OGH vom 25.09.2001, 4Ob208/01v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Karoline W*****, vertreten durch Dr. Ernst Gramm, Rechtsanwalt in Neulengbach, wider den Antragsgegner Karl W*****, vertreten durch Dr. Peter Kolb, Rechtsanwalt in Tulln, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß §§ 81 ff EheG, infolge (richtig:) Rekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom , GZ 37 R 122/01v-69, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Neulengbach vom , GZ 1 F 102/97g-63, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Die Rekursbeantwortung des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
2. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
zu 1.
Die vom Antragsgegner zulässigerweise (§ 16 Abs 4 AußStrG) erstattete Rekursbeantwortung wurde seinen Vertretern am zugestellt. Der Rechtsmittelgegenschriftsatz wurde hingegen erst am zur Post gegeben. Damit ist die im Außerstreitverfahren gem § 11 Abs 1 AußStrG uneingeschränkt geltende 14-tägige Rechtsmittelfrist (Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen, § 11 Rz 2), die schon wegen des Grundsatzes der Waffengleichheit auch zur Erstattung eines solchen Schriftsatzes gilt, nicht eingehalten worden; die Vorschriften der ZPO über die Gerichtsferien finden nämlich gemäß Art XXXVI EGZPO auf die Angelegenheiten des außerstreitigen Verfahrens keine Anwendung. Die Rechtsmittelgegenschrift war demgemäß als verspätet zurückzuweisen (vgl 10 Ob 227/97y).
zu 2.
1974 schenkten die Eltern des Antragsgegners ihrem Sohn die Liegenschaft EZ ***** KG *****, auf der der Antragsgegner bis zur Eheschließung mit der Antragstellerin am einen Rohbau samt Dach und Fenstern errichtete. Am schenkte der Antragsgegner seiner Ehegattin einen Hälfteanteil an der genannten Liegenschaft. In der Folge trugen beide Ehegatten durch Geldmittel und Arbeitsleistungen zur Fertigstellung des Hauses bei. Am wurde die Ehe aus gleichteiligem Verschulden geschieden.
Am beantragte Karoline W***** die gerichtliche Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Die gemeinsame Liegenschaft im Wert von mindestens 2,5 Mio S solle samt Inventar und Hausrat gegen eine Ausgleichszahlung von mindestens 1,2 Mio S dem Antrags- gegner ins alleinige Eigentum übertragen werden. Weil die Antragstellerin ab der Eheschließung etwa gleichviel an Geld und Arbeit zur gemeinsamen Vermögensbildung beigetragen habe, sei sie zur Hälfte auf der Liegenschaft angeschrieben worden. Sie und der Antragsgegner sollten jeweils ihren PKW behalten.
Der Antragsgegner erhob keinen Einwand dagegen, dass ihm die gesamte Liegenschaft verbleiben solle, vertrat aber die Ansicht, der Antragstellerin gebühre nur eine Ausgleichszahlung von 500.000 S, weil sämtliche Investitionen in das Haus (ausgenommen 109.000 S) von ihm stammten. Auch habe die Antragstellerin während der Ehe aus ehelichen Ersparnissen eine Eigentumswohnung in S***** um 1,8 Mio S gekauft, die in die Aufteilung einzubeziehen sei. Auch der PKW der Antragstellerin sei aus ehelichen Ersparnissen angeschafft worden.
Der im ersten Rechtsgang ergangene Aufteilungsbeschluss (er sprach der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von 773.650 S in zwei gleichen Jahresraten, dem Antragsgegner die Liegenschaftshälfte der Antragstellerin samt dem nach dem Auszug der Antragstellerin im Haus verbliebenen Inventar zu und ordnete an, dass jedem der Streitteile sein PKW verbleibe) wurde vom Rekursgericht aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Die Ergänzungsaufträge betrafen a) die Ermittlung des Wertes der Liegenschaft samt Rohbau zum Zeitpunkt der Eheschließung;
b) Erhebungen darüber, ob die von beiden Ehegatten benützten PKW in die Aufteilung fallen oder nicht, gegebenenfalls aus welchen Mitteln sie finanziert wurden; c) die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Einbeziehung der Wohnung der Antragstellerin in S*****, in das Aufteilungsverfahren gegeben seien. Weiters wurde dem Erstgericht aufgetragen, auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien und ihre Möglichkeit, einen Kredit aufzunehmen, einzugehen, um beurteilen zu können, ob und in welchem Umfang eine Ausgleichszahlung in Raten als billig angesehen werden könne.
