OGH vom 11.05.2007, 10Ob47/07w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Veronika W*****, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger und Dr. Roger Reyman, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Ing. Hans W*****, vertreten durch Ramsauer Rechtsanwälte GmbH, wegen Rechnungslegung und Unterhalt, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 21 R 643/06i-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilurteil des Bezirksgerichtes Zell am See vom , GZ 25 C 51/06d-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Teilurteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Zell am See vom , 3 C 13/99f-4, gemäß § 55 Abs 1 EheG rechtskräftig geschieden. Gemäß § 61 Abs 3 EheG wurde ausgesprochen, dass der Beklagte die Zerrüttung der Ehe allein verschuldet habe. Mit dem am vor dem Bezirksgericht Salzburg zur AZ 4 C 89/00f abgeschlossenen Vergleich verpflichtete sich der Beklagte, der Klägerin rückwirkend ab einen gesetzlichen Unterhalt von monatlich ATS 14.070 zu bezahlen. Dieser Betrag entsprach 25 % des seinerzeit durch den Beklagten erzielten monatlichen Nettoeinkommens von durchschnittlich ATS 56.273 unter Berücksichtigung der Einkommenslosigkeit der Klägerin und zweier konkurrierender Sorgepflichten des Beklagten für die gemeinsamen Kinder der Streitteile Markus und Lukas.
Mit wurde Markus selbsterhaltungsfähig, weshalb sich der gesetzliche Unterhalt der Klägerin auf ATS 16.320 (= 29 % des Nettoeinkommens des Beklagten) erhöhte. Nachdem auch Lukas im August 2004 die Selbsterhaltungsfähigkeit erlangt hatte, erhöhte der Beklagte die gesetzliche Unterhaltszahlung an die Klägerin ab auf EUR 1.349,61 (= ATS 18.570 = 33 % des Nettoeinkommens des Beklagten) monatlich.
Der Beklagte ist seit nicht mehr als Prokurist der S***** B***** AG, sondern als Vorstand dieser Gesellschaft tätig und fungiert weiters als Aufsichtsrat in der Salzburger L***** T***** GmbH sowie in der F***** mbH Zell am See.
Mit Schreiben (der Klägerin) vom wurde der Beklagte über seinen Rechtsvertreter ersucht, aktuelle Einkommensunterlagen zur Verfügung zu stellen. In der weiteren Folge haben die genannten Gesellschaften, in denen der Beklagte als Aufsichtsrat tätig ist, lediglich bestätigt, dass mit dieser Funktion keinerlei Bezüge oder Vergütungen verbunden seien, was für die Klägerin nicht nachvollziehbar erscheint. Die aktuellen Einkommensunterlagen zur präzisen Unterhaltsberechnung auf Basis des aktuellen Gehaltes des Beklagten sind trotz mehrfacher mündlicher und schriftlicher Urgenz nicht zur Verfügung gestellt worden, weshalb sich die Klägerin in Ungewissheit über das unterhaltsrelevante Ergebnis befindet. Mit ihrer am beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin, den Beklagten schuldig zu erkennen, jeweils binnen 14 Tagen 1. sein Einkommen im Zeitraum bis offenzulegen und 2. den sich aufgrund der Rechnungslegung ergebenden Guthabensbetrag samt 4 % Zinsen seit Fälligkeit zu bezahlen, wobei die ziffernmäßige Festsetzung des Zahlungsbegehrens bis zur erfolgten Rechnungslegung vorbehalten bleibe. Der Beklagte müsse aus seiner Vorstands- und Aufsichtsratstätigkeit ein weitaus höheres Einkommen erzielen als ATS 56.273 monatlich, welchen Betrag er seinerzeit als Prokurist der S***** B***** AG verdient habe. Den Beklagten treffe in Ansehung der Feststellung seiner Einkommensverhältnisse eine Mitwirkungspflicht. Die Klägerin habe Anspruch auf Offenlegung seines Einkommens und sei gemäß Art XLII Abs 3 EGZPO berechtigt, sich die bestimmte Angabe des Unterhaltsbetrages, der über den bestehenden Titel hinausgehe, vorerst vorzubehalten.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete insbesondere ein, der Klägerin stehe nach überwiegender Lehre und herrschender Rechtsprechung schon grundsätzlich kein Rechnungslegungsanspruch zu. Im Übrigen könne sie für die Vergangenheit für eine längere als ein Jahr vor Rechtsanhängigkeit liegende Zeit keinen Unterhalt verlangen, weshalb jedenfalls für den Zeitraum vom bis kein Anspruch auf Unterhaltserhöhung bzw Rechnungslegung bestehe. Schließlich sei gemäß § 72 EheG Voraussetzung eines Unterhaltsanspruches für die Vergangenheit, dass der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen sei. Verzug trete nur ein, wenn der Unterhaltsberechtigte den ihm angeblich zustehenden Unterhalt betragsmäßig bestimmt einmahne. Die Klägerin habe den Beklagten zwar mehrfach aufgefordert, ihr aktuelle Einkommensunterlagen zukommen zu lassen, sie habe jedoch bisher keinen betragsmäßig bestimmten Unterhalt vom Beklagten gefordert. Die Klägerin hielt diesem Vorbringen entgegen, dass nach der neuesten Rechtsprechung die Möglichkeit der Stufenklage zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen bestehe, weshalb ein Verzug im Sinn des § 72 EheG auch dann eintrete, wenn der Unterhaltspflichtige die von ihm für die Bemessung des Unterhaltsanspruches verlangten Unterlagen nicht vorlege.
