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OGH vom 21.04.1982, 1Ob778/81

OGH vom 21.04.1982, 1Ob778/81

Norm

ABGB §§870 ff;

ABGB § 1061;

ABGB § 1295;

KSchG § 1;

Kopf

SZ 55/51

Spruch

Geschäfte zwischen Unternehmern fallen auch bei erheblicher Ungleichheit ihrer wirtschaftlichen Stärke und Erfahrung nicht unter das Konsumentenschutzgesetz

Bei Abschluß eines Kaufvertrages trifft den Verkäufer eine Aufklärungspflicht, wenn er wegen seiner überlegenen Fachkenntnisse zugleich als Berater des Käufers auftritt oder dieser über einen bestimmten Punkt informiert werden will

(OLG Linz 2 R 119/81; LG Salzburg 3 Cg 329/80)

Text

Die am geborene Klägerin ist Tankstellenpächterin einer der Firma M gehörenden Tankstelle in G. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis stellte der Klägerin am , GZ Ge- 111/1979, Gewerberegister-Nr. 104, einen Gewerbeschein aus, wonach die Klägerin am das Gewerbe "Betrieb von Tankstellen (Verkauf von Betriebsstoffen an Kraftfahrer im Betrieb von Zapfstellen)" mit dem Standort in G angemeldet habe.

Am schloß die Klägerin mit dem Beklagten einen Kaufvertrag über eine automatische Automünzwaschanlage und einen automatischen Automünzsauger ab. Während eines einstundigen, hauptsächlich mit dem Vater der Klägerin geführten Gespräches übergab der Beklagte der Klägerin Prospekte, in denen die technischen Daten der Anlage angeführt waren; er zeigte ihr eine Verkaufsmappe mit Fotos von bereits bei anderen Tankstellen aufgestellten Anlagen, erklärte ihr die Funktion der Anlage und wies darauf hin, daß sich diese bei 20 Waschvorgängen pro Tag amortisiere. Die von den Streitteilen und vom Vater der Klägerin unterfertigte schriftliche Vereinbarung hat ua. folgenden Wortlaut:

