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OGH vom 27.03.2012, 4Ob184/11d

OGH vom 27.03.2012, 4Ob184/11d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** B*****, vertreten durch Mag. Bernd Trappmaier und Mag. Georg R. Foidl, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. U***** GmbH in Liquidation, *****, vertreten durch die Liquidatorin *****, diese vertreten durch Mag. Philipp J. Graf und Dr. Isabelle Dessulemoustier-Bovekercke-Ofner, Rechtsanwälte in Wien, 2. D***** GmbH, *****, vertreten durch Neumayer, Walter Haslinger, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, wegen 17.659 EUR sA, über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 15 R 78/11t 25, mit welchem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 43 Cg 157/09z 20, bestätigt wurde, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Soweit sich die Revision gegen die Entscheidung über das Begehren gegen die zweitbeklagte Partei richtet, wird sie zurückgewiesen .

Die zweitbeklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Im Übrigen wird der Revision Folge gegeben. Soweit die Urteile der Vorinstanzen über das Begehren gegen die Erstbeklagte ergangen sind, werden sie aufgehoben , und die Rechtssache wird insofern zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen .

Die auf das Begehren gegen die Erstbeklagte entfallenden Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger wurde in Vermögensangelegenheiten von einer Finanzdienstleistungsgesellschaft betreut, sein Berater war deren Geschäftsführer. Im Jahr 2005 verfügte er über Ersparnisse, die er einige Jahre später für den Ausbau der Kinderzimmer in seinem Haus verwenden wollte. Er äußerte gegenüber dem Berater, dass er eine Veranlagung mit gleicher Sicherheit wie bei einem Sparbuch wolle, jedoch mit höherem Ertrag. Der Berater präsentierte ihm ein von der Gesellschaft vertriebenes Anlagemodell auf dem Sekundärmarkt für Lebensversicherungsverträge, das ihm zusagte. Daher unterfertigte er am in den Räumen der Gesellschaft eine „Auftragserteilung“ und einen „Kaufauftrag“, denen weitere Urkunden (verschiedene Anhänge, ein Glossar, eine Übersicht der Auszahlungsbeträge sowie eine Erklärung des Vermittlers) angeschlossen waren. Als sein Vertragspartner schien dabei die Erstbeklagte auf. Aus den Urkunden ergibt sich zusammengefasst folgende Gestaltung des Anlagemodells:

Die Erstbeklagte verschafft den Anlegern gegen Entgelt Ansprüche im Zusammenhang mit amerikanischen Lebensversicherungsverträgen. Die Anleger treten dabei nicht selbst in den jeweiligen Vertrag ein, Bezugsberechtigter wird vielmehr ein von der kanadischen Muttergesellschaft der Erstbeklagten eingerichteter „Trust“, der die Ansprüche „treuhändig“ für die Anleger verwaltet. Tatsächlich erwerben die Anleger daher Ansprüche gegen den Trust. Es wird ihnen jeweils eine bestimmte Lebensversicherung zugeordnet, wobei sich der Vertrag auch auf Anteile davon beschränken kann (was offenbar regelmäßig erfolgt). Die Anleger zahlen der Erstbeklagten einen „Kaufpreis“, den diese nach Abzug eines Agios ihrer Muttergesellschaft zum Erwerb der Bezugsrechte durch den Trust weiterleitet. Im Kaufpreis „enthalten“ sind auch die bis zum Versicherungsfall noch fällig werdenden (anteiligen) Prämien, die vom Treuhänder dem jeweiligen Versicherungsunternehmen zu leisten sind. Nicht erkennbar ist, welchen Anteil am „Kaufpreis“ sich der Trust zu diesem Zweck zurückbehält.

Für den jeweiligen Versicherungsvertrag wird ein Gutachten zur Lebenserwartung der versicherten Person eingeholt, aus dem sich die voraussichtliche Restlaufzeit des Vertrags ergibt. Diese ist wiederum Grundlage für die Ermittlung des Auszahlungsbetrags, den der Treuhänder den Anlegern spätestens (dazu näher unten) bei Eintritt des Versicherungsfalls zu leisten hat. Der Auszahlungsbetrag ergibt sich aus dem „Kaufpreis“ abzüglich des „Agios“ zuzüglich des „Ertrags“, wobei dieser „Ertrag“ nach folgender Formel errechnet wird: Kaufpreis (abzüglich Agio) mal monatlichem „Ertragssatz“ laut vorgegebener Tabelle mal Anzahl der Monate der voraussichtlichen Restlaufzeit. Sobald dem Anleger eine bestimmte Versicherung „zugeteilt“ ist, weiß er daher, welchen Betrag er aufgrund seiner Anlage (spätestens) bei Eintritt des Versicherungsfalls erhalten wird. Sein monatlicher Ertrag ist dabei wegen des fixen Auszahlungsbetrags umso geringer, je später die versicherte Person stirbt. Dieses „Langlebigkeitsrisiko“ kann der Anleger auf zweifache Weise absichern: Beim „Programm GLS“ zahlt der Treuhänder jedenfalls 24 Monate nach Ablauf der voraussichtlichen Restlaufzeit; dafür sind die „Ertragssätze“ und daher auch der letztlich erzielte Ertrag geringer. Beim „Programm GLS II“ zahlt der Treuhänder erst bei Eintritt des Versicherungsfalls, dem Anleger wird aber die Möglichkeit eingeräumt, sein Bezugsrecht nach Ablauf der voraussichtlichen Restlaufzeit der amerikanischen Muttergesellschaft der Erstbeklagten zum ursprünglichen Kaufpreis (abzüglich Agio) zu verkaufen.