Im zweiten Rechtsgang ergänzte das Erstgericht sein Beweisverfahren - neben Urkundenbeweisen - nur durch Einholung eines Gutachtens über den Verkehrswert der Liegenschaft im Jahr 1997 sowie über den Wert der Liegenschaft samt Rohbau im Jahr 1976. Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss sprach es der Antragstellerin einen Ausgleichsbetrag von 1,010.000 S zu, und zwar einen Teilbetrag von 510.000 S binnen 14 Tagen und den Restbetrag von 500.000 S in fünf jährlichen Raten zu je 100.000 S jeweils zum 1. 1. des entsprechenden Jahres, beginnend 2002; es hob die Kosten des Verfahrens gegenseitig auf und erkannte die Antragstellerin schuldig, dem Antragsgegner ihren Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** zu übertragen; weiters wies es den gesamten Hausrat und die beiden PKW jeweils jener Person zu, in deren Gewahrsame sich die Gegenstände jeweils befinden. Das Erstgericht ging dabei von folgendem Sachverhalt aus:
Der Verkehrswert einer Liegenschaftshälfte habe im Zeitpunkt der Eheschließung 477.000 S betragen. Nach der Hochzeit habe sich die Antragstellerin am weiteren Ausbau des Rohbaus beteiligt, auch der Antragsgegner habe sowohl Arbeitsleistungen als auch Geldbeträge (insbesondere 210.000 S Schmerzengeld aus einem Verkehrsunfall) in den Hausbau investiert. Die Antragstellerin sei bis zur Geburt der gemeinsamen Tochter im Jahr 1978 berufstätig gewesen, danach Hausfrau, ab 1991 habe sie wieder zu arbeiten begonnen und zunächst ca. 6.000 S, später etwa 9.500 S vierzehn Mal jährlich verdient. Der Antragsgegner sei während der gesamten Dauer der Ehe als Landesbediensteter tätig gewesen, sein Monatsgehalt sei von zunächst 4.000 S bei Eheschließung auf rund 14.000 S vierzehn Mal jährlich gestiegen; daneben habe er zeitweise durch Aushilfsarbeiten als Maurer noch etwas dazuverdient. Die Ausgaben in aufrechter Ehe seien von beiden Partnern etwa je zur Hälfte getragen worden, wobei der Antragsgegner vor allem die Betriebskosten und Aufwendungen für die Liegenschaft, die Antragstellerin die Einkäufe des täglichen Bedarfs bestritten habe. Während aufrechter Ehe hätten die Streitteile etwa gleichwertige Leistungen zur ehelichen Vermögensbildung erbracht. Im Juli 1995 habe die Antragstellerin einen neuen PKW Honda Civic um etwa 225.000 S gekauft. Den Kaufpreis habe sie aus selbst angespartem Kapital und einem Zuschuss ihrer Eltern von 50.000 S finanziert. Etwa acht Monate nach Einbringung der Scheidungsklage am habe die Antragstellerin die Anzahlung für eine Eigentumswohnung in S***** in Höhe von 429.000 S geleistet; die Mittel dafür habe sie aus einem von ihren Eltern gewährten Darlehen aufgebracht. Spätestens seit dem Umzug der Antragstellerin in diese Wohnung im Dezember 1996 bestehe keine eheliche Lebensgemeinschaft mehr. Eheliche Ersparnisse seien nicht vorhanden. Bei ihrem Auszug aus der ehelichen Wohnung habe die Antragstellerin verschiedene Gegenstände mitgenommen; sonstiges Inventar befinde sich nach wie vor in der Ehewohnung. Der Verkehrswert einer Liegenschaftshälfte habe im Zeitpunkt März 1997 (Ehescheidung) 1,487.000 S betragen.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die Aufteilung sei nach Billigkeit vorzunehmen; durch die Ebenbürtigkeit der Leistungen der Parteien ergebe sich eine Aufteilung im Verhältnis 1 :