"Preis 68 000 S zuzüglich 18% Mehrwertsteuer mit Akzept fällig nach

drei Monaten 12 240 S. Es wird ausdrücklich erklärt, daß dem Kunden

bei Übernahme der Anlage keinerlei Kosten entstehen. Der Käufer

verpflichtet sich, den Kaufpreis wie folgt abzudecken: Es werden

täglich durchschnittlich .... Arbeitsvorgänge für die Anlage

berechnet (Zählwerk), wobei pro Monat 30 Arbeitstage als Grundlage

gelten. Die Mindestrate pro Monat beträgt jedoch 2 432 S, wobei eine

Laufzeit von 36 Monaten vereinbart wurde ... Die Lieferung wird

kostenlos vorgenommen, wobei Wasser- und Stromanschluß 220 Volt in der Nähe des Aufstellungsortes (maximal 10 m) vorhanden sein müssen ..." Weiters wurde Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Bezahlung der Geräte vereinbart. Die Anlage wurde am durch einen Vertreter des Beklagten geliefert. Der Vater der Klägerin nahm sie unbeanstandet an. Er ließ sich, nachdem er den Wasseranschluß zwischen den Zapfsäulen gezeigt hatte, die Waschanlage und den Sauger vorführen. Die Klägerin begehrt, nachdem sie mit Schreiben der Klagevertreter vom die Aufhebung des Vertrages begehrt hatte, die Fällung des Urteiles, der zwischen den Streitteilen am abgeschlossene Kaufvertrag sei unwirksam und werde aufgehoben. Der Vertrag sei wegen Irrtums, Irreführung und Mangels der Geschäftsgrundlage ungültig. Die Aufhebung des Vertrages werde aber auf alle gesetzlichen Gründe gestützt. Entgegen der ausdrücklichen Zusage, daß bei Erwerb der Anlage eine Inbetriebnahme ohne weitere Kosten möglich sei, seien mehrere Genehmigungen erforderlich. Der Beklagte habe ausdrücklich zugesichert, man brauche nur die Anlage an die Wasserleitung anzuschließen, und schon "gehe es". So sei, da nur ein Hausbrunnen vorhanden sei, eine Bewilligung der Wasserrechtsbehörde erforderlich, die, wenn die Klägerin auch noch nicht darum angesucht habe, wegen der Wasserknappheit in G nicht zu erlangen sein werde. Da der Beklagte die Klägerin nicht ausdrücklich darauf hingewiesen habe, es müsse ein Ortswasseranschluß vorhanden sein, ein Hausbrunnen sei nicht ausreichend, um die Anlage ohne weiteres in Betrieb zu nehmen, habe er die Klägerin in Irrtum geführt. Der Beklagte habe auch erklärt, der Betrieb der Klägerin sei aus einem größeren Gebiet ausgewählt worden. Es sei daher anzunehmen gewesen, daß die Wasserfrage kein Problem darstelle. Auch die Voraussetzungen zur Genehmigung eines Freiwaschplatzes lägen nicht vor; es seien eine Seifenabscheideranlage und ein Schlammfang notwendig; die hiezu erforderlichen Investitionen können gar nicht getätigt werden, weil die Klägerin nur Pächterin der Anlage sei. Es müßte auch eine Gewerbeberechtigung eingeholt werden. Auf alle diese Umstände sei die Klägerin bei Vertragsabschluß nicht hingewiesen worden; dazu wäre aber der Beklagte verpflichtet gewesen. Der Beklagte habe bei Vertragsabschluß erklärt, daß durch den Betrieb der Anlage die Monatsraten leicht verdient werden könnten. Dem Vertrag seien auch 30 Arbeitstage zugrundegelegt worden. Dies könne aber nicht der Fall sein, da ein Betrieb in der kalten Jahreszeit nicht möglich sei. Es sei der Eindruck erweckt worden, daß die Anlage durchgehend jeden Tag benützt werden könne. Auch in diesem Punkte sei die Klägerin in Irrtum geführt worden. Für eine Waschanlage sei das Vorhandensein einer entsprechenden Wasserversorgung auch als Geschäftsgrundlage anzusehen. Es werde schließlich ein Wandlungsanspruch geltend gemacht; ein unbehebbarer Sachmangel liege auch dann vor, wenn die Anlage zwar technisch in Ordnung sei, auf dem konkreten Standort aber nicht funktioniere.

