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OGH vom 24.02.2009, 9ObA136/08b

OGH vom 24.02.2009, 9ObA136/08b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und AR Angelika Neuhauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Leonhard S*****, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler und Dr. Gerd Grebenjak, Rechtsanwälte in Leoben, gegen die beklagte Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Kapp Rechtsanwalts GmbH in Seiersberg, wegen 28.394,82 EUR brutto sA (Revisionsinteresse 16.468,88 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 47/08y-35, mit dem über Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 22 Cga 16/07y-24, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.454,40 EUR (darin 242,40 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Berufungsbeantwortung zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark, Außenstelle Leoben, 8700 Leoben, Buchmüllerplatz 2, 148 EUR an anteiligem Aufwandersatz (§ 58a ASGG) für das Berufungsverfahren binnen 14 Tagen zu zahlen.

Die beklagte Partei ist ferner schuldig, der klagenden Partei 349,56 EUR (darin 58,16 EUR Umsatzsteuer) an Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die von ihr getragenen Pauschalgebühr dritter Instanz im Umfang von 778,66 EUR zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe :

Der Kläger war bei der Beklagten seit als Tischler beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis war der Kollektivvertrag für das holz- und kunststoffverarbeitende Gewerbe Österreichs anzuwenden.

Die Beklagte zahlte ihren Arbeitnehmern über Jahre immer wieder verspätet ihren Lohn, so auch im letzten Quartal des Jahres 2006. Im Dezember 2006 richteten die Arbeitnehmer ein auch vom Kläger unterfertigtes Schreiben an die Beklagte, mit dem sie erklärten, die verspäteten Entgeltzahlungen nicht mehr hinnehmen zu wollen. Der Kläger selbst gab gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten aber nie entsprechende Erklärungen ab. Er setzte auch keine Nachfrist zur Leistung der ausstehenden Zahlungen.

Zwischen dem Geschäftsführer und dem Kläger bestand eine mündliche Vereinbarung, geleistete Überstunden in Form von Zeitausgleich zu konsumieren.

Vom bis befand sich der Kläger im Krankenstand. Am buchte er für 24. 1. und einen seiner beruflichen Weiterbildung dienenden Drechslerkurs. Am gab der Kläger dem Geschäftsführer der Beklagten telefonisch den Zeitpunkt seines Arbeitsantritts bekannt und begehrte gleichzeitig Zeitausgleich für den 24. und den . Obzwar es vorher bei Zeitausgleichswünschen des Klägers nie Probleme gegeben hatte, lehnte der Geschäftsführer der Beklagten den nunmehrigen, seiner Ansicht nach zu spät geäußerten Zeitausgleichswunsch ab, weil er den Kläger für dringende Montagearbeiten brauchte. Er bot dem Kläger Zeitausgleich für die darauf folgende Woche an. Zu diesem Zeitpunkt entschied sich der Kläger, der Arbeit zumindest für die zwei Tage des Kurses fernzubleiben, da er aufgrund seiner hohen Zeitausgleichs- und Urlaubsansprüche ein Recht auf die zwei freien Tage zu haben glaubte. Auch die Tatsache, dass die Beklagte ständig verspätet den Lohn zahlte, war mit ausschlaggebend dafür, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses andachte.

Am erschien der Kläger zur Arbeit und fuhr auf eine Baustelle nach Salzburg. Ohne dies jemandem im Vorhinein mitzuteilen, erschien er dort am nächsten Tag nicht zur Arbeit, sondern besuchte stattdessen den von ihm gebuchten Kurs. Da der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger telefonisch nicht erreichen konnte, kontaktierte er dessen Ehefrau, die ihm vom Kursbesuch ihres Ehemanns Mitteilung machte. Der Geschäftsführer erklärte ihr gegenüber, dass der Kläger das Arbeitsverhältnis als beendet ansehen könne, sofern er auch am nächsten Tag nicht erscheine, und verlangte einen Rückruf des Klägers. In einem noch am selben Tag geführten Telefonat forderte er den Kläger auf, zur Arbeit zurückzukehren, widrigenfalls er mit Konsequenzen zu rechnen habe. Der Kläger antwortete, dass ihn das nicht mehr interessiere. In der Folge erschien der Kläger nicht mehr zur Arbeit. Weitere Gespräche oder Schriftverkehr zwischen dem Kläger und der Beklagten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses fanden nicht statt.