Das Erstgericht erkannte ausgehend vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt den Beklagten mit Teilurteil im Sinne des Punktes 1. des Klagebegehrens schuldig, binnen 14 Tagen sein Einkommen im Zeitraum bis offenzulegen. Rechtlich vertrat es die Ansicht, auch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl 6 Ob 255/04z) bejahe einen mit Stufenklage geltend zu machenden Auskunftsanspruch des Unterhaltsberechtigten bei vertraglichen Unterhaltsansprüchen. Die aus dem festgestellten Unterhaltsvergleich abgeleitete Auskunftspflicht werde unter anderem mit dem Grundsatz von Treu und Glauben und einem anders nicht zu befriedigenden Informationsbedürfnis des Unterhaltsberechtigten begründet. Der Einwand des Beklagten, die Klägerin könne als geschiedene Ehegattin für die Vergangenheit für eine längere als ein Jahr vor Rechtsanhängigkeit liegende Zeit keinen Unterhalt verlangen, sodass sie jedenfalls für vor dem gelegene Zeiten keinen Anspruch auf Unterhaltserhöhung und somit auch keinen Anspruch auf Rechnungslegung habe, sei seit der teilweisen Aufhebung des § 72 EheG durch den Verfassungsgerichtshof nicht mehr berechtigt. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 nicht übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. In seiner Begründung verwies das Berufungsgericht insbesondere darauf, dass eine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung des unterhaltspflichtigen Ehegatten, dem anderen über Vermögen oder Einkommen Auskunft zu erteilen und ihn über Änderungen der Verhältnisse zu informieren, nicht bestehe. Es erscheine daher jedenfalls fraglich, ob der unterhaltsansprechende Ehegatte im Sinn des Art XLII EGZPO einen Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch durchsetzen könne.
Im Übrigen stehe § 72 EheG einem Rechnungslegungsbegehren der Klägerin entgegen. Nach dieser Bestimmung könne der Berechtigte für die Vergangenheit Erfüllung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung erst von der Zeit an fordern, in der der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden sei. Auch der Verfassungsgerichtshof habe in seinem die Bestimmung des § 72 EheG betreffenden Erkenntnis vom , G 76/01, keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen erhoben, dass Unterhalt für die Vergangenheit nur dann geltend gemacht werden könne, wenn der Unterhaltspflichtige in Verzug sei. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes müsse für ein in die Vergangenheit gerichtetes Unterhaltsbegehren jedenfalls Verzug im Sinn des § 72 EheG vorliegen. Da der Beklagte hinsichtlich des vom Rechnungslegungsbegehren umfassten Zeitraumes vom bis mangels ziffernmäßig bestimmter Einmahnung einer Unterhaltserhöhung nicht in Verzug gesetzt worden sei, bestehe insoweit auch kein Anspruch der Klägerin auf Unterhaltserhöhung, weshalb aus diesem Grund auch das für diesen Zeitraum erhobene Rechnungslegungsbegehren keinesfalls berechtigt sei. Es bleibe der Klägerin unbenommen, den ihr vermeintlich zustehenden Unterhalt betragsmäßig bestimmt einzumahnen, wobei der klagsgegenständliche Zeitraum bis noch innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist (§ 1480 ABGB) liege. Es wäre der Klägerin im Hinblick auf die Kostenersatzregel des § 43 Abs 2 ZPO auch ohne wesentliches Kostenrisiko möglich, nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse Ausdehnungen bzw Einschränkungen des Klagebegehrens auf erhöhten Unterhalt in einem von ihr anzustrengenden Verfahren auf Leistung von Ehegattenunterhalt vorzunehmen. Das Klagebegehren sei daher insgesamt nicht berechtigt. Über Antrag der Klägerin änderte das Berufungsgericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision gegen seine Entscheidung dahin ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei. Es begründete dies damit, dass der Oberste Gerichtshof zur Frage des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruches beim nachehelichen Unterhalt und insbesondere zur Frage, inwieweit einem allfälligen Rechnungslegungsbegehren die Einmahnung eines Unterhalts(erhöhungs)betrages vorgeschaltet sein müsse, noch nicht ausdrücklich Stellung genommen habe.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuändern. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.
Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und auch berechtigt.
1. Zum Anspruch auf Rechnungslegung gemäß Art XLII EGZPO:
Die Klägerin macht geltend, der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung 2 Ob 217/04g vom einen Rechnungslegungsanspruch betreffend den Unterhaltsanspruch eines volljährigen Kindes mit der Begründung bejaht, dass der Untersuchungsgrundsatz im streitigen Verfahren abgeschwächt sei und deshalb keine Verpflichtung des Beklagten bestehe, aktiv an der Feststellung seiner Einkommensverhältnisse mitzuwirken. Dies stelle einen Wertungswiderspruch zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder dar. Diese Wertung gelte nach Ansicht der Klägerin auch im hier vorliegenden Fall der Durchsetzung von Ehegattenunterhalt. Auch hier sei die Mitwirkungspflicht des Beklagten abgeschwächt, weshalb ein Rechnungslegungsbegehren zu befürworten sei. Der Oberste Gerichtshof habe in seiner Entscheidung 6 Ob 255/04z vom dementsprechend einen klagbaren Auskunftsanspruch des unterhaltsberechtigten Ehegatten auch grundsätzlich bejaht. Als zusätzliche Voraussetzung sei angeführt worden, dass ein Leistungsbegehren nur mit erheblichen Schwierigkeiten erhoben werden könne. In dem der Entscheidung 6 Ob 255/04z zugrunde liegenden Fall sei zwar das Rechnungslegungsbegehren im Ergebnis abgewiesen worden, jedoch ausschließlich deshalb, weil der damaligen Klägerin wegen zwischenzeitig erfolgter Konkretisierung ihres Begehrens kein Rechtsschutzinteresse mehr an einer Rechnungslegung zugekommen sei. Der Klägerin sei es nicht möglich, die Höhe des Einkommens des Beklagten festzustellen, während es diesem ohne größeren Aufwand möglich wäre, seine Einkommensverhältnisse offenzulegen. Dadurch werde die Klägerin zu einem „Griff ins Dunkle" verhalten. Es könne ihr nicht zugemutet werden, einen von ihr als berechtigt angesehenen Betrag einzuklagen und zu hoffen, dass sie damit ihren Anspruch nicht „überklagt" und in weiterer Folge mit Kosten belastet wird. Sollte die Klägerin hingegen zu wenig an Unterhalt fordern, würde der Beklagte seine Einkommensverhältnisse nicht offenlegen und könnte sich dadurch seiner Pflicht zur Leistung des vollen Unterhaltes entziehen.
Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:
Der Rechnungslegungsanspruch gemäß Art XLII Abs 1 erster Fall EGZPO steht jedem zu, der gegen einen ihm aus materiellrechtlichen Gründen zur Auskunftserteilung Verpflichteten ein bestimmtes Klagebegehren auf Leistung nur mit erheblichen Schwierigkeiten, die durch eine solche Abrechnung beseitigt werden können, zu erheben vermag, wenn dem Verpflichteten die Auskunftserteilung nach redlicher Verkehrsauffassung zumutbar ist (2 Ob 217/04g = JBl 2005, 311 = EvBl 2005/66; SZ 65/165 ua; RIS-Justiz RS0106851). Eine derartige Rechnungslegungspflicht setzt jedoch immer einen darauf gerichteten Anspruch nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts voraus. Der nach der Rechtsprechung nicht ausdehnend auszulegende erste Anwendungsfall der genannten Bestimmung begründet nach einhelliger Ansicht keinen neuen materiellrechtlichen Anspruch auf Rechnungslegung oder Auskunftserteilung; er setzt vielmehr voraus, dass eine solche Verpflichtung schon nach bürgerlichem Recht besteht (JBl 2005, 311 uva; RIS-Justiz RS0034986; Konecny in Fasching/Konecny² II/1 Art XLII EGZPO Rz 21 mwN uva). Das Zivilrecht enthält aber keine generelle bzw einheitliche Regelung, unter welchen Voraussetzungen, worüber und in welcher Weise jemand einem anderen eine Aufklärung schuldig ist. Vielmehr sind die Offenlegungspflichten auf zahlreiche Bestimmungen zerstreut (vgl die Nachweise in Konecny aaO Art XLII EGZPO Rz 24). Diese sind weder in ihren Voraussetzungen für die Offenlegung noch in deren Inhalt und Umfang einheitlich. Durchwegs sind viele Fragen vom Gesetzeswortlaut offengelassen und müssen durch Auslegung oder anhand der Umstände und Erfordernisse des Einzelfalls ermittelt werden. Ob die vom Kläger verlangte Aufklärung vom Beklagten überhaupt sowie in der begehrten Weise geschuldet wird, muss daher das Gericht im Einzelfall anhand der für den jeweils geltend gemachten Auskunftsanspruch einschlägigen zivilrechtlichen