Zum Vertrieb des Anlageprodukts bediente sich die Erstbeklagte exklusiv der Zweitbeklagten, die wiederum selbständige Vermittler betraute, darunter auch jene Gesellschaft, deren Geschäftsführer den Kläger beriet. Der Geschäftsführer trat gegenüber dem Kläger ausschließlich für diese Gesellschaft auf; er erklärte nicht, dass er oder die Gesellschaft für die Zweitbeklagte handelten. Deren Rolle erklärte er dahin, dass er „von dort oder über diese Gesellschaft“ das Anlageprodukt „bekomme“.

Im konkreten Fall erteilte der Kläger der Erstbeklagten den „Auftrag“, um 16.818 EUR (exklusive Agio) Bezugsrechte an US-amerikanischen Lebensversicherungspolizzen des Sekundärmarkts der Kategorie B (37 bis 54 Monate) aus dem Programm „GLS II“ (also ohne Auszahlung spätestens 24 Monate nach Ablauf der voraussichtlichen Restlaufzeit) zu besorgen. Als weitere „Bezugsberechtigte“ machte er seine Ehefrau namhaft. Auf dem Antragsformular war als „Vermittler“ jene Finanzdienstleistungsgesellschaft genannt, deren Geschäftsführer den Kläger beraten hatte. Der von der Erstbeklagten formulierte „Kaufauftrag“ enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

„[Die Erstbeklagte] beschafft bestehende Policen im Sinn der Präambel und damit alle Rechte und Pflichten hieraus, insbesondere das Recht auf Auszahlung der Versicherungssumme nach dem Ableben der jeweils versicherten Person […].

Mit diesem Vertrag verschafft [die Erstbeklagte] dem Käufer das Recht auf Auszahlung der (anteiligen) Versicherungssumme aus solchen Policen, die den Kaufkriterien des § 5 sowie den in § 14 gemachten Angaben betreffend Kaufpreis, Programm und Laufzeit entsprechen, und verpflichtet sich, dem Käufer das unwiderrufliche (anteilige) Bezugsrecht einzuräumen. [...]

Die laufenden Prämien, die während der voraussichtlichen Laufzeit der Policen an das Versicherungsunternehmen zu entrichten sind, ebenso wie eventuell anfallende Prämien für weitere 24 Monate über die voraussichtliche Laufzeit der Policen hinaus sind im Kaufpreis, den der Käufer leistet, in vollem Umfang enthalten. Sie werden einem separaten, vom Trustee geführten Konto („Prämien-Treuhand-Konto“) zugewiesen, von dem dann die Prämien bei Fälligkeit bedient würden.

Für den Fall, dass sich die tatsächliche Laufzeit einer Police über den vorgenannten Zeitraum (voraussichtliche Lebenserwartung gemäß medizinischem Gutachten zuzüglich weiterer 24 Monate) hinaus erstrecken sollte, wird [die amerikanische Muttergesellschaft der Erstbeklagten] die Zahlung von weiterhin anfallenden Prämien zunächst aus dem Prämien-Rücklagen-Konto veranlassen und für eine ausreichende Liquidität zur Zahlung der fälligen Prämien sorgen. Eine wertmäßige Minderung des Bezugsrechts oder eine Nachschusspflicht des Käufers ist damit nicht verbunden.“

Zwei Verkaufsunterlagen der Erstbeklagten, die die Vorzüge der Veranlagung darstellten und dabei mehrfach die Formulierungen „Garantie“ oder „garantierte Auszahlung“ verwendeten, waren dem Kläger bei Abgabe seiner Vertragserklärung nicht bekannt.

Am überwies der Kläger 17.659 EUR (inklusive Agio) auf ein von der Erstbeklagten genanntes Konto. Diese erklärte mit Schreiben vom die Annahme des Kaufauftrags. Mit Schreiben vom verständigte die Erstbeklagte den Kläger, dass sie die Anlagesumme in US-Dollar umgetauscht habe, und kündigte an, dass seine Anlage der nächsten erhältlichen Polizze zugeordnet werde. In der Folge erhielt der Kläger ein Schreiben der Muttergesellschaft der Erstbeklagten mit einem Paket von Unterlagen. Darin bestätigte eine Versicherungsgesellschaft, dass der „Trust“ bei einer bestimmten Versicherung als Begünstigter eingetragen worden sei. Die Muttergesellschaft der Erstbeklagten teilte mit, dass die Versicherungssumme 8 Mio USD betrage, wobei auf den Kläger und seine Frau 28.395,72 USD entfielen. Die Lebenserwartung der versicherten Person war in einem Gutachten vom mit 44 Monaten angegeben.

