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OGH vom 23.11.2016, 1Ob142/16p

OGH vom 23.11.2016, 1Ob142/16p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden, sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** S*****, vertreten durch MMag. Johannes Pfeifer, Rechtsanwalt in Liezen, gegen die beklagte Partei S***** AG, *****, vertreten durch Dr. Georg Peterlunger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 201/15y 28, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Schladming vom , GZ 1 C 820/14f 20, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil lautet:

„1. Die von der beklagten Partei im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers, 4 S 4/14d des Bezirksgerichts Schladming, angemeldete Forderung besteht in einem Teilbetrag von 111.448,26 EUR nicht zu Recht.

2. Das Mehrbegehren, es werde festgestellt, dass die von der beklagten Partei im genannten Insolvenzverfahren angemeldete Forderung in einem weiteren Teilbetrag von 33.461,17 EUR nicht zu Recht bestehe, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 4.222,74 EUR (darin enthalten 703,79 EUR USt) an Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist dem Grunde nach zum Ersatz der gerichtlichen Pauschalgebühr, von deren Entrichtung die klagende Partei vorläufig befreit ist, verpflichtet.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei 4.504,40 EUR (darin enthalten 455,90 EUR USt und 1.769 EUR Barauslagen) an Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Versäumungsurteil vom wurde der Kläger gegenüber der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei verpflichtet, binnen 14 Tagen 136.176 S samt 11,50 % Zinsen und 1 % Kreditprovision und 8 % Überziehungsprovision, vierteljährlich kapitalisiert zum 31. 3., 30. 6., 30. 9. und 31. 12. eines jeden Jahres, beginnend ab , zu zahlen und die Prozesskosten von 11.969,60 S zu ersetzen.

Über das Vermögen des Klägers wurde am zu 4 S 4/14d des Erstgerichts das Schuldenregulierungsverfahren mit Eigenverwaltung des Schuldners eröffnet. In diesem Insolvenzverfahren meldete die beklagte Partei mit Eingabe vom 9.896,30 EUR an Kapital, 444.159,12 EUR an vierteljährlich kapitalisierten Zinsen vom bis zum sowie Kosten von 4.807,13 EUR, insgesamt daher 458.862,55 EUR an. Dazu berief sie sich auf das dem Versäumungsurteil vom zugrundeliegende Titelverfahren und zwei Exekutionsverfahren des Erstgerichts.

Der Kläger (§ 188 IO) anerkannte in der Prüfungstagsatzung einen Betrag von 17.392,86 EUR, der sich aus 9.896,30 EUR Kapital, 4.870,49 EUR an Zinsen aus dem Kapital sowie Kosten und Zinsen aus den Kosten zusammensetzt, und bestritt die angemeldete Forderung im darüber hinausgehenden Umfang (441.469,69 EUR).

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass der beklagten Partei die im Insolvenzverfahren 4 S 4/14d des Erstgerichts angemeldete Forderung in einem (Teil )Betrag von 441.469,69 EUR nicht zustehe. Es könnten nur Zinsen der letzten drei Jahre vor Konkurseröffnung unter Berücksichtigung der jeweils vierteljährlichen Fälligkeit als Konkursforderung geltend gemacht werden. Die restlichen Zinsen seien verjährt. Das gelte auch für die Zinsen aus den Kosten. Die Beklagte habe die Zinsen nicht kapitalisiert und – falls überhaupt – nur den Kapitalsbetrag samt nicht kapitalisierte Zinsen in Exekution gezogen, um Pauschalgebühren einzusparen, sodass keine Unterbrechung der Verjährung stattgefunden habe. Darüber hinaus verstoße die angemeldete Forderung gegen die §§ 1335 und 934 ABGB und sei zudem sittenwidrig gemäß § 879 ABGB.

Die Beklagte wendete ein, aus den Bestimmungen der §§ 54 und 54e EO folge, dass der Beginn des Zinsenlaufs samt der begehrten Zinsenhöhe im Exekutionsantrag anzugeben sei. Darüber hinaus dürften Zinsen nur solange nicht die Hauptschuld übersteigen, als sie nicht eingeklagt worden seien. Die Berufung des Klägers auf § 1335 ABGB gehe daher ins Leere. Die von ihr bzw ihrer Rechtsvorgängerin eingeleiteten Exekutionsverfahren seien stets gehörig fortgesetzt worden, sodass jedenfalls Zinsen seit nicht verjährt seien.

