OGH vom 20.12.1990, 8Ob654/90
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Graf und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am geborenen mj. Karl H***, infolge Revisionsrekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien, Schmerlingplatz 11, 1016 Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom , GZ 47 R 530/90-60, womit der Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom , GZ 7 P 65/89-51, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung über den gegen den erstgerichtlichen Beschluß ON 51 gerichteten Rekurs aufgetragen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht sprach mit seinem Beschluß vom (ON 51) aus, daß die dem mj. Karl H*** laut Beschluß ON 21 gemäß den §§ 3 und 4 Z 1 UVG in der Höhe von monatlich S 1.800 gewährten Unterhaltsvorschüsse für den Zeitraum vom bis zum in solche gemäß § 4 Z 3 UVG in der Höhe eines Viertels des in § 6 Abs 1 UVG genannten Richtsatzes von derzeit S 901 abgeändert werden und daß nach Ablauf dieses Zeitraumes die bisherige Regelung wieder in Kraft tritt. Der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien wurde ersucht, die im vorgenannten Zeitraum verminderten Vorschußbeträge und danach wieder die laut Beschluß ON 21 geltenden Vorschußbeträge zur Auszahlung zu bringen. Von der Einbehaltung der zu Unrecht ausbezahlten Vorschüsse durch Abzug von künftig fällig werdenden Vorschüssen werde abgesehen, weil gegenteiligenfalls der laufende Unterhalt des Kindes gefährdet wäre. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Erstgericht aus, der Unterhaltsschuldner habe sich in der Zeit vom bis zum auf Grund einer strafgerichtlichen Anordnung in Haft befunden. Im Sinne des § 7 Abs 2 UVG sei daher unter Anwendung des § 6 Abs 2 Z 1 UVG spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Das Rekursgericht wies den vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien gegen den erstgerichtlichen Beschluß gerichteten Rekurs mangels Rechtsschutzinteresses zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von 50.000 S nicht übersteige und daß der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. In seiner Entscheidungsbegründung vertrat das Rekursgericht die Ansicht, der Präsident des Oberlandesgerichtes habe im Rahmen der ihm zugewiesenen Rechtsposition nur die unrechtmäßige Gewährung von Unterhaltsvorschüssen hintanzuhalten. Er könne daher nur auf Verringerung, nicht aber auf Erweiterung, Belassung oder Erhöhung der Vorschüsse dringen.
Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß erhebt der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien einen außerordentlichen Revisionsrekurs mit dem Antrage, diesen zuzulassen und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den gegen den erstgerichtlichen Beschluß gerichteten Rekurs aufzutragen. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels sei im Sinne des § 15 Abs 3 UVG idF des RRAG BGBl 1989/654 sowie des § 14 Abs 1 AußStrG zu bejahen, da zur Frage, ob der Bund durch rückwirkende Änderungen bereits ausbezahlter Unterhaltsvorschüsse beschwert sei und ihm daher ein Rekursrecht zustehe, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle. Die Beschwer liege darin, daß durch die rückwirkende Vorschußänderung die Position des Bundes bei der Rückerlangung bereits ausbezahlter Vorschußbeträge wesentlich erschwert werde. Er müsse sich daher gegen rückwirkende Vorschußänderungen mit Rechtsmitteln zur Wehr setzen können.
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht hat bei seinem Ausspruch, der Wert des Streitgegenstandes übersteige nicht S 50.000 und gegen die rekursgerichtliche Entscheidung sei ein Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, übersehen, daß durch Art. III des Revisionsrekurs-Anpassungsgesetzes (RRAG) ab eine Änderung der Rechtslage eingetreten ist. Durch diese Bestimmung wurde § 15 Abs 3 UVG dahin abgeändert, daß der Revisionsrekurs nicht der Beschränkung des § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG unterliegt. Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses ist daher unabhängig vom Geldwert des Entscheidungsgegenstandes zu beurteilen (8 Ob 550/90). Da im vorliegenden Falle eine Rechtsmittelbeantwortung gemäß § 16 Abs 3 AußStrG entfällt und der Revisionsrekurs bereits Ausführungen im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG enthält, ist sogleich die Frage seiner Zulässigkeit gemäß § 14 Abs 1 AußStrG zu prüfen. Im Sinne der Ausführungen des Rechtsmittelwerbers ist sie zufolge Fehlens einer die aufgezeigte Rechtsfrage betreffenden Rechtsprechung zu bejahen.
Der Revisionsrekurs ist gerechtfertigt.
Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes wurde der Rekurswerber durch den erstgerichtlichen Beschluß in seinen rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt. Durch den erstgerichtlichen Beschluß, der für den genannten Zeitraum die auf die §§ 3, 4 Z 1 UVG gegründeten und vom Bund geleisteten Vorschüsse in solche nach § 4 Z 3 UVG rückwirkend abänderte, wird ihm nämlich die rechtliche Möglichkeit genommen, gemäß § 26 Abs 1 UVG vom Kind Rückzahlung der Vorschüsse insoweit zu erlangen, als diese Beträge vom Unterhaltsschuldner hereingebracht wurden. Er ist damit auf die sehr beschränkte Rückforderungsmöglichkeit des § 29 UVG verwiesen und dadurch in seiner Rechtsstellung beschwert.
Demgemäß liegt der vom Rekursgericht zugrundegelegte Zurückweisungsgrund des mangelnden Rechtsschutzinteresses des Rekurswerbers nicht vor. Es war daher die rekursgerichtliche Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache an das Rekursgericht zur Entscheidung der Frage zurückzuverweisen, ob die erstgerichtliche Abänderung der auch für den genannten Zeitraum nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG gewährten Unterhaltsvorschüsse in solche nach § 4 Z 3 UVG dem Gesetze entsprach.