1. Die beiden PKW seien nicht in die Aufteilung einzubeziehen, weil sie jeweils dem persönlichen Gebrauch der Ehegatten allein gedient hätten. Eine Benachteiligung gemäß § 91 Abs 1 EheG liege nicht vor, weil die Antragstellerin ihren PKW aus eigenen Ersparnissen und einem Zuschuss ihrer Eltern finanziert habe. Auch die aus Fremdmitteln angeschaffte und nach Auflösung der Lebens- gemeinschaft bezogene Eigentumswohnung unterliege nicht der Aufteilung, weil die Wohnung dem alleinigen Gebrauch der Antragstellerin diene und erst nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft angekauft worden sei. Das auszugleichende Vermögen bestehe aus der Wertsteigerung der Liegenschaft mit Haus während der Dauer der Ehe. Diese betrage 2,020.000 S, woraus sich eine billige Ausgleichszahlung in Höhe von 1,010.000 S ergebe. Bedingt durch die Höhe der Ausgleichszahlung, das Einkommen des Schuldners und dessen Unterhaltspflicht gegenüber der Tochter komme eine sofortige Leistung des gesamten Betrags nicht in Betracht.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluss auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf; es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil keine einhellige Rechtsprechung zur Frage bestehe, in welcher Form auf bloßen Geldwertverlust zurückzuführende Wertänderungen von in die Ehe eingebrachten Vermögensgegenständen bei Ermittlung der Ausgleichszahlung zu berücksichtigen seien, und welches Wertermittlungsverfahren für die Ermittlung des Verkehrswerts einer zur Eigennutzung bestimmten Liegenschaft angemessen sei. Bei einer bloßen Gegenüberstellung des Verkehrswerts der Liegenschaft im Jahr 1997 und jenem im Jahr 1976 werde die Wertermittlung durch den allgemeinen Kaufkraftverlust wesentlich verfälscht. Von 1976 bis heute sei der Geldwert auf weniger als die Hälfte gesunken. Die Berücksichtigung des Werts des eingebrachten Objekts mit seinem Zeitwert im Jahr 1976 lasse daher den Kaufkraftverlust ausschließlich zu Lasten desjenigen gehen, der das Vermögensobjekt eingebracht habe;
dies sei unbillig. Der Oberste Gerichtshof habe zu 1 Ob 197/99y (=
JBl 2000, 666 = EvBl 2000/156) ausgesprochen, dass bei Liegenschaftsschenkungen während aufrechter Ehe im allgemeinen der Wert der Liegenschaft bei der Ermittlung des dem Geschenkgeber aufzuerlegenden Ausgleichsbetrags weitestgehend außer Ansatz zu bleiben habe; Wertsteigerungen während der Ehe, die durch Investitionen beider Partner zustandegekommen seien, unterlägen dagegen ebenso der Aufteilung wie solche, die nur aus der Sache selbst, etwa infolge einer Änderung der Marktpreise, entstanden seien. Nominelle Wertveränderungen, die ausschließlich auf den Kaufkraftschwund des Geldes zurückzuführen seien, hätten hingegen außer Betracht zu bleiben. Eine Anpassung des ursprünglichen Liegenschaftswerts an die Entwicklung des Lebenshaltungskostenindex sei als ausreichende Berücksichtigung anzusehen. In der Entscheidung 8 Ob 690/88 werde hingegen zwischen dem Wert des Grundstücks (das dort nur vom Mann eingebracht worden war) und Investitionen (die ausschließlich durch die Frau