Während des Verfahrens vor dem Erstgericht schränkte die beklagte Partei ihre im Insolvenzverfahren angemeldete Forderung auf 162.302,29 EUR ein.

Das Erstgericht gelangte zum Ergebnis, dass die von der beklagten Partei im Insolvenzverfahren 4 S 4/14d angemeldete Forderung unter Berücksichtigung des vom Kläger anerkannten Betrags (17.392,86 EUR) mit 34.736,56 EUR zu Recht bestehe und wies das Begehren, es werde festgestellt, dass der beklagten Partei eine weitere Insolvenzforderung von 17.343,17 EUR nicht zustehe, ab. Dazu traf es Feststellungen zu den von der beklagten Partei bzw deren Rechtsvorgängerin gesetzten Exekutionsschritten. Danach hat diese Rechtsvorgängerin am die Fahrnis und Forderungsexekution zur Hereinbringung von 136.176 S samt 5,13 % Zinsen ab beantragt. Weitere Vollzugsanträge wurden zunächst am und sodann am gestellt. Am beantragte die beklagte Partei den neuerlichen Vollzug der bewilligten Exekution. Weitere Vollzugsanträge stellte sie am , , , , und am . Danach wurde am erneut die Bewilligung einer Forderungsexekution beantragt und unter anderem am ein weiterer Antrag im Exekutionsverfahren gestellt.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht in Bezug auf das im Verfahren strittige Zinsenbegehren, dass Zinsen aus dem Kapital vor dem Jahr 2004 verjährt seien, weil zwischen 1999 und keine gehörige Fortsetzung des Exekutionsverfahrens erfolgt sei. Demgegenüber seien nach dem zumindest einmal jährlich Anträge gestellt worden, sodass die ab angefallenen Zinsen nicht verjährt seien. Insgesamt ergebe sich, dass im Zeitpunkt der Konkurseröffnung 21.861,72 EUR an Zinsen aus dem Kapital nicht verjährt gewesen seien. Zuzüglich des Kapitals und der übrigen im Verfahren nicht strittigen Positionen ergebe sich ein Betrag von 34.736,56 EUR, den die beklagte Partei berechtigt, als Insolvenzforderung geltend mache.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht, der Berufung der beklagten Partei hingegen teilweise Folge, stellte fest, dass die im Insolvenzverfahren von der beklagten Partei angemeldete Forderung mit 44.620,45 EUR zu Recht bestehe und wies unter Berücksichtigung des vom Kläger im Insolvenzverfahren anerkannten Betrags dessen Begehren, dass der beklagten Partei eine weitere Insolvenzforderung von 27.227,59 EUR nicht zustehe, ab. Abweichend vom Erstgericht ging es davon aus, dass der Beklagten mit Beschluss vom aufgrund ihres Antrags vom der neuerliche Vollzug der Exekution bewilligt und die Verjährungsfrist hinsichtlich der geltend gemachten Zinsen unterbrochen worden sei, sodass Zinsen, die von der beklagten Partei im Exekutionsverfahren linear berechnet geltend gemacht worden seien, seit nicht verjährt seien. Ab diesem Zeitpunkt stünden der beklagten Partei daher 20,5 % Zinsen jährlich aus dem Kapital von 9.896,30 EUR zu. Zu berücksichtigen sei jedoch § 1335 ABGB. Der Schutzzweck dieser Bestimmung liege darin, zu verhindern, dass Zinsen zu einer für den Schuldner bedenklichen Höhe anschwellen. Der Zinsenlauf höre daher auf, sobald die Zinsen die Höhe des Kapitals der ursprünglichen Schuld erreichten. Bei gerichtlicher Geltendmachung beginne ab Streitanhängigkeit zwar ein neuer Zinsenlauf, wobei nach herrschender Meinung die Zinsen jedoch wiederum mit der Höhe der Hauptschuld begrenzt seien. Das habe auch für Zinsen aus einer titulierten Forderung zu gelten, sodass die Zinsforderung der beklagten Partei für die Zeit vom bis in Anwendung des § 1335 ABGB mit der Höhe der Hauptschuld von 9.896,30 EUR zu begrenzen sei.

Die Revision erklärte das Berufungsgericht für zulässig, weil – soweit überblickbar – zur Frage, ob das Verbot des ultra alterum tantum gemäß § 1335 ABGB auch für titelmäßig zugesprochene (lineare) Zinsen gelte, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.