Zum - in diesem Jahr hatte der Kläger keinen Urlaub konsumiert - hatte der Kläger Anspruch auf Urlaub im Umfang von 701,50 Stunden (87,7 Urlaubstage). Für die Zeit vom 1. 1. bis bestand ein aliquoter Urlaubsanspruch von 15,8 Stunden.

Dem Kläger wurden in der Zeit vom bis zum 905,5 Überstunden weder durch Zeitausgleich noch in Geld abgegolten.

In der Praxis wurde bei der Verrichtung von Überstunden nicht mit der Beklagten Rücksprache gehalten. Über die Notwendigkeit der Überstunden entschied entweder der jeweilige Bauleiter vor Ort bzw jeder Arbeitnehmer nach dem Fortschritt der Arbeit und dem jeweiligen Fertigstellungstermin. Versuche des Geschäftsführers, eine Anerkennung der Überstunden von der Abzeichnung durch den Bauherrn oder den Bauleiter abhängig zu machen, wurden von ihm wegen praktischer Schwierigkeiten - meist war keine zuständige Person auf der Baustelle anwesend - nicht weiter verfolgt. Im Sinne der bisherigen Praxis griff man daher weiter auf die Aufzeichnung der Arbeitnehmer zurück. Dass nicht abgezeichnete Überstunden nicht verrechnet werden, wurde dem Kläger niemals mitgeteilt. Die von den Arbeitern aufgezeichneten Überstunden wurden einmal wöchentlich in ein Stundenbuch übertragen und an die Buchhaltung übergeben. Von dort gelangten sie zum Geschäftsführer, der sie an die Steuerberatungskanzlei weitergab.

Der Kläger begehrte von der Beklagten zunächst 33.034,85 EUR brutto sA an Überstundenentgelt, Störzulage, Feiertagsentgelt, Entgeltfortzahlungsdifferenz für die Zeit vom bis , Sonderzahlungsdifferenzen für 2006, anteilige Sonderzahlungen für die Zeit vom 1.1. bis , Urlaubsersatzleistung für 89,3 Arbeitstage, Abfertigung sowie Kündigungsentschädigung samt Sonderzahlungen und Urlaubsersatzleistung hiezu. Nach einen Teilanerkenntnisurteil vom über 4.373,99 (Urlaubsersatzleistung für 63 Arbeitstage, Überstundenentgelt für 13 Überstunden) schränkte der Kläger sein Begehren um weitere 266,04 EUR brutto (24 Überstunden) auf letztlich 32.768,81 brutto sA (unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisurteils richtig: 28.394,82 brutto sA) ein.

Das Arbeitsverhältnis sei von der Beklagten durch unberechtigte Entlassung beendet worden. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass der Kläger berechtigt ausgetreten sei. Dass der Kläger am 24. 1. und am nicht zur Arbeit erschienen sei, könne unter den gegebenen Umständen nicht als konkludenter Austritt gewertet werden. Im Hinblick auf den Verzug der Beklagten mit den Lohnzahlungen und auf die hohen offenen Überstunden- und Urlaubsansprüche - insofern sei von einem Verstoß gegen die Fürsorgepflicht der Beklagten auszugehen - wäre auch ein allfälliger Austritt als berechtigt anzusehen. Eine Nachfristsetzung wäre angesichts des Dauerverhaltens der Beklagten nicht notwendig gewesen.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger, der nach dem nicht mehr zur Arbeit erschienen sei, sei unberechtigt ausgetreten. Sein Begehren um Zeitausgleich sei viel zu spät gestellt worden. Zudem sei er wegen einer dringenden Montagetätigkeit im Betrieb benötigt worden. Seine Überstundenforderungen seien unberechtigt, zumal der Geschäftsführer weder ausdrücklich noch schlüssig Überstunden angeordnet habe und ihre Leistung auch nicht notwendig gewesen sei. Überdies sei der Kläger einer Weisung, die Überstundennachweise in korrekter Form zu erbringen, nicht nachgekommen. Ein Großteil der geltend gemachten Überstunden sei zudem verfallen. § 19 des anzuwendenden Kollektivvertrags sehe die Verwirkung der Ansprüche mangels Geltendmachung innerhalb von vier Monaten ab Fälligkeit vor.

