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OGH vom 12.08.1999, 8ObA130/99x

OGH vom 12.08.1999, 8ObA130/99x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Raimund Kabelka und Herbert Böhm als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Monika P*****, vertreten durch Dr. Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Firma A***** D***** GmbH, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung (Streitwert S 100.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 231/98i-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 32 Cga 88/98x-8, aufgehoben und das Klagebegehren abgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 14.960,16 (darin S 2.493,36 USt) bestimmten Kosten der Verfahren zweiter und dritter Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war vom bis bei der Beklagten, einem Arbeitskräfteüber- lassungsunternehmen, beschäftigt. Die Abmeldung bei der Gebietskrankenkasse wies als Ende des Beschäftigungsverhältnisses den und als Ende des Entgeltsanpruches den aus. Bei Einstellung wurde der Klägerin ein datumsmäßiges Ende des Dienstverhältnisses nicht genannt, ihr jedoch mitgeteilt, daß das Dienstverhältnis dann endet, wenn der Auftrag, den die Beklagte erhalten hatte, beendet ist und dies im Dienstzettel als sachliche Begründung für die Befristung angeführt. Am fand bei P***** eine Dienstbesprechung zwischen dem Geschäftsführer und der Beklagten und den bei der Firma P***** eingesetzten Mitarbeitern statt, bei der auch das Ende des Beschäftigungsverhältnisses im Hinblick auf das Auslaufen des Auftrages der Firma P***** besprochen wurde. Den Mitarbeitern wurde erklärt, daß sie bezüglich der erarbeiteten Zeitguthaben die Möglichkeit hätten, sich diese auszahlen zu lassen oder länger angemeldet zu bleiben, um mehr Versicherungszeiten zu erhalten. In der Woche um den erfuhr die Geschäftsleitung der Beklagten, daß der Auftrag der Firma P***** mit beendet sein würde.

Der Klägerin wurde daraufhin von der Beklagten mitgeteilt, daß ihr Arbeitsverhältnis am endet, worauf die Klägerin der Beklagten mitteilte, daß sie sich hinsichtlich des Zeitguthabens eben für die zweite der angebotenen Varianten entschieden hätte und länger angemeldet bleiben wolle.

Da die Klägerin im Februar 1998 den Verdacht hatte, schwanger zu sein, ließ sie sich Mitte Februar von Dr. S***** untersuchen. Diese Untersuchung mit positivem Ergebnis war für sie die erste definitive Information, daß sie tatsächlich schwanger war und sich bereits in der 14. Schwangerschaftswoche befand. Eine andere Untersuchung durch einen Arzt war nicht erfolgt.

Mit Schreiben der Arbeiterkammer vom wurde die Beklagte vom Vorliegen der Schwangerschaft informiert und aufgefordert, die Klägerin wieder anzumelden, wobei eine Wiederanmeldung der Klägerin durch die Beklagte mit Schreiben vom abgelehnt wurde.