Dagegen richtet sich die vom Kläger beantwortete Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, ihre im Insolvenzverfahren angemeldete Forderung mit einem weiteren Betrag von 6.463,24 EUR als berechtigt festzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die Rechtsansicht des Berufungsgerichts korrekturbedürftig ist; sie ist auch teilweise berechtigt.

1.1 Im Revisionsverfahren geht es nur noch um die Höhe der Zinsen für den Zeitraum vom bis zum . Die beklagte Partei wendet sich dabei gegen die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht, diese sei nach § 1335 ABGB mit der Höhe des Kapitalbetrags von 9.896,30 EUR zu begrenzen. Die übrigen vom Berufungsgericht als berechtigte Insolvenzforderung anerkannten Beträge sind hingegen nicht mehr strittig.

1.2 Der vom Kläger im Schuldenregulierungsverfahren bestrittenen Forderung liegt ein vollstreckbarer Titel zugrunde, sodass § 110 Abs 2 IO zum Tragen kommt. Die Rechtsprechung versteht die Anfechtungsmöglichkeit nach dieser Norm dahin, dass damit nur allgemein und verfahrensrechtlich die Möglichkeit einer Bestreitung selbst solcher Forderungen, für die ein Exekutionstitel besteht, geschaffen wird. Es soll aber materiell-rechtlich keine im Widerspruch zu den Grundsätzen der ZPO über die Rechtskraft bestehende Anfechtungsmöglichkeit eröffnet werden. Daher kann die bloße Behauptung der materiellen Unrichtigkeit für die Bestreitung einer titulierten Forderung nach § 110 IO nicht genügen (RIS Justiz RS0065643; zuletzt 8 Ob 143/10b mit ausführlicher Darstellung des Meinungsstands). Eine solche – nicht zulässige – allgemein materiell-rechtliche Einwendung erhebt der Kläger aber, wenn er auch noch in seiner Revisionsbeantwortung eine Nichtigkeit nach § 879 ABGB geltend macht.

2.

1 § 1335 ABGB lautet: „Hat der Gläubiger die Zinsen ohne gerichtliche Einmahnung bis auf den Betrag der Hauptschuld steigen lassen, so erlischt das Recht, vom Kapital weitere Zinsen zu fordern. Vom Tag der Streitanhängigkeit an können jedoch neuerdings Zinsen verlangt werden.“

2.2 Diese Bestimmung regelt das „Verbot“ des ultra alterum tantum: Lässt der Gläubiger die Zinsen bis auf den Betrag der Hauptschuld steigen, ohne seine Forderung gerichtlich geltend zu machen, stehen ihm keine weiteren Zinsen mehr zu. Da der Wortlaut des Gesetzes nicht unterscheidet, wird in der älteren Literatur überwiegend vertreten, dass diese Vorschrift sowohl bei gesetzlichen als auch bei vertragsgemäßen Zinsen anzuwenden ist ( Stubenrauch , Kommentar II 8 , 728; Krasnopolski/Kafka , Österreichisches Obligationenrecht, 57; Hasenöhrl , Österreichisches Obligationenrecht 2 , 307; Wolff in Klang VI², 182). Nach anderer Ansicht soll § 1335 ABGB nur auf Verzugszinsen Geltung haben, weil vertraglich vereinbarte Zinsen als Entgelt und damit als eigenständige Hauptforderung anzusehen seien ( Größ in Kletečka/Schauer , ABGB ON 1.02 § 1335 ABGB Rz 3). Allgemein wird aber angenommen, dass § 1335 ABGB eine Art „Wuchergrenze“ beinhaltet und damit insofern den Schutz des Schuldners bezweckt; die den Schuldner treffenden Zinsen sollen nicht in eine für ihn „bedenkliche“ Höhe anschwellen (vgl RIS Justiz RS0119802; Harrer/Wagner in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 1335 Rz 1; Größ aaO Rz 1). Dieser Schutzzweck muss grundsätzlich unabhängig von der jeweiligen Gattung der Zinsen zum Tragen kommen.