Die kanadische Muttergesellschaft der Erstbeklagten wurde am unter Gläubigerschutz gestellt. In diesem Verfahren wurde am ein „Kompromiss- und Vergleichsplan“ beantragt, wonach die Muttergesellschaft mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des gerichtlich eingesetzten „Monitors“ berechtigt sein sollte, von ihr gehaltene Polizzen als Sicherheit für Kredite zu geben, wenn die Kreditaufnahme für die Zahlung von Prämien, Sachverständigenhonoraren oder einer „Verwaltungsgebühr“ erforderlich sei. Die aufgenommenen Beträge sollten vom Monitor verwaltet werden. Ob dieser Sanierungsplan angenommen wurde, steht nicht fest. Ebenso ist unklar, ob er sich auch auf die (angeblich) vom „Trust“ für die Anleger gehaltenen Bezugsrechte bezieht.

Die Versicherungspolizze, die dem Anspruch des Klägers gegen den „Trust“ zugrunde liegt, trägt als Kennung des Versicherten das Zeichen „C.E. (#482)“. Eine Polizze mit dieser Kennung wird nach wie vor als aufrecht bestehend geführt, es werden offenbar vom Treuhänder auch laufend Prämien gezahlt.

Der Kläger begehrt von den Beklagten 17.659 EUR samt 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit . Seine Vertragspartnerin sei die Erstbeklagte gewesen. Da die versicherten Personen offenbar länger gelebt hätten als angenommen, habe die kanadische Muttergesellschaft eigene Geldmittel aufwenden müssen, um Folgeprämien zu zahlen. Das habe letztlich zu ihrer Insolvenz geführt. Es sei daher absehbar, dass die Prämien der von ihm anteilig erworbenen Versicherung nicht mehr bezahlt würden und in der Folge keine Ablebensleistung erbracht werde, das eingesetzte Kapital also verloren sei. Dies widerspreche der Darstellung des Investments als sicher, risikoarm und garantiert.

Gegenüber der Erstbeklagten stützt der Kläger seinen Anspruch, soweit im Revisionsverfahren noch relevant, auf folgende Grundlagen: Die Erstbeklagte habe ihn durch die Verkaufsunterlagen, die die Veranlagung als risikolos dargestellt hätten, arglistig getäuscht. Soweit keine Arglist vorliege, trete er nach § 5 KMG vom Vertrag zurück. Der Vertragsgegenstand sei eine Veranlagung iSv § 1 Abs 1 Z 3 KMG gewesen, weswegen aufgrund des inländischen öffentlichen Angebots Prospektpflicht bestanden habe. Einen Prospekt habe es aber nicht gegeben. Weiters habe der Vertrag Verpflichtungen der kanadischen Muttergesellschaft und von dieser übernommene Garantien enthalten. Da der Vertrag insofern als Vertrag zu Lasten Dritter unwirksam sei, hafte die Erstbeklagte für die Erfüllung.

Die Zweitbeklagte hafte dem Kläger wegen fehlerhafter Beratung. Der Schaden liege im Erwerb einer Veranlagung, die er nicht gewollt habe. Die Finanzdienstleistungsgesellschaft sei nur Erfüllungsgehilfin der Zweitbeklagten gewesen. Diese habe gemeinsam mit der Erstbeklagten das Veranlagungsprodukt für Österreich kreiert und exklusiv vertrieben. Die Vertriebspartner hätten von der Zweitbeklagten Informationsmaterial und Schulungen erhalten; ihre Aufgabe sei es gewesen, über die Zweitbeklagte Verträge mit der Erstbeklagten zu vermitteln. Die von der Erstbeklagten (aus dem „Agio“) geleistete Vermittlungsprovision sei zwischen der Zweitbeklagten und dem jeweiligen Vermittlungspartner geteilt worden. Die Finanzdienstleistungsgesellschaft sei nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der Zweitbeklagten aufgetreten.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens.

Die in Abwicklung befindliche Erstbeklagte wendet ein, dass nicht sie, sondern ihre kanadische Muttergesellschaft die Veranlagung des vom Kläger investierten Betrags schulde. Der Anspruch des Klägers aus dem Vertrag bestehe nach wie vor, sei allerdings noch nicht fällig.

Die Zweitbeklagte bestreitet das Bestehen einer vertraglichen Beziehung. Die Vermittlung sei ausschließlich durch die Finanzdienstleistungsgesellschaft erfolgt; ihre eigene Mitwirkung habe ausschließlich darin bestanden, diese Gesellschaft als Vermittlerin zu werben und den Kaufauftrag an die Erstbeklagte weiterzuleiten. Der Berater habe den Kläger über alle Risiken des Produkts aufgeklärt. Ein Schaden sei bisher nicht eingetreten; der Anspruch des Klägers auf Auszahlung der treuhändig gehaltenen Lebensversicherung sei nach wie vor aufrecht. Zur Geltendmachung der vereinbarten „Garantie“ müsse er nur die Verkaufsoption wahrnehmen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Geschäftsführer der Finanzdienstleistungsgesellschaft habe bei der Beratung nicht zu erkennen gegeben, dass er oder diese Gesellschaft für die Zweitbeklagte handle. Daher sei der Beratungsvertrag mit der Finanzdienstleistungsgesellschaft zustande gekommen, die Zweitbeklagte hafte nicht. Den Auftrag zum Erwerb des Anlageprodukts habe der Kläger der Erstbeklagten erteilt; diese habe ihm eine Veranlagung besorgt, die zwischen ihm und ihrer kanadischen Muttergesellschaft zustande gekommen sei. Eine Haftung der Erstbeklagten wegen arglistiger Täuschung durch Verschweigen des Risikos in den Verkaufsunterlagen scheitere daran, dass der Kläger diese Unterlagen weder gekannt noch sie seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe. Eine Veranlagung iSv § 1 Abs 1 Z 3 KMG liege nicht vor, weil das Recht keinen „anlagebezogenen“ Inhalt habe und weder „formell handelbar“ noch „vertretbar“ sei. Schon das schließe einen Rücktritt aus; dazu komme, dass zwischen den Parteien kein Kaufvertrag zustande gekommen sei. Die vom Kläger beanstandete Einschaltung der kanadischen Muttergesellschaft und eines Treuhänders entspreche der im Kaufauftrag vorgesehenen Abwicklung. Auch die Auszahlung der Versicherungssumme an den Treuhänder, der den auf den jeweiligen Käufer entfallenden Betrag weiterzuleiten habe, sei im Kaufauftrag ausdrücklich vorgesehen gewesen. Eine Garantie habe die Erstbeklagte nicht übernommen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die Revision mit der Begründung zu, dass Rechtsprechung zum Rücktrittsrecht beim Erwerb von Secondhand-Versicherungspolizzen fehle.