Der Kläger bestritt, dass die von ihm begehrten Überstundenentgelte verfallen seien. Die Beklagte verfüge über ein eigenes System zur Aufzeichnung und Erfassung von Überstunden. Mit der Aufnahme der vom Kläger geleisteten Überstunden in diese Listen liege ein Anerkenntnis unter Verzicht auf jedweden Verfalls- oder Verjährungseinwand vor.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 11.338,99 brutto samt 10,67 % Zinsen ab statt und wies das Mehrbegehren von 17.055,83 brutto sA sowie das Begehren auf Zuspruch von Zinsen bereits ab ab.

Es wertete das Verhalten des Klägers als unberechtigten Austritt. Der Geschäftsführer der Beklagten habe keine Entlassung ausgesprochen. Er habe vielmehr den Kläger an den Arbeitsplatz zurückholen wollen. Die Ablehnung des Ersuchens um Zeitausgleich sei keine schwerwiegende Vertragsverletzung, zumal der Kläger von der Beklagten an den betroffenen Tagen dringend benötigt worden sei. Dass das Gehalt für Dezember 2006 ausständig gewesen sei, stelle hingegen eine wesentliche Vertragsverletzung dar. Der Kläger habe aber - abgesehen von dem auch von ihm unterfertigten Schreiben der Belegschaft im Dezember 2006 - trotz jahrelanger Zahlungsverspätungen nie die Lohnzahlungen urgiert. Er wäre daher zur Setzung einer zumindest kurzen Nachfrist und zur Androhung des Austritts verpflichtet gewesen. Sein Austritt sei daher unberechtigt erfolgt. Seine Ansprüche auf Kündigungsentschädigung, Abfertigung, Sonderzahlung für 2007 und Urlaubsersatzleistung aliquot für 2007 seien daher abzuweisen.

Das Begehren auf Überstundenentgelt sei hingegen berechtigt. Dass die Beklagte die Überstunden ohne Abzeichnung oder Genehmigung in die der Abrechnung zugrunde gelegten Listen aufgenommen habe, sei als Anerkenntnis zu werten. Verwirkung oder Verjährung iSd Kollektivvertrags liege nicht vor, weil der Anspruch des Arbeitnehmers aus dem Zeitguthaben erst fällig werde, wenn feststehe, dass die von den Parteien vereinbarte Verrechnung durch Zeitausgleich nicht mehr möglich sei, somit regelmäßig erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Erst zu diesem Zeitpunkt werde der Zeitausgleichsanspruch in einen Geldanspruch umgewandelt. Die Verfallsfrist und auch die Verjährungsfrist beginne daher frühestens mit diesem Zeitpunkt zu laufen. Auch die inhaltlich nicht bestrittene Störzulage, eine Sonderzahlungsrest für 2006, Feiertagsentgelt für sieben Tage, Überstundenentgelt aus dem Titel Entgeltfortzahlung und Urlaubsersatzleistung für die Zeit vor 2007 seien dem Kläger zuzusprechen. Überstundenzuschlag gebühre im Fall eines unberechtigten vorzeitigen Austritts nach § 4b Z 6 des Kollektivvertrags nicht. Insgesamt sei das Klagebegehren daher im Umfang von 11.338,99 brutto sA berechtigt.

Das von beiden Seiten angerufene Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagte nicht Folge, änderte aber in teilweiser Stattgebung der Berufung des Klägers das Ersturteil dahin ab, dass es die Beklagte zur Zahlung von 16.468,98 EUR brutto sA verpflichtete und das Mehrbegehren im Umfang von 11.925,84 EUR brutto sA abwies. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Dem in der Berufung erhobenen Einwand der Beklagten, sämtliche Ansprüche des Klägers, die vor der Verfallsfrist des Kollektivvertrags fällig geworden seien, seien verfallen, hielt das Berufungsgericht entgegen, dass die Beklagte in erster Instanz einen Verjährungs-/Verfallseinwand ausschließlich hinsichtlich der geltend gemachten Überstundenentgelte erhoben hat. Mit ihrem nunmehr darüber hinaus gehenden Verfallseinwand verstoße sie gegen das Neuerungsverbot.