2.3 Aus der systematischen Stellung dieser Regelung im Hauptstück über den Schadenersatz wird auch abgeleitet, dass die an das Auflaufenlassen von Zinsen bis zur Höhe der Hauptschuld geknüpfte Sanktion des § 1335 ABGB Vorwerfbarkeit, also die Nachlässigkeit des Gläubigers in eigenen Angelegenheiten, voraussetzt ( Wolff aaO 182; Danzl in KBB 4 § 1335 ABGB Rz 1; Reischauer aaO Rz 2). Anhaltspunkte dafür, dass der beklagten Partei eine derartige Obliegenheitsverletzung (so Reischauer aaO Rz 2) anzulasten gewesen wäre, weil sie vor Erhebung der Klage Zinsen bis zur Höhe der Hauptschuld anwachsen hätte lassen, fehlen. Ab der gerichtlichen Geltendmachung liegt eine solche Nachlässigkeit in eigenen Angelegenheiten jedenfalls nicht mehr vor. § 1335 Satz 2 ABGB ermöglicht es dem Gläubiger daher, ab der Streitanhängigkeit, neuerdings Zinsen zu begehren. Der Zweck des Schuldnerschutzes tritt mit der Beendigung der den Gläubiger belastenden Säumnis in den Hintergrund.

3.1 Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass in der Lehre die Meinung vertreten wird, die vom Tag der Streitanhängigkeit an neuerlich gebührenden Zinsen liefen wiederum nur bis zur Höhe der Kapitalsforderung ( Wolff aaO 183; Danzl in KBB 4 § 1335 Rz 2; Wittwer in Schwimann , ABGB Takom 2 § 1335 Rz 1). Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass § 1335 ABGB eine absolute Begrenzung des Zinsenlaufs vorsehen würde, worauf aber die Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis hinausläuft.

3.2 Der (von Wittwer aaO) als herrschend bezeichneten Meinung liegt zugrunde, dass in älteren Kommentaren zu § 1335 ABGB überwiegend die Ansicht vertreten wird, dass der Zinsenlauf schon dadurch perpetuiert oder nach Erreichen der Kapitalshöhe wieder in Gang gesetzt wird, dass die rückständigen Zinsen gerichtlich eingemahnt, also mit Klage (so die frühere Fassung von S 2) geltend gemacht werden. Nach diesem Verständnis bezieht sich Satz 2 des § 1335 ABGB auf die gerichtliche Einmahnung der Zinsen, sodass das Klagebegehren im Sinn des § 1335 Satz 2 ABGB auf Zahlung der rückständigen Zinsen gerichtet ist, nicht aber der von nun an laufenden ( Wolff aaO 182; Mayrhofer , Schuldrecht Allg Teil³ [1986] 63; Stubenrauch aaO; Krasnopolski/Kafka aaO; Ellinger , Einige Worte über den Sinn des § 1335 des b.G.B. und das aus demselben zu stellende Klagebegehren, Der Jurist, Bd 14 [1845], 143 [146 f]; auf das Kapital abstellend: Hasenöhrl aaO). In diesem Zusammenhang ist auch die weitere Aussage zu verstehen, dass die von der (seit dem ZinsRÄG, BGBl I 2002/118) Streitanhängigkeit an neu laufenden Zinsen wiederum mit der Höhe der Kapitalsforderung begrenzt sind, es sei denn es kommt zur erneuten Klage (so Wolff aaO 183; vgl auch Ellinger aaO 146 ff). Die Möglichkeit für den Gläubiger zur neuerlichen Klage (gerichtliche Einmahnung), um den Zinsenlauf zu perpetuieren, setzt voraus, dass über den Kapitalsbetrag und die zukünftig daraus resultierenden Zinsen noch nicht rechtskräftig abgesprochen wurde. Das ist hier aber gerade der Fall.

4.1 Gegenstand des Prüfungsprozesses ist der Teilnahmeanspruch, so wie er der Prüfungsverhandlung zugrunde lag (RIS-Justiz RS0065601). Die beklagte Partei hat ihrer Anmeldung im Insolvenzverfahren des Klägers das Versäumungsurteil vom und – hier interessierend – die aus dem zugesprochenen Kapital resultierenden Zinsen zugrunde gelegt, sodass die aus einer titulierten Forderung angelaufenen Zinsen zu beurteilen sind. Eine gerichtliche Einmahnung im Sinne einer Klage nach dem Verständnis des § 1335 ABGB kommt in einem solchen Fall nicht mehr in Betracht. Aus dem Gesetzeswortlaut lässt sich damit eine Begrenzung der Zinsen mit der Höhe des Kapitals für die hier zu beurteilende Konstellation nicht ableiten.