Das Vorbringen der Berufung, die Erstbeklagte habe den Kläger durch Verkaufsunterlagen mittelbar (nämlich durch Irreführung seines Beraters) arglistig getäuscht und müsse sich die Zusage der „Liquiditätsoption“ als eigene Leistungspflicht zurechnen lassen, sei eine unbeachtliche Neuerung. Ein Rücktrittsrecht nach § 5 KMG bestehe nicht. Die in § 2 KMG normierte Prospektpflicht beziehe sich auf im Inland öffentlich angebotene Wertpapiere und Veranlagungen. Ein Wertpapier liege bei einer wie hier auf eine bestimmte Person lautende Lebensversicherungspolizze nicht vor. Von Veranlagungen seien nach den Gesetzesmaterialien etwa Publikums-Kommanditgesellschaften, stille Beteiligungen und Immobilienfonds in verschiedenen Rechtsformen erfasst. Entscheidend sei das Vorliegen einer gemeinsamen Rechnung und eines gemeinsamen Risikos, was eine Vergemeinschaftung der beteiligten Personen voraussetze. Dafür müssten mehrere Anleger jeweils (anteilig) in mehrere Lebensversicherungen investieren. Das treffe hier nicht zu; vielmehr habe der Kläger gegen Entgelt ein bestimmtes Forderungsrecht erworben. Die Zweitbeklagte sei nicht passiv legitimiert, da der Berater nicht in ihrem Namen aufgetreten sei. Daher gebe es keine Grundlage für eine Haftung nach § 1313a ABGB.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers . Er strebt eine stattgebende Entscheidung gegen beide Beklagte an, hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag. Die Beklagten erstatteten getrennte Revisionsbeantwortungen. Die Erstbeklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben; die Zweitbeklagte beschränkt sich auf den Antrag, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist, soweit sie den Anspruch gegen die Erstbeklagte betrifft, aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt. Soweit sie den Anspruch gegen die Zweitbeklagte betrifft, ist die Revision unzulässig.

A. Zum Anspruch gegen die Erstbeklagte

1. Der Kläger stützt den Anspruch gegen die Erstbeklagte in der Revision auf den Rücktritt nach § 5 KMG, auf arglistige Täuschung und auf eine (angebliche) Garantiezusage. Die beiden letztgenannten Anspruchsgrundlagen haben die Vorinstanzen zutreffend verneint.

1.1. Die nach dem Vorbringen des Klägers zur Täuschung geeigneten Verkaufsunterlagen waren dem Kläger entgegen dem von ihm dazu erstatteten Vorbringen nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht bekannt; dass diese Unterlagen mittelbar, also durch Irreführung des Beraters, zu einem Irrtum des Klägers geführt hätten, hat er in erster Instanz tatsächlich nicht behauptet.

1.2. Eine „sittenwidrige Verschleierung“, wer die „Liquiditätsgarantie“ abgegeben habe, ist nicht erkennbar. Dem vom Kläger unterschriebenen „Kaufauftrag“ ist eindeutig zu entnehmen, dass die „Garantie“ dh die Verkaufsoption bei Verwirklichung des Langlebigkeitsrisikos [nur] von der kanadischen Muttergesellschaft der Erstbeklagten gewährt wird. Die vom Kläger auch in diesem Zusammenhang genannten Verkaufsunterlagen der Erstbeklagten sind ihm nicht zugekommen; zudem bezeichnen auch sie die Veranlagung als „Produkt“ der kanadischen Gesellschaft. Auch aus ihnen kann daher nicht abgeleitet werden, dass an deren Stelle die Erstbeklagte die Auszahlung „garantiere“. Wenn der Kläger behauptet, dass die Erstbeklagte sein (einziger) Vertragspartner sei und es keinen Vertrag zu Lasten Dritter gebe, übersieht er, dass sich die Erstbeklagte durchaus verpflichten konnte, eine gegenüber einem Dritten (hier: ihrer Muttergesellschaft) bestehende Rechtsposition zu verschaffen. Dass die „Liquiditätsgarantie“ (also die von der Muttergesellschaft zugesicherte Verkaufsoption) rechtlich nicht begründet worden wäre, lässt sich dem festgestellten Sachverhalt nicht entnehmen.