Der Beklagte wendete ein, die geltend gemachten Anfechtungsgrunde lägen nicht vor. Vertraglich sei nur zugesichert, daß keine speziellen Umbau- oder Anschlußkosten auflaufen werden. Ausschließlich Sache der Klägerin sei es, die verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inbetriebnahme der Waschanlage zu schaffen. Eine Aufklärungspflicht habe der Beklagte der Klägerin gegenüber, die Kaufmann sei, nicht verletzt. Dem Beklagten hätte auch ein allfälliger Irrtum der Klägerin nicht auffallen müssen. Es sei vielmehr davon auszugehen, daß der Klägerin die näheren Voraussetzungen, dir erfüllt werden müßten, um eine Waschanlage zu betreiben, bekannt gewesen seien. Ausschließlich Sache der Klägerin sei es daher, die Voraussetzungen für die Inbetriebnahme der Geräte zu schaffen. Der Klägerin seien all diese Umstände auch bekannt gewesen, sie habe sich darüber in keinem Irrtum befunden. Die Vereinbarung sei auch nicht unter der Bedingung getroffen worden, daß die entsprechenden verwaltungsrechtlichen Genehmigungen erteilt würden. Dies falle allein in den Risikobereich der Klägerin. Der Klägerin als Kaufmann müsse bekannt sein, daß solche Genehmigungen erforderlich seien. Es sei daher auch die Geschäftsgrundlage nicht weggefallen. Das Wandlungsbegehren sei nicht berechtigt, weil durch die Übernahmsbestätigung vom auf Wandlung verzichtet worden sei. Nachdem die Klägerin in ihrer Parteienvernehmung angegeben hatte, daß ihr Vater und sie selbst den Kaufvertrag unterschrieben hätten, der Vater deshalb, weil der Beklagte gesagt habe, daß es sein Chef so verlange, erhob der Beklagte auch die Einwendung der mangelnden Aktivlegitimation.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Klägerin sei als Tankstellenpächterin Kaufmann gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 HGB. Der Ankauf einer Waschanlage gehöre zum Betrieb ihres Handelsgewerbes. Ihr Stillschweigen auf die Vertragsbestätigung sei dahin zu werten, daß sie den bereits abgeschlossenen Kaufvertrag zusätzlich genehmigte, sich aber jedenfalls der Möglichkeit begab, den Vertragsabschluß in irgendeiner Form zu bemängeln. Die Klägerin habe die Übernahme der bestellten Waschanlage als ordnungsgemäß und mängelfrei bestätigt. Der Beklagte habe den Vater der Klägerin als zur Übernahme berechtigt ansehen können. Die Klägerin wäre somit zu einer unverzüglichen Mängelrüge nach § 377 HGB verpflichtet gewesen. Irrtumsanfechtung schlage aus mehrfachen Gründen nicht durch. Die Zusicherung der kostenfreien Lieferung könne sich nach redlicher Auffassung nur auf Umstände beziehen, die dem Beklagten bekannt gewesen seien, somit keinesfalls auf solche, die, wie das Vorhandensein einer ausreichenden Wasserversorgung und einer entsprechenden Abwasseranlage, nur die Klägerin gewußt habe oder wissen habe müsse. Die Vereinbarung im Kaufvertrag, daß bei Übernahme der Anlage keinerlei Kosten entstunden sei nicht dahin auszulegen, daß der Beklagte die Kosten für eine allfällige notwendige Installation zu übernehmen habe. Der Beklagte habe als Verkäufer annehmen müssen, daß die Klägerin als Kaufmann wisse, welche Voraussetzungen ihr Standort aufweise. Eine Aufklärungspflicht des Verkäufers habe nicht bestanden. Dem Beklagten habe auch nicht zugemutet werden können, sich um das Innenverhältnis der Klägerin zur Verpächterin zu kümmern und allenfalls zu prüfen, ob die Verpächterin mit dem Kauf der Waschanlage einverstanden sei. Das Vorbringen der Klägerin, der Beklagte habe zugesichert, die Anlage bezahle sich durch den Betrieb selbst, habe im Beweisverfahren keine Deckung gefunden. Das jedem Kauf innewohnende Risiko könne der Klägerin nicht abgenommen werden. Nur sie allein müsse beurteilen, ob sich die von ihr gewollte Anschaffung lohne. Jeder Vertragspartner müsse die Gefahr aller Umstände tragen, die sich in seinem Bereich ereigneten, was bedeute, daß sich eine Partei nicht auf das Nichtvorhandensein oder den Wegfall einer typischen Voraussetzung berufen könne, wenn sich diese auf Tatsachen der eigenen Sphäre beziehe.

