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OGH vom 28.02.1985, 12Os169/84

OGH vom 28.02.1985, 12Os169/84

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger (Berichterstatter) und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Miheljak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Manfred und Gertraud A wegen der Vergehen nach § 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit a, Abs. 3 lit a, b und d FinStrG über die Nichtigkeitsbschwerden und Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Schöffengericht vom , GZ 7 a Vr 238/84- 12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwalts Dr. Knob, der Angeklagten Manfred und Gertraud A und des Verteidigers der Angeklagten Dr.Christoph Rogler zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird teilweise Folge gegeben und die Geldstrafe beim Angeklagten Manfred A auf 700.000 S (siebenhunderttausend), für den Fall der Uneinbringlichkeit vier Monate Ersatzfreiheitsstrafe, und bei der Angeklagten Gertraud A auf 400.000 S (vierhunderttausend), für den Fall der Uneinbringlichkeit zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am geborene Manfred A und die am geborene Gertraud A des Vergehens (richtig: der Vergehen) nach § 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit a, Abs. 3

lit a, b und d FinStrG schuldig erkannt.

Inhaltlich des Schuldspruchs haben Manfred A und Gertraud A im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma A Installationen Ges.m.b.H.in der Zeit von 1981 bis 1983 in Weyer als Abgabenpflichtige a/ vorsätzlich unter Verletzung ihrer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung dadurch bewirkt, daß sie in der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1980 die Umsätze aus bereits abgerechneten Leistungen um 2,337.509,91 S zu niedrig erklärten, wodurch die Umsatzsteuer 1980, somit eine bescheidmäßig festzusetzende Abgabe, um 420.751,78 S zu niedrig festgesetzt wurde; b/ unter Verletzung ihrer Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer bewirkt, wobei sie diese Verkürzung nicht nur für möglich, sondern für gewiß hielten und wodurch 1981 die Umsatzsteuervorauszahlungen als selbst zu berechnende Abgaben im Betrage von 1,190.829,30 S zu niedrig entrichtet und 1982 Abgabengutschriften, die nicht bescheidmäßig festzusetzen sind, im Betrag von 437.657 S zu hoch festgesetzt wurden.

Dieser Schuldspruch wird von den beiden Angeklagten mit einer (gemeinsam ausgeführten), ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a (hilfsweise auch auf die Z 9 lit b und 9 lit c) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft. In Ausführung des ersterwähnten Nichtigkeitsgrundes werfen die Beschwerdeführer dem Erstgericht zunächst vor, die Feststellung, daß Gertraud A der 'Idee' ihres Ehegatten, Teile des Umsatzes in die Umsatzsteuervoranmeldungen nicht aufzunehmen, 'schlußendlich doch zustimmte' (S 104), sei undeutlich und offenbar unzureichend begründet. Mit dem Hinweis darauf, daß das Erstgericht in den Entscheidungsgründen 'andererseits' selbst auf das Angestelltenverhältnis der Angeklagten Gertraud A hinweise, wird ein solcher Begründungsmangel allerdings nicht aufgezeigt. Denn das Erstgericht läßt keinen Zweifel daran, daß Gertraud A ungeachtet ihrer Anstellung bei der Ges.m.b.H. die Funktion eines (im Handelsregister eingetragenen) selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführers zukam (vgl S 103, 109), sodaß sie nicht etwa nur Weisungen von dem (gleichfalls vertretungsbefugten) Geschäftsführer Manfred A entgegenzunehmen hatte.

Warum es von einem einverständlichen Zusammenwirken der beiden Geschäftsführer ausgegangen ist, hat aber das Erstgericht den Beschwerdebehauptungen zuwider eingehend und schlüssig begründet, wobei es sich auch mit der Verantwortung der Angeklagten Gertraud A in der Hauptverhandlung, mit den bezüglichen Vorgängen nicht einverstanden gewesen zu sein, auseinandergesetzt hat (vgl S 106). Es trifft des weiteren auch nicht zu, daß das Erstgericht andere wesentliche Teile der Verantwortung der Angeklagten Getraud A, insbesondere betreffend ihre Behauptungen über den Zeitpunkt der Erstattung einer Selbstanzeige und über eine beabsichtigte spätere Berichtigung der Umsatzsteuervoranmeldungen des Jahres 1982, mit Stillschweigen übergangen hätte. Der Behauptung, gleich am Anfang der Betriebsprüfung (vgl § 29 Abs. 3 lit c FinStrG) eine Selbstanzeige gemacht zu haben, hat das Erstgericht im Hinblick auf die Aussage des Zeugen Leopold B (S 95 ff) und auf die vorgelegten Erehebungs- und Prüfungsunterlagen des Finanzamtes Steyr (vgl insbesondere S 7 und 55), wonach die Prüfung ab

durchgeführt, die (überdies nur die Jahre 1980 und 1981 betreffende) Selbstanzeige aber erst am erstattet wurde, den Glauben versagt (vgl S 106) und auch dafür, warum es die Verantwortung der Angeklagten, der Meinung gewesen zu sein, daß die (unrichtigen) Umsatzsteuervoranmeldungen für 1982 mit der späteren Steuer(jahres)erklärung berichtigt werden könnten, als bloße Schutzbehauptung beurteilte, werden im Urteil denkrichtige und ausreichende Gründe angegeben (S 108).