2. Damit ist zu prüfen, ob der Anspruch auf das Rücktrittsrecht nach § 5 Abs 1 KMG gestützt werden kann. Nach dieser Bestimmung können Anleger, die wie hier der Kläger Verbraucher iSd § 1 Abs 1 Z 2 KSchG sind, vom Vertrag zurücktreten, wenn ein prospektpflichtiges Angebot ohne vorhergehende Veröffentlichung eines Prospekts erfolgte. Das Rücktrittsrecht erlischt mit Ablauf einer Woche nach dem Tag, an dem der Prospekt veröffentlicht wurde (§ 5 Abs 4 KMG). Unstrittig ist, dass im vorliegenden Fall kein Prospekt erstellt worden war.

3. Das Rücktrittsrecht nach § 5 KMG kann nur gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner geltend gemacht werden (2 Ob 32/09h = ÖBA 2010, 753 [ Oppitz ] mwN). Daher ist zunächst zu klären, ob der Kläger das Anlageprodukt von der Erstbeklagten oder allenfalls über deren Vermittlung von einem anderen Unternehmen (etwa von deren kanadischer Muttergesellschaft) erworben hat.

3.1. Bei diesem Produkt handelt es sich nicht um ein Bezugsrecht, das aufgrund eines bestimmten Versicherungsvertrags gegenüber einem bestimmten Versicherungsunternehmen besteht. Vielmehr sollte nach dem „Kaufauftrag“ und den weiteren Unterlagen ein Anspruch gegen einen Treuhänder begründet werden, dessen Rechtsstellung ebenso unklar ist wie sein Verhältnis zur kanadischen Muttergesellschaft der Erstbeklagten. Zudem treffen auch diese Gesellschaft Pflichten gegenüber dem Anleger. Denn sie hat dafür zu sorgen, dass der Treuhänder die Prämien auch dann weiter zahlen kann, wenn die versicherte Person mehr als 24 Monate länger lebt als prognostiziert, und sie gewährt dem Anleger für diesen Fall die Möglichkeit, ihr die Bezugsrechte zum (seinerzeitigen) „Kaufpreis“ (abzüglich Agio) zu verkaufen. Die Anlage ist daher ein komplexes Produkt, in dessen Rahmen dem Anleger Rechte gegen (wohl) zwei kanadische Rechtsträger eingeräumt werden.

3.2. Gegenstand eines Kaufvertrags können auch Rechte sein (1 Ob 148/71 = SZ 44/89; RIS-Justiz RS0020091; Aicher in Rummel 3 § 1053 Rz 6 mwN). Dabei ist nicht erforderlich, dass der Verkäufer schon bei Vertragsabschluss über diese Rechte verfügt. Denn ein Kaufvertrag ist auch wirksam, wenn der Kaufgegenstand einem anderen gehört (3 Ob 275/23 = SZ 5/110; 1 Ob 655/78 = RZ 1980/9; RIS Justiz RS0038107) oder wie etwa eine noch zu emittierende Aktie (GZ 13.443 = GlU 5.599) noch gar nicht existiert (5 Ob 44/62 = EvBl 1962/452; Aicher in Rummel 3 § 1053 Rz 19 mwN). Die Pflicht des Verkäufers besteht auch in diesem Fall darin, dem Käufer die zugesagte Rechtsposition bei körperlichen Sachen also das Eigentum am Kaufgegenstand zu verschaffen (RIS-Justiz RS0019839; Aicher in Rummel 3 § 1061 Rz 1, § 1047 Rz 1 mwN). Beim Kauf von Rechten hat der Verkäufer daher zu bewirken, dass der Käufer zum Berechtigten wird.

3.3. Ein solcher Fall liegt hier vor. Denn nach dem „Kaufantrag“, den die Erstbeklagte formuliert (§ 915 ABGB) und offenkundig angenommen hat, „ verschafft “ sie

„dem Käufer das Recht auf Auszahlung der (anteiligen) Versicherungssumme aus solchen Policen, die den Kaufkriterien des § 5 sowie den in § 14 gemachten Angaben betreffend Kaufpreis, Programm und Laufzeit entsprechen, und verpflichtet sich, dem Käufer das unwiderrufliche (anteilige) Bezugsrecht einzuräumen .“ (Hervorhebung durch den Senat).