Die Überstundenentgelte des Klägers seien nicht verfallen. Nach § 19 Z 2 des Kollektivvertrags seien alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnisses mit Ausnahme des reinen Lohnanspruchs iSd § 5 Z 11 bei sonstigem Verfall innerhalb von vier Monaten nach Fälligkeit geltend zu machen. Nach Z 4 seien jene Ansprüche, die innerhalb der genannten Fristen rechtzeitig, aber erfolglos geltend gemacht wurden, innerhalb von 18 Monaten seit der ersten Geltendmachung bei sonstiger Verwirkung gerichtlich anhängig zu machen. Die Übergabe klarer und unmittelbarer Aufzeichnungen über die geleisteten Überstunden sei als hinreichende Geltendmachung zu qualifizieren. Zudem stelle die Aufnahme der vom Kläger bekannt gegebenen Überstunden in die Überstunden/Zeitausgleichstabelle ein deklaratives Anerkenntnis dar, das die Verjährungs- bzw die Verfallsfrist unterbreche. Der Oberste Gerichtshof habe zudem mehrfach ausgesprochen, dass im Fall der Vereinbarung, Überstunden durch Zeitausgleich abzugelten, die in einzelnen Kollektivverträgen vorgesehenen Verfallsbestimmungen nicht zur Anwendung kommen, zumal die sich für die Einhaltung dieser Bestimmungen aus § 19f Abs 2 AZG ergebenden Anforderungen die Arbeitnehmer bei weitem überforderten. Die Überstundenansprüche seien daher nicht verfallen. Sie seien auch nicht verjährt, zumal sie aus der Zeit ab stammten und die Klage am eingebracht worden sei.

Der vom Kläger in seiner Berufung vertretenen Rechtsauffassung, sein Austritt sei gerechtfertigt gewesen, schließe sich das Berufungsgericht nicht an. Es erachte aber die Mitverschuldensregel des § 1162c ABGB als anwendbar. Diese Regel sei nach der Rechtsprechung auch bei ungerechtfertigter vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses anzuwenden, wenn ein zusätzliches, für den vorzeitigen Beendigungsausspruch kausales schuldhaftes Verhalten des anderen Teils vorliege. Ein Mitverschulden des anderen Teils müsse dabei nicht ausdrücklich eingewendet werden. Vielmehr genüge es, wenn entsprechende Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden. Hier habe die Beklagte ein solches schuldhaftes Verhalten gesetzt, zumal sie über Jahre immer wieder den Lohn verspätet ausgezahlt habe und zum Austrittszeitpunkt das Dezembergehalt des Klägers trotz Fälligkeit ausständig gewesen sei. Von besonderer Bedeutung sei überdies, dass der Kläger in der Zeit vom bis zum insgesamt 905,50 nicht durch Zeitausgleich abgegoltene Überstunden erwirtschaftet und einen Urlaubsanspruch von 701,5 Stunden angehäuft habe, obwohl Arbeitgeber aufgrund ihrer Fürsorgepflicht dazu verhalten seien, auf die Sicherung und Erhaltung der Gesundheit ihrer Arbeitnehmer und daher auch auf deren Erholungsmöglichkeiten zu achten. Der Kläger, der sich wegen der ständig verspäteten Lohnzahlungen mit dem Gedanken der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses getragen habe, habe den ihm verwehrten Zeitausgleich einseitig in der Auffassung konsumiert, aufgrund der hohen Zeitausgleichs- und Urlaubsansprüche dazu berechtigt zu sein. Auch wenn der Austritt nicht berechtigt sei, weil der Kläger von seinem Fernbleiben von der Arbeit die Beklagte nicht verständigt hat, habe aber die Beklagte eine ganz gravierende Verletzung ihrer arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht zu verantworten. Die Beklagte habe daher ein Mitverschulden am vorzeitigen Austritt des Klägers zu verantworten. Das Berufungsgericht erachte daher den Zuspruch der Hälfte der beendigungsabhängigen Ansprüche als gerechtfertigt. Daher seien dem Kläger über die ihm schon zugesprochenen Beträge hinaus weitere 5.129,99 EUR brutto zuzuerkennen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit dem Antrag, es dahin abzuändern, dass das Klagebegehren „hinsichtlich eines Betrags von 16.468,88 EUR brutto" (gemeint: hinsichtlich des gesamten noch offenen Klagebegehrens) abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 1162c ABGB abgewichen ist.