erfolgt sind) unterschieden; hinsichtlich der Investitionen werde eine Aufwertung anhand des Lebenshaltungskostenindex vorgenommen, hinsichtlich des Liegenschaftswerts werde der (aktuelle) Grundwert herangezogen. Eine grundsätzlich ähnliche Problemstellung wie bei der Ermittlung des Wertes eines eingebrachten Vermögens und dessen Einflusses auf die Ausgleichszahlung ergebe sich dann, wenn zwischen dem Stichtag, der den Umfang des Aufteilungsvermögens abgrenze (der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft) und dem Zeitpunkt der Entscheidung wertverändernde Investitionen vorgenommen worden seien; dazu habe der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 6 Ob 552/88 (= EFSlg 57.300 = EFSlg 57.301) ausgesprochen, dass bei einem noch nicht fertiggestellten Haus der Prozentsatz der Fertigstellung bei Auflösung der Lebensgemeinschaft festzustellen sei, und der aktuelle Zeitwert mit diesem Prozentsatz zu multiplizieren sei. Hinsichtlich der Schuldtilgung habe der Oberste Gerichtshof dort ausgesprochen, dass diese vom Zeitpunkt der Tilgung weg ebenfalls mit dem Verbraucherpreisindex aufzuwerten seien. Allen diesen Entscheidungen sei gemeinsam, dass der Kaufkraftverlust in irgendeiner Form zu berücksichtigen sei und nicht einfach der historische Zeitwert dem aktuellen Zeitwert gegenübergestellt werden könne, weil dies zu einer unbilligen Verfälschung des Ergebnisses führe. Jedenfalls verfehlt sei eine Bewertung mit dem Stichtag der Scheidung. Für das Aufteilungsverfahren sei nämlich nicht der Zeitpunkt der Scheidung maßgeblich; der Umfang des aufzuteilenden Vermögens richte sich vielmehr nach dem Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Trotz entsprechenden Auftrags durch das Rekursgericht habe das Erstgericht dazu keinerlei Beweise aufgenommen und neuerlich keine ausreichenden Feststellungen getroffen, sondern lediglich ausgeführt, dass die eheliche Lebens- gemeinschaft "spätestens" seit dem Umzug im Dezember 1996 nicht mehr bestanden habe. Dies lasse offen, ob die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt sei. Dies sei freilich weniger für die Ermittlung der Ausgleichszahlung von Bedeutung (dafür werde primär ausschlaggebend sein, wie diese Anschaffungen finanziert worden seien), als für die Absteckung des Umfangs des Aufteilungsvermögens, insbesondere für die Beurteilung, inwieweit die Kraftfahr- zeuge und die von der Antragstellerin angeschaffte Wohnung in die Aufteilung einzubeziehen sein werden. Stichtag für die Bewertung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sei hingegen der Schluss der Verhandlung erster Instanz. Jedenfalls unrichtig sei es, dem aktuellen Verkehrswert einfach den historischen Verkehrswert des Jahres 1976 gegenüberzustellen. Um zu einem angemessenen Ergebnis zu gelangen, stünden grundsätzlich mehrere Wege offen: Es könnte etwa der fiktive Verkehrswert der Liegenschaft samt Rohbau in jenem Zustand, wie er sich 1976 befunden habe, für den aktuellen Bewertungszeitpunkt (Schluss der Verhandlung erster Instanz) ermittelt und dieser Wert vom derzeitigen Verkehrswert abgezogen werden; oder man könnte den Prozentsatz der Fertigstellung des Hauses im Zeitpunkt der Eheschließung ermitteln