Daraus ergibt sich eindeutig die Pflicht der Erstbeklagten, dem Kläger jene Rechtsstellung zu verschaffen, die dem von ihr beworbenen Veranlagungsprodukt entspricht. Damit liegt im Verhältnis zwischen den Parteien ein Kaufvertrag vor. Ob die Erstbeklagte ihre Verpflichtung durch Erwerb der Rechte und Weiterübertragung an den Kläger oder durch eine von ihr veranlasste direkte Einräumung durch den oder die Schuldner erfüllt, ist wie beim Streckengeschäft bei beweglichen Sachen unerheblich. Ebenso kommt es nicht darauf an, auf wessen Konto der Kläger gezahlt hat: Denn fällt nach einem Rücktritt der Rechtsgrund der Zahlung weg, hat der Kläger selbst dann einen Rückforderungsanspruch gegen die Erstbeklagte, wenn er die Zahlung aufgrund einer von der Erstbeklagten erteilten Anweisung an deren kanadische Muttergesellschaft oder den Treuhänder geleistet haben sollte. Denn in diesem Fall läge ein Mangel im Deckungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten vor, der zu einem Kondiktionsanspruch des angewiesenen Klägers gegen die anweisende Erstbeklagte führte ( Koziol in KBB 3 Vor §§ 1431 1437 Rz 5; Lurger in Kletečka / Schauer , ABGB-ON 1.00 Vor §§ 1431 1437 Rz 7; beide mwN zur praktisch einhelligen Lehre; 7 Ob 123/09b = ÖBA 2010, 63).

4. Ob ein prospektpflichtiges Angebot vorlag, kann nicht abschließend beurteilt werden.

4.1. Prospektpflicht besteht nach § 2 Abs 1 KMG bei einem „öffentlichen Angebot“. Darunter ist nach der Legaldefinition in § 1 Abs 1 Z 1 KMG Folgendes zu verstehen:

„Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Bedingungen eines Angebots (oder einer Einladung zur Zeichnung) von Wertpapieren oder Veranlagungen und über die anzubietenden Wertpapiere oder Veranlagungen enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere oder Veranlagungen zu entscheiden. Diese Definition gilt auch für die Platzierung von Wertpapieren oder Veranlagungen durch Finanzintermediäre.“

Da die Erstbeklagte kein Wertpapier angeboten hat, ist zu prüfen, ob ihr Produkt als „Veranlagung“ im Sinn des Kapitalmarktrechts zu werten ist. Dieser Begriff wird in § 1 Abs 1 Z 3 KMG wie folgt definiert:

„Vermögensrechte, über die keine Wertpapiere ausgegeben werden, aus der direkten oder indirekten Investition von Kapital mehrerer Anleger auf deren gemeinsame Rechnung und gemeinsames Risiko oder auf gemeinsame Rechnung und gemeinsames Risiko mit dem Emittenten, sofern die Verwaltung des investierten Kapitals nicht durch die Anleger selbst erfolgt […].“

4.2. Die dem KMG in Bezug auf die Prospektpflicht zugrunde liegende RL 2003/71/EG (ProspektRL) erfasst sowohl in der ursprünglichen als auch in der aktuellen Fassung (nach der Änderung durch die RL 2010/73/EU und die RL 2010/78/EU) nur Wertpapiere. Die Prospektpflicht auch für (bloße) Veranlagungen beruht daher nicht auf unionsrechtlichen Vorgaben ( Koziol in Apathy / Iro / Koziol , Österreichisches Bankvertragsrecht 2 VI [2007] Rz 1/2; Kalss / Oppitz / Zollner, Kapitalmarktrecht I [2005] § 10 Rz 2).

4.3. Nach den Materialien zur Urfassung des KMG (147 BlgNR 18. GP [1992] 18) sollte der mit diesem Gesetz angestrebte Anlegerschutz auf „die in Abs 1 Z 3 definierten Veranlagungsformen, bei denen keine Wertpapiere ausgestellt werden“, erstreckt werden. Am „gebräuchlichsten“ seien dabei „insbesondere Publikums-Kommanditgesellschaften, stille Beteiligungen und sogenannte 'Immobilienfonds' in verschiedenen Rechtsformen“. Nicht erfasst würden demgegenüber „zB Lebensversicherungen mit Gewinnbeteiligung oder über eine im Sinne des § 26 Abs 3 BörseG eingerichtete Abwicklungsstelle im Rahmen der Wiener Börse gehandelte Optionen oder Finanzterminkontrakte“. Mit der KMG Novelle 2005 wurde der Veranlagungsbegriff auf alle vertretbaren verbrieften Rechte ausgedehnt, die nicht Wertpapiere iSv § 1 Abs 1 Z 4 KMG sind; ausgenommen von der Prospektpflicht sind nur Geldmarktinstrumente mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Monaten. Seit der letztgenannten Novelle gilt für Veranlagungen nach § 2 Abs 2 KMG ein anderes Regime als für Wertpapiere; insbesondere erfolgt keine Billigung des Prospekts durch die Finanzmarktaufsicht, sondern es genügt die Überprüfung durch einen Prospektkontrollor iSv § 8 KMG.

4.4. Eine Veranlagung iSv § 1 Abs 1 Z 3 KMG liegt nach dem Wortlaut dieser Bestimmung nur vor, wenn eine Investition auf gemeinsame Rechnung und gemeinsames Risiko im Verhältnis zwischen mehreren Anlegern oder im Verhältnis zwischen den Anlegern und dem Emittenten erfolgt.

(a) Entscheidend ist daher das Vorliegen einer Risikogemeinschaft. Diese Risikogemeinschaft kann nach der Lehre gesellschafts- oder schuldrechtlich organisiert sein ( Kalss / Oppitz , Die Neuregelungen der KMG-Novelle 1994, ÖBA 1994, 350 [357 f]); sie soll nicht vorliegen, wenn der Anleger gegen Entgelt ein bestimmtes Forderungsrecht erwirbt ( Kalss / Oppitz , ÖBA 1994, 358). Aus den in den Materialien beispielsweise aufgezählten Veranlagungsformen wird abgeleitet, dass dem Gesetzgeber „offenbar“ ein von der Gemeinschaft zu erwartender Gewinn und kein Entgelt für die Hingabe eines Veranlagungskapitals „vorgeschwebt“ sei ( Zib / Russ / Lorenz, Kapitalmarktgesetz [2008] § 1 Rz 33).