4.2 In der (älteren) Literatur wird zwar die Ansicht vertreten, dass § 1335 ABGB auch auf Zinsen Anwendung findet, die durch Urteil zuerkannt werden, weil sich dadurch die Natur derselben nicht verändere ( Stubenrauch aaO; Krasnopolski/Kafka aaO; Wolff aaO). Eine abschließende Untersuchung der Frage, ob eine – analoge – Anwendung des § 1335 ABGB überhaupt geboten ist, wenn bereits ein Exekutionstitel über das Kapital und die daraus resultierenden Zinsen vorliegt, kann hier jedoch unterbleiben:

4.3 Im Kern seines Anwendungsbereichs ermöglicht es § 1335 ABGB dem Gläubiger, die ihn belastende Säumnis durch gerichtliche Einklagung mit der Wirkung zu beenden, dass dadurch entweder der Zinsenlauf fortgesetzt oder neuerlich in Gang gesetzt wird, sollten die Zinsen die Höhe des Kapitals im Zeitpunkt der Klage bereits überschritten haben. Eine absolute Begrenzung der Zinsenhöhe strebt diese Bestimmung ungeachtet des ihr innewohnenden Schutzzwecks daher nicht an. Knüpft man an diese Überlegung an, käme, selbst wenn man – wie das Berufungsgericht – die Anwendung des § 1335 ABGB auch auf Zinsen aus einem bereits mit Urteil zugesprochenen Kapital befürwortet, eine Begrenzung der Zinsenhöhe nur in Betracht, wenn der Zinsenlauf nicht vor Erreichen des im Exekutionstitel genannten Kapitalbetrags durch zielführende Exekutionsschritte in Ansehung der Zinsen (anstelle der gerichtlichen Einmahnung in Form einer Klage) perpetuiert wird, weil dann eine Säumnis des Gläubigers nach der Wertung des § 1335 ABGB vorläge. Selbst bei einem so hohen Zinssatz, wie er dem Versäumungsurteil vom zugrunde liegt, wäre dann allerdings vor Erreichen der Zinsengrenze bereits Verjährung eingetreten.

5. Forderungen, die durch ein rechtskräftiges Urteil zugesprochen oder durch einen die Exekution begründenden Vergleich oder Vertrag anerkannt sind, verjähren auch dann gemäß den §§ 1478, 1479 ABGB erst nach 30 Jahren, wenn für sie sonst eine kürzere Verjährungsfrist gilt. Wird jedoch in einem Urteil nicht bloß auf Zahlung bereits verfallener, sondern auch auf die künftig anfallenden Zinsen erkannt, so unterliegen die nach der Rechtskraft des Urteils angefallenen Zinsen (und nur solche sind hier zu beurteilen) der im § 1480 festgesetzten dreijährigen Verjährung (3 Ob 126/95). Die in einem Urteil für die Zukunft zugesprochenen Zinsen verjähren daher in drei Jahren (RIS Justiz RS0003297 [T1]; M. Bydlinski in Rummel , ABGB 3 § 1480 Rz 3 mwN). Durch jede rechtskräftige Exekutionsbewilligung wird die Verjährung unterbrochen. Sie beginnt mit dem letzten Exekutionsschritt bzw mit der Beendigung der Exekution neu zu laufen (RIS Justiz RS0085090; 3 Ob 1072/91).

6. Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend festhielt, steht dem Verjährungseinwand des Klägers für den hier zu beurteilenden Zeitraum die Unterbrechung der Frist durch die ab gestellten und in der Folge (erstmals am ) bewilligten Vollzugsanträge entgegen. In einem Zeitraum von weniger als drei Jahren erreichen die der beklagten Partei mit Versäumungsurteil zuerkannten Zinsen auch nicht die Höhe des Kapitalbetrags, sodass die festgestellten Exekutionsschritte nicht nur die Verjährung von Zinsen hinderten, sondern von vornherein einer allfälligen Anwendung des § 1335 ABGB entgegenstünden.