Bestimmung ermitteln (Konecny aaO Art XLII EGZPO Rz 24 mwN). Bei Vertragsverhältnissen besteht nach ständiger Rechtsprechung eine Verpflichtung zur Rechnungslegung insbesondere überall dort, wo es das Wesen des Rechtsverhältnisses mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang des Vermögens im Ungewissen, der Verpflichtete aber in der Lage ist, unschwer eine solche Auskunft zu erteilen, und diese Auskunft dem Verpflichteten überdies nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch zugemutet werden kann (vgl RIS-Justiz RS0035050; Konecny aaO Art XLII EGZPO Rz 35 f mwN ua). Die Rechtsprechung bejaht daher bei vertraglichen Unterhaltsansprüchen, insbesondere bei verglichenen Bruchteilstiteln, einen mit Stufenklage klagbaren Auskunftsanspruch des Unterhaltsberechtigten (vgl 6 Ob 255/04z = JBl 2005, 455 mwN). Die aus dem Unterhaltsvertrag (-vergleich) abgeleitete Auskunftspflicht wird unter anderem mit dem Grundsatz von Treu und Glauben und einem anders nicht zu befriedigenden Informationsbedürfnis des Unterhaltsberechtigten begründet. Die bisherige Rechtsprechung (vgl SZ 30/54; SZ 3/65) verneinte mit einem Teil der Lehre (vgl Fasching, Komm II 92) hingegen eine Rechnungslegungspflicht für eine aus dem Gesetz abgeleitete Unterhaltsverpflichtung (dazu zählen auch - wie im vorliegenden Fall - Unterhaltsvereinbarungen, die gesetzliche Unterhaltsansprüche nur
konkretisieren [SZ 55/54 ua]). In der Entscheidung 1 Ob 2370/96b (=
RdW 1997, 726 = ZIK 1997, 100) wurde ausgeführt, dass der Masseverwalter nach Konkurseröffnung einen Anspruch auf Rechnungslegung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts geltend machen könne, wenn bestimmte Rechtshandlungen bereits erfolgreich angefochten worden seien oder der Anfechtungsanspruch dem Grunde nach zu Recht bestehe. Aus dieser Entscheidung leitet Konecny aaO Art XLII EGZPO Rz 31 ab, dass der Oberste Gerichtshof damit vom Erfordernis einer ausdrücklichen Rechnungslegungspflicht abgegangen sei. Er vertritt die Meinung, es sei allein eine Frage der Auslegung der privatrechtlichen Vorschriften, ob diese auch ohne ausdrückliche Anordnung Grundlage für ein Vorgehen gemäß Art XLII EGZPO seien. Im Sinne der zitierten Entscheidung setze eine erweiterte Aufklärungspflicht ein Sonderrechtsverhältnis voraus, das unter zwei Voraussetzungen gegeben sei: 1. müsse der Klagsanspruch dem Grunde nach zu Recht bestehen, 2. müsse eine Interessenabwägung zugunsten des Klägers ausfallen. Gelinge es also dem Unterhaltsberechtigten, das grundsätzliche Bestehen seines Anspruches und damit eines Sonderrechtsverhältnisses nachzuweisen (was in der Regel kein Problem sei), und falle die übliche Interessenabwägung zu seinen Gunsten aus (was mangels Einsichtsmöglichkeit insbesondere in die Gehaltssituation des Schuldners ebenfalls durchwegs der Fall sei), dann müsse nach Ansicht von Konecny aaO Art XLII EGZPO Rz 33 der Unterhaltspflichtige das für die Bemessungsgrundlage relevante Vermögen offenlegen. Auch Harrer-Hörzinger, Zur Auskunftspflicht zwischen dem Unterhaltsschuldner und dem Unterhaltsberechtigten in Harrer/Zitta, Familie und Recht 29 ff [47 ff] sowie Bienert-Nießl, Materiellrechtliche Auskunftspflicht im Zivilprozess 179 ff bejahen wechselseitige Aufklärungspflichten geschiedener Ehegatten unter Hinweis auf die rechtliche Sonderbeziehung in Unterhaltsfällen. Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 9 ObA 50/03y (= DRdA 2005/14, 252 ff [A. Deixler-Hübner]) ausgeführt hat, ist im Rahmen der persönlichen Ehewirkungen von der in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Verpflichtung auszugehen, sich wechselweise über alle wesentlichen Umstände des Berufs- und Privatlebens zu informieren; diese Informationspflicht besteht für die Belange des Unterhalts vor allem auch hinsichtlich des Einkommens. Ein Ehegatte, der dem anderen Ehegatten Bestandteile seines Einkommens verschweigt, handelt pflichtwidrig. Diese wechselseitigen Informationspflichten wirken auch noch nach der Eheauflösung auf Grund des nachehelichen Abwicklungsinteresses zur Sicherung der gesetzlichen Unterhaltsansprüche weiter fort (vgl JBl 1998, 723; A. Deixler-Hübner aaO DRdA 2005, 254). Da in