Rechtliche Beurteilung

Die bezüglichen Beschwerdeausführungen erschöpfen sich - wie auch die Generalprokuratur zutreffend ausführt -, ihrem Inhalt und ihrer Zielsetzung nach im wesentlichen nur in einer im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen und daher unbeachtlichen Bekämpfung der auf Grund einer Gesamtwürdigung der Verfahrensergebnisse erfolgten freien Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes, das im übrigen angesichts der gesetzlichen Anweisung, die Entscheidungsgründe in 'gedrängter Darstellung' abzufassen (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) keineswegs verpflichtet war, auf alle vorgebrachten Details im einzelnen einzugehen. Genug daran, daß im Urteil die entscheidungswesentlichen Verfahrensergebnisse erörtert und entsprechende Gründe für die als erwiesen (oder nicht erwiesen) angenommenen Tatsachen angeführt werden. Dieser Verpflichtung ist das Erstgericht insbesondere auch in bezug auf die Annahme, daß die beiden Angeklagten die ihnen angelasteten Taten im bewußten und gewollten Zusammenwirken verübten und daß sie dabei vorsätzlich (im Sinne des § 33 Abs. 1 FinStrG) und wissentlich (im Sinne des § 33 Abs. 2 lit a FinStrG) handelten, nachgekommen, sodaß das Bestreben der Beschwerdeführer, die bezüglichen Urteilsfeststellungen nach Art einer Schuldberufung mit dem Ziel zu bekämpfen, diese Annahme durch andere (für sie günstigere) Konstatierungen zu ersetzen, nicht zum Erfolg führen kann.

Die Feststellungen über die Höhe der Abgabenverkürzungen schließlich wurden vom Erstgericht nicht nur mit dem Hinweis auf die bezüglichen