Über Berufung der Klägerin hob das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Beschluß, dem es einen Rechtskraftvorbehalt beisetzte, das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an dieses zurück. Obwohl die Klägerin ihr Begehren auf alle gesetzlichen Gründe gestützt habe, sei weder im Verfahren erster Instanz noch in ihrer Berufungsschrift auf den aktenkundigen Umstand eingegangen worden, daß sie im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht 19 Jahre alt gewesen sei. Unter der Annahme ihrer Minderjährigkeit sei eine selbständige Verpflichtungsfähigkeit der Klägerin zum Abschluß des Vertrages nicht gegeben gewesen, da die Ausnahmebestimmungen des § 151 Abs. 1 und 3 ABGB nach herrschender Judikatur einschränkend auszulegen seien. Es sei jedoch durch die Mitfertigung des Vertrages durch den Vater der Klägerin dessen Einwilligung iS des § 151 Abs. 1 ABGB selbst für den Fall anzunehmen, daß er nicht nur in seiner Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter, sondern auch als Mitschuldner kontrahiert habe. Eine Anwendbarkeit des I. Hauptstückes des Konsumentenschutzgesetzes habe das Erstgericht offenbar deshalb ausgeschlossen, weil es vom Abschluß eines zweiseitigen Handelsgeschäftes ausgegangen sei. Nun könne zwar dem Erstgericht sicherlich darin beigepflichtet werden, daß ein Tankstellenpächter Kaufmann nach § 1 Abs. 2 Z 1 HGB sei. Es stehe auch die Minderjährigkeit der Klägerin bei Vertragsabschluß der Annahme der Kaufmannseigenschaft nicht entgegen, weil auch geschäftsbeschränkte Personen als rechtsfähige Persönlichkeiten Kaufleute iS des Handelsgesetzbuches sein könnten. Daß ein Rechtsgeschäft nach dem Handelsrecht zu beurteilen sei, schließe aber die Anwendbarkeit der Bestimmungen des I. Hauptstückes des Konsumentenschutzgesetzes nicht aus, weil sich der Begriff des Unternehmers gemäß § 1 KSchG nicht mit dem Begriff des Kaufmannes gemäß §§ 1 ff. HGB decke. In dem außergewöhnlichen Fall, in dem eine offenbar minderjährige Frau durch gewerberechtliche Dispens im Interesse ihrer Eltern, die eine faktische Mitarbeit im Betrieb weiterhin ausübten, in die handelsrechtliche Rolle eines Minderkaufmannes gedrängt worden sei, bestunde Anlaß zu einer analogen Anwendung der Bestimmungen des I. Hauptstückes des Konsumentenschutzgesetzes, so daß beim Abschluß des Vertrages der Beklagte als Unternehmer, die Klägerin jedoch als Verbraucher iS des § 1 KSchG anzusehen seien. Der Normzweck des Konsumentenschutzgesetzes,Schutz in sogenannten Ungleichgewichtslagen zu bieten, fordere die Anwendung der Vorschriften des I. Hauptstückes geradezu heraus. Demnach stehe aber jetzt schon fest, daß die Klägerin, wenn sie bei Vertragsabschluß noch nicht volljährig erklärt gewesen sei, als Verbraucher durch den Brief ihres Anwaltes vom gemäß § 3 Abs. 1 KSchG wirksam vom Vertrag zurückgetreten sei, das Begehren der Klägerin auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages also rechtens wäre und es des Rechtsgestaltungsbegehrens auf Aufhebung des Vertrages gar nicht bedürfte. Ein Fristversäumnis des erklärten Rücktrittes liege nicht vor, da die Wochenfrist des § 3 Abs. 1 KSchG mangels schriftlicher Belehrung über das Rücktrittsrecht in der Vertragsurkunde keine Anwendung finde. Unbeschadet dieser Frage sei das Verfahren auch deshalb mangelhaft geblieben, weil das Erstgericht nicht festgestellt habe, ob der Vater der Klägerin den Vertrag als ihr gesetzlicher Vertreter oder aber mit rechtsgeschäftlichem Willen als Mitschuldner unterschrieben habe. Sollte letzteres der Fall sein, so müßte es bei der Klagsabweisung bleiben, weil in diesem Fall der Klägerin ohne Mitbeteiligung ihres Vaters an diesem Rechtsstreit die alleinige Sachlegitimation fehlte. Eine einheitliche Streitpartei werde dadurch begrundet, daß sich die Wirkungen des zu fällenden Urteiles kraft der Beschaffenheit des strittigen Rechtsverhältnisses auf sämtliche Streitgenossen beziehen (§ 14 ZPO), insbesondere wenn es sich um ein den Streitgenossen gemeinschaftliches Rechtsverhältnis handle, das naturnotwendig nur gegen alle oder für alle festgestellt werden könne. Im vorliegenden Fall müßte eine solche Rechtseinheit angenommen werden, weil es bei ein und derselben Tankstelle, für welche die elbstbedienungsanlage des Beklagten bestimmt gewesen sei, nicht denkmöglich wäre, daß der Kaufvertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten aufgehoben würde, hingegen zwischen dem Beklagten und dem Vater der Klägerin, der nicht einmal Pächter und Gewerbeberechtigter der Tankstelle sei, aufrecht bleibe. Sollte weder das Konsumentenschutzgesetz anwendbar sein noch der Klägerin die Aktivlegitimation mangeln, werde das Erstgericht auch noch Feststellungen darüber zu treffen haben, ob die Klägerin in der Lage sein werde, die für den Betrieb der vom Beklagten an sie verkauften Anlage erforderlichen verwaltungsbehördlichen Genehmigungen, gegebenenfalls unter Mitwirkung der Firma M zu erwirken, sowie ob und allenfalls welcher Kostenaufwand für die ordnungsgemäße, den allfälligen behördlichen Auflagen entsprechende Inbetriebnahme der Waschanlage erforderlich sein werde.