streitigen Unterhaltsverfahren keine Verpflichtung des Beklagten besteht, aktiv an der Feststellung seiner Einkommensverhältnisse mitzuwirken, muss unter diesem Gesichtspunkt auch zwischen geschiedenen Ehegatten ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung betreffend die für die Unterhaltsbemessung maßgebenden Umstände anerkannt werden (A. Deixler-Hübner aaO DRdA 2005, 254; Harrer-Hörzinger in Harrer/Zitta aaO 47 f; Konecny aaO Art XLII EGZPO Rz 68 mwN; in diesem Sinne auch JBl 2005, 311 für Unterhaltsansprüche volljähriger Kinder). Es würde allenfalls auch einen verfassungsrechtlich bedenklichen Wertungswiderspruch darstellen, eine Mitwirkungspflicht des Unterhaltspflichtigen zur Feststellung seines Einkommens im streitigen Verfahren nur bei großjährigen Kindern, nicht aber auch bei geschiedenen Ehegatten zu bejahen (vgl VfSlg 17.135). In der Entscheidung 6 Ob 255/04z (= JBl 2005, 455) wurde ein Rechnungslegungsanspruch einer geschiedenen Ehegattin im Ergebnis nur deshalb verneint, weil aufgrund einer nachträglichen Konkretisierung des Unterhaltsbegehrens durch die damalige Klägerin kein Rechnungslegungsinteresse mehr bestand. Aus dieser Entscheidung lässt sich daher für den Prozessstandpunkt des Beklagten im vorliegenden Verfahren nichts ableiten. Die vom erkennenden Senat vertretene Rechtsauffassung über die Zulässigkeit des Rechnungslegungsbegehrens betreffend den Unterhaltsanspruch geschiedener Ehegatten entspricht auch der in der Bundesrepublik Deutschland (§ 1580 BGB) und in der Schweiz (Art 170 ZGB) ausdrücklich geltenden Gesetzeslage. Der Unterhaltsberechtigte bedarf des Einblicks in die Verhältnisse des Unterhaltsverpflichteten, um Existenz und Höhe seines Unterhaltsanspruches richtig berechnen und damit allenfalls auch einen Rechtsstreit durch Abschluss einer Unterhaltsvereinbarung vermeiden zu können.
Der Rechnungslegungsanspruch nach Art XLII EGZPO setzt neben dem hier unbestrittenen Nachweis, dass der Klageanspruch auf Unterhalt dem Grunde nach zu Recht besteht, weiters voraus, dass der nach materiellem Recht aufgrund einer Sonderbeziehung Auskunftsberechtigte gegen den Auskunftsverpflichteten ein bestimmtes Klagebegehren auf Leistung nur mit erheblichen Schwierigkeiten, die durch eine solche Abrechnung vermieden werden können, zu erheben vermag und dass die Auskunftserteilung dem Verpflichteten zumutbar ist. Es muss also die Interessenabwägung zugunsten des Klägers ausfallen (JBl 2005, 455 mwN). Diese Voraussetzung ist hier ebenfalls erfüllt, da es der Klägerin nicht möglich ist, die Höhe des Einkommens des Beklagten festzustellen, während es diesem ohne größeren Aufwand möglich wäre, seine Einkommensverhältnisse offenzulegen. Die Klägerin wäre daher darauf angewiesen, „ins Blaue zu klagen", also irgendeine Einkommenshöhe, die ihr am wahrscheinlichsten erscheint, zu behaupten und ihrem Unterhaltsbegehren zugrundezulegen. Sollte die Klägerin dabei beispielsweise ein niedrigeres als das tatsächliche Einkommen des Beklagten zugrunde legen, würde der Beklagte seine Einkommensverhältnisse wohl nicht offenlegen und es würde ein der materiellen Rechtslage nicht entsprechender Titel geschaffen. Im Hinblick auf das in der Klage enthaltene Tatsachenvorbringen, welches vom Beklagten ausdrücklich außer Streit gestellt wurde (vgl Klagebeantwortung Seite 2) und vom Erstgericht daher zu Recht als unbestritten seinen Feststellungen zugrunde gelegt wurde, erweist sich daher das von der Klägerin erhobene Rechnungslegungsbegehren als berechtigt. Dieser der Klägerin zustehende Rechnungslegungsanspruch gemäß Art XLII Abs 1 erster Fall EGZPO rechtfertigt auch die Einbringung der gegenständlichen Stufenklage (vgl Konecny aaO Art XLII EGZPO Rz 26 mwN).
2. Zur Auslegung des § 72 EheG im Zusammenhang mit einem Rechnungslegungsbegehren nach Art XLII Abs 1 EGZPO:
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, sie habe auch Unterhalt für die Zukunft, also ab Gerichtshängigkeit, gefordert, ist ihr entgegenzuhalten, dass im Hinblick auf das von ihr formulierte Klagebegehren jedenfalls nicht zweifelsfrei davon auszugehen ist, dass sich das unbestimmte Leistungsbegehren auch auf zukünftigen Unterhalt bezieht.