und den aktuellen Verkehrswert mit diesem Prozentsatz multiplizieren. Beide Varianten müssten zwar im Wesentlichen zum selben Ergebnis führen, hätten aber zur Konsequenz, dass nur auf Veränderungen des Immobilienmarktes zurückgehende Wert- veränderungen unberücksichtigt blieben. Als dritte Möglichkeit wäre es denkbar, den seinerzeitigen Wert der Liegenschaft mit einem geeigneten Index (für den sich der Verbraucherpreisindex 1976 schon aufgrund des Zeitpunkts der Eheschließung anböte) aufzuwerten. Nach Ansicht des Rekursgerichts entspräche letztere Methode am ehesten den in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vertretenen Grundsätzen, insbesondere hätten allenfalls geänderte Marktverhältnisse Einfluss auf die Höhe der Ausgleichs- zahlung. Schließlich wäre auch eine unterschiedliche Behandlung der Liegenschaft einerseits und des darauf errichteten Gebäudes andererseits denkbar. Nicht sachgerecht sei es in allen Fällen der Bewertung, einen Abzug für geteiltes Eigentum zu berücksichtigen, sei es doch Ziel des Verfahrens, die Liegenschaft ungeteilt in einer Hand zu vereinen. Problematisch sei auch die erfolgte Verwendung zweier unterschiedlicher Wertermittlungsmethoden für verschiedene Zeitpunkte (nämlich des Sachwertverfahrens für 1976 und des Verkehrswertverfahrens unter gewichteter Berücksichtigung von Sach- und Ertragswert für 1997). Weil das Erstgericht die Ergänzungsaufträge des Rekursgerichts nicht oder nur unzureichend erfüllt habe, sei eine neuerliche Aufhebung der Entscheidung unumgänglich.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Antragstellerin ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
Die Antragstellerin bekämpft die zur Bewertung der Liegenschaft vertretene Rechtsansicht des Rekursgerichts. Richtig sei zwar, dass eine Geldwertveränderung eintrete, doch werde ein daraus resultierender nomineller Wertzuwachs der Liegenschaftshälfte (bezogen auf das Jahr 1976) durch die seit damals erforderlichen und durchgeführten (von der Antragstellerin mitfinanzierten) Erhaltungsarbeiten am Gebäude wieder ausgeglichen, sodass einander letztlich auf beiden Seiten der Rechnung gleichwertige Positionen gegenüberstünden. Das Rekursgericht übergehe zu Lasten der Antragstellerin, dass im Verlauf der zwanzigjährigen Ehe der ursprüngliche Rohbau mit gemeinsamen Mitteln zu einem Wohnhaus ausgestaltet und dieses sodann erhalten worden sei. Dieser Argumentation kann nicht zugestimmt werden.
Zutreffend geht das Rekursgericht davon aus, dass bei Liegenschaftsschenkungen unter Ehegatten im Allgemeinen der Wert der Liegenschaft bei der Ermittlung des dem Geschenkgeber aufzuerlegenden Ausgleichsbetrags weitestgehend außer Ansatz bleibt (EFSlg 43.776; JBl 2000, 666 = EvBl 2000/156 mwN). Steht aber eine beiden Ehegatten zu Wohnzwecken dienende Liegenschaft auf Grund einer Schenkung während aufrechter Ehe im Miteigentum der Ehegatten, kann im Rahmen des Aufteilungsverfahrens nach §§ 81ff EheG eine Wertsteigerung der gemeinsamen Liegenschaft zwischen Schenkung und Bewertungsstichtag (Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz: Pichler in Rummel, ABGB2 §§ 83, 84 EheG Rz 9; EFSlg 84.656 uva) nicht unberücksichtigt bleiben.