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inzwischen ohnedies bei den Gerichtsakten befindlichen (S 121 ff)
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Abgabenbescheide begründet, sondern vor allem auf die Angaben des Zeugen Leopold B - der auch die Rechtskraft der Bescheide bestätigte (S 96, 97) - und auf die Erhebungs- und Prüfungsunterlagen des Finanzamtes Steyr (S 5 ff) gestützt.
Die Mängelrüge ist daher nach keiner Richtung hin begründet. Der desweiteren geltend gemachte Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9
lit a StPO wird zum Teil nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. Dies gilt insbesondere für die Behauptung von Feststellungsmängeln zur subjektiven Tatseite, vor allem zum Vorsatz (im Sinne des § 8 Abs. 1 FinStrG) der Angeklagten Gertraud A, zumal bei den bezüglichen Ausführungen unter übergehung der hiezu ohnedies getroffenen eindeutigen Urteilsfeststellungen (vgl insbesondere S 104, 105 und 110) auf die Verantwortung dieser Angeklagten zurückgegriffen und solcherart erneut nur in unzulässiger Weise die freie Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes bekämpft wird. Der Beschwerdeeinwand aber, zu Gunsten der Angeklagten Gertraud A sei im Zweifel zumindest der Schuldausschließungsgrund des § 9 FinStrG anzunehmen, da sie der Meinung gewesen sei, durch die aus ihrer Sicht fristgerecht erstattete Selbstanzeige Straffreiheit zu erreichen, geht schon deshalb fehl, weil § 9 FinStrG nur auf einen bei der Tat (nicht aber auf einen allenfalls später, anläßlich einer Selbstanzeige) unterlaufenen Irrtum abstellt.
Im übrigen kann auch der in der Beschwerde vertretenen Ansicht nicht gefolgt werden, daß bei Beurteilung der Rechtzeitigkeit einer Selbstanzeige subjektive Gesichtspunkte zum Tragen kommen müßten, und zwar solcherart, daß eine Selbstanzeige auch dann im Sinne des § 29 Abs. 3 lit c FinStrG rechtzeitig wäre, wenn sie nur aus der subjektiven Sicht des Täters bei Beginn der Amtshandlung erstattet wurde. Bei § 29 FinStrG handelt es sich um eine Ausnahmebestimmung, die eng und nicht ausdehnend zu interpretieren ist (vgl 9 Os 51/84). Demgemäß tritt aber Straffreiheit nach der erstzitierten Bestimmung nur ein, wenn die Selbstanzeige objektiv bei Beginn der (zumindest für einen Tatbeteiligten wahrnehmbaren) Amtshandlung erstattet wird, was im vorliegenden Fall - Prüfungsbeginn , Selbstanzeige (vgl S 106) - unzweifelhaft nicht der Fall war. Hieraus folgt desweiteren, daß auch (in der Nichtigkeitsbeschwerde reklamierte) Feststellungen darüber, wann Gertraud A den Prüfungsbeginn subjektiv zur Kenntnis nahm und ob sie die Selbstanzeige subjektiv fristgerecht zu erstatten glaubte, entbehrlich waren. Schließlich braucht schon im Hinblick darauf, daß es an der Rechtzeitigkeit der Selbstanzeige mangelt, auch nicht auf die in der Beschwerde aufgeworfene - im übrigen mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 29 Abs. 5 FinStrG jedenfalls zu verneinende - Frage eingegangen werden, ob die Selbstanzeige der Angeklagten Gertraud A auch dem Angeklagten Manfred A zugute gehalten werden müßte.
Unzutreffend ist aber auch die Beschwerdebehauptung, daß es an ausreichenden Feststellungen darüber fehle, ob im vorliegenden Fall gemäß dem § 55 FinStrG die Hauptverhandlung durchgeführt werden durfte. Da § 55 FinStrG zwar für die Umsatzsteuer, nicht aber auch für Umsatzsteuervorauszahlungen gilt (vgl Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, FinStrG, § 55, E 31), war das Vorliegen des Ergebnisses der rechtskräftigen endgültigen Abgabenfestsetzung überhaupt nur für den Schuldspruch zu Punkt a/
des Urteilssatzes (§ 33 Abs. 1 FinStrG) bedeutsam. Daß in bezug auf die den Angeklagten dort angelastete Abgabenverkürzung zur Zeit der Hauptverhandlung bereits rechtskräftige Abgabenbescheide ergangen waren, wird aber im Urteil ohnedies festgestellt (vgl S 106). Einer genaueren Bezeichnung des Zeitpunktes des Eintrittes der Rechtskraft bedurfte es hiebei nicht.
Schließlich geht auch der im Rahmen der Rechtsrüge wiederholte Einwand ins Leere, daß bei den (unrichtigen) Umsatzsteuervoranmeldungen (Punkt b/ des Schuldspruchs) eine spätere Berichtigung möglich und von den Angeklagten beabsichtigt gewesen wäre. Denn aus den im angefochtenen Urteil getroffenen Tatsachenfeststellungen, an denen bei gesetzmäßiger Ausführung materiellrechtlicher Nichtigkeitsgründe festgehalten werden muß, geht eindeutig hervor, daß das Erstgericht im Gegenteil die Absicht der Angeklagten angenommen hat, durch Verheimlichen von steuerpflichtigen Umsätzen Abgabenverkürzungen herbeizuführen, sodaß sich die Behauptung einer für später in Aussicht genommenen Korrektur (die ja nur im Falle der unbeabsichtigten Erstattung unrichtiger oder unvollständiger Voranmeldungen in Frage gekommen wäre) erneut nur als unbeachtlicher Angriff auf die erstgerichtliche Beweiswürdigung darstellt.
Völlig ohne Belang ist der in diesem Zusammenhang in der Beschwerde betonte Umstand, daß für das Jahr 1982 zunächst (vgl S 99) kein Prüfungsauftrag vorgelegen sei. Da die den Angeklagten angelasteten Taten (auch soweit die Tatzeit in das Jahr 1982 fiel) zur Zeit der tatsächlich vorgenommenen Prüfung längst vollendet waren, ist nicht einzusehen, warum (wie die Beschwerdeführer vermeinen) deswegen, weil zunächst nur eine Prüfung des Zeitraumes von 1979 bis 1981 beabsichtigt war, für das Jahr 1982 'eine wesentliche und vorsätzliche Tatbegehung für beide Angeklagte im Zweifel nicht angenommen' werden könnte.
Die zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Manfred A und Gertraud A war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte über die Angeklagten nach § 33 Abs. 5 FinStrG Geldstrafen, und zwar über Manfred A eine solche von einer Million Schilling (im Nichteinbringungsfall 5 Monate Freiheitsstrafe), über Gertraud A 700.000 S (im Nichteinbringungsfalle 3 1/2 Monate Freiheitsstrafe). Bei deren Bemessung war bei beiden Angeklagten mildernd die zum Großteil geständige Verantwortung sowie der bisher untadelige Lebenswandel, bei Gertraud A überdies die Verübung der Tat unter Einwirkung ihres Gatten;
erschwerend hingegen bei beiden Angeklagten die Begehung der strafbaren Handlung über einen längeren Zeitraum und die verschiedenartige Begehung der Abgabenhinterziehung, bei Manfred A weiters die Verführung seiner Gattin zu den Straftaten. Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten eine Herabsetzung der Strafen und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an. Die Berufung ist teilweise berechtigt.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe zwar im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt, jedoch zu wenig auf diese geständige Verantwortung der Berufungswerber und ihre schlechte wirtschaftliche Situation, die zum Teil auf nicht von ihnen allein zu vertretenden Umstände zurückzuführen war (vgl den Bericht ON 25 im Verfahren Svv 2/83 des Kreisgerichtes Steyr) Bedacht genommen. Es war daher die vom Schöffengericht der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld der Angeklagten überhöht festgesetzte Strafe spruchgemäß zu mildern.
Dem Begehren auf bedingte Nachsicht der Geldstrafen steht entgegen, daß im vorliegenden Falle die spezialpräventiv erforderliche Effektivität der Strafe nur durch Bezahlung der Geldstrafe erreicht werden kann und - im Hinblick auf die Art der Tat - auch Gründe der Generalprävention den Vollzug der Strafe erfordern.