Die Klägerin vertritt weiters die Ansicht, Verzug im Sinne des § 72 EheG liege zwar grundsätzlich dann vor, wenn entweder eine bestimmte betragsmäßig festgesetzte bzw vereinbarte Summe nicht geleistet werde oder wenn der Unterhaltsberechtigte den ihm - vermeintlich - zustehenden Unterhalt betragsmäßig bestimmt einmahne. Wenn jedoch - wie im vorliegenden Fall - eine derartige betragsmäßige Einmahnung nicht möglich sei, weil die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht bekannt sei, könne nicht auf eine betragsmäßig bestimmte Einmahnung abgestellt werden. Es müsse vielmehr in diesem Fall die Aufforderung zur Übermittlung der Einkommensunterlagen ausreichend sein. Wenn man eine Rechnungslegungspflicht von geschiedenen Ehegatten zur Ausmittlung des geschuldeten Unterhaltes bejahe, sei somit Verzug im Sinn des § 72 EheG jedenfalls dann anzunehmen, wenn ein Begehren auf Ausfolgung der Einkommensunterlagen bzw ein Rechnungslegungsbegehren außergerichtlich erhoben werde. Jede andere Auslegung würde eine Ungleichbehandlung der Durchsetzbarkeit des Unterhalts zwischen geschiedenen Ehegatten einerseits und des Unterhaltes zwischen verheirateten Ehegatten sowie Eltern und Kindern andererseits bedeuten. Eine gesetzeskonforme Auslegung sei aber jederzeit dadurch möglich, dass Verzug immer dann angenommen werde, wenn der gesetzlich geschuldete Unterhalt nicht geleistet werde. Schließlich sei die Klägerin auch berechtigt, Rechnungslegung für die Vergangenheit zu begehren, um Unterhalt für die Zukunft fordern zu können. Zu diesen Ausführungen ist zunächst zu bemerken, dass nach § 72 EheG in der Stammfassung der Berechtigte für die Vergangenheit Erfüllung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung erst von der Zeit an fordern konnte, in der der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden war, für eine längere als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit jedoch nur, soweit anzunehmen war, dass der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen hat. Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom , G 76/01 (= VfSlg 17.135) die Wortfolge „für eine länger als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit jedoch nur, soweit anzunehmen ist, dass der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen hat" mit Wirksamkeit ab als verfassungswidrig auf. Er begründete sein Erkenntnis im Wesentlichen damit, dass die Position von Unterhaltsberechtigten und Unterhaltspflichtigen sehr stark von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhänge und daher nicht schematisiert werden könne, sodass es nicht sachlich gerechtfertigt sei, gerade geschiedene unterhaltsberechtigte Ehegatten in den gesetzlichen Regelungen über die Durchsetzbarkeit ihres Unterhaltsanspruches anders zu behandeln als alle übrigen Unterhaltberechtigten und sie für die Geltendmachung von Unterhalt aus der Vergangenheit auf ein Jahr ab Rechtshängigkeit zu beschränken. Keine Bedenken hatte der Verfassungsgerichtshof aber dagegen, dass Unterhalt für die Vergangenheit nur dann geltend gemacht werden könne, wenn der Unterhaltspflichtige in Verzug sei, da Unterhalt für die Vergangenheit nur dann zu leisten sein werde, wenn der Unterhaltspflichtige den Unterhalt in der gesetzlich zustehenden bzw vereinbarten Höhe nicht erbracht habe. Für die Vergangenheit kann die Klägerin somit nach § 72 EheG in der hier maßgebenden Fassung Erfüllung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung erst von der Zeit an fordern, in der der Beklagte in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist.