Der erkennende Senat hat sich erst jüngst (4 Ob 281/00b = JBl 2001, 309 [zust. Pfersmann] = ecolex 2001, 437) mit der Frage beschäftigt, in welchem Verhältnis die Aufteilung des Zugewinns und der Wertsicherung durch Aufwertung bei einem Gütergemeinschaftsvermögen nach Ehescheidung vorzunehmen ist. In Anknüpfung an die Entscheidung 1 Ob 197/99y = JBl 2000, 666 = EvBl 2000/156 hat er dabei danach unterschieden, ob die Wertsteigerung des gemeinsamen Guts aus der Sache selbst (zB durch Änderung der Marktverhältnisse und dadurch bedingte Preiserhöhungen), somit aus Umständen entstanden ist, die nicht auf Arbeitsleistungen oder Investitionen der Ehegatten zurückzuführen sind - in diesem Fall ist die Aufteilung des (Mehr-)Werts nach den Wertverhältnissen der von den Ehegatten jeweils eingebrachten Güter im Einbringungszeitpunkt vorzunehmen -, oder ob die Wertsteigerung ihre Ursache in Arbeitsleistungen (oder Investitionen) der Ehegatten hat, in welchem Fall es dann, wenn beide in gleicher Weise zur Werterhöhung beigetragen haben und eine andere Vereinbarung nicht getroffen wurde, sachgerecht ist, den aus der Arbeitsleistung (Investition) entstandenen Mehrwert auf beide Ehegatten zu gleichen Teilen aufzuteilen. Auf diese Weise wird erreicht, dass jener Ehegatte, der allein Sachgüter in die Gemeinschaft eingebracht hatte, nicht auch jenen Wertzuwachs erhält, der durch die Arbeitsleistung des anderen Ehegatten bewirkt wurde, und der andere (durch seine Arbeitsleistung, nicht aber durch Sacheinlage zum Vermögenszuwachs beitragende) Ehegatte im Umfang dieser Leistung auch am dadurch bewirkten Zugewinn angemessen teilnimmt.
Diesen (zu § 1266 ABGB entwickelten) Grundsätzen ist auch die Ermittlung der Höhe der Ausgleichszahlung im Rahmen der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung gem §§ 81 ff EheG zu unterwerfen, soweit es um die Wertsteigerung einer im Miteigentum der Ehegatten stehenden Liegenschaft geht (vgl NZ 1994, 61; JBl 2000, 666 = EvBl 2000/156).
Darüber hinaus darf immer dann, wenn ein Sachverhalt vorliegt, bei dem Wertentwicklungen über längere Zeiträume hinweg zu beurteilen sind, die Geldentwertung nicht unberücksichtigt bleiben, weil nur so ein billiger Ausgleich der Interessen der Beteiligten sichergestellt ist (vgl etwa SZ 71/4 zur Valorisierung eines Entschädigungsbetrags; 1 Ob 155/97v zur Berücksichtigung der Geldentwertung bei Bemessung einer Hinterbliebenenrente [Unterhaltsentgangsrente] nach § 1327 ABGB;8 Ob 690/88 zur Berechnung des Werts eines in eine Liegenschaft investierten Geldbetrags unter Aufwertung mittels Lebenshaltungskostenindex; EFSlg 57.301 zur Aufwertung bezahlter Schulden vom Tag der Tilgung bis zur Aufteilungsentscheidung). Welcher Geldwertindikator (Index) dabei der Wertermittlung zugrundegelegt wird, muss stets nach den konkreten Verhältnissen beurteilt werden (vgl SZ 71/4); die Anwendung des vom Rekursgericht vorgeschlagenen Verbraucherpreisindex 1976 begegnet unter den hier vorliegenden Umständen jedenfalls keine Bedenken (vgl auch EFSlg 57.301).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze wird das Erstgericht bei seiner neuerlichen Ermittlung der Höhe der Ausgleichszahlung zu beachten haben, dass zwar nicht der Wert der vom Antragsgegner in die Ehe eingebrachten (und der Antragstellerin später zur Hälfte geschenkten) Liegenschaft samt darauf befindlichem Rohbau, wohl aber die zwischen Schenkung und Bewertungsstichtag eingetretene Wertsteigerung der gemeinsamen Liegenschaft, sei es auf Grund von Investitionen, sei es auf Grund von Änderungen der Marktverhältnisse, in die Aufteilungsmasse fällt, während allein auf den Kaufkraftverlust des Geldes zurückzuführende (nominelle) Wertveränderungen unberücksichtigt zu bleiben haben. Soweit die Rechtsmittelwerberin bei der Wertberechnung auch den Aufwand für reine Erhaltungsarbeiten einbezogen wissen will, ist ihr entgegenzuhalten, dass solche noch zu keinem Wertzuwachs an der Liegenschaft führen; unter das einem Aufteilungsverfahrens unterliegende Vermögen fallen aber immer nur wertsteigernde Aufwendungen auf die gemeinsame Sache (EvBl 1989/166; EFSlg 78.718 ua).