Der Oberste Gerichtshof hob über die Rekurse beider Parteien den Beschluß des Berufungsgerichtes auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Aufhebungsgrund auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Beklagte rügt zutreffend die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, auf den vorliegenden Kaufvertrag sei das I. Hauptstück des Konsumentenschutzgesetzes anzuwenden. Nach § 226 ZPO hat der Kläger die rechtserzeugenden Tatsachen (den Klagegrund: SZ 46/109), auf welche sich sein Anspruch grundet, vollständig anzugeben. Der Kläger bestimmt, ob und in erster Linie auch worüber ein Rechtsstreit geführt wird und welchen Rechtsschutzanspruch er geltend macht. Das Vorbringen des Klägers ist das Substrat, aus dem die Berechtigung des Begehrens abzuleiten ist; andere Tatsachen dürfen vom Gericht nicht unterstellt werden (RZ 1977/105; Fasching III 20 f., 38; Holzhammer, Österreichisches Zivilprozeßrecht[2] 125;

Petschek - Stagel 267) und sind vom Erstgericht auch nicht

unterstellt worden. Mit der in der Klage enthaltenen Erklärung, der

Vertrag sei wegen Irrtums, Irreführung, Fehlens der

Geschäftsgrundlage und Wandlung (§§ 870, 871 ff., 901, 932 ABGB)

ungültig, die Aufhebung des Vertrages werde jedoch auf alle

gesetzlichen Gründe gestützt, wolle die Klägerin nur vermeiden, daß

das Gericht allein die ziffernmäßig genannten Vorschriften der

rechtlichen Beurteilung zugrunde legen dürfe; es sollte vielmehr den

der Klage zugrunde liegenden Sachverhalt in jeder Richtung einer

rechtlichen Beurteilung unterziehen können. Tatbestände, die

zusätzliche Tatsachenbehauptungen erforderten, wurden damit nicht

geltend gemacht. Der weite Unternehmerbegriff des § 1 KSchG bringt

es aber mit sich, daß nicht immer leicht feststellbar ist, ob jemand

Unternehmer ist oder nicht; derjenige, der den Schutz des

Konsumentenschutzgesetzes für sich in Anspruch nehmen will, muß daher behaupten und nachweisen, daß die Voraussetzung für diesen Schutz gegeben sind, aber auch erklären, daß er die Bestimmungen des I. Hauptstückes des Gesetzes auf ein von ihm abgeschlossenes Rechtsgeschäft angewendet haben will (Krejci in Handbuch zum KSchG 220). Dies muß er jedenfalls dann tun, wenn sich die Eigenschaft als Verbraucher nicht ganz klar aus den Umständen ergibt. Die Klägerin brachte nicht einmal ansatzweise oder schlüssig vor, sie sei nach dem Konsumentenschutzgesetz Verbraucher und habe wirksam von dem ihr nach § 3 KSchG zustehenden Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht. Einer Ergänzung des Verfahrens in der vom Berufungsgericht aufgezeigten Richtung bedarf es schon aus diesem Gründe nicht.