Die Revision ist teilweise auch berechtigt.

Der Revisionswerber wendet sich zum einen gegen die Nichtberücksichtigung seines Verfallseinwands, zum anderen dagegen, dass ihm ein Mitverschulden am Austritt des Klägers angelastet wurde.

Zum Einwand des Verfalls:

Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte in erster Instanz den Einwand des Verfalls ausschließlich im Zusammenhang mit den Forderungen des Beklagten an Überstundenentgelt erhoben hat. Die Revisionswerberin hält dem ihr in Punkt III. ihres Schriftsatzes vom erstattetes Vorbringen über den Wortlaut der Verfallsbestimmung des Kollektivvertrags entgegen, das sie aber unvollständig zitiert. Den Passagen vor der in der Revision wiedergegebenen Formulierung ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass die Beklagte „Verjährung bzw Verfristung der geltend gemachten Überstunden" eingewendet hat.

Richtig ist nur, dass die Beklagte in Punkt V. des genannten Schriftsatzes eingewendet hat, dass ein Großteil der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche nach § 1486 Z 5 ABGB verjährt sei. Dazu hat sie aber in erster Instanz kein schlüssiges Vorbringen gestattet und in zweiter Instanz auch keine Rechtsrüge erhoben. Auch in der Revision wird dazu inhaltlich nichts ausgeführt.

Den Einwand, dass die Ansprüche des Klägers auf Überstundenentgelt verfallen sind, hat das Berufungsgericht zu Recht verneint:

Auf die in der Revision kritisierte Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, wonach die Aufnahme der vom Kläger verzeichneten Überstunden in eine Liste des Dienstgebers als deklaratives Anerkenntnis zu werten sei, das die Verjährungs- und die Verfallsfrist unterbreche, kommt es dabei gar nicht an. Der Einwand des Verfalls ist nämlich aus folgenden, ohnedies auch vom Berufungsgericht angestellten Überlegungen verfehlt:

Nach § 19 Z 2 des hier anzuwendenden Kollektivvertrags für das holz- und kunststoffverarbeitende Gewerbe müssen alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis mit Ausnahme des reinen Lohnanspruchs innerhalb von vier Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden. Nach § 19 Z 4 des Kollektivvertrags sind Ansprüche, die zwar rechtzeitig, aber erfolglos geltend gemacht wurden, innerhalb von 18 Monaten seit der ersten Geltendmachung gerichtlich anhängig zu machen, widrigenfalls sie verwirkt sind.

Hier haben die Parteien vereinbart, dass die vom Kläger geleisteten Überstunden durch Zeitausgleich abgegolten werden sollen. Auf Zeitausgleichsguthaben, die ja der Arbeitnehmer (zunächst) nicht nach eigenem Gutdünken verbrauchen kann, sind aber die von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Verfallsbestimmungen nicht anzuwenden, was sich schon daraus ergibt, dass vor einer entsprechenden Vereinbarung zwischen den Parteien oder einer Vorgangsweise iSd § 19f Abs 2 AZG von einem „fälligen" Anspruch nicht gesprochen werden kann (so zuletzt 9 ObA 58/08g in einem ebenfalls die Beklagte betreffenden Fall). Die Rechtsauffassung der Beklagten, die Verfallsfrist habe bereits mit den in den einzelnen Monaten erfolgten Lohnabrechnungen begonnen, ist daher von vornherein verfehlt.

Nach der Rechtsprechung zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des mit BGBl I 1997/46 eingeführten § 19f Abs 2 AZG hat sich das Zeitguthaben des Arbeitnehmers erst dann wieder in einen Geldanspruch umgewandelt, wenn feststand, dass die von den Parteien vereinbarungsgemäß erwartete Verrechnung des Guthabens durch Zeitausgleich nicht mehr möglich sein wird, regelmäßig also erst mit Ende des Arbeitsverhältnisses. Erst mit diesem Zeitpunkt hat daher die Verfallsfrist zu laufen begonnen (Arb 11.015 ua).