Die Auswahl der Methode zur Ermittlung des Verkehrswerts der Liegenschaft (in Betracht kommt gem § 3 Abs 1 LBG insbesondere das Vergleichs-, das Ertrags- und das Sachwertverfahren) hat danach zu erfolgen, welche von diesen am besten den Umständen des Einzelfalls gerecht wird (SZ 71/4 mwN; 9 Ob 33/00v; 10 Ob 86/00w). Die Auswahl des maßgeblichen Wertermittlungsverfahrens hat durch den Sachverständigen zu erfolgen, der dabei den jeweiligen Stand der Wissenschaft und die im redlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten zu beachten hat (EFSlg 75.607). Es kann nicht generell gesagt werden, dass für die Ermittlung des Wertzuwachses durch einen Hausbau, wenn das Haus weiterhin als Wohnstätte eines Ehegatten dient, allein der Ertragswert angemessen zu berücksichtigen sei (so EFSlg 54.532). Der Oberste Gerichtshof hat einerseits schon ausgesprochen, dass es nicht unbillig erscheine, die Bewertung eines Hauses, das weiterhin als Wohnstätte eines der Ehegatten dient, durch Mittelung von Verkehrs- und Ertragswert vorzunehmen (EFSlg 43.804), er hat in einem anderen Fall aber auch schon erkannt, dass es keinen Bedenken begegne, einen dem Ertragswert angenäherten Wert als Grundlage für die Ausgleichszahlung heranzuziehen (EFSlg 43.803; 1 Ob 230/98z mwN). Da hier Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner die Veräußerung des Hauses beabsichtige, fehlen, sondern diese vielmehr als Wohnstätte zu nützen gedenkt, erscheint die bisher zugrundegelegte Wertermittlung durch Mittelung von Verkehrs- und Ertragswert grundsätzlich als sachgerecht. Davon unberührt bleibt die Möglichkeit, im Einzelfall bei Festsetzung der Ausgleichszahlung in gewissem Ausmaß vom rechnerisch ermittelten Verkehrswert abzuweichen, um ein billiges Ergebnis (§ 83 Abs 1 EheG) zu erreichen.
Bei der Bewertung eines Miteigentumsanteiles sind grundsätzlich alle den Verkehrswert beeinflussenden tatsächlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Umstände zu berücksichtigen, wobei sich die daraus ergebende Position des Miteigentümers in aller Regel in einem entsprechenden Abstrich niederschlägt. Wie jedoch das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, kann dieser Grundsatz nicht schlechthin auf das nacheheliche Aufteilungsverfahren übertragen werden. Ziel der ein solches Verfahren beherrschenden Billigkeitserwägungen ist es, ein individuell gerechtes Aufteilungsergebnis herbeizuführen. Erwirbt daher der eine Ehegatte den Miteigentumsanteil des anderen und wird Alleineigentümer, so entspräche ein solcher Abstrich nicht dem Billigkeitsgebot (EFSlg 69.347).
Soweit das Rekursgericht den Sachverhalt im übrigen noch für ergänzungsbedürftig hält, unterliegt dies - weil die dem Aufhebungsbeschluss zugrundeliegende Rechtsansicht zutreffend ist - keiner Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof (vgl Kodek in Rechberger, ZPO2 § 519 Rz 5).
Dem Rekurs kann kein Erfolg beschieden sein.
Da noch nicht endgültig entschieden wurde, kommt eine Kostenentscheidung nach Billigkeit (§ 234 AußStrG) nicht in Frage;
die Entscheidung über die Kosten war daher der Endentscheidung
vorzubehalten (JBl 1980, 536; 8 Ob 611/92; 4 Ob 547/95, insoweit nicht abgedruckt in SZ 68/127).