Es ist zwischen den Parteien nicht strittig, dass ein gemäß § 69 Abs 2 EheG geschuldeter Unterhalt - um einen solchen handelt es sich auch in diesem Rechtsstreit - der Regelung nach § 72 EheG unterliegt (vgl RIS-Justiz RS0057266). Es entspricht der nunmehr herrschenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass der Verzug des Unterhaltspflichtigen (allgemeine) Anspruchsvoraussetzung des Unterhalts für die Vergangenheit ist. Während beim Kindesunterhalt und beim Ehegattenunterhalt bei aufrechter Ehe eine Mahnung (das In-den-Verzug-Setzen) wegen der besonderen familienrechtlichen Nahebeziehung entbehrlich ist, trifft dies auf den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach dem Wegfall der ehelichen Fürsorgepflicht nicht mehr zu (3 Ob 78/05z mwN). Verzug im Sinn des § 72 EheG liegt nach Lehre und Rechtsprechung bereits dann vor, wenn ein geschiedener Ehegatte durch Urteil aufgrund der §§ 66, 68, 68a, 69 oder 69a EheG verpflichtet wurde oder sich im Rahmen dieser Bestimmungen vertraglich verpflichtet hat, eine bestimmte, betragsmäßig festgesetzte Summe an einen bestimmten Tag zu leisten, und dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Einer Einmahnung des den Unterhaltsberechtigten durch Urteil oder Vereinbarung zustehenden Unterhalts bedarf es in diesem Fall nicht. Darüber hinaus tritt Verzug aber auch dann ein, wenn der Unterhaltsberechtigte den ihm - vermeintlich - zustehenden Unterhalt betragsmäßig bestimmt einmahnt. Verzug liegt somit vor, wenn eine durch Urteil oder Vereinbarung betrags- und fälligkeitsmäßig genau bestimmte oder eine in konkreter Höhe eingemahnte Unterhaltspflicht nicht oder nicht fristgerecht erfüllt wurde. Einer inhaltlich bestimmten Mahnung bedarf es daher nach herrschender Ansicht nicht, wenn die Höhe der geschuldeten Unterhaltsleistung bereits durch Vereinbarung, Vergleich oder Urteil feststeht, da in diesem Fall dem Unterhaltspflichtigen seine Schuld sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach bekannt ist und es daher keines Schutzes des Unterhaltspflichtigen vor einer unerwarteten Inanspruchnahme durch den Unterhaltsberechtigten bedarf (10 Ob 90/05s = EvBl 2006/29, 165 ff mwN auch auf Lehre und Rechtsprechung zu der vergleichbaren Bestimmung des § 1585b Abs 2 BGB).
Im vorliegenden Fall ist jedoch anders als bei dem der Entscheidung 10 Ob 90/05s zugrunde liegenden Sachverhalt, wo der Unterhaltsberechtigte einen betrags- und fälligkeitsmäßig genau bestimmten Unterhaltsanspruch geltend machte, zu beurteilen, wann „Verzug" im Sinn des § 72 EheG eintritt, wenn dem Unterhaltsberechtigten die Höhe des Einkommens des Unterhaltspflichtigen nicht bekannt ist, ihm diese Höhe trotz Aufforderung durch den Unterhaltspflichtigen nicht bekanntgegeben wurde und der Unterhaltsberechtigte daher seinen Unterhaltsanspruch erst nach Rechnungslegung durch den Unterhaltspflichtigen betragsmäßig beziffern kann. Da Unterhalt grundsätzlich nur laufend zu bezahlen ist, kann sich der Unterhaltspflichtige regelmäßig auch nur auf derzeitige sowie künftig auf ihn zukommende Belastungen einstellen. Der Sinn und Zweck der Regelung des § 72 EheG besteht zweifellos darin, den Unterhaltspflichtigen vor Unterhaltsrückständen zu schützen, mit denen er nicht rechnen musste. Wird er jedoch beispielsweise durch eine Mahnung auf Unterhaltsrückstände hingewiesen, dann muss er von dem Zeitpunkt der Mahnung an damit rechnen, dass er auf rückständigen Unterhalt in Anspruch genommen wird, sodass er dann überblicken und kalkulieren kann, wieviel er für seinen eigenen Lebensbedarf ausgeben darf und welche Rücklagen er für Unterhaltszwecke bilden muss. Es darf nun aber der Unterhaltspflichtige nach den Grundsätzen von Treu und Glauben keine Vorteile daraus ziehen, dass der Unterhaltsberechtigte ohne Auskunft den Unterhaltsanspruch nicht beziffern kann. Nach der Rechtsprechung des BGH ist daher bei vergleichbarer Rechtslage (§ 1585b BGB) eine sogenannte „Stufenmahnung" (das heißt entsprechend einer Stufenklage ein Auskunftsbegehren verbunden mit einem unbezifferten Unterhaltsbegehren) zur Leistungsbestimmung ausreichend (vgl FamRZ 1990, 283). In Anlehnung an die Grundsätze der Stufenklage tritt daher im Sinne dieser Rechtsprechung des BGH Verzug auch hinsichtlich des noch unbezifferten Unterhaltsbetrages ein, wenn aus einem Auskunftsersuchen deutlich wird, dass der Bedürftige den sich aus der begehrten Auskunft ergebenden Unterhaltsbetrag auch fordern und gegebenenfalls gerichtlich geltend machen wird. Da der Unterhaltsberechtigte mit der Stufenmahnung die Bezifferung des begehrten