Die Klägerin begehrte die Feststellung, daß ihr Dienstverhältnis mit der Beklagten über den hinaus aufrecht fortbestehe. Sie brachte vor, daß eine rechtswirksame Befristung mit ihr nie vereinbart worden sei. Tatsächlich sei das Dienstverhältnis von der Beklagten aufgelöst worden. Wie sich nachträglich herausgestellt habe, sei sie zum Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses schwanger gewesen, wobei sie selbst am davon Kenntnis erlangt und den Umstand der Schwangerschaft unverzüglich mitgeteilt habe.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, daß der Klägerin bei Beginn des Dienstverhältnisses bekannt gewesen sei, daß das Arbeitsverhältnis ausschließlich bis zur Beendigung des Auftrages der Beklagten bei der Firma P***** befristet gewesen sei. Da die Beklagte mit der Beendigung des Auftrages der Firma P***** auch keine Arbeit mehr für die Klägerin gehabt habe, sei die Beendigung des Dienstverhältnisses sachlich gerechtfertigt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es den Sachverhalt rechtlich dahingehend beurteilte, daß bis zum wohl ein befristetes Dienstverhältnis bestanden habe. Durch die Vereinbarung, die Klägerin bis zum angemeldet zu lassen, sei es zu einer erstmaligen Verlängerung des Dienstverhältnisses gekommen. Das Ende des Entgeltanspruches mit wertete das Erstgericht als nochmalige Dienstverhältnisverlängerung. Es sei somit von einer zweifachen Verlängerung des ursprünglich befristeten Dienstverhältnisses auszugehen, was jedoch entsprechend der Judikatur jedenfalls als unbefristetes Dienstverhältnis anzusehen sei. Als die Klägerin am erstmalig definitiv gewußt habe, daß eine Schwangerschaft vorgelegen sei und sie sich in der 14. Schwangerschaftswoche befunden habe, habe sie die Beklagte unmittelbar davon in Kenntnis gesetzt, weshalb die Auflösung des Dienstverhältnisses als rechtsunwirksam anzusehen sei, da die Regelung des § 10 MSchG eingreifen würde.

Über Berufung der Beklagten änderte das Berufungsgericht das Ersturteil im Sinne einer Klagsabweisung ab.

Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes mit Ausnahme der aktenwidrigen Feststellung, daß das Dienstverhältnis vom 27. 11. bis neuerlich verlängert wurde und führte im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung aus, daß dem Anlaßfall ein befristetes Dienstverhältnis zugrundeliege, dessen vereinbartes Ende an ein bestimmtes Ereignis - Ende des Auftrages der Firma P***** - angeknüpft habe. Der Endzeitpunkt sei objektiv feststellbar und der willkürlichen Beeinflussung der Vertragspartner entzogen gewesen. Die Befristung des Dienstverhältnisses sei auch sachlich gerechtfertigt, weil die Beklagte als überlassendes Unternehmen nach Ende des Auftrags P***** keine Verwendung mehr für die Klägerin gehabt habe. Die einmalige Verlängerung des Dienstverhältnisses sei über Wunsch der Klägerin aus sozialen Gründen erfolgt, weshalb entgegen der Ansicht des Erstgerichtes kein unzulässiger Kettenarbeitsvertrag und damit auch kein unbefristetes Dienstverhältnis vorliege.

Auch die Auflaufhemmung des § 10a MSchG könne der Klägerin nicht zugutekommen, weil der Abschluß eines befristeten Dienstverhältnisses für die Zeit eines Auftrags an einen Arbeitskräfteüberlasser der im Gesetz genannten Saisonarbeit vergleichbar erscheine. Darüber hinaus stelle § 10a MSchG darauf ab, daß die Meldung der Schwangerschaft vor Ende des auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Dienstverhältnisses erfolge.

Gegen dieses Urteil erhob die Klägerin Revision wegen unrichtiger rechlicher Beurteilung mit dem Antrag, auf Abänderung im Sinne der Klagststattgebung; in eventu beantragte sie das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist gemäß § 46 Abs 3 Z 1 zweiter Fall ASGG jedenfalls zulässig, weshalb ein - von der Beklagten vermißter - Ausspruch zur Frage der Zulässigkeit der Revision gemäß § 45 Abs 3 ASGG unterbleiben konnte, und auch berechtigt.

Die Revisionswerberin macht geltend, es liege einerseits kein befristetes Dienstverhältnis vor, da der Endzeitpunkt objektiv nicht feststellbar gewesen sei; andererseits lägen keine sachlichen Gründe vor, die eine Befristung im Sinne des § 11 Abs 1 Z 2 AÜG rechtfertigen würden.

Die Beklagte betreibt das bewilligungspflichtige Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften im Sinne des § 257 Abs 1 GewO. Ein Tatbestand gemäß § 257 Abs 2 GewO, der die Ausnahmen von der Bewilligungspflicht festlegt, liegt offensichtlich nicht vor.