7. Der beklagten Partei ist damit zuzugestehen, dass sie für den Zeitraum bis Anspruch auf Zinsen über das Kapital hinaus hat. Dabei tritt sie der von den Vorinstanzen vorgenommenen linearen Zinsberechnung in ihrem Rechtsmittel nicht entgegen. Daran ist daher festzuhalten. Bei richtiger Berechnung ergibt sich für diesen Zeitraum eine Zinsenforderung von 16.129,88 EUR anstelle der von der beklagten Partei begehrten 16.359,54 EUR, sodass die im Insolvenzverfahren angemeldete Forderung mit einem weiteren Betrag von 6.233 EUR zu Recht besteht. Hinzu kommen die übrigen, im Revisionsverfahren nicht mehr strittigen Positionen, sodass die von der beklagten Partei geltend gemachte Insolvenzforderung insgesamt mit 50.854,03 EUR zu Recht besteht, wovon der Kläger im Insolvenzverfahren bereits 17.392,86 EUR anerkannt hat. Noch während des Verfahrens vor dem Erstgericht schränkte die beklagte Partei ihre im Insolvenzverfahren angemeldete Forderung auf 162.302,29 EUR ein. Ausgehend davon besteht diese insgesamt mit einem Teilbetrag von 111.448,26 EUR nicht zu Recht, was – abweichend von den Vorinstanzen – im Spruch der Entscheidung zum Ausdruck zu bringen ist. Das Mehrbegehren, festzustellen, dass eine weitere Teilforderung von 33.461,17 EUR (50.854,03 EUR minus 17.392,86 EUR) nicht zu Recht besteht, ist abzuweisen. Die von der beklagten Partei nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Insolvenzverfahren vorgenommene Einschränkung der angemeldeten Forderung auf 87.747,79 EUR hat außer Betracht zu bleiben.

8. Der Revision ist somit teilweise Folge zu geben.

9. Die Kostenentscheidung beruht im Verfahren erster Instanz auf § 43 Abs 1 und 2 ZPO.

Bei Feststellungsprozessen nach § 110 (hier: Abs 2) IO betrifft der Streit ausschließlich eine Geldsumme, nämlich den Betrag, dessen Feststellung (hier des Nichtbestehens) begehrt wird (RIS Justiz RS0042401; auch [T6, T 7]). Der Streitgegenstand im Prüfungsprozess entspricht somit der bestrittenen Forderung. Wegen der Forderungseinschränkung im Insolvenzverfahren waren zwei Verfahrensabschnitte zu bilden. Der erste Abschnitt umfasst das Verfahren bis zur Tagsatzung vom .

Ausgehend von der ursprünglich angemeldeten Forderung im Insolvenzverfahren waren unter Berücksichtigung des vom Kläger anerkannten Betrags im ersten Verfahrensabschnitt 441.469,69 EUR strittig, der aus Sicht der beklagten Partei (unter Außerachtlassung des anerkannten Betrags) mit einem Teilbetrag von 33.461,17 EUR zu Recht besteht. Das ergibt für den ersten Verfahrensabschnitt eine Obsiegensquote der beklagten Partei von etwa 7 %, sodass der Kläger nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil unterlegen ist und gemäß § 43 Abs 2 ZPO Anspruch auf Ersatz seiner Kosten dieses Abschnitts von 2.204,40 EUR netto hat. Die Pauschalgebühr für das Verfahren erster Instanz, von deren Entrichtung der Kläger wegen der ihm bewilligten Verfahrenshilfe einstweilen befreit ist, ist zur Gänze diesem Abschnitt zuzurechnen. Gemäß § 70 Satz 2 ZPO ist klarzustellen, dass die beklagte Partei dem Grunde nach zum Ersatz dieser Gebühr verpflichtet ist (vgl 2 Ob 230/10b mwN).

Im zweiten Verfahrensabschnitt belief sich der strittige Betrag bei gleich bleibendem Erfolg für die beklagte Partei auf 144.909,43 EUR (162.302,29 EUR minus dem anerkannten Betrag). Die Obsiegensquote der beklagten Partei beträgt daher ca 23 %, sodass der Kläger Anspruch auf 54 % seiner Kosten hat. Unter Berücksichtigung der bereits vom Berufungsgericht geprüften Einwendungen der beklagten Partei gegen die Kostennote des Klägers und der sich daraus ergebenden Gesamtsumme für diesen Abschnitt (2.200,80 EUR) errechnet sich ein Anspruch des Klägers von 1.188,43 EUR. Hinzu kommen noch die Kosten für seine Äußerung zum Wiedereinsetzungsantrag der beklagten Partei von 126,12 EUR, sodass der Anspruch des Klägers im Verfahren erster Instanz insgesamt 3.518,95 EUR zuzüglich USt beträgt.

Im Rechtsmittelverfahren beruht die Kostenentscheidung zudem auf § 41 Abs 1 und § 50 Abs 1 ZPO.

Der Kläger war mit seiner Berufung erfolglos und schuldet der beklagten Partei daher die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung. Die beklagte Partei ist mit ihrem Berufungs- und dem Revisionsbegehren jeweils nur geringfügig unterlegen und hat daher Anspruch auf Ersatz ihrer gesamten darauf entfallenden Kosten.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00142.16P.1123.000