Unterhaltsbetrages von der Auskunftserteilung abhängig macht, ist für eine Inverzugsetzung durch sie allerdings Voraussetzung, dass ein Anspruch auf Auskunft auch besteht. Diese Rechtsprechung wurde mit der Änderung des § 1613 Abs 1 BGB in die gesetzliche Regelung übernommen. So wurde durch Art 1 Nr 12 KindUG § 1613 Abs 1 BGB mit Wirkung ab unter anderem dahin geändert, dass Verwandtenunterhalt bereits ab dem Zeitpunkt gefordert werden kann, zu dem der Unterhaltsberechtigte den Unterhaltspflichtigen zur Auskunftserteilung zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert hat. Zur Auslösung der Wirkungen des § 1613 BGB reicht also ein allgemeines Auskunftsverlangen nicht aus; vielmehr muss der Berechtigte deutlich machen, dass er die Auskunft „zum Zwecke" der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs benötigt, konkret also für die Bezifferung seiner späteren Unterhaltsklage. Die Inverzugsetzung durch ein solches Auskunftsbegehren fingiert eine Mahnung. Insoweit ist der Unterhaltsschuldner (ebenfalls) nicht schutzwürdig, da er von diesem Zeitpunkt an damit rechnen muss, dass er auf Unterhalt in Anspruch genommen wird, und gegebenenfalls entsprechende Rücklagen bilden kann und muss. Es ist nun nicht mehr notwendig, das Auskunftsbegehren mit einem (unbezifferten) Leistungsverlangen zu verbinden (sogenannte Stufenmahnung) und/oder vorab „ins Blaue hinein" zu hohe Unterhaltsbeträge einzufordern, um später nicht an der rückwirkenden Geltendmachung des vollen Unterhalts gehindert zu sein (Klein in Weinreich/Klein, Familienrecht² § 1613 BGB Rz 11; Born in MünchKomm zum BGB4 § 1613 Rz 12 ff; Maurer in MünchKomm zum BGB4 § 1585b Rz 7;
Borth in Schwab [Hrsg], Handbuch des Scheidungsrechts5 Rz 1218;
Gerhardt in Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis6 § 6 Rz 119 ua). Diese Neuregelung des § 1613 BGB gilt nicht nur für den Kindesunterhalt, sondern den gesamten Verwandtenunterhalt sowie kraft Verweisung (§§ 1361 Abs 4, 1360 Abs 3 BGB) auch beim Trennungs- und Familienunterhalt. In der deutschen Lehre wird von manchen Autoren eine analoge Anwendung der Regelung des § 1613 BGB auch auf den nachehelichen Unterhalt befürwortet (vgl beispielsweise Maurer aaO § 1585b Rz 7 ua).
Bei Berücksichtigung der dargelegten Erwägungen aus dem deutschen Rechtsbereich, die aufgrund der vergleichbaren Problematik auch für den österreichischen Rechtsbereich von Bedeutung sind, gelangt der erkennende Senat zu der Auffassung, dass bei einer am Sinn und Zweck der Regelung des § 72 EheG orientierten Auslegung der Unterhalt geschiedener Ehegatten bereits ab dem Zeitpunkt gefordert werden kann, zu dem der Unterhaltsberechtigte den Unterhaltspflichtigen berechtigterweise zur Auskunftserteilung zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruches aufgefordert hat. Diese Aufforderung zur Auskunftserteilung kommt in ihren Wirkungen dem durch eine Mahnung eintretenden Verzug gleich. Der Unterhaltsschuldner muss von diesem Zeitpunkt an in gleicher Weise wie bei einer Mahnung damit rechnen, dass er auf Unterhalt in Anspruch genommen wird und er gegebenenfalls entsprechende Rücklagen bilden muss. Er kann aber nach Treu und Glauben keine Vorteile daraus ziehen, dass der Unterhaltsberechtigte ohne Auskunft den Unterhaltsanspruch nicht beziffern kann. Diese Ansicht entspricht offenbar auch dem vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , G 76/01, zum Ausdruck gebrachten weiten Verständnis des von ihm als verfassungsrechtlich unbedenklich beurteilten Kriteriums des „Verzuges" für die Geltendmachung von Scheidungsunterhalt für die Vergangenheit, wenn nach den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes „Unterhalt für die Vergangenheit nur dann zu leisten sein wird, wenn der Unterhaltspflichtige den Unterhalt in der gesetzlich zustehenden bzw vereinbarten Höhe nicht erbracht hat; mit anderen Worten, das, was zu leisten wäre, nicht geleistet wurde."
Im vorliegenden Fall ist daher davon auszugehen, dass der Beklagte durch die an ihn gerichtete - erfolglose - Aufforderung der Klägerin in ihrem Schreiben vom , ihr aktuelle Einkommensunterlagen für die genaue Berechnung des ihr zustehenden Unterhaltsanspruches zur Verfügung zu stellen, im Sinn des § 72 EheG „in Verzug" gekommen ist, weshalb sich das Rechnungslegungsbegehren für den gesamten geltend gemachten Zeitraum vom bis als berechtigt erweist. Es war daher der Revision der Klägerin Folge zu geben und das dem Rechnungslegungsbegehren stattgebende Teilurteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 52 Abs 2, 392 Abs 2 ZPO (vgl 8 Ob 609/87).