OGH 14.07.2005, 6Ob148/05s
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Dora C*****, in Obsorge der Mutter Dr. Pia Z*****, vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger Amt für Jugend und Familie - Rechtsfürsorge 1/4-9, Ammerlingstraße 11, 1060 Wien, wegen Unterhaltsrückstands, aus Anlass des Revisionsrekurses des Vaters Mag. Franjo C*****, vertreten durch Dr. Günter Wappel, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 246/05b-373, womit über den Rekurs des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom , GZ 1 P 74/98i-367, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Das Erstgericht stellte für die Zeit vom bis einen vom Vater zu zahlenden Unterhaltsbeitrag von 12.773,96 EUR fest (P 1.). Es stellte weiters aufgrund bereits rechtskräftig gewordener Beschlüsse eine Unterhaltsverpflichtung für die Zeit vom bis von 24.858 EUR fest (P 2.) und ordnete an, dass vom gesamten Rückstand von 37.631,96 EUR bereits geleistete Teilzahlungen von zusammen 25.751,66 EUR und anrechenbare Naturalunterhaltsleistungen von 722,36 EUR abzuziehen und vom Vater die danach offenen 11.158 EUR binnen 14 Tagen zu Handen des Wolfahrtsträgers zu zahlen seien (P 3.). Ein Mehrbegehren des Kindes wurde rechtskräftig abgewiesen. Ein Antrag der Mutter auf Verzinsung des Unterhaltsrückstands wurde zurückgewiesen (P 4. und 5.).
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters, der sich erkennbar gegen P 1. des erstinstanzlichen Beschlusses richtete, nicht Folge. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Dagegen erhebt der Vater eine an das Rekursgericht gerichtete Zulassungsbeschwerde, verbunden mit einem „außerordentlichen Revisionsrekurs" mit dem Abänderungsantrag dahin, dass der Unterhaltsrückstand für die Zeit vom bis nur mit 10.378,92 EUR festgesetzt werde.
Das Erstgericht legt den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der seit dem Inkrafttreten der erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997 (WGN 1997) geltenden Rechtslage, die für den Bereich der Rechtsmittelzulässigkeit durch die hier schon anzuwendenden Bestimmungen des neuen AußStrG (BGBl I 2003/111) keine Änderung erfahren hat:
Rechtliche Beurteilung
Nach dem alten AußStrG war ein Revisionsrekurs gemäß § 14 Abs 3 AußStrG idF der WGN 1997 - außer im Fall des § 14a Abs 3 dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 260.000 S (bzw 20.000 EUR - BGBl I 2001/98) nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen konnte jedoch eine Partei nach § 14a Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden - Antrag an das Rekursgericht stellen, den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden war, musste hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird. Der Rechtsmittelschriftsatz war also nicht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Gemäß § 16 Abs 2 Z 2 AußStrG war die Vorlage an das Gericht zweiter Instanz geboten (6 Ob 5/03h mwN).
An dieser Rechtslage hat sich durch das neue AußStrG, das hier - weil das Erstgericht nach dem entschieden hat - schon anzuwenden ist (§ 203 Abs 7 AußStrG), inhaltlich nichts geändert. Das Rekursgericht hat bei einem 20.000 EUR nicht übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstands den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt. Damit ist ein Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig (§ 62 Abs 3 AußStrG), es sei denn, das Gericht zweiter Instanz ändert über Zulassungsvorstellung der Partei seinen Ausspruch ab und spricht aus, dass der Revisionsrekurs doch zulässig sei (§ 63 AußStrG). Das Erstgericht wird daher die Zulassungsbeschwerde samt Revisionsrekurs dem Rekursgericht vorzulegen haben (§ 69 Abs 3 AußStrG).