(b) Werden Secondhand-Polizzen vom Anbieter zusammengefasst und partizipiert der Anleger etwas in Form einer Kommanditbeteiligung an Gewinn und Verlust von deren Erwerb, liegt jedenfalls eine Veranlagung iSv § 1 Abs 1 Z 3 KMG vor ( Fletzberger , Secondhand-Polizzen: eine rechtliche Bestandsaufnahme, ÖZW 2006, 70 [B.1]). Denn damit würde nicht nur das Bonitäts- und Langlebigkeitsrisiko der einzelnen Polizzen auf mehrere Anleger verteilt, sondern der Ertrag (oder auch Verlust) der Anleger stünde in einem direkten Verhältnis zum wirtschaftlichen Erfolg (oder Misserfolg) der Veranlagung als Ganzer. Hingegen läge beim Kauf eines bestimmten Bezugsrechts durch einen einzelnen Anleger (abgesehen von der strittigen Beurteilung von Kapitallebensversicherungen; vgl Kalss / Oppitz / Zollner, Kapitalmarktrecht I § 10 Rz 15 mwN) von vornherein keine Veranlagung iSv § 1 Abs 1 Z 3 KMG vor, weil hier gegen Entgelt ein konkretes Forderungsrecht gegen das jeweilige Versicherungsunternehmen erworben würde.

(c) Das hier zu beurteilende Modell liegt zwischen diesen Produktgestaltungen. Zwar führt der bloße Umstand, dass das Bezugsrecht aus einem Vertrag auf mehrere Erwerber aufgeteilt wird, noch nicht zwingend zur Annahme einer Risikogemeinschaft. Denn ginge es nur um eine solche Aufteilung, läge immer noch der Erwerb eines konkreten nun eben anteilig bestimmten Forderungsrechts gegen ein bestimmtes Versicherungsunternehmen vor. Das Angebot der Erstbeklagten geht aber über eine solche bloße Aufteilung hinaus. Denn Schuldner des Anspruchs ist nicht das Versicherungsunternehmen, sondern der Treuhänder. Dieser behält für jede Polizze einen von der voraussichtlichen Restlaufzeit abhängigen Teil des Kaufpreises zurück, um damit die bis zum Eintritt des Versicherungsfalls fällig werdenden Prämien zu zahlen. Jene Beträge, die bei einem vorzeitigen Versicherungsfall frei werden, stehen ihm zur Verfügung, um bei anderen Polizzen das von ihm übernommene Risiko eines verspäteten Versicherungsfalls zu decken. Soweit die freigewordenen Beträge nicht ausreichen, muss die kanadische Muttergesellschaft die Zahlung der Prämien sicherstellen. Damit wird das Langlebigkeitsrisiko zwischen den Anlegern, dem Treuhänder und der kanadischen Gesellschaft vergemeinschaftet.

(d) Ein Unterschied zu einem jedenfalls als Veranlagung zu qualifizierenden Angebot (oben [b]) liegt allerdings darin, dass die Anleger nicht anteilig am wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg des Treuhänders und der kanadischen Gesellschaft partizipieren. Vielmehr geht es für sie um Alles oder Nichts: Gelingt es dem Treuhänder und der Gesellschaft, mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln die Prämien bis zum jeweiligen Versicherungsfall zu zahlen, erhalten sie die gesamte (anteilige) Versicherungssumme; gelingt ihnen das nicht, so droht nach Maßgabe des anwendbaren Versicherungsvertragsrechts ab einem bestimmten Zeitpunkt allen Anlegern der Totalausfall.

(e) Dieser Unterschied ändert aber nichts an der Schutzbedürftigkeit der Anleger. Denn seit der KMG Novelle 2005 erfasst der Veranlagungsbegriff auch alle vertretbaren verbrieften Rechte, die nicht Wertpapiere iSv § 1 Abs 1 Z 4 KMG sind; ausgenommen von der Prospektpflicht sind nur Geldmarktinstrumente mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Monaten. Daraus ist abzuleiten, dass der Gesetzgeber Lücken zwischen Wertpapieren und (sonstigen) Veranlagungen schließen und so einen umfassenden Schutz bei öffentlichen Angeboten von Veranlagungen (iwS) gewährleisten wollte. Ältere Lehrmeinungen, die eine unmittelbare Beteiligung an Gewinn und Verlust als konstitutiv für eine Veranlagung ansahen (vgl etwa Kalss / Oppitz , ÖBA 1994, 358), verlieren auf dieser Grundlage an Gewicht.