Es könnte aber auch der rechtlichen Beurteilung durch das Berufungsgericht nicht gefolgt werden. Analogie setzt das Vorhandensein einer Gesetzeslücke voraus; eine solche liegt nur bei planwidriger Unvollständigkeit des Gesetzes vor. Das Gesetz ist dann, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, ergänzungsbedürftig, ohne daß seine Ergänzung einer von ihm gewollten Beschränkung widerspricht (MietSlg. 32 162/23; JBl. 1980, 555; SZ 51/98; SZ 50/45; SZ 49/45 aa.; Rummel, Anmerkungen zum gemeinsamen Irrtum und zur Geschäftsgrundlage, JBl. 1981, 1 ff., insbesondere 2; Koziol - Welser[5] I 22; Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts[5], 69). Die Vorschriften des I. Hauptstückes des Konsumentenschutzgesetzes wollen der Tatsache Rechnung tragen, daß im rechtsgeschäftlichen Verkehr Parteien mit unterschiedlicher wirtschaftlicher Stärke, Erfahrung oder sonstiger Qualifikation aufeinander treffen und die daraus für den schwächeren Vertragspartner resultierenden Gefahren ausschalten oder mindern (Welser in Krejci, Handbuch zum KSchG 193); Geschäfte, die zwischen Unternehmern abgeschlossen wurden und auch nicht für einen von ihnen vor Aufnahme des Betriebes getätigte Gründungsgeschäfte (§ 1 Abs. 3 KSchG; RV 744 BlgNR, XIV. GP 16) sind, sollen aber nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers auf keinen Fall unter das Konsumentenschutzgesetz fallen. Auf die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligung im Einzelfall kommt es nicht an; dies mag zwar in Ausnahmefällen als unbillig empfunden werden, doch wurde die am Typus orientierte Abgrenzungsmethode einer Lösung vorgezogen, die zu einer unerträglichen Rechtsunsicherheit führen mußte; es ist also unzulässig, in analoger Anwendung des § 1 KSchG ein Geschäft zwischen Unternehmern schlechthin dem I. Hauptstück des Konsumentenschutzgesetzes zu unterstellen, weil zwischen den Parteien ein erhebliches Ungleichgewicht besteht; eine solche Vorgangsweise würde das Anliegen des Gesetzes, eine praktikable Lösung zu finden, vereiteln (Welser aaO 195 f.). Unternehmer ist auch der Pächter ohne Rücksicht darauf, ob er selbst oder unter Einschaltung eines Vertreters auftritt (Krejci aaO 210). Gemäß § 119 Abs. 1 GewO sind zum Betriebe von Tankstellen befugte Gewerbetreibende zur Verrichtung der beim Betrieb von Zapfstellen üblichen Tätigkeiten für Kraftfahrer, wozu ua. auch das Waschen des Kraftfahrzeuges gehört, berechtigt. Schon aus diesem Gründe liegt, auch wenn dadurch das bestehende Unternehmen erweitert werden sollte, Betriebsbezogenheit des abgeschlossenen Geschäftes und somit kein Gründungsgeschäft iS des § 1 Abs. 3 KSchG vor (Welser aaO 199 ff.).

Eine durch Analogie zu schließende planwidrige Unvollständigkeit des Konsumentenschutzgesetzes, die dieses auf den vorliegenden Fall anwenden ließe, ist daher nicht gegeben. Der Schutz geschäftlich weniger erfahrener Minderjähriger vor übereilten Vertragsabschlüssen wird anderweitig durch zahlreiche Vorschriften des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches gewährleistet (§§ 865, 151 ff., 244 ABGB). Selbst dort, wo mundige Minderjährige gemäß § 151 Abs. 2 ABGB nicht beschränkt geschäftsfähig sind, genügt in vielen Fällen nicht die Vertretungshandlung nur eines Elternteiles (§ 154 Abs. 2 ABGB); in den Fällen des § 154 Abs. 3 ABGB bedürfen die von beiden Elternteilen gesetzten Rechtshandlungen sogar zusätzlich noch der Genehmigung des Gerichtes; zu den dort demonstrativ aufgezählten Fällen zählt auch die Gründung oder der Erwerb eines Unternehmens sowie die Änderung des Gegenstandes eines Unternehmens (vgl. Hämmerle - Wünsch, Handelsrecht[3] I 135 f.). Minderjährige, die ein Gewerbe oder Handelsgewerbe betreiben wollen, erscheinen durch diese Vorschriften vor unüberlegten wirtschaftlichen Dispositionen hinreichend geschützt. Daß sie nicht berechtigt gewesen wäre, das Unternehmen der Tankstelle zu betreiben, behauptet die Klägerin nicht. Sie konnte daher durch ihren gesetzlichen Vertreter wirksam Handelsgeschäfte schließen.