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Dora C*****, in Obsorge der Mutter Dr. Pia Z*****, vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger Amt für Jugend und Familie - Rechtsfürsorge 1/4-9, Ammerlingstraße 11, 1060 Wien, wegen Unterhaltsrückstands, über den Revisionsrekurs des Vaters Mag. Franjo C*****, vertreten durch Dr. Günter Wappel, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 246/05b-373, womit über den Rekurs des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom , GZ 1 P 74/98i-367, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht stellte für die Zeit vom bis einen vom Vater zu zahlenden Unterhaltsbeitrag von 12.773,96 EUR fest (P 1.). Es stellte weiters aufgrund bereits rechtskräftig gewordener Beschlüsse eine Unterhaltsverpflichtung für die Zeit vom bis von 24.858 EUR fest (P 2.) und ordnete an, dass vom gesamten Rückstand von 37.631,96 EUR bereits geleistete Teilzahlungen von zusammen 25.751,66 EUR und anrechenbare Naturalunterhaltsleistungen von 722,36 EUR abzuziehen und vom Vater die danach offenen 11.158 EUR binnen 14 Tagen zu Handen des Wolfahrtsträgers zu zahlen seien (P 3.). Ein Mehrbegehren des Kindes wurde rechtskräftig abgewiesen. Ein Antrag der Mutter auf Verzinsung des Unterhaltsrückstands wurde zurückgewiesen (P 4. und 5.). Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters, der sich erkennbar gegen P 1. des erstinstanzlichen Beschlusses richtete, nicht Folge. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Gegen diesen Ausspruch erhob der Vater eine Zulassungsvorstellung, verbunden mit einem „außerordentlichen Revisionsrekurs" mit dem Abänderungsantrag dahin, dass der Unterhaltsrückstand für die Zeit vom bis nur mit 10.378,92 EUR festgesetzt werde.
Das Rekursgericht änderte seinen Rechtsmittelzulässigkeitsausspruch ab und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nunmehr nicht jedenfalls unzulässig. Er ist jedoch entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG unzulässig:
Bei der Unterhaltsbemessung für den im Revisionsrekurs relevierten Zeitraum haben die Vorinstanzen eine (weitere) Sorgepflicht des Vaters für die Mutter des antragstellenden Kindes nicht berücksichtigt. Auf eine solche Sorgepflicht hatte sich der Vater im erstinstanzlichen Verfahren auch nicht berufen. Er steht nun auf dem Standpunkt, dass in der Unterlassung entsprechenden Vorbringens nur eine entschuldbare Fehlleistung iSd § 49 Abs 2 AußStrG liege, sodass seine Behauptung im Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluss über eine weitere Sorgepflicht eine zulässige Neuerung darstelle, die das Rekursgericht zu beachten gehabt hätte. Im Übrigen wäre der Sachverhalt von Amts wegen zu erheben gewesen und der unterhaltspflichtige Vater hätte vom Erstgericht auch angeleitet und belehrt werden müssen. Dem ist entgegen zu halten:
Gemäß § 49 Abs 2 AußStrG sind neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel, die zur Zeit des Beschlusses erster Instanz schon vorhanden waren, nicht zu berücksichtigen, wenn sie von der Partei schon vor der Erlassung des Beschlusses hätten vorgebracht werden können, es sei denn, die Partei kann dartun, dass es sich bei der Verspätung (Unterlassung) des Vorbringens um eine entschuldbare Fehlleistung handelt. Das Neuerungsverbot hinsichtlich eines möglichen, von der Partei aber unterlassenen Vorbringens im Verfahren erster Instanz entspricht der Rechtsprechung vor dem Inkrafttreten des neuen AußStrG. Die Neuerungserlaubnis, wenn die Unterlassung auf einer entschuldbaren Fehlleistung beruht, ist zwar neu, das Fehlen einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung dazu reicht aber zur Begründung der Rechtsmittelzulässigkeit nicht aus, weil die Rechtslage völlig klar ist. Auch in der Entscheidung 4 Ob 135/05i ging es um die Neuerungserlaubnis nach § 49 AußStrG. Die minderjährige Antragstellerin hatte sich dort zu den Einkommensverhältnissen ihres Vaters nicht geäußert und sich erst im Rekurs auf weiteres Einkommen berufen. Der Oberste Gerichtshof verwies die rechtsfreundlich vertretene Rechtsmittelwerberin darauf, dass sie die Zulässigkeit der Neuerungen zu behaupten und schlüssig darzulegen gehabt hätte. Auch im vorliegenden Fall fehlt es an einer solchen Darlegung. Der Revisionsrekurswerber beruft sich nur auf ein „schlichtes Vergessen" und eine fehlende Anleitung durch das Erstgericht. Damit allein kann das Vorliegen einer entschuldbaren Fehlleistung aber nicht begründet werden, wurde doch der Vater, der Jurist ist, bei seiner Vernehmung am zu seinen Sorgepflichten befragt; es musste ihm klar sein, dass er unterhaltsmindernde weitere Sorgepflichten im eigenen Interesse vollständig anzugeben hat. Einer weiteren oberstgerichtlichen Stellungnahme bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2005:0060OB00148.05S.0714.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
EAAAD-51884