(f) Ein solcher Schutz ist im konkreten Fall erforderlich. Denn zum einen sind die Anleger den Unwägbarkeiten des kanadischen Rechts ausgesetzt, das die Rechtsstellung des Treuhänders und damit auch die Konkursfestigkeit der Ansprüche aus dem Treuhandverhältnis regelt; das Rechtsverhältnis zwischen der kanadischen Muttergesellschaft der Erstbeklagten und dem Treuhänder ist in diesem Zusammenhang alles andere als klar. Zum anderen hängt der Erfolg der Anlage zwar primär von der konkreten Lebensdauer der versicherten Person ab. Voraussetzung für jede Auszahlung ist es aber, dass das Angebot insgesamt so kalkuliert ist, dass die Prämien jedenfalls bis zum jeweiligen Versicherungsfall gezahlt werden können. Damit liegt eine Risikogemeinschaft vor, die über den Erwerb eines von vornherein feststehenden schuldrechtlichen Anspruchs gegen den Treuhänder hinausgeht. Dass diese Risikogemeinschaft ausschließlich in wirtschaftlicher Hinsicht besteht und nicht auch rechtlich (etwa durch die Beteiligung an einer Gesellschaft) ausgeprägt ist, begründet keinen tragfähigen Unterschied. Denn eine solche Differenzierung hätte keine Grundlage im Wortlaut des Gesetzes und liefe auch dem objektiven Normzweck zuwider, bei öffentlichen Angeboten einen möglichst umfassenden Anlegerschutz zu schaffen. Der durch die Prospektpflicht gewährleistete Schutz wird im konkreten Fall auch nicht durch andere Regelungsmechanismen etwa eine staatliche Aufsicht über das Unternehmen der kanadischen Gesellschaft substituiert.

4.5. Auch die anderen Voraussetzungen für eine Veranlagung iSv § 1 Abs 1 Z 3 KMG liegen vor. Die Muttergesellschaft der Erstbeklagten investiert das Kapital mehrerer Anleger; die Verwaltung des Kapitals erfolgt nicht durch die Anleger selbst. Damit bestand Prospektpflicht, wenn ein „öffentliches Angebot“ iSv § 1 Abs 1 Z 1 KMG vorlag. Ob das zutrifft, kann derzeit nicht beurteilt werden.

(a) Der Oberste Gerichtshof hat die Kriterien für das Vorliegen eines öffentlichen Angebots in der Entscheidung 2 Ob 32/09h (= ÖBA 2010, 753 [ Oppitz ] = ecolex 2010, 560 [ Graf ]) eingehend dargelegt. Danach ist ein solches Angebot grundsätzlich dann anzunehmen, wenn es direkt oder indirekt an die Allgemeinheit erfolgte, also der intendierte Adressatenkreis prinzipiell unbeschränkt war, oder wenn es an einen nur nach abstrakten Kriterien beschränkten Kreis von Adressaten gerichtet wurde und allen Personen, die diese Kriterien erfüllten, Zugang gewährte oder gewähren sollte. Liegt dagegen ein Ausnahmefall nach § 3 KMG vor oder werden die Adressaten namentlich oder persönlich so ausgewählt, dass eine der Prospektinformation gleichwertige Anlegerinformation in jedem Einzelfall gewährleistet werden kann, und wird an andere Interessenten nicht verkauft, liegt kein öffentliches Angebot vor.

(b) Das Erstgericht hat in diesem Zusammenhang nur festgestellt, dass die Zweitbeklagte „exklusiv“ zum Vertrieb der von der Erstbeklagten angebotenen Veranlagung berechtigt war und zu diesem Zweck Verträge mit weiteren Vermittlern abschloss. In welchem Ausmaß das erfolgen sollte und ob der Adressatenkreis in bestimmter Weise beschränkt war, steht nicht fest. Damit ist der Anspruch gegen die Erstbeklagte noch nicht spruchreif.

5. Diese Erwägungen führen zur Aufhebung in die erste Instanz. Das fortgesetzte Verfahren hat sich auf die Frage zu beschränken, ob das Angebot „öffentlich“ iSv § 1 Abs 1 Z 1 KMG war. Das Erstgericht wird diese Frage mit den Parteien zu erörtern und dazu angebotene Beweise aufzunehmen haben. Bei seiner neuerlichen Entscheidung hat es vom Vorliegen eines Kaufvertrags mit der Erstbeklagten und einer Veranlagung iSv § 1 Abs 1 Z 3 KMG auszugehen. Sollte es einen wirksamen Rücktritt bejahen, wird es beim Zinsenbegehren zu beachten haben, dass § 352 UGB nur Verzugszinsen regelt und zudem nur im Verhältnis zwischen Unternehmern anzuwenden ist.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich hinsichtlich der Erstbeklagten auf § 52 ZPO.

B. Zum Anspruch gegen die Zweitbeklagte

1. Nach den Feststellungen des Erstgerichts wurde der Berater auch aus Sicht des Klägers ausschließlich für die Finanzdienstleistungsgesellschaft tätig; ein Vertrag zwischen dem Kläger und der Zweitbeklagten kam daher nicht zustande. Ein solcher Vertrag wäre aber Voraussetzung für die Anwendung von § 1313a ABGB. Damit fehlt jede Grundlage, ein allfälliges Fehlverhalten des Beraters der Zweitbeklagten zuzurechnen.

2. Aus diesen Gründen ist die Revision, soweit sie den Anspruch gegen die Zweitbeklagte betrifft, wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Die Zweitbeklagte hat nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, ihre Revisionsbeantwortung ist daher nicht zu honorieren.