Mit seiner Entscheidung 9 ObA 114/03k ist der Oberste Gerichtshof unter Hinweis auf das Inkrafttreten des § 19f Abs 2 AZG von seiner früheren Rechtsprechung abgegangen. Nach dieser Bestimmung (in der auch hier noch anwendbaren Fassung vor der Novelle BGBl I Nr 2007/61) kann der Arbeitnehmer bei Überstundenarbeit, für die Zeitausgleich gebührt, ohne dass der Zeitpunkt des Ausgleichs im Vorhinein vereinbart worden wäre, wenn der Ausgleich nicht binnen 13 Wochen gewährt wird, binnen einer weiteren Woche bekannt gegeben, dass er den Zeitpunkt des Ausgleichs zu einem späteren Zeitpunkt einseitig bestimmen wird. Mangels einer solchen Bekanntgabe ist die Überstunde gemäß § 10 Abs 1 Z 1 und Abs 3 AZG abzugelten. Die Frist von 13 Wochen beginnt, wenn - wie offenkundig auch hier - kein Durchrechnungszeitraum im Sinn des § 4 Abs 6 AZG vereinbart wurde, gemäß § 19f Abs 2 Z 2 AZG, sobald ein Anspruch auf Zeitausgleich von 30 Stunden entstanden ist, spätestens jedoch nach einem Jahr. Wurde somit der Zeitpunkt des Zeitausgleichs - wie dies hier offenkundig der Fall war - nicht im Vorhinein vereinbart, und kommt es nicht innerhalb von 13 Wochen zu einem Verbrauch, kann der Arbeitnehmer binnen einer weiteren Woche dem Arbeitgeber mitteilen, dass er den Verbrauch des Zeitausgleichs einseitig bestimmen werde. Teilt er dies nicht mit, sind die Überstunden in Geld zu vergüten (Grillberger, AZG2, 165; 8 ObA 35/04m; 9 ObA 114/03k; 8 ObS 93/02p; 9 ObA 58/08g). Der Arbeitnehmer kann daher nach Ansammeln von zumindest 30 Überstunden nach 13 Wochen den Verbrauch des Guthabens einseitig bestimmen oder nach Verstreichen einer weiteren Woche auf die Auszahlung des auf die Überstunden entfallenden Entgelts bestehen. Dies bedeutet aber, dass nach dem jeweiligen Ansammeln von 30 Überstunden und dem Verstreichen von insgesamt 14 Wochen mangels einseitiger Bestimmung des Verbrauchs des Guthabens durch den Arbeitnehmer die darauf entfallenden Entgeltansprüche fällig werden (8 ObA 35/04m; 9 ObA 114/03k; 9 ObA 58/08g).

Trotz dieser „Rückumwandlung" des Zeitguthabens in einen fälligen Geldanspruch schon während des Arbeitsverhältnisses erachtete der Oberste Gerichtshof kollektivvertragliche Verfallsbestimmungen, die sich auf Entgeltansprüche für Überstunden beziehen, auf die jeweils „rückumgewandelten" Entgeltforderungen als nicht anwendbar (8 ObA 35/04m; 9 ObA 114/03k; 9 ObA 58/08g). Die in den genannten Entscheidungen maßgebenden Verfallsbestimmungen tragen - wie auch die hier ins Treffen geführten Verfallsbestimmungen - der durch § 19f AZG bewirkten Änderungen der Rechtslage in keiner Weise Rechnung. Sie knüpfen an den normalen Ablauf der Dinge an, der dadurch gekennzeichnet ist, dass der Arbeitnehmer ohne Schwierigkeiten überprüfen kann, ob seine (für ihn aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs leicht überschaubaren) Ansprüche in der nächsten in Betracht kommenden Gehaltsabrechnung berücksichtigt wurden. Im Gefolge des § 19f Abs 2 AZG kommt bzw kam es nun aber laufend zur „Rückumwandlung" von Zeitausgleichsguthaben in fällige Entgeltansprüche. Damit wäre der Arbeitnehmer, der die Verfallsfrist einhalten will, gezwungen, nicht nur über sein sich aus dem Saldo von Überstundenleistung und Zeitausgleich ergebendes Zeitguthaben genau Buch zu führen; darüber hinaus müsste er die überaus komplizierten Fristenbestimmungen des § 19f Abs 2 Z 1 und 2 AZG nicht nur kennen sondern auch richtig anwenden, um den Zeitpunkt zu ermitteln, wann und in welchem Umfang er nun Geldansprüche geltend machen (oder den Zeitpunkt des Ausgleichs einseitig bestimmen) kann bzw muss. Dazu kommt, dass im Laufe der Zeit fortlaufende Überstundenleistungen neue Fristenläufe auslösen können, sodass es notwendig sein kann, für verschiedene Ansprüche parallele Berechnungen durchzuführen. Es kann daher nicht angenommen werden, dass die Kollektivvertragsparteien vom Arbeitnehmer zur Vermeidung des Verlustes von Ansprüchen ein ihn angesichts der Kürze der zur Verfügung stehenden Fristen und der Kompliziertheit der maßgebenden Regelung wohl regelmäßig überforderndes Verhalten verlangen wollen. Dies muss umso mehr gelten, als die in Rede stehenden Verfallsbestimmungen im Fall der Vereinbarung der Abgeltung der Überstunden durch Zeitausgleich ja auch nach der früheren Rechtslage nicht zur Anwendung kamen.