Die Klägerin stützt ihr Begehren vor allem darauf, der Vertrag sei wegen Irreführung, Irrtums und Wegfalls der Geschäftsgrundlage ungültig, weil der Beklagte sie bei Abschluß des Vertrages auf wichtige Umstände, die Notwendigkeit einer gewerberechtlichen und wasserrechtsbehördlichen Genehmigung, des Vorhandenseins eines Seifenabscheiders und eines Schlammfanges sowie der Genehmigung durch die Eigentümerin der Anlage, nicht hingewiesen habe. List ist bewußte Täuschung. Sie liegt vor, wenn der Vertragspartner durch vorsätzliche Vorspiegelung falscher oder Unterdrückung wahrer Tatsachen in Irrtum geführt wurde oder in seinem schon vorliegenden Irrtum belassen oder bestärkt und dadurch zum Vertragsabschluß bestimmt wird (JBl. 1982, 36; JBl. 1976, 145; SZ 47/104; SZ 41/33 ua.; Koziol - Welser[5] I 115; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 110). Die Anfechtung eines Vertrages wegen arglistiger Unterlassung einer nach der Verkehrsanschauung erforderlichen Aufklärung setzt daher bewußtes Verschweigen solcher Umstände voraus (JBl. 1981, 425; SZ 47/148 ua.). Das Erstgericht traf solche Feststellungen, von der Klägerin in der Berufung nicht gerügt, nicht.

Aber auch die Irrtumsanfechtung versagt. Der Beklagte könnte einen Geschäftsirrtum der Klägerin dadurch veranlaßt haben, daß er ihn treffende Aufklärungspflichten verletzt habe. Die Bestimmung des § 871 Abs. 2 ABGB ordnet nun ausdrücklich an, daß ein Irrtum über einen Umstand, über den ihn der andere nach geltenden Rechtsvorschriften aufzuklären gehabt hätte, immer als Irrtum über den Inhalt des Vertrages gilt. Eine konkrete, durch eine bestimmte Gesetzesbestimmung oder sonstige Rechtsvorschrift angeordnete Aufklärungspflicht des Beklagten bestand nicht. Die Neueinführung des § 871 Abs. 2 ABGB hatte aber nicht den Zweck, den Kreis der bestehenden Aufklärungspflichten einzuschränken (Vgl. EB 744 BlgNR, XIV. GP 45). Unter § 871 Abs. 2 ABGB fallen zwar nur in einer bestimmten Vorschrift ausdrücklich genannte Aufklärungspflichten, aber die aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen hergeleiteten und in Zusammenhang mit den §§ 870 ff ABGB anerkannten vorvertraglichen Aufklärungspflichten blieben unberührt (JAB 1223 BlgNR, XIV. GP, 4); eine Verletzung von solchen Aufklärungspflichten ist als vom Aufklärungspflichtigen veranlaßter Irrtum anzusehen (Krejci in Handbuch zum KSchG 130; Welser in JBl. 1979, 451 f.). Für die Berechtigung zur Anfechtung eines Vertrages wegen eines vom Vertragspartner veranlaßten Irrtums genügt jedes für das Entstehen des Irrtums ursächliche Verhalten, ohne daß Vorsatz oder auch nur Fahrlässigkeit vorliegen müßte (SZ 49/13; Koziol - Welser[5] I 109, jeweils mwN). Eine allgemeine Rechtspflicht, den Geschäftspartner über alle Umstände aufzuklären, die auf seine Entschließung Einfluß haben können, besteht aber nicht, sondern nur dann, wenn der andere Teil nach den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs eine Aufklärung erwarten konnte (SZ 52/22 mwN). Bei einem Kaufvertrag unter Kaufleuten wird eine Aufklärungspflicht durch den Verkäufer in der Regel nur anzunehmen sein, wenn der Käufer durch Nachfrage zum Ausdruck bringt, daß er auf einen bestimmten Punkt besonderen Wert legt und daher informiert werden will (vgl. Dilcher in Staudinger[12], Rdz. 18 zu § 123 BGB; Krüger - Nieland in BGB-RGRK[12], Rdz. 18 zu § 123 BGB; Kramer in Münchener Kommentar, Rdz. 16 f. zu § 123 BGB) oder wenn der Verkäufer wegen seiner überlegenen Fachkenntnisse zugleich als Berater des Käufers auftritt; er muß dann den Käufer über solche Umstände aufklären, deren Bedeutung dieser mangels Fachkenntnis nicht erkennt, deren Kenntnis aber für seine Entscheidung zum Vertragsabschluß von maßgeblichem Einfluß sein muß (vgl. SZ 43/220; Dilcher aaO; Krüger - Nieland aaO, Rdz. 21; Soergel - Hefermehl[11], Rdz. 10 zu § 123 BGB; Kramer aaO.). Nach den getroffenen Vereinbarungen war es aber allein Sache der Klägerin, für den Wasser- und den Stromanschluß zu sorgen; eine Aufklärung darüber oder über die Möglichkeiten der Entsorgung mußte daher der Beklagte nicht geben. Im Gegenteil: Hierüber mußte die Klägerin selbst viel besser Bescheid wissen. Daß die Klägerin wußte, für eine Waschanlage viel Wasser zu benötigen, dieses aber auch ableiten können muß, konnte der Beklagte voraussetzen. Daß er eine Umsatzgarantie abgegeben hätte, wurde vom Erstgericht nicht festgestellt.

