbst ein (S. 51), daß sie durchaus davon ausgegangen sei, daß der Personalleiter keine Vertretungsmacht besitze, die es ihm ermögliche, eigenmächtige Regelungen zu treffen, und daß er dies auch gar nicht beabsichtigt habe. Soweit sie daher den Dienstvertrag - lediglich aus Gebührengründen - mit einer gesonderten schriftlichen Erklärung voll akzeptierte, kann sie sich nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht mehr mit Erfolg darauf berufen, in Wahrheit seien ganz andere Vereinbarungen getroffen worden.
Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, ist die jederzeitige freie Lösbarkeit eines Probedienstverhältnisses eine kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolge des Abschlusses eines derartigen Dienstverhältnisses (Arb. 10.094 uva). Einerseits soll dem Dienstgeber Gelegenheit gegeben werden, ohne Bindungsrisiko die Eignung des Dienstnehmers für das in Aussicht genommene Dienstverhältnis zu prüfen, und andererseits dem Dienstnehmer in gleicher Weise die Erprobung des Arbeitsplatzes zu ermöglichen. Kein Teil soll vor Ablauf der Probezeit in einer Weise gebunden sein wie bei anderen Dienstverhältnissen (vgl. Adler-Höller in Klang2 V 322). Es entspricht daher gerade dem Wesen eines solchen Dienstverhältnisses auf Probe, daß es von jedem Vertragsteil jederzeit ohne Einhaltung von Fristen und Terminen und ohne Vorliegen von Gründen gelöst werden kann (vgl. Floretta in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 253; Mosler, Rechtswirkungen unwirksamer Probezeitvereinbarungen, WBl. 1988, 391; Arb. 10.615 uva). Bei dieser Lösungsmöglichkeit handelt es sich um eine Auflösungsmöglichkeit eigener Art, so daß die übrigen Beendigungsarten wie einvernehmliche Auflösung, Kündigung, Entlassung oder Austritt zwar an sich denkbar, aber in der Praxis nicht bedeutsam sind (vgl. Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4 388 und 495; Arb. 6.301, 6.742, 9.280, 9.765, 10.094, 10.024 = ZAS 1984/19 ÄMüllerÜ uva). Um eine Umgehung des Bestandschutzes zu verhindern, ist ohnehin die jederzeitige Lösbarkeit eines Probedienstverhältnisses zeitlich eng begrenzt; eine Effektuierung des Dienstverhältnisses wird als Voraussetzung für dessen Auflösung während der Probezeit nicht verlangt (Martinek-Schwarz, AngG6 360 mwH).
Auf die vom Berufungsgericht verneinte Frage, ob die Auflösungserklärung der Sittenwidrigkeitskontrolle unterliegt, kommt es im vorliegenden Fall nicht entscheidend an. Auch wenn man den Standpunkt vertritt, die Auflösungserklärung sei eine (gemäß § 105 Abs. 3 Z 1 ArbVG anfechtbare außerordentliche oder ordentliche) Kündigung (vgl. u.a. Krejci in Rummel ABGB2 §§ 1158 bis 1159 c Rz 43 Abs. 2; Floretta aaO 253 f; Martinek-Schwarz aaO 359 f; Strasser KurzKomm. zum ArbVG2 264; Grillberger in Praxiskommentar zum ABGB § 1158 Rz 22; Floretta, Die sittenwidrige Kündigung im Arbeitsrecht, JBl. 1954, 525 f; Tomandl, Die sittenwidrige Kündigung im Lichte der Rechtsprechung des OGH, ÖJZ 1959, 33 f; Floretta in DRdA 1980, 311 ff, 313 f; Binder, Auflösungsmöglichkeiten der arbeitsvertraglichen Beziehung im "Vor-Arbeitsstadium", FS Floretta (1983) 329 ff, 348 ff; Trost, Die rechts- oder sittenwidrige Kündigung, DRdA 1987, 1 ff, 8 f; anders aber Arb. 6.901, 7.284, 8.088 ua; sowie Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4, 495 mwH; Müller in ZAS 1984, 142), wäre in diesem Fall das Vorliegen eines sittenwidrigen Beweggrundes erforderlich, um die Auflösungserklärung als gegen § 879 Abs. 1 ABGB verstoßend unwirksam erscheinen zu lassen (Krejci aaO § 879 Rz 5). Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin hat sich die beklagte Partei in ihrer Erklärung vom nicht auf einen wichtigen Grund gestützt; sie wollte auch keinen Auflösungsgrund geltend machen. Sie teilte der Klägerin darin lediglich mit, daß das Dienstverhältnis "im Sinne des Punktes 2) des Dienstvertrages" (Probemonat) "in Verbindung mit § 19 Abs. 2 AngG mit sofortiger Wirkung gelöst" werde. Erst die eigenen Nachforschungen der Klägerin erbrachten vorerst ein kurz als "Sippenhaftung" zu bezeichnendes Motiv, das, wäre es der einzige Beweggrund der Auflösungserklärung gewesen, die Frage der Sittenwidrigkeit zumindest als bedeutsam erscheinen hätte lassen.
Das Erstgericht stellte aber weiters ausdrücklich fest, daß für die beklagte Partei nicht nur politische Zusammenhänge, sondern auch das Verschweigen quasiverwandtschaftlicher Verbindungen zu einem ihrer maßgeblichen Mitarbeiter im gleichen Maße für den Entschluß zur Auflösung ursächlich waren. Dies ergebe sich sowohl aus den Aussagen des Generalsekretärs Z***, des Personalleiters Dr.B*** als auch des Vorsitzenden des Betriebsrats F***. Da Dr.B*** die Beweggründe für seine an die Klägerin gerichtete Frage nach verwandtschaftlichen Bezhiehungen offenlegte und es der beklagten Partei an sich zuzubilligen ist, gerade im Personalbüro keine Mitarbeiter zu beschäftigen, die familiäre oder quasifamiliäre Bindungen im Unternehmen haben, kann der sich aus dem Verschweigen solcher Beziehungen ergebende Vertrauensverlust nicht als sittenwidriges Motiv der Auflösungserklärung angesehen werden. Obgleich Dr.B*** "beschlossen" hatte, "loyal zu sein", war sein Vertrauen wegen der verschwiegenen Beziehung der Klägerin zu Dr.K*** festgestelltermaßen "erschüttert". Da das Probedienstverhältnis auch vor Beginn der Probezeit von beiden Parteien ohne jegliche Angabe eines Grundes mit sofortiger Wirkung aufgelöst werden kann, kommt es entgegen der Ansicht der Revisionswerberin auch nicht darauf an, ob Dr.B*** durch seinen "Beschluß" loyal (anständig, redlich) zu sein, etwa auf die Geltendmachung dieses Grundes verzichtet hätte. Am eingetretenen Vertrauensverlust hat sich dadurch nichts geändert. War aber nicht bloß ein sittenwidriges Motiv allein Beweggrund der vorzeitigen Auflösung des Probedienstverhältnisses, ist die Auflösungserklärung auch als (ordentliche oder außerordentliche) Kündigung wirksam geworden und der Klägerin stehen die von ihr erhobenen Ansprüche nicht zu (Martinek-Schwarz aaO 666;
Csebrenyak-Geppert-Maßl-Rabofsky, ABGB und Arbeitsvertragsrecht 245;
Arb. 6.301, 6.742, 6.818, 8.486, 8.734; 4 Ob 116/81 ua). Ein Anspruch nach § 1295 Abs. 2 ABGB scheidet, wie das Erstgericht richtig erkannte, schon deshalb aus, da sich die Rechtsausübung der beklagten Partei nicht auf den einzigen Grund der Schädigungsabsicht beschränkte (Arb. 6.742, 7.593 ua). Was schließlich den Einwand des Kontrahierungszwanges nach § 5 Z 6 der "Freien Betriebsvereinbarung" betrifft, ist der Revisionswerberin entgegenzuhalten, daß die FBV des ORF keine zulässige Betriebsvereinbarung ist und daher keine Normwirkung hat, sondern nur die Grundlage einer einzelvertraglichen Ergänzung gemäß § 863 ABGB abgeben kann (ARb. 9.972; auch Arb. 10.241). Eine solche Ergänzung ist aber auf Grund der diesbezüglich eindeutigen Vereinbarungen im Dienstvertrag ohne Belang.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.