Wie schon das Berufungsgericht richtig erkannt hat, kann sich die Revisionswerberin daher auf die Verfallsbestimmung des § 19 Z 2 und 4 des Kollektivvertrags nicht mit Erfolg berufen.

In diesem Umfang erweist sich die Revision daher als nicht berechtigt.

Zur Frage eines Mitverschuldens der Beklagten an der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses:

Der Kläger hat in zweiter Instanz die Annahme, er sei ausgetreten, nicht mehr bekämpft, aber geltend gemacht, der Austritt sei gerechtfertigt erfolgt. Die gegenteilige Entscheidung des Berufungsgerichts, mit der seine beendigungsabhängigen Ansprüche abgewiesen wurden, hat er nicht mehr angefochten. Diese Anfechtung kann er durch den in seiner Revisionsbeantwortung enthaltenen Hinweis, er halte seinen Austritt nach wie vor für berechtigt, nicht nachtragen.

Den weiteren Ausführungen liegt daher die Annahme eines unberechtigten Austritts des Klägers zugrunde:

Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, dass die Mitverschuldensregel des § 1162c ABGB (wie die vergleichbare Bestimmung des § 32 AngG) „ausnahmsweise" (8 ObA 41/02s) auch dann zur Anwendung kommt, wenn sich die von einem Teil erklärte vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses zwar als ungerechtfertigt erweist, der Erklärungsempfänger aber ein schuldhaftes Verhalten an den Tag gelegt hat, das im Zusammenwirken mit einem ebenfalls schuldhaften Verhalten des Erklärenden für die Auflösung ursächlich war (8 ObA 17/04i; 8 ObA 41/02s; RIS-Justiz RS0028246). Dabei kann der Mitverschuldensregel nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung auch anspruchsbegründende Wirkung zukommen (8 ObA 76/01m = DRdA 2002/19, 284 [Apathy]; ausführlich Kuras, AngG-Kommentar § 32 Rz 6 mit Darstellung des Meinungsstands in der Lehre). Dabei geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Mitverschuldensregel nicht dazu dient, dem Erklärenden durch teilweise Berücksichtigung seiner zu „schwachen" Auflösungsgründe wenigstens einen Teil seines unbegründeten Anspruchs zu retten oder die ihn aufgrund der unberechtigten Auflösung treffenden Rechtsfolgen zu mindern (RIS-Justiz RS0021719; 8 ObA 41/02s; Kuras, AngG-Kommentar § 32 Rz 12). Daher ist immer die Frage nach dem Auflösungsgrund zu klären, die nicht mit jener nach einem allfälligen Mitschulden vermengt werden darf. Tatbestände, die sich nicht als taugliche Auflösungsgründe erwiesen haben, müssen für die Beurteilung eines allfälligen Mitverschuldens außer Betracht bleiben. Die Mitverschuldensregel kann bei ungerechtfertigter vorzeitiger Auflösung nur dort greifen, wo der Erklärungsemfänger ein Verhalten gesetzt hat, das zusätzlich bzw unabhängig von dem für die vorzeitige Auflösung nicht ausreichenden Verhalten für die Auflösung kausal iSd Verursachung eines Informationsmangels des die Auflösung unberechtigt Erklärenden war. Die „Kausalität" des Verhaltens ist hier auf die Auflösungserklärung zu beziehen. Das kausale Verhalten des Erklärungsempfängers (unberechtigt entlassener Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, dessen Arbeitnehmer unberechtigt ausgetreten ist) für die Auflösungserklärung kann demgemäß in einer Verletzung von Informationsverpflichtungen bestehen, deren Erfüllung den Erklärenden in die Lage versetzt hätte, die mangelnde Berechtigung seiner Auflösungserklärung zu erkennen und davon Abstand zu nehmen (Kuras, AngG-Kommentar § 32 Rz 12; in diesem Sinn nimmt die Rechtsprechung ein Mitverschulden des unberechtigt entlassenen Arbeitnehmers an, der dem Arbeitgeber einen ihm bekannten Rechtfertigungsgrund für ein an sich pflichtwidriges Verhalten schuldhaft nicht bekannt gibt, wenn der Arbeitgeber bei Kenntnis des Rechtfertigungsgrunds die Entlassung nicht ausgesprochen hätte [RIS-Justiz RS0101191; 9 ObA 108/05f; 8 ObA 52/04m]).