Die Klägerin kann sich unter diesen Voraussetzungen auch nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Jeder Vertragspartner hat vielmehr die Gefahr aller Umstände auf sich zu nehmen, die sich in seinem Bereich ereignen (SZ 52/189; EvBl. 1978/137; EvBl. 1977/137; SZ 49/13; SZ 43/63 ua.; Koziol - Welser aaO 114). Das Risiko, daß der Kaufgegenstand wie geplant verwendet werden kann, trägt, sofern vertraglich nicht anderes vereinbart wurde, grundsätzlich der Käufer (JBl. 1976, 145; Mezger in BGB-RGRK[12] vor § 433 RZ 128), im vorliegenden Fall war nicht nur vertraglich nichts anderes vereinbart, sondern sogar ausdrücklich geregelt, daß die Klägerin für die Voraussetzungen, die nun fehlen, verantwortlich sein sollte. Allein Sache der Klägerin war es daher, die Genehmigung vom Verpächter einzuholen sowie für die erforderlichen Anschlüsse und die Ableitung des angefallenen Schmutzwassers zu sorgen. Auf das ohnedies nur als letztes Mittel heranzuziehende Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (Rummel aaO 10; Koziol - Welser aaO

115) kann sich die Klägerin dann nicht stützen.

Die Klägerin macht auch noch Gewährleistungsansprüche geltend. Gewährleistungsansprüche und Irrtumsansprüche bestehen nebeneinander, da sie auf verschiedenen Grundlagen beruhen, die Irrtumsanfechtung auf der Berücksichtigung eines Willensmangels in der rechtsgeschäftlichen Erklärung, die Gewährleistung hingegen auf dem Gedanken einer Störung der Äquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung (SZ 48/56 ua.; Koziol - Welser[5] I 221). Letztere Voraussetzungen liegen aber nicht vor, weil die gelieferte Sache weder Sach- noch Rechtsmängel aufwies; Mängel hafteten der Sache nicht an; es wurde der Klägerin aber auch die rechtliche Position an der Sache verschafft, die ihr nach dem Vertrag einzuräumen war.

Die Rechtssache ist daher iS der Bestätigung des erstgerichtlichen Urteiles spruchreif, ohne daß noch die Aktivlegitimation der Klägerin, deren Mangel sich allein aus ihrer Parteienvernehmung, auf die sich der Beklagte berief, entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes ohnehin nicht ergeben könnte, näher geprüft werden müßte.