Daher sind gemäß § 1 Abs 1 und 3 AÜG die Bestimmungen des Abschnittes III (§§ 10-14) des AÜG auf das gegenständliche Dienstverhältnis anzuwenden.

Gemäß § 11 Abs 1 AÜG darf der Überlasser eine Arbeitskraft an einen Dritten nur nach Abschluß einer ausdrücklichen Vereinbarung überlassen, die unabhängig von der einzelnen Überlassung insbesondere folgende Bedingungen zwingend festzulegen hat:

1. Die Höhe des Entgeltes, die Zahlungstermine und die Urlaubsansprüche,

2. ein bestimmtes zeitliches Ausmaß der Arbeitsverpflichtung und die Gründe für eine allfällige Befristung;

3. die Kündigungsfristen;

4. die voraussichtliche Art der Arbeitsleistung;

5. die Bundesländer oder die Staaten, in denen die überlassene Arbeitskraft beschäftigt werden soll.

Verboten sind gemäß Abs 2 Z 1 und Z 4 leg. cit. insbesondere Bedingungen, welche den Anspruch auf Arbeitsentgelt auf die Dauer der Beschäftigung im Betrieb des Beschäftigers einschränken, oder solche Bedingungen, welche das Arbeitsverhältnis ohne sachliche Rechtfertigung befristen.

Im allgemeinen, also außerhalb des Anwendungsgebietes des AÜG, kann die zeitliche Dauer einer Befristung eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses kalendermäßig fixiert sein oder an ein bestimmtes Ereignis anknüpfen, dessen Eintritt zum Zeitpunkt der Vereinbarung feststeht. Es genügt, wenn der Endzeitpunkt objektiv feststellbar und der willkürlichen Beeinflussung durch die Vertragsparteien entzogen ist (SZ 44/17; 9 ObA 422/97t ua).

Ergibt sich aus der Umschreibung der Dienste oder aus der angegebenen Zeitspanne keine hinreichend klare Festlegung der Dauer des Dienstverhältnisses, liegt kein Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit vor (Krejci in Rummel ABGB I2 Rz 10 ff zu §§ 1158 ff; Schwarz/Löschnigg Arbeitsrecht6 230, jeweils mit Beispielen aus der Praxis). Anerkannt wurde von der Rechtsprechung beispielsweise ein Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit im Falle eines Dienstvertrages auf Dauer einer bestimmten Baustelle, für die Zeit bis zur Wiederinstandsetzung der Buchhaltung oder bis zum Ende der Saison.

Nicht anerkannt wurden hingegen Befristungen wie: "Sie werden zuschneiden, solange wir etwas zum Zuschneiden haben", oder auf die Dauer des Bedarfes.

Der erkennende Senat neigt der Auffassung zu, daß eine Befristung des Dienstverhältnisses "bis zum Ende des Auftrages der Firma P*****" auch im Anwendungsbereich des ABGB oder des AngG nicht ausreichend ist, im Geltungsbereich des AÜG aber jedenfalls nicht zulässig ist.

Zum einen war das Ende des Auftrages der Firma P***** an die Beklagte vollkommen ungewiß und daher der Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses für die Klägerin nicht vorhersehbar.

Zum anderen würde mit dieser nicht kalendermäßig abgegrenzten Befristung auch das Verbot des § 11 Abs 2 Z 1 AÜG umgangen werden. Diese Bestimmung soll dazu beitragen, dem Überlasser die Abwälzung des Arbeitgeberrisikos auf die Arbeitskraft unmöglich zu machen.

Mit der gegenständlichen Befristung hätte die Beklagte ihr Risiko, Entgelt an die Klägerin auch für Zeiten, in welchen sie keine Beschäftigung für sie hat, auf diese überwälzt, war es doch der Klägerin überhaupt nicht vorhersehbar, ob und vor allem wann ihr Beschäftigungsverhältnis endet.

Die in Z 4 des § 11 Abs 2 AÜG vorgesehene Einschränkung der Möglichkeit, befristete Arbeitsverträge abzuschließen, soll verhindern, daß die Dauer des Arbeitsvertrages von den vorhandenen Beschäftigungsmöglichkeiten bestimmt wird.

Wie die Beklagte selbst vorgebracht hat, hatte sie für die Klägerin für die Zeit nach Beendigung des Auftrages der Firma P***** keine Arbeit mehr. Gerade deshalb wurde die Klägerin nur für die Auftragsdauer aufgenommen.

Genau solche Befristungen des Dienstverhältnisses sollten aber durch die Regelung des § 11 Abs 2 Z 4 AÜG verhindert werden (450 BlgNR 17. GP, 20; Geppert Arbeitskräfteüberlassungsgesetz 144; Mazal, Arbeitskräfteüberlassung 51; Resch, ZAS 1991, 4). Eine Befristung, wie sie im gegenständlichen Fall vorgenommen wurde, war daher gemäß § 11 Abs 2 Z 4 AÜG verboten.

Auf Grund der Unzulässigkeit der Befristung tritt Teilnichtigkeit des Vertrages ein, das Dienstverhältnis gilt daher als ohne Befristung abgeschlossen (Geppert aaO 155).

Daher ist die Frage des Kündigungs- und Entlassungsschutzes nicht nach § 10a MSchG, sondern nach § 10 MSchG zu beurteilen.

Gemäß § 10 Abs 1 MSchG kann Dienstnehmerinnen während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung rechtswirksam nicht gekündigt werden, es sei denn, daß dem Dienstgeber die Schwangerschaft bzw die Entbindung nicht bekannt ist.

Hat die Arbeitnehmerin im Zeitpunkt der Kündigung von der Tatsache ihrer Schwangerschaft Kenntnis, muß sie innerhalb von 5 Arbeitstagen nach dem Zugehen der Kündigung dem Arbeitgeber davon Mitteilung machen (§ 10 Abs 2 erster Satz MSchG).

Kann die Arbeitnehmerin hingegen aus Gründen, die nicht von ihr zu vertreten sind, dem Arbeitgeber die Schwangerschaft innerhalb dieser Frist nicht bekanntgeben, gilt die Bekanntgabe als rechtzeitig erstattet, wenn sie unmittelbar nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachgeholt wird (§ 10 Abs 2 letzter Satz MSchG). Als ein derartiger Hinderungsgrund ist die mangelnde Kenntnis der Arbeitnehmerin von der Tatsache der Schwangerschaft anzusehen (Arb 10.327).

Genau dieser Fall liegt nach den Feststellungen der Unterinstanzen vor. Die Klägerin ließ sich Mitte Februar 1998 untersuchen, weil sie den Verdacht hatte, schwanger zu sein. Das positive Ergebnis war für sie die erste definitive Information, daß sie schwanger war und sich bereits in der 14. Schwangerschaftswoche befand, sie daher um den schwanger geworden ist.

Diese Tatsache teilte sie der Beklagten auch unverzüglich mit. Sie hat daher die Voraussetzungen des § 10 Abs 2 letzter Satz MSchG erfüllt und genießt demzufolge den besonderen Kündigungsschutz nach den Vorschriften des MSchG. Daß der Klägerin ihre Schwangerschaft schon längere Zeit vor Mitte Februar 1998 bekannt war oder bekannt sein mußte (s 9 ObA 82/98v), hat die beklagte Partei zwar eingewendet, aber nicht bewiesen.

Das Dienstverhältnis der Klägerin zur Beklagten ist daher weiterhin aufrecht, da eine allfällige Kündigung gemäß § 10 Abs 6 MSchG jedenfalls rechtsunwirksam gewesen ist.

Infolgedessen war das Urteil des Berufungsgerichtes im Ergebnis im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.