Damit ist aber klar, dass hier die Voraussetzungen für die Annahme eines Mitverschuldens der Beklagten am unberechtigten Austritt des Klägers nicht vorliegen. Das Berufungsgericht hat ein derartiges Mitverschulden gerade in jenem Verhalten des Arbeitgebers erblickt, das für die Rechtfertigung des Austritts des Klägers nicht ausgereicht hat, nämlich in den ständigen verspäteten Lohnzahlungen, mit dem Aushaften des Dezembergehalts und mit den hohen Zeitausgleichs- und Urlaubsguthaben bzw der darin erblickten Verletzung der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht. All diese Umstände hat der Kläger schon in seiner Klage zur Rechtfertigung des Austritts herangezogen. Sie haben sich aber als zur Rechtfertigung des Austritts nicht als geeignet erwiesen und kommen daher als Grundlage für die Annahme eines Mitverschuldens der Beklagten nicht in Betracht. Ein für die unberechtigte Austrittserklärung kausales Verhalten der Beklagten iS der Verursachung eines Informationsmangels hat der Kläger, der sich im Übrigen mit keinem Wort auf ein Mitverschulden der Beklagten gestützt hat, nicht behauptet.

Soweit das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Beklagten angenommen und auf dieser Grundlage das Ersturteil iSd Zuspruchs weiterer 5.129,99 brutto abgeändert hat, erweist sich die Revision daher als berechtigt.

In teilweiser Stattgebung der Revision war daher das Ersturteil wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf die §§ 43 Abs 1, 50 ZPO sowie auf § 58a ASGG. Beide Parteien sind letztlich in zweiter Instanz zur Gänze erfolglos geblieben, sodass ihnen die Kosten ihrer Berufungsbeantwortungen, mit denen sie die jeweils gegnerische Berufung abgewehrt haben, zu ersetzen sind. Da der Kläger in zweiter Instanz durch einen Vertreter der Arbeiterkammer für Steiermark vertreten war, kommt allerdings § 58a ASGG zur Anwendung, nach dem der Ersatzanspruch unmittelbar der Arbeiterkammer für Steiermark zusteht. Da der pauschalierte Aufwandersatz nach § 58a ASGG sämtliche im entsprechenden Verfahrensabschnitt (hier im Berufungsverfahren) erbrachten Vertretungsleistungen abdeckt, muss unter den hier gegebenen Umständen der Pauschalbetrag auf die vom Kläger erhobene Berufung einerseits und auf seine Berufungsbeantwortung andererseits aufgeteilt werden. Vom Gesamtstreitwert in zweiter Instanz entfallen 60 % auf die Berufung des Klägers (bzw auf das darüber abgeführte Verfahren) und 40 % auf die Berufung der Beklagten (bzw auf das darüber abgeführte Verfahren). Der Arbeiterkammer für Steiermark sind daher 40 % des Aufwandersatzes für das Berufungsverfahren für die Beantwortung der Berufung der Beklagten zuzusprechen.

In dritter Instanz ist die Beklagte nur mit etwa einem Drittel ihres Revisionsinteresses durchgedrungen. Sie hat daher dem Kläger ein Drittel der Kosten seiner Revisionsbeantwortung zu ersetzen. Der Kläger hat gemäß § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO Anspruch auf Ersatz zweier Drittel der von ihm